Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2014, Az. IX ZB 42/14

9. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 436

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Gegenstand

Pflichten des Treuhänders im Restschuldbefreiungsverfahren: Vollstreckungshindernis für ein Zwangsgeld zur Erzwingung des Schlussberichts


Leitsatz

Ein zur Erzwingung des Schlussberichts rechtskräftig festgesetztes Zwangsgeld kann nicht mehr vollstreckt werden, sobald der Schlussbericht eingereicht ist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 30. Juni 2014 und der Beschluss des [X.] vom 13. Februar 2014 aufgehoben.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des [X.] vom 9. Juli 2013 wird für unzulässig erklärt.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Gegen den [X.] wurde als - zwischenzeitlich abberufener - Treuhänder in dem Restschuldbefreiungsverfahren des [X.]      durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 9. Juli 2013 ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € festgesetzt, weil er seiner Verpflichtung zur Vorlage des [X.] nicht nachgekommen war. Die von ihm dagegen eingelegte sofortige Beschwerde wurde von dem [X.] mit Beschluss vom 26. August 2013 zurückgewiesen. Der Beschluss ist rechtskräftig. Der [X.] legte den Schlussbericht am 23. September 2013 vor.

2

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 hat das Insolvenzgericht dem Beschwerdeführer eine Zahlungsaufforderung nebst Vollstreckungsandrohung übersandt. Dieser hat beantragt, den Zwangsgeldbeschluss aufzuheben. Der Antrag ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt er die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und des gegen ihn ergangenen [X.]. Hilfsweise will er erreichen, dass die Beitreibung des Zwangsgeldes für unzulässig erklärt wird.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Auf den Hilfsantrag ist die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des [X.] vom 9. Juli 2013 für unzulässig zu erklären.

4

1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das [X.] von einer zulässigen Beschwerde ausgegangen. Der Treuhänder ist ebenso wie der Insolvenzverwalter berechtigt, gegen die Vollstreckung eines [X.] den [X.] zu erheben. Nach allgemeiner Meinung (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 767 Rn. 8) besteht hierfür ein Rechtsschutzinteresse, sobald eine Zwangsvollstreckung ernstlich droht. Es fehlt, wenn die Zwangsvollstreckung unstreitig nicht beabsichtigt ist oder nicht mehr droht. Aufgrund der Zahlungsaufforderung vom 13. Dezember 2013 hat der Beschwerdeführer hier eine Vollstreckung zu gewärtigen. Wird der [X.] abgewiesen, ist hiergegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) gegeben.

5

a) Gegen den Treuhänder wie auch den Insolvenzverwalter kann gemäß § 58 Abs. 2 [X.] nach vorheriger Androhung ein Zwangsgeld verhängt werden, wenn er seine Pflichten nicht erfüllt. Holt der Treuhänder nach rechtskräftiger Festsetzung des Zwangsgeldes die verlangte Handlung nach, kann er sich auf den [X.] berufen, der sowohl bei Vornahme einer vertretbaren Handlung (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 67, 71 f) als auch einer nicht vertretbaren Handlung (vgl. [X.], aaO; Beschluss vom 6. Juni 2013 - [X.]/12, NJW-RR 2013, 1336 Rn. 8 ff; KG, [X.], 349; [X.], [X.], 584, 586; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 888 Rn. 11; [X.]/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 888 Rn. 11; [X.], 5. Aufl., § 888 Rn. 9a; Prütting/[X.]/Olzen, ZPO, 6. Aufl., § 888 Rn. 8) zu berücksichtigen ist.

6

b) Betrifft die Vollstreckung einen auf der Grundlage von § 58 Abs. 2 Satz 1 [X.] ergangenen rechtskräftigen Zwangsgeldbeschluss, ist mangels eines Gläubigertitels für eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO), mit welcher der Schuldner grundsätzlich den [X.] geltend machen kann ([X.], [X.], 1193; [X.]/[X.], aaO § 888 Rn. 31 mwN), kein Raum. Da nicht die Art und Weise der Zwangsvollstreckung berührt ist, scheidet auch eine Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO aus (in diesem Sinne [X.], [X.], 1233; BK-[X.]/[X.], 2003, § 58 Rn. 17). Vielmehr hat das Insolvenzgericht auf Antrag des Treuhänders gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3, §§ 795, 767 ZPO, § 4 [X.] im [X.] über den [X.] zu befinden ([X.]/[X.], [X.], § 58 Rn. 28; gegen jede Anfechtung [X.], [X.], 13. Aufl., § 58 Rn. 37; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 58 Rn. 61; HmbKomm-[X.]/Frind, 5. Aufl., § 58 Rn. 12). Gegen diese Entscheidung steht dem Treuhänder gemäß § 793 ZPO die sofortige Beschwerde und im Falle ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde offen.

