Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.07.2019, Az. 1 B 58/19

1. Senat | REWIS RS 2019, 4962

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Gründe

1

Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

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I. Der vom Kläger mit [X.]lick darauf, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im [X.] getroffen hat, geltend gemachte Verfahrensmangel in Form einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) liegt jedenfalls nicht vor. Nach der Auffassung des [X.] erweist sich die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts für die Durchführung eines vereinfachten [X.]erufungsverfahrens nach § 130a Satz 1 VwGO insbesondere deswegen als ermessensfehlerhaft, weil der Kläger bei einem schwierigen Tatsachenstoff bislang keine mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz hatte.

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1. Weder Art. 103 Abs. 1 GG noch § 108 Abs. 2 VwGO begründen einen Anspruch darauf, dass das rechtliche Gehör gerade in der mündlichen Verhandlung gewährt werden muss ([X.], [X.]eschluss vom 8. Februar 1994 - 1 [X.]vR 765, 766/89 - [X.]E 89, 381 <391>; [X.]/[X.], VwGO, 24. Aufl. 2018, § 108 Rn. 27 m.w.[X.]). Allerdings entscheidet das Oberverwaltungsgericht über eine [X.]erufung grundsätzlich durch Urteil, das aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht (§ 125 i.V.m. § 101 VwGO). Nach § 130a Satz 1 VwGO kann das Oberverwaltungsgericht dann über die [X.]erufung durch [X.]eschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Ist das sich auf die [X.]egründetheit oder Unbegründetheit der [X.]erufung beziehende Einstimmigkeitserfordernis (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. Januar 1998 - 3 [X.] - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 19 S. 11 f.) erfüllt, steht die Entscheidung, ob ohne mündliche Verhandlung durch [X.]eschluss befunden wird, im Ermessen des Gerichts. Die Vorschrift enthält keine expliziten materiellen Vorgaben für die richterliche Entscheidung, ob von der Durchführung der mündlichen Verhandlung abgesehen wird oder nicht.

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Die Grenzen des dem [X.]erufungsgericht eingeräumten Ermessens sind weit gezogen. Das Revisionsgericht kann die Entscheidung für die Durchführung des vereinfachten [X.]erufungsverfahrens nur darauf überprüfen, ob das Oberverwaltungsgericht von seinem Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 12. März 1999 - 4 [X.] 112.98 - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 35 S. 5 m.w.[X.] und vom 25. September 2003 - 4 [X.] - NVwZ 2004, 108 <109>). Ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung ist seitens des [X.] nur zu beanstanden, wenn es auf sachfremden Erwägungen oder einer groben Fehleinschätzung des [X.]erufungsgerichts beruht (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 3. Februar 1999 - 4 [X.] - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 33 S. 2 m.w.[X.]) oder wenn im konkreten Fall Art. 6 Abs. 1 der [X.] zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ([X.]) bzw. Art. 47 der [X.] ([X.]) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebietet.

5

Auch wenn § 130a VwGO keine ausdrücklichen Einschränkungen enthält, hat das [X.]erufungsgericht bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass sich die Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nach der Ausgestaltung des Prozessrechts als gesetzlicher Regelfall und Kernstück auch des [X.]erufungsverfahrens erweist (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 VwGO). [X.]ei der Ermessensentscheidung gemäß § 130a Satz 1 VwGO dürfen die Funktionen der mündlichen Verhandlung und ihre daraus erwachsende [X.]edeutung für den Rechtsschutz nicht aus dem [X.]lick geraten. Das Gebot, im Rahmen einer mündlichen Verhandlung die Rechtssache auch im Interesse der [X.] mit den [X.]eteiligten zu erörtern, wird umso stärker, je schwieriger die vom Gericht zu treffende Entscheidung ist. Mit dem Grad der Schwierigkeit der Rechtssache wächst daher zugleich auch das Gewicht der Gründe, die gegen die Anwendung des § 130a VwGO und für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sprechen (vgl. dazu [X.]VerwG, Urteile vom 21. März 2000 - 9 [X.] 39.99 - [X.]VerwGE 111, 69 <74> und vom 30. Juni 2004 - 6 [X.] 28.03 - [X.]VerwGE 121, 211 <214>). Die Grenzen von § 130a Satz 1 VwGO sind erreicht, wenn im vereinfachten [X.]erufungsverfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, obwohl die Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht außergewöhnlich große Schwierigkeiten aufweist ([X.]VerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 6 [X.] 28.03 - [X.]VerwGE 121, 211 <213>); abzustellen ist insoweit auf die Gesamtumstände des Einzelfalles ([X.]VerwG, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 10 [X.] 13.09 - [X.]VerwGE 138, 289 Rn. 24).

