Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2010, Az. B 1 KR 27/09 R

1. Senat | REWIS RS 2010, 7497

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers - Wechsel des DO-Angestellten einer Krankenkasse zu Rentenversicherungsträger anlässlich Übergang der Betriebsprüfung - anteilige Übernahme von beamtenrechtlichen Versorgungslasten seitens der Krankenkasse nach § 28p Abs 11 S 2 SGB 4)


Leitsatz

Wechselt der Dienstordnungsangestellte einer Krankenkasse anlässlich des Übergangs der Betriebsprüfungen von den Kranken- auf die Rentenversicherungsträger zu einem Rentenversicherungsträger, stellt dies eine die Beteiligung der Krankenkasse an den beamtenrechtlichen Versorgungslasten auslösende "Übernahme" dar, wenn der Angestellte dabei nicht nachversichert werden muss. Dabei kommt es auf eine funktionale und keine formale Betrachtung der jeweiligen Rechtsbeziehungen an.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die teilweise Erstattung von Aufwendungen für die Hinterbliebenenversorgung eines ehemaligen Dienstordnungs([X.] und Bundesbeamten.

2

Der 1939 geborene, im Jahr 2001 verstorbene [X.] (im Folgenden: [X.]) war seit 1971 bei [X.] der beklagten [X.] als Betriebsprüfer im Außendienst mit dem Status eines DO-Angestellten beschäftigt. Im Zusammenhang mit dem ab 1.1.1996 durch das Dritte [X.] angeordneten Übergang der Zuständigkeit für Betriebsprüfungen von den Krankenkassen ([X.]) auf die Träger der Rentenversicherung ([X.]) wurde ua geregelt, dass die [X.]-Träger "die ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigten Angestellten" der [X.] übernehmen. Die Spitzenverbände der [X.] und der Verband Deutscher [X.]-Träger vereinbarten dazu in einer "Besprechung zur Neuregelung der Beitragsüberwachung" am 7.7.1995 ua, dass der Übergang "im Einvernehmen aller Betroffenen" geregelt werden solle. Nachdem die Beklagte die bei ihr beschäftigten Betriebsprüfer über den bevorstehenden Übergang informiert hatte, bewarb sich [X.] um eine weitere Tätigkeit bei der [X.] ([X.]; Rechtsvorgängerin der klagenden Deutschen [X.] Bund). Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass sich insgesamt 15 Mitarbeiter - ua [X.] - für eine Weiterbeschäftigung bei der Klägerin interessierten. Letztere zog Personalakten dieser Mitarbeiter bei und führte Auswahlgespräche, übernahm aber nicht alle Bewerber der Beklagten. Am [X.] schloss die Klägerin mit [X.] einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Beauftragter im Außendienst ab 1.3.1996 und ernannte ihn im September 1997 zum Verwaltungsamtmann im Bundesdienst.

3

Nach dem Tod des [X.] gewährte die Klägerin seiner Witwe ab [X.] sowie seiner Tochter [X.] unter Anwendung des Beamtenversorgungsgesetzes ([X.]). Im März 2003 verlangte die Klägerin von der Beklagten als "abgebendem Dienstherrn" eine Beteiligung an der [X.] (zunächst 32 345,55 [X.]). Dies lehnte die Beklagte ab, weil die Klägerin [X.] nicht im Sinne von [X.] § 15d [X.] (ab 1.1.2001 gleichlautend: § 28p Abs 11 [X.]B IV idF vom [X.], [X.] 1983) "übernommen", sondern ihn neu eingestellt habe.

4

Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht hat die Klage an das [X.] verwiesen. Dieses hat die Beklagte zur Zahlung in antragsgemäßem Umfang verurteilt, weil sie gemäß § 107 [X.] iVm § 28p Abs 11 [X.]B IV zur Beteiligung an den [X.]en für [X.] verpflichtet sei (Urteil vom 7.9.2006).