7

2. Das Rechtsmittel ist im Hilfsantrag begründet. Der Zwangsgeldbeschluss vom 9. Juli 2013 darf wegen Zweckerreichung nicht mehr vollstreckt werden, nachdem der [X.] der Verpflichtung zur Vorlage des [X.] nachgekommen ist.

8

a) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine Aufhebung des [X.] komme nicht in Betracht, weil er in Rechtskraft erwachsen sei. Auch wenn der Zweck des [X.] nach Vorlage des [X.] erfüllt sei, hindere die Rechtskraft das Gericht an seiner Aufhebung. Das Verfahren der Zwangsgeldfestsetzung werde zu einer "Farce", wenn der Treuhänder bis zur Beitreibung warten könne, um unter Nachweis der Erfüllung seiner Pflicht einen [X.] stellen zu können, dem das Gericht zu entsprechen habe. Vielmehr sei ein Verfahren zur Aufhebung eines rechtskräftigen [X.] im Gesetz nicht vorgesehen.

9

b) Den dagegen geltend gemachten [X.] der Rechtsbeschwerde kann der Erfolg nicht versagt werden.

aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Festsetzung des Zwangsgeldes nach § 58 Abs. 2 [X.] aufzuheben, wenn der Insolvenzverwalter oder Treuhänder die nach § 58 Abs. 1 [X.] vom Insolvenzgericht geforderte Handlung vornimmt, bevor die Entscheidung über die Zwangsgeldfestsetzung rechtskräftig wird ([X.], Beschluss vom 1. Dezember 2011 - [X.]/11, [X.], 50 Rn. 4 mwN; vom 4. Juli 2013 - [X.] 44/11, Z[X.] 2013, 1635 Rn. 5). Zweck der Zwangsgeldfestsetzung ist es, [X.] Verhalten des Verwalters zu erzwingen, nicht aber eine begangene Pflichtverletzung zu sanktionieren ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.] 76/04, [X.], 1132, 1134; vom 1. Dezember 2011, aaO; vom 4. Juli 2013, aaO).

bb) Bildet eine Zwangsgeldfestsetzung keine Sanktion, darf sie nicht mehr vollstreckt werden, wenn der Treuhänder die geforderte Handlung nach Rechtskraft des [X.] vornimmt.

(1) Bewirkt der Schuldner die titulierte unvertretbare Handlung nach rechtskräftiger Anordnung des [X.], so ist die Fortsetzung der Vollstreckung materiell nicht mehr gerechtfertigt. Diese Würdigung entspricht dem Zweck des [X.], den Schuldner zur Erfüllung der geschuldeten Leistung zu veranlassen. Aus dem Zwangsgeldbeschluss darf mithin bei nachträglicher Vornahme der geschuldeten Handlung nicht mehr vollstreckt werden, weil er gegenstandslos wird. Der Schuldner ist also durch den Zwangsmittelfestsetzungsbeschluss nicht gehindert, die geschuldete Handlung jederzeit vorzunehmen. Geschieht dies, bevor die festgesetzten Zwangsmittel vollstreckt sind, ist die Zwangsvollstreckung einzustellen. Deswegen ist während des gesamten [X.] zu prüfen, ob die Zwangsvollstreckung noch notwendig ist und der Gläubiger noch einen Anspruch auf Erzwingung der geschuldeten Leistung hat. Diese Grundsätze entsprechen - soweit ersichtlich - einhelliger in Rechtsprechung und Schrifttum vertretener Auffassung ([X.], [X.] 2001, 306, 307; [X.], [X.], 472; [X.], [X.], 1193 mwN; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 888 Rn. 30; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 888 Rn. 31; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 888 Rn. 71; Walker in [X.]/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 888 Rn. 45; [X.]/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 888 Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.], 35. Aufl., § 888 Rn. 14; [X.], 5. Aufl., § 888 Rn. 16; Prütting/[X.]/Olzen, 6. Aufl., § 888 Rn. [X.], ZPO, 11. Aufl., § 888 Rn. 8; [X.]/[X.], ZPO, 73. Aufl., § 888 Rn. 18).