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2. Daran gemessen war die Durchführung des vereinfachten [X.]erufungsverfahrens nach § 130a VwGO hier nicht ermessensfehlerhaft.

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a) Das [X.]erufungsgericht hat die [X.]eteiligten zu seiner Absicht, durch [X.]eschluss nach § 130a VwGO zu entscheiden, mit Verfügung vom 14. März 2019 vorab gehört und dabei auf seine Rechtsprechung zu der Rückkehrgefährdung [X.] Staatsangehöriger hingewiesen, in welcher das [X.]erufungsgericht die auch in diesem Verfahren maßgeblichen zentralen Tatsachen- und Rechtsfragen unter Auseinandersetzung mit gegenläufiger obergerichtlicher Rechtsprechung eingehend behandelt und entschieden hat. Der Kläger ist daraufhin zwar der beabsichtigten Verfahrensweise mit Schriftsatz vom 26. März 2019 entgegengetreten und hat seinen Sachvortrag ergänzt. Dieser Vortrag, den das [X.]erufungsgericht in der Sache ersichtlich zur Kenntnis genommen und erwogen hat, gab dem [X.]erufungsgericht keinen Anlass, von einer Entscheidung nach § 130a VwGO abzusehen oder die Ermessensentscheidung über das Absehen zu ergänzen.

8

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des [X.] ([X.]), wonach dann keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss, wenn die Rechtssache keine Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft, die sich nicht unter Heranziehung der Akten und der schriftlichen Erklärungen der Parteien angemessen lösen lassen ([X.], Urteil vom 26. Juli 2017 - [X.]/16 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 47 m.w.[X.]). Für die [X.]erufungsinstanz gelten jedenfalls keine strengeren Maßstäbe (vgl. dazu [X.], Urteil vom 29. Oktober 1991 - Nr. 22/1990/213/275, [X.] - NJW 1992, 1813).

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b) Auch die vom Kläger auf die Anhörung des [X.]erufungsgerichts zur beabsichtigten Vorgehensweise nach § 130a VwGO gestellten [X.]eweisanträge zur gezielten Verfolgung von [X.] durch islamistische Gruppen in der Region [X.] und zu fehlenden Existenzsicherungsmöglichkeiten des [X.] außerhalb [X.]s stehen einer Entscheidung nach § 130a VwGO nicht entgegen. Allein der Umstand, dass nach der Anhörungsmitteilung zum vereinfachten [X.]erufungsverfahren nach § 130a VwGO ein neuer Schriftsatz eingeht und ein neues [X.]eweismittel angekündigt wird, verpflichtet das Gericht nicht, mündlich zu verhandeln. Das Gericht ist in derartigen Fällen auch nicht verpflichtet, dem Kläger vorab die Gründe für die beabsichtigte Nichtberücksichtigung des angekündigten [X.]eweismittels mitzuteilen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 4. April 2003 - 1 [X.] - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 62 m.w.[X.]). Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen; er verpflichtet das Gericht nicht, Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen oder zu erörtern, auf die es aus seiner Sicht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. Mai 2018 - 6 [X.] 69.17 - juris Rn. 6 m.w.[X.]). [X.]ei [X.] muss das [X.]erufungsgericht diese auf ihre Rechtserheblichkeit prüfen und den Kläger grundsätzlich durch eine erneute Anhörungsmitteilung auf das beabsichtigte Festhalten am Verfahren nach § 130a VwGO hinweisen. Von einem entsprechenden Hinweis darf das Gericht jedoch in verfahrensfehlerfreier Weise absehen, wenn es auf das angebotene [X.]eweismittel mangels Entscheidungserheblichkeit gar nicht ankommt, wobei die materiell-rechtliche Auffassung des [X.]erufungsgerichts für die [X.]eurteilung der Entscheidungserheblichkeit maßgeblich ist ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 4. April 2003 - 1 [X.] - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 62 und vom 2. März 2010 - 6 [X.] - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 80 Rn. 8 jeweils m.w.[X.]). Hält das [X.]erufungsgericht an einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 130a VwGO fest, ohne eine Vorabentscheidung über einen gestellten [X.]eweisantrag zu treffen, muss aus den Entscheidungsgründen seines [X.]eschlusses ersichtlich sein, dass es die Ausführungen des [X.]eteiligten zur Kenntnis genommen und seine [X.]eweisanträge vorher auf ihre Rechtserheblichkeit geprüft hat. Insoweit korrespondiert der Verzicht auf eine Vorabentscheidung über einen [X.]eweisantrag mit der Pflicht des [X.]erufungsgerichts, die Erheblichkeit der [X.]eweiserhebung vor der Entscheidung zu prüfen und sich in den Entscheidungsgründen damit auseinanderzusetzen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. Mai 2018 - 6 [X.] 69.17 - juris Rn. 6 m.w.[X.]).