5

Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagte zur Zahlung des klageerweiternd geforderten, auf 124 549,39 [X.] angewachsenen Betrages verurteilt: Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, dass die früheren Beschäftigten der [X.] ihre alten Aufgaben nahtlos fortführen und die [X.]-Träger die für sie neuen Aufgaben durch geschultes Personal bewältigen könnten. Eine Befreiung der [X.] von ihren [X.]en sei damit nicht verbunden (Urteil vom 10.6.2009).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß die Verletzung von § 28p Abs 11 [X.]B IV bzw von [X.] § 15d [X.]: Die Regelungen griffen nur bei einer "Übernahme" der zuvor bei der [X.] tätig gewesenen Betriebsprüfer durch die Klägerin in Ausübung der gesetzlich angeordneten Übernahmepflicht nach [X.] § 15d Abs 1 [X.]B IV. An einer solchen "Übernahme" fehle es hier. Da es die Klägerin dauerhaft abgelehnt habe, sämtliche Bewerber zu übernehmen, sei der Übergang der DO-Angestellten nicht aufgrund der gesetzlichen Regelungen erfolgt, sondern auf der Grundlage individueller vertraglich vereinbarter Neueinstellungen. Weil die Klägerin der gesetzlichen Anordnung nicht nachgekommen sei, sondern nur selektiv "rosinenpickend" einzelne Arbeitsverträge abgeschlossen habe, müsse sie die [X.]en für diese Mitarbeiter dann auch allein tragen. Die berufliche Tätigkeit des [X.] sei ab 1996 auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des [X.] vom 10. Juni 2009 und des [X.] vom 7. September 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vorinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist unbegründet.

Das [X.] und das L[X.] haben zutreffend entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der klagenden [X.]in ([X.] als Rechtsnachfolgerin der [X.]) 124 549,39 [X.] anteilige Bezüge für die Hinterbliebenenversorgung nach dem 2001 verstorbenen [X.] zu erstatten, der bis Ende Februar 1996 bei der Beklagten als [X.]r und dann bei der Klägerin - zuletzt als Bundesbeamter - tätig war.

1. Die Leistungsklage der Klägerin ( § 54 Abs 5 [X.]G) ist zulässig und begründet. Die Beklagte ist gemäß dem ab 1.1.2001 geltenden § 28p Abs 11 Satz 2 und 3 [X.]B IV (idF durch das Gesetz zur Einführung des [X.] im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften <4. [X.]-Einführungsgesetz> vom [X.], [X.] 1983) in Verbindung mit § 107b Abs 5 Satz 2 [X.] (in der zuletzt vor Eintritt des [X.] im Jahr 2001 maßgeblich gewesenen, ab [X.] geltenden Fassung vom 16.3.1999, zuletzt neu gefasst durch Bekanntmachung vom [X.], [X.] 150; Regelung gleichlautend in allen folgenden Fassungen) verpflichtet, sich an den [X.]en für ihren ehemaligen Mitarbeiter [X.] in dem geltend gemachten Umfang zu beteiligen.

"Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen [X.] handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des [X.] die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß."

Die Voraussetzungen des § 28p Abs 11 Satz 1 und 2 [X.]B IV sind erfüllt. [X.] war bei der Beklagten als [X.]r am 1.1.1995 überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt. [X.] wurde im Jahr 1996, in dem er sein 57. Lebensjahr vollendete, beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von der beklagten [X.] auf die klagende [X.]in auch "übernommen". Für die Übernahme im Sinne des § 28p Abs 11 Satz 2 [X.]B IV genügt es, dass ein am 1.1.1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigter [X.]r beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von seiner [X.] auf einen [X.] aus dem Dienst bei der [X.] (hier: der Beklagten) ausscheidet, in den Dienst des [X.] (hier: der [X.], Rechtsvorgängerin der Klägerin) eintritt und aufgrund seiner dortigen Tätigkeit nicht nachversichert werden muss, sondern Versorgungsanwartschaften unter wirtschaftlicher Einbeziehung der bei der [X.] (hier: Beklagte) verrichteten Tätigkeit beanspruchen kann. Das entspricht Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck der Norm.

Die zum Stichtag ganz oder überwiegend mit Arbeitgeber-Prüfungen befassten [X.] wurden von ihrer [X.] "abgegeben" und vom RV-Träger "aufgenommen", um übernommen zu werden. Bereits [X.] § 15d [X.]B IV aF (idF des 3. [X.]BÄndG vom [X.], [X.] 890), der unmittelbare vom 1.1.1996 bis 31.12.2000 geltende Vorgänger von § 28p Abs 11 [X.]B IV, sah für die "Übernahme" von Beschäftigten keinen Übergang von Arbeitsverhältnissen kraft Gesetzes vor, sondern erforderte schon beim bloßen Wechsel von Angestellten die rechtsgeschäftliche Umsetzung der sich aus der Übernahme des Prüfungsauftrags ergebenden Konsequenzen hinsichtlich der Bestimmung der Vertragsparteien und des Termins des Übergangs (so [X.], Urteil vom 27.6.2001 - 5 [X.], [X.] zu § 15d [X.]B IV, juris Rd[X.] 37). § 613a BGB, der einen gesetzlichen Übergang des Arbeitsverhältnisses vorsieht, war nicht anwendbar (vgl [X.]E 104, 1 = [X.] zu § 1 [X.] Ablösung, juris Rd[X.] 58). Erst recht galt dies aber, wenn ein [X.]r mit dem Ziel vom RV-Träger übernommen wurde, dort im Beamtenverhältnis tätig zu sein. [X.] § 15d [X.]B IV regelte nämlich nicht, welcher Angestellte zu welchem Zeitpunkt von welcher [X.] zu welchem RV-Träger wechselte. Diese Norm hatte vielmehr folgenden Inhalt:

