Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2007, Az. III ZR 27/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 80

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[X.] [X.] vom 20. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 544 Abs. 6 Satz 3, § 551 Abs. 3 Satz 2 Nach Zulassung der Revision ist eine gesonderte Revisionsbegründung - sei es auch nur in Form einer Bezugnahme gemäß § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO - stets notwendig, und zwar auch dann, wenn bereits die Begründung der Nicht-zulassungsbeschwerde die gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO für eine Revisi-onsbegründung erforderlichen Elemente enthält (entgegen [X.], Urteil vom 7. Juli 2004 - [X.]/03 - NJW 2004, 2981). [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2007 - [X.] - [X.]

LG München I - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. Dezember 2007 durch [X.], [X.] sowie die Richterin [X.] beschlossen: Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat die Revi-sion gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 13. Dezember 2005 - 9 [X.] - als unzulässig erachtet, weil sie nicht innerhalb der in § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmten Frist begründet wurde. Gründe: [X.] Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat am 11. September 2006 nach rechtzeitig eingelegter Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb der verlängerten Frist zur Begründung der Beschwerde einen mit "Begründung der Nichtzulas-sungsbeschwerde und Revisionsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein-gereicht. Unter der Überschrift "A. Begründung der Nichtzulassungsbeschwer-defi hat er Zulassungsgründe geltend gemacht. Unter der Überschrift "B. Revisi-onsbegründung" hat er für den Fall der Zulassung der Revision einen Revisi-onsantrag formuliert und im Übrigen zur Begründung auf seine Ausführungen zur Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen. Der Senat hat mit Beschluss vom 3. Mai 2007 die Revision teilweise zugelassen. Der [X.] ist 1 - 3 - dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 9. Mai 2007 zugestellt worden. Eine Revisionsbegründung ist bislang nicht eingegangen. I[X.] [X.] hat durch Urteil vom 7. Juli 2004 ([X.]/03 - NJW 2004, 2981) entschieden, dass die aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassene Revision nicht erst innerhalb der mit Zustellung des [X.] in Lauf gesetzten [X.] durch Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde oder durch davon unab-hängige, auch zusätzliche Ausführungen begründet werden müsse. Vielmehr könne eine den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO genügende Revi-sionsbegründung auch schon vor dem Lauf der [X.], zum Beispiel in dem Schriftsatz gegeben werden, mit dem die Nichtzulassungsbe-schwerde begründet werde. 2 Der II[X.] Zivilsenat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen (ablehnend auch: [X.] NJW 2004, 3524; [X.] PR [X.]-ZivilR 34/2004 [X.]. 5 unter E; distanzierend: [X.]/[X.], 3. Aufl., 2007, § 551 Rn. 4; anders wohl auch [X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 551 Rn. 16). Einer Vorlage an den [X.] für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 GVG bedarf es nicht, da der IV. Zivilsenat auf Anfrage mitgeteilt hat, an seiner Rechtsprechung nicht mehr festhalten zu wollen. 3 1. Für die Ansicht des erkennenden Senats sprechen der Wortlaut und die Systematik des Gesetzes (so auch [X.] aaO S. 3525). Das Gesetz geht, wie sich aus § 544 ZPO ergibt, von einer klaren Trennung zwischen dem [X.] - 4 - sungs- und dem Revisionsverfahren aus (vgl. auch Begründung des Entwurfs der Bundesregierung des [X.], BT-Drucks. 14/4722 S. 106). Mit der positiven Zulassungsentscheidung ist das [X.] beendet. Es schließt sich das Revisionsverfahren an mit der Maßgabe, dass die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision gilt (§ 544 Abs. 6 Satz 2 ZPO) gilt. Allerdings sieht die Zivilprozessordnung vor, dass auch nach vorangegangenem Zulassungsverfah-ren eine Revisionsbegründung erforderlich ist (vgl. § 544 Abs. 6 Satz 3 ZPO; [X.]. aaO). Dies ist im Übrigen auch deshalb sinnvoll, weil die Zulassungs- und die Revisionsgründe nicht identisch sein müssen und oftmals auch nicht sind ([X.]