Diesen Anforderungen genügt der angefochtene [X.]eschluss. Die [X.]egründung der [X.]erufungsentscheidung lässt (noch) erkennen, dass das [X.]erufungsgericht die [X.]eweisanträge des [X.] zur Kenntnis genommen und auf ihre Rechtserheblichkeit geprüft hat. Nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung ist der vom Kläger angebotene [X.]eweis zur gezielten Verfolgung von [X.] durch islamistische Gruppen in der Region [X.] nicht entscheidungserheblich. Auf den Geburtsort des [X.] in der Region [X.] sei nicht abzustellen, weil er seinen Lebensmittelpunkt zuletzt in [X.] hatte ([X.]). Das [X.]erufungsgericht musste sich danach mangels Entscheidungserheblichkeit nicht veranlasst sehen, von der beabsichtigten Vorgehensweise einer Entscheidung im [X.] nach § 130a VwGO wegen des [X.] Abstand zu nehmen oder den Kläger im Rahmen einer zweiten Anhörung auf diesen Umstand hinzuweisen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des [X.]eweisantrags zu den fehlenden Existenzsicherungsmöglichkeiten des [X.] außerhalb [X.]s, bei dem es sich lediglich um einen mit dem ersten Antrag im Zusammenhang angeführten - zudem unkonkreten - [X.]eweisantrag handelt. Aus den genannten Gründen bleibt auch die mit der [X.]eschwerde erhobene Rüge, das [X.]erufungsgericht habe den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör verletzt, indem es "den [X.]eweisantrag zu einer Verfolgung des [X.] in seiner Herkunftsregion [X.] übergangen" habe (S. 8 der [X.]eschwerdebegründung), ohne Erfolg.

c) Ebenso wenig gebot Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorliegend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Norm findet auf den vorliegenden Rechtsstreit keine direkte Anwendung. Dem Wortlaut nach gilt Art. 6 Abs. 1 [X.] nur für Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen und für strafrechtliche Anklagen. Auch wenn der Anwendungsbereich nach der Rechtsprechung des [X.] über das nationale [X.] hinausgeht, werden jedenfalls Verfahren aus dem Kernbereich des öffentlichen Rechts, wozu auch das Asylrecht zählt, weiterhin nicht davon erfasst ([X.]VerwG, Urteile vom 21. März 2000 - 9 [X.] 39.99 - [X.]VerwGE 111, 69 <74>, vom 14. März 2002 - 1 [X.] 15.01 - [X.]VerwGE 116, 123 <125> und vom 27. Oktober 2015 - 1 [X.] 32.14 - [X.]VerwGE 153, 162 <168 f.>; [X.]eschluss vom 16. Juni 1999 - 9 [X.] 1084.98 - [X.] 310 § 130a VwGO Nr. 40; jeweils m.w.[X.]). Davon unberührt bleibt, dass die vom [X.] zu Art. 6 Abs. 1 [X.] entwickelten Anforderungen bei konventionskonformer Anwendung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 130a VwGO vom [X.]erufungsgericht zu berücksichtigen sind.