"(1) In dem Umfang, in dem die Prüfung bei Arbeitgebern von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung übergeht, übernehmen diese die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigten Angestellten. Der Träger der Rentenversicherung tritt in diesen Fällen in die Rechte und Pflichten aus den Arbeits- oder Dienstverhältnissen ein. Die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen Vereinbarungen sind für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger Vereinbarungen maßgebend.

(2) Soweit es sich bei einem gemäß Absatz 1 übernommenen Beschäftigten um einen [X.] handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des [X.] die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß."

Für den Übergang der Prüfungen sah das Gesetz einen drei Jahre dauernden Zeitraum vom 1.1.1996 bis 31.12.1998 vor (vgl [X.] § 15c Abs 1 [X.]B IV). Insgesamt ging es bei der gesetzlich angesprochenen Übernahme von Personal darum, dass die Erfahrungen der Arbeitgeberprüfer, die zunächst bei den [X.]n beschäftigt waren, im Interesse einer sachgerechten Aufgabenbewältigung wegen des Übergangs der Kompetenz für die Prüfverfahren nach einem Wechsel zu den [X.]n von diesen genutzt werden konnten. Der Gesetzgeber hatte dabei die Vorstellung, dass sich ein Wechsel der [X.] in das Beamtenverhältnis bei dem übernehmenden [X.] "nach den allgemeinen Vorschriften" vollziehen sollte. Er ging davon aus, dass bei den nach dem Dienstrecht notwendigen Entscheidungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis - wie in der Vergangenheit nach der Errichtung des [X.] - den Interessen der beteiligten Mitarbeiter durch "verfahrensmäßige Erleichterungen" Rechnung getragen werde (so zum Ganzen: Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] <11. Ausschuss> zum 3. [X.]BÄndG, BT-Drucks 13/1559 [X.] zu Art 2 § 15d Abs 1 und 2 [X.]B IV). Ein Wechsel der [X.] der [X.]n in das Beamtenverhältnis bei dem übernehmenden [X.] vollzieht sich "nach den allgemeinen Vorschriften" in der Weise, dass der [X.] bei der [X.] ausscheidet und beim [X.] - und sei es auch nach einer Zwischenzeit als Angestellter - ein neues Dienstverhältnis nach Beamtenrecht begründet. Dies ergibt sich zwangsläufig daraus, dass der rechtliche Status der Angestellten der [X.]n mit [X.] keine Entsprechung im Bereich der Träger der gesetzlichen RV findet: Neben Mitarbeitern im "normalen" Angestelltenverhältnis gibt es dort nur solche im Beamtenverhältnis, wie es bei [X.] - nach einer ersten Beschäftigungszeit als Angestellter der [X.] - der Fall war.

Davon, dass es für die Umsetzung einer Übernahme noch jeweils einer näheren Ausgestaltung bedurfte und nicht eine gleichsam "automatische" Übernahmepflicht "aller" in Frage kommenden Mitarbeiter in Rede stehen konnte, gingen denn auch zu Recht die Spitzenverbände der [X.] und der [X.]n in ihrer Besprechung vom 7.7.1995 aus. Ausweislich des in den Gerichtsakten befindlichen, vom L[X.] zitierten Protokolls sollte nach dem Ergebnis dieser Besprechung ein Übergang stets nur "im Einvernehmen aller Betroffenen" erfolgen. Die Verbände sahen zutreffend rechtliche Hindernisse, "betroffene Mitarbeiter ohne ihre Zustimmung an die Rentenversicherung abzugeben"; zudem wollten sie durchaus auch den Interessen der [X.] Rechnung tragen, indem sie als zusätzliches Kriterium den "erforderliche(n) Bedarf bei den Rentenversicherungsträgern" hervorhoben. Unbeschadet dessen hatte - wegen des geforderten Konsenses aller Beteiligten - umgekehrt auch die beklagte [X.], die eine "Rosinenpickerei" der Klägerin durch das Herausgreifen nur der leistungsstärkeren Mitarbeiter beanstandet, durchaus selbst die Möglichkeit, auf wechselwillige Beschäftigte und [X.] Einfluss zu nehmen, an deren Verbleib sie interessiert war, indem sie diesen zB das Angebot günstiger [X.] unterbreitete, um diese so an sich zu binden und nicht zur Übernahme an die [X.] "freizugeben".