. aaO). Dass das Gesetz - der Systematik der Trennung von [X.] und Revisionsverfahren konsequent folgend - eine gesonderte Revi-sionsbegründung auch in den Fällen fordert, in denen die Nichtzulassungsbe-schwerdebegründung bereits sämtliche erforderlichen Elemente einer Revisi-onsbegründung (§ 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO) enthält, ergibt sich insbesondere aus § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Darin ist für diese Fälle vorgesehen, dass in Ab-weichung von den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Revisions-begründung eine Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung genügt. Das Gesetz erleichtert damit die Erstellung der Revisionsbegründung, um die unnötige Wiederholung des Inhalts der [X.] zu vermeiden. Lässt § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO unter den darin be-stimmten Voraussetzungen die Bezugnahme genügen, ergibt sich hieraus aber zugleich der Umkehrschluss, dass eine gesonderte Revisionsbegründung nach Zulassung der Revision - sei es auch nur in Form einer Bezugnahme - stets notwendig ist. 5 - 5 - 2. Das Erfordernis einer - gegebenenfalls auch nur aus einer Bezugnahme bestehenden - eigenständigen Revisionsbegründung nach Revisionszulassung bedeutet auch nicht eine reine Formalie, sondern entspricht praktischen Not-wendigkeiten. Dies zeigt der Blick auf die Folgeprobleme, die sich für die Frist zur Einlegung der [X.] ergäben, wenn die gesonderte Revisions-begründung entbehrlich wäre (siehe hierzu auch [X.] aaO, S. 3526; [X.] aaO). 6 Nach § 554 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO ist die Anschließung bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung zu er-klären und zu begründen. Die Anknüpfung an die Zustellung der Revisionsbe-gründung versagt, wenn eine solche nach Zulassung des Rechtsmittels nicht mehr abgegeben wird. 7 Dem lässt sich nicht entgegenhalten, in diesen Fällen beginne die Frist für eine [X.] des [X.] mit Zustellung des [X.]. Ergänze der Revisionsführer seine Revisionsbegründung innerhalb der mit Zustellung des [X.]es beginnenden Revisi-onsbegründungsfrist, verlängere sich die Frist für die [X.] ent-sprechend (so aber [X.], Urteil vom 7. Juli 2004 aaO). 8 Gegen diese Lösung spricht zum einen, dass sie sich nicht aus dem [X.] ergibt, vielmehr praeter legem entwickelt werden muss, während gerade Fristbestimmungen im Interesse der Rechtssicherheit klar überschaubar und leicht handhabbar sein müssen (z.B.: Senatsurteile [X.] 162, 175, 180; 171, 33, 37, Rn. 27; [X.] aaO), so dass sie sich unschwer aus dem Gesetz herlei-ten lassen sollten. 9 - 6 - Zum anderen trüge die Lösung über dieses allgemeine Bedenken hinaus eine erhebliche Unsicherheit in das Verfahren hinein, die im Hinblick auf die vom Anwalt des [X.] zu beachtende Sorgfalt im Ergebnis auf eine im Gesetz nicht vorgesehene Verkürzung der [X.]sfrist hinausliefe. Der Revisionsbeklagte kann nicht absehen, ob der Revisionskläger nach Zulassung des Rechtsmittels noch einen weiteren Schriftsatz einreichen und ob er darin weitere Revisionsgründe vortragen wird. Er kann deshalb nicht überschauen, ob es für die Frist zur Einlegung der [X.] auf die Zustellung des [X.]es ankommt oder ob sich diese Frist, weil infolge einer (ergänzenden) Revisionsbegründung wieder § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgeblich wird, verlängern wird. Der Anwalt des [X.] muss sich schon mit Rücksicht auf Haftungsrisiken deshalb immer darauf ein-richten, eine [X.] bereits innerhalb eines Monats nach Zustellung des [X.]es einzulegen und zu begründen ([X.] aaO). Dies kann sogar dazu führen, dass der Revisionsbeklagte entgegen § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO und in Widerspruch zu dem systematischen Zusammenhang zwi-schen Revision und [X.] dazu genötigt wird, seine [X.] einzulegen und zu begründen, bevor der Revisionskläger seine Revision (ergänzend) begründet hat. Nach der bislang vom [X.] befürworteten Lösung hat der Revisionsbeklagte ab Zustellung des [X.]es einen Monat Zeit, seine [X.] einzulegen und zu begründen. [X.] stehen dem Revisionskläger gemäß § 544 Abs. 6 Satz 3 ZPO i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO zwei Monate ab Zustellung des [X.] zur Verfügung, um eine (ergänzende) Revisionsbegründung einzureichen. 