(2) In Übereinstimmung mit diesen allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen scheidet auch die Vollstreckung eines Zwangsgeldes gegen den Treuhänder oder Insolvenzverwalter aus, nachdem er - wie hier - unstreitig die zu vollstreckende Handlung vorgenommen hat ([X.], [X.], 1233; [X.]/[X.], aaO § 58 Rn. 28; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2009, § 58 Rn. 17; HK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 58 Rn. 11; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 58 Rn. 27; FK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 58 Rn. 15; wohl auch [X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 58 Rn. 21; a.A. [X.], 13. Aufl., § 58 Rn. 37; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 58 Rn. 61; HmbKomm-[X.]/Frind, 5. Aufl., § 58 Rn. 12). Dem Schuldner ist ein schutzwürdiges Interesse daran zuzuerkennen, dass die Erfüllungswirkung seiner Handlungen geprüft wird (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 67, 71). Da ihm stets die Möglichkeit eines Vollstreckungsgegenantrags eröffnet ist (vgl. [X.], aaO S. 71 f), sind ersichtlich auch nach rechtskräftiger Festsetzung des [X.] vorgenommene Erfüllungshandlungen zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.

cc) Die Beachtung nach rechtskräftiger Festsetzung eines Zwangsgeldes vorgenommener [X.] macht das Verfahren der Zwangsgeldvollstreckung nicht - wie das Beschwerdegericht im [X.] an eine im Schrifttum vertretene Auffassung ([X.], Rpfleger 1982, 351; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 58 Rn. 61; HmbKomm-[X.]/Frind, 5. Aufl., § 58 Rn. 12) angenommen hat - zu einer "Farce".

(1) Dem Treuhänder oder Insolvenzverwalter steht als Schuldner der zu vollstreckenden Handlung die Befugnis offen, die Zwangsgeldfestsetzung im Wege eines Rechtsmittels der gerichtlichen Kontrolle zuzuführen. Folglich kann er vor Eintritt der formellen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung nicht verpflichtet sein, die zu vollstreckende Handlung vorzunehmen. Vielmehr kann dies von ihm stets nur im [X.] an den Eintritt der formellen Rechtskraft und damit der Unanfechtbarkeit der Zwangsgeldfestsetzung verlangt werden. Erweist sich sein Rechtsmittel als erfolglos, muss dem Verwalter mithin die Möglichkeit eingeräumt werden, nach Rechtskraft des [X.] die zu vollstreckende Handlung zu bewirken (zutreffend [X.]/[X.], [X.], § 58 Rn. 28). Solange der Berechtigte von der Vollstreckung des Zwangsgeldes absieht, kann dem Verwalter nicht das Recht abgeschnitten werden, die zu vollstreckende Handlung - hier die Vorlage des [X.] - vorzunehmen. Ist damit der Zweck der Zwangsgeldfestsetzung erreicht, scheidet eine Vollstreckung aus.

(2) Nichts anderes folgt aus der Befugnis des Insolvenzgerichts, dem Verwalter ein weiteres Zwangsgeld anzudrohen, wenn er nach Festsetzung und Vollstreckung des (ersten) Zwangsgeldes seinen Pflichten nicht nachkommt ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.] 76/04, [X.], 1132, 1134). Mit Rücksicht auf den Beugecharakter der Maßnahme ([X.], aaO) ist dem Verwalter stets die Möglichkeit zuzubilligen, der wiederholten Vollstreckung durch Bewirken der geschuldeten Handlung zuvorzukommen.

3. Auf der Rechtsfolgenseite ordnet der über § 794 Abs. 1 Nr. 3, § 795 ZPO anwendbare § 767 ZPO nach allgemeiner Meinung für den erfolgreichen Gegenantrag an, dass die Vollstreckung aus dem Titel für unzulässig zu erklären ist. Eine Aufhebung des zu Recht ergangenen Titels kann dagegen nicht verlangt werden.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Da dem [X.] keine Partei im zivilprozessrechtlichen Sinne gegenübersteht, scheidet eine Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten nach § 4 [X.] iVm § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO trotz des Obsiegens im Verfahren aus (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Januar 2012 - [X.] 15/11, Z[X.] 2012, 455 Rn. 9). Gerichtsgebühren fallen aufgrund des erfolgreichen Rechtsmittels nicht an (vgl. Nr. 2362-2364 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

Kayser                      [X.]                        Vill

             Lohmann                        Fischer

Meta

IX ZB 42/14

11.12.2014

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bamberg, 30. Juni 2014, Az: 3 T 134/14

§ 4 InsO, § 58 Abs 2 InsO, § 793 ZPO, § 794 Abs 1 Nr 3 ZPO, § 767 ZPO, § 795 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2014, Az. IX ZB 42/14 (REWIS RS 2014, 436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 436

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12 Ta 567/16 (Landesarbeitsgericht Hamm)


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