Die spätere Regelung des § 28p Abs 11 [X.]B IV änderte hieran nichts. Vielmehr ist § 28p Abs 11 Satz 2 und 3 [X.]B IV wortgleich mit [X.] § 15d Abs 2 [X.]B IV aF. § 28p Abs 11 [X.]B IV hält nach seiner Gesetzesbegründung den zuvor geltenden [X.] § 15d [X.]B IV inhaltlich aufrecht. Die im Interesse der Übersichtlichkeit gewählte Regelungstechnik, den Regelungsinhalt der alten Regelung in eine gänzlich andere Norm aufzunehmen, wurde lediglich deshalb nötig, weil im Zuge eines [X.] der gesamte [X.] des [X.]B IV aufgehoben wurde. Die Formulierung in § 28p Abs 11 [X.]B IV wurde lediglich "redaktionell an die geltende Praxis und das vom Gesetzgeber Gewollte zur Klarstellung insoweit angepasst, als bei den im Gesetz genannten Vereinbarungen nur kollektive Vereinbarungen in Betracht kommen" (so Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf des 4. [X.]-Einführungsgesetzes, BT-Drucks 14/4375 S 51 f zu [X.] 18 <§ 28p [X.]B IV> zu Buchst d).

Die aufgezeigte Auslegung des Begriffs der "übernommenen" Betriebsprüfer mit [X.]-Status in § 28p Abs 11 Satz 2 [X.]B IV - entsprechend zuvor [X.] § 15d Abs 2 [X.]B IV aF - entspricht auch Sinn und Zweck der Gesamtregelung, den [X.] durch einen Personalwechsel der Prüfer zu erleichtern. Hierzu gehört sowohl der Schutz der betroffenen Betriebsprüfer im Rahmen der Übernahme als auch eine Ausgestaltung der Übernahme, die die Interessen der abgebenden und aufnehmenden Träger wahrt und den Personalwechsel erleichtert, indem sie für eine gerechte Zuordnung der [X.]en sorgt.

Die rechtstechnische Ausgestaltung der Übernahme auf lediglich konsensualer, nicht gesetzlich sich selbst vollziehender, quasi "automatisierter" Basis verbietet bei der Auslegung des Merkmals "übernehmen" eine formal an einen gesetzlichen Transfer anknüpfende Sichtweise. Der Entstehungszusammenhang der Regelungen spricht vielmehr für eine funktionelle, an ihrem Sinn und Zweck ausgerichtete Betrachtung der Rechtsbeziehungen. Damit aber lässt sich die Vorstellung der Beklagten von einer nahtlosen Übernahmeverpflichtung der Betriebsprüfer "kraft Gesetzes" ohne jegliche Spielräume zur Ausgestaltung der Bedingungen für einen Einsatz der [X.] bei den [X.]n nicht vereinbaren.

Der Gesichtspunkt einer sachgerechten, die Übernahme erleichternden Verteilung der [X.]en erschließt sich aus der Versorgungsstruktur der [X.] von [X.]n und deren Folgen bei der Übernahme dieses Personenkreises in ein Beamtenverhältnis durch [X.] unter Berücksichtigung der Versorgungsansprüche: Ohne die Regelung des § 28p Abs 11 Satz 2 und 3 [X.]B IV hätte der den [X.] ins Beamtenverhältnis übernehmende [X.] nämlich die gesamte [X.], dh auch diejenige aus der früheren Beschäftigung, allein tragen müssen, sodass bei - wie hier - langjährigen [X.] faktisch kaum je eine Übernahme zustande gekommen wäre.