d) Das nach nationalem Recht in konventionskonformer Auslegung eröffnete Ermessen, ohne mündliche Verhandlung durch [X.]eschluss zu entscheiden, war hier auch nicht mit [X.]lick auf [X.]srecht eingeschränkt oder ausgeschlossen. Weder Art. 46 Richtlinie 2013/32/[X.], der das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht gegen die einen Antrag auf internationalen Schutz ablehnende Entscheidung vorsieht, noch eine andere [X.]estimmung der Richtlinie sieht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem mit dem Rechtsbehelf befassten Gericht vor ([X.], Urteil vom 26. Juli 2017 - [X.]- 348/16 - Rn. 28). Es besteht eine Pflicht der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit in den vom [X.]srecht erfassten [X.]ereichen ein wirksamer Rechtsschutz gewährleistet ist. Diese Pflicht entspricht dem in Art. 47 der [X.] ([X.]) verankerten Grundsatz, wonach jede Person, deren durch das Recht der [X.] garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht hat, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, sodass der [X.]egriff des "wirksamen Rechtsbehelfs" im Sinne des Art. 46 Richtlinie 2013/32/[X.] im Einklang mit Art. 47 [X.] zu bestimmen ist ([X.], Urteil vom 26. Juli 2017 - [X.]/16 - Rn. 30 f. m.w.[X.]). Art. 47 [X.] ist wiederum im Lichte der Rechtsprechung des [X.] zu Art. 6 Abs. 1 [X.] auszulegen, da Art. 47 Abs. 1 und 2 [X.] den Art. 6 Abs. 1 und Art. 13 [X.] entsprechen (Art. 52 Abs. 3 [X.]). Insoweit hat der [X.] unter [X.]ezugnahme auf den [X.] bereits festgestellt, dass sich aus Art. 6 Abs. 1 [X.] keine absolute Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergibt und eine solche Verpflichtung auch nicht aus Art. 47 Abs. 2 oder einer anderen [X.]estimmung der [X.] folgt ([X.], Urteil vom 26. Juli 2017 - [X.]/16 - Rn. 40 m.w.[X.]). Jedenfalls dann, wenn das Gericht der Auffassung ist, dass es seiner Verpflichtung zur umfassenden ex-nunc-Prüfung des Rechtsbehelfs nach Art. 46 Abs. 3 Richtlinie 2013/32/[X.] allein auf der Grundlage des Akteninhalts einschließlich der Niederschrift oder des Wortprotokolls der persönlichen Anhörung des Antragstellers nachkommen kann, kann es die Entscheidung treffen, den Antragsteller im Rahmen des Rechtsbehelfs nicht anzuhören und von einer mündlichen Verhandlung abzusehen ([X.], Urteil vom 26. Juli 2017 - [X.]/16 - Rn. 44).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die [X.]eschwerde keine Gründe aufgezeigt, wonach das [X.]erufungsgericht unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet gewesen wäre, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Weder hat sie dargelegt, dass eine Entscheidung ohne persönliche Anhörung des [X.] vor dem [X.]erufungsgericht nicht möglich gewesen wäre, noch war eine mündliche Verhandlung nach dem den [X.]eteiligten bekannten Stand der Rechtsprechung des [X.]erufungsgerichts aufgrund der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage erforderlich. Das [X.]erufungsgericht hat sich mit den entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen nicht erstmals, sondern nach früherer Klärung in vorangegangenen - anderen - Verfahren auseinander gesetzt.

e) Das Ermessen des [X.]erufungsgerichts, im vereinfachten [X.]erufungsverfahren nach § 130a VwGO zu entscheiden, war auch nicht dadurch eingeschränkt, dass bereits die Entscheidung des [X.] ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Denn wenn die [X.]eteiligten - wie hier - in der ersten Instanz Gelegenheit zu einer mündlichen Verhandlung hatten und sie - aus welchen Gründen auch immer - freiwillig und ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), steht dem [X.]erufungsgericht die Möglichkeit einer Entscheidung durch [X.]eschluss nach § 130a VwGO grundsätzlich offen ([X.]VerwG, Urteil vom 22. Januar 1998 - 2 [X.] 4.97 - [X.] 310 § 161 VwGO Nr. 113 und [X.]eschluss vom 12. September 2018 - 1 [X.] 50.18 - juris Rn. 24). Der von der [X.]eschwerde angeführte ausnahmsweise mögliche Widerruf eines Verzichts auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung bei wesentlicher Veränderung der Prozesslage steht vorliegend nicht im Raum, weil der Verzicht des [X.] ausschließlich das erstinstanzliche und nicht das [X.]erufungsverfahren betraf. Auch die in diesem Zusammenhang angeführte Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht auf Antrag nach § 495a Satz 2 ZPO ([X.], [X.] vom 2. März 2017 - 2 [X.]vR 977/16 - NJW-RR 2017, 690) ist auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragbar, weil das erstinstanzliche Gericht hier nicht einen zwingenden Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung übergangen, sondern aufgrund eines wirksamen Verzichts des [X.] im schriftlichen Verfahren entschieden hat.

II. Soweit die [X.]eschwerde in der [X.]erufungszulassung durch das Oberverwaltungsgericht einen [X.]undesrechtsverstoß sieht, weil die Entscheidung des [X.] nicht auf der von der [X.]eklagten geltend gemachten Divergenz beruhe, genügt sie schon deshalb nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil sie keinen dem herangezogenen Rechtssatz widerstreitenden Rechtssatz benennt, den die Zulassungsentscheidung oder der angefochtene [X.]eschluss aufgestellt hätte, und so allenfalls eine (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall durch die Zulassungsentscheidung rügt. Ungeachtet dessen handelt es sich bei der [X.]erufungszulassung um eine unanfechtbare Vorentscheidung des [X.]erufungsgerichts, die nicht zu einer Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen kann ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Januar 2004 - 1 [X.] 9.04 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 32 m.w.[X.]).

III. Der Senat sieht von einer weiteren [X.]egründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

IV. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § [X.] [X.] nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Meta

1 B 58/19

30.07.2019

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.07.2019, Az. 1 B 58/19 (REWIS RS 2019, 4962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4962

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2 BvR 977/16

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