10 Hinzu tritt, dass nicht immer klar zu beurteilen ist, ob eine Nichtzulas-sungsbeschwerdebegründung den Anforderungen an eine Revisionsbegrün-dung genügt. Weder fordert § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO die Überschrift "[X.] - 7 - onsbegründung" noch müssen Revisionsanträge ausdrücklich formuliert wer-den. In Grenzfällen bleibt damit unklar, ob die Frist für die [X.] bereits mit Zustellung des [X.]es zu laufen beginnt oder erst nach Maßgabe des § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO (vgl. auch [X.] aaO S. 3526; [X.] aaO). Auch in diesen Fallgestaltungen hat sich der Revisionsbeklagte vorsorglich auf die Monatsfrist nach Zustellung des [X.]es einzurichten, was wiederum auf eine im Gesetz nicht vorgesehene Verkürzung der [X.]sfrist hinauslaufen kann. Als andere Möglichkeit zur Lösung der Anschlussfristproblematik kann in Betracht gezogen werden, für den Beginn der [X.]sfrist nicht auf die Zustellung des [X.]es abzustellen, sondern auf den Ablauf der [X.] (§ 544 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Hierdurch wäre zwar ausgeschlossen, dass der Revisionsbeklagte [X.] wird, eine [X.] einzulegen und zu begründen, bevor der Revisionskläger seine (ergänzende) Revisionsbegründung eingereicht hat. [X.] ist der Ablauf dieser Frist für den [X.] unklar, da er nicht wissen kann, wann der [X.] dem Revisionskläger zugestellt wurde und damit die [X.] zu laufen begann. Hinzu tritt, dass es sich auch hierbei um eine Lösung praeter legem handelt, die mit der im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsmittelklarheit notwendigen einfachen Handhabbarkeit von Fristen nicht zu vereinbaren ist. 12 Weiterhin ist denkbar, die [X.] unbeschränkt zuzulassen, das heißt bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. [X.] aaO, [X.]). Dies würde aber dem Sinn des § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO wider-sprechen, der für alle Beteiligten eine sorgfältige und umfassende Vorbereitung der Verhandlung vor dem Revisionsgericht gewährleisten soll. 13 - 8 - 3. Die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung befindet sich überdies im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] und des [X.], für die § 544 und § 551 ZPO entsprechende Vorschriften gelten (§§ 132, 133, 139 Abs. 2 und 3 VwGO; §§ 160, 160a, 164 Abs. 2 SGG). Beide anderen Obersten Gerichtshöfe haben den Verzicht auf eine Revisionsbegründung, wenn bereits die [X.] die erforderlichen Elemente enthält, nicht erwogen. Sie halten eine gesonderte Revisionsbegründung auch in diesen Fällen für erforderlich und er-örtern in einschlägigen Entscheidungen lediglich die Frage, ob und unter wel-chen Voraussetzungen eine § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechende [X.] auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Anforderungen an eine Revisionsbegründung erfüllt (z.B.: [X.], 117, 121 [auch zur Zulassungsberufung]; BVerwG NJW 2006, 3081 Rn. 3; Urteil vom 22. Februar 2001 - 7 C 14/00 - juris Rn. 10; ferner zur Zulassungsberufung, § 124a VwGO: Beschlüsse vom 4. Mai 2006 - 6 [X.]/05 - juris Rn. 5 und vom 6. Oktober 2005 - 5 [X.]/05 - juris Rn. 4 f unter Auseinandersetzung mit dem Urteil des [X.]s vom 7. Juli 2004; BSG, Beschlüsse vom 19. September 2000 - [X.] SB 4/99 R - juris Rn. 7 und vom 26. September 1996 - 2 RU 14/96 - juris Rn. 19). 14 4. Der Senat weist darauf hin, dass den Klägern auf entsprechenden Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein wird, da ihrem Pro-zessbevollmächtigten ein Verschulden wegen der Versäumung der Revisions-begründungsfrist nicht zur Last fällt. Er durfte im Hinblick auf das Urteil des [X.]s vom 7. Juli 2004 (aaO) darauf vertrauen, dass er mit seiner Verfah-rensweise die [X.] wahrte. 15 - 9 - [X.] [X.] [X.] Herrmann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.05.2005 - 6 O 184/00 - [X.], Entscheidung vom 13.12.2005 - 9 [X.] -

Meta

III ZR 27/06

20.12.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2007, Az. III ZR 27/06 (REWIS RS 2007, 80)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 80

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