Die Regelung ist insoweit dem für das Beamtenversorgungsrecht geltenden § 107b [X.] ähnlich, welcher für den Fall eines konsensualen Wechsels eines Beamten oder [X.]s von einem Dienstherrn in den Dienst eines anderen Dienstherrn (§ 107b Abs 1 [X.]) eine größere Mobilität im öffentlichen Dienst bewirken soll (vgl zB OVG für das [X.] NVwZ-RR 2001, 454, 455 f mwN). Die Herbeiführung eines Dienstherrenwechsels älterer Beamter und [X.] war vor Einführung des § 107b [X.] nämlich dadurch erschwert, dass die [X.] allein den letzten Dienstherrn traf (vgl BVerwG, Urteil vom 31.1.1980 - 2 C 15.78, [X.] 232 § 15 BBG [X.] 11 S 8). Eine vergleichbare Situation bestand bei Übernahme der [X.] auch anlässlich des oben beschriebenen Übergangs der Prüfungsaufgaben von den [X.]n auf die [X.]. Dies beruht auf Folgendem: Die [X.] der Sozialversicherungsträger werden wie die übrigen Arbeitnehmer aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrags beschäftigt (vgl zB [X.], Urteil vom [X.], juris Rd[X.] 14 mwN, [X.] zu § 611 BGB Gratifikation = USK 2008-119). Das Arbeitsverhältnis eines [X.] ist allerdings durch die Dienstordnung seiner Arbeitgeberin normativ geregelt. Bei der Dienstordnung handelt es sich um autonomes Satzungsrecht (stRspr; vgl [X.]E 99, 348, 355 = [X.] zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte mwN). § 351 Abs 1 [X.] bestimmt, dass für die von den [X.]n besoldeten Angestellten, die nicht nach Landesrecht staatliche oder gemeindliche Beamte sind, eine Dienstordnung aufgestellt wird. Diese Dienstordnung regelt nach § 352 Satz 1 [X.] ua die Rechts- und die allgemeinen Dienstverhältnisse der Angestellten und nach § 353 Abs 1 Satz 2 [X.] 3 [X.] ua, unter welchen Bedingungen Ruhegehalt gewährt wird, wobei die in § 352 [X.] angeordnete normative Wirkung arbeitsvertraglich nicht beseitigt werden kann ([X.], Urteil vom 30.8.2005 - 3 [X.], AP [X.] 77 zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte). Nach [X.] § 1 Abs 1 [X.] 2 des [X.] und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern ([X.]) vom 23.5.1975 ([X.] 1173) haben bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung bei Aufstellung ihrer Dienstordnungen nach den §§ 351 bis 357, § 413 Abs 2, § 414b [X.] für die [X.] alle Geld- und geldwerten Leistungen sowie die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen zu regeln. [X.] § 2 Abs 1 [X.] 1 [X.] regelt, dass für landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung die Vorschriften des § 1 Abs 1 mit der Maßgabe gelten, dass an die Stelle des für Bundesbeamte geltenden Rechts das für Landesbeamte geltende Recht tritt. Die Gewährleistung der Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung hat zur Folge, dass die [X.] in der gesetzlichen RV versicherungsfrei sind (§ 5 Abs 1 Satz 1 [X.] 2 [X.]B VI, zuvor § 6 Abs 1 [X.] 3 AVG).

Eine Beteiligung der den Betriebsprüfer abgebenden [X.] an der [X.] des den Betriebsprüfer aufnehmenden [X.] kommt allerdings nur in Betracht, wenn die abgebende [X.] ihn nicht - wegen seines Ausscheidens - nachversichern musste. Andernfalls hätte die [X.] im Ergebnis doppelte [X.]en zu tragen. Zu einer Nachversicherung musste es nach § 8 Abs 2 Satz 1 [X.] 2 [X.]B VI kommen, wenn der Prüfer bei der [X.] ausschied, ohne seine Versorgungsanwartschaften zu behalten und ohne dass - insbesondere wegen der in Aussicht genommenen Übernahme in ein Beamtenverhältnis - Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nach § 184 Abs 2 [X.]B VI gegeben waren. Vorliegend geht es indes lediglich um die anteilige Tragung der Versorgungsbezüge durch die beklagte [X.], die [X.] gerade nicht nachversicherte. Für eine darüber hinausgehende - wie geltend gemacht - vollständige Befreiung der Beklagten von ihren in der Vergangenheit für [X.] bereits in größerem Umfang entstandenen [X.]en zu Lasten der Klägerin ist dagegen kein Raum.

b) Die von der Beklagten gegen die dargestellte und von den Vorinstanzen zutreffend beurteilte Rechtslage vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

aa) Anders als die Beklagte meint, kann eine "Übernahme" des [X.] durch die Klägerin im Sinne von [X.] § 15d Abs 1 [X.]B IV aF und § 28p Abs 11 [X.]B IV nicht deshalb verneint werden, weil die Klägerin nicht sämtliche wechselwilligen [X.] der beklagten [X.] aus dem Bereich der [X.] übernahm. Beide gesetzlichen Regelungen machen die Erstattungspflicht für Versorgungsleistungen bei [X.] nicht vom Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals der "Übernahme aller" interessierten Betriebsprüfer abhängig. Sowohl § 28p Abs 11 [X.]B IV als auch schon zuvor [X.] § 15d Abs 2 [X.]B IV verdeutlichen vielmehr, dass nur auf die "übernommenen Arbeitnehmer" bzw "übernommenen Angestellten" abzustellen ist und Rechtsfolgen auch nur bezogen auf diesen Personenkreis angeordnet werden. Wie dargelegt, regelte das [X.]B IV nämlich nicht, welcher Angestellte zu welchem Zeitpunkt von welcher [X.] zu welchem [X.] wechselte. § 28p Abs 11 Satz 2 [X.]B IV sieht eine anteilige Kostentragung denn auch nur vor, "soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen [X.] handelt".

Im Übrigen geht die Vorstellung der Beklagten schon im Ansatz fehl, die Verletzung einer angeblichen gesetzlichen Pflicht zur "Übernahme aller" interessierten Betriebsprüfer könnte dazu führen, die Beklagte von ihrer im Einzelfall bestehenden Verpflichtung aus § 28p Abs 11 Satz 2 und 3 [X.]B IV in Verbindung mit § 107b Abs 5 Satz 2 [X.] zu dispensieren. Pflichtverletzungen können insoweit allenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen, nicht aber zum Wegfall der Pflicht, die [X.]en anteilig zu tragen. Vor diesem Hintergrund bedarf die Frage keiner Vertiefung, ob die Rechtsansicht der Beklagten zutrifft, dass das Gesetz für [X.] tatsächlich unmittelbar ohne weitere Umsetzungsakte die konkrete, einklagbare Rechtspflicht begründete, "alle" Prüfer von der die Prüfaufgaben abgebenden [X.] zu übernehmen, obwohl das Gesetz selbst - wie dargelegt - keine konkrete [X.] getroffen hat.

bb) Ebenso ist es für das Vorliegen der vom Gesetz für das Auslösen der Erstattungspflicht geforderten "Übernahme eines [X.]" ohne Belang, dass die Klägerin [X.] erst nach einem Personalauswahlverfahren und zunächst nur auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom [X.] zum 1.3.1996 als "Beauftragter im Außendienst" im [X.] übernahm und dass sie ihn erst im September 1997 zum Verwaltungsamtmann im [X.] ernannte. Dass [X.] nicht nahtlos über einen zumindest beamtenähnlichen Status verfügte, ist - wie oben bereits dargelegt - für den geltend gemachten Erstattungsanspruch unschädlich, weil es zu keiner Nachversicherung durch die Beklagte kam, sondern zur Einbeziehung der von [X.] bei der Beklagten zurückgelegten Dienstzeiten in seine Versorgungsanwartschaften bei der Klägerin.

c) Die Beklagte hat den von der Klägerin geforderten und ihr - wie ausgeführt - nach § 107b Abs 5 Satz 2 [X.] iVm § 28p Abs 11 Satz 3 [X.]B IV zustehenden Betrag von 124 549,39 [X.] hinsichtlich seiner Berechnungsgrundlagen nicht mit Revisionsrügen angegriffen. Bei diesem Betrag handelt es sich um die anteiligen Aufwendungen für das vom [X.] bis 30.6.2009 unter Anwendung beamtenversorgungsrechtlicher Regelungen geleistete Witwen- und Waisengeld nach dem verstorbenen [X.], der von April 1971 bis Ende Februar 1996 bei der Beklagten als [X.]r und seit März 1996 bei der Klägerin tätig war (von September 1997 bis Januar 2001 als Beamter im [X.]). Der Betrag ist hier daher nach den für den Senat bindenden Feststellungen des L[X.] (§ 163 [X.]G) zugrunde zu legen.

3. [X.] beruht auf § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.

Meta

B 1 KR 27/09 R

20.04.2010

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Berlin, 7. September 2006, Az: S 82 KR 429/05, Urteil

§ 28p Abs 11 S 2 SGB 4 vom 21.12.2000, § 28p Abs 11 S 3 SGB 4 vom 21.12.2000, § 107b Abs 5 S 2 BeamtVG vom 16.03.1999, § 351 Abs 1 RVO, Art II § 15d SGBSVVs vom 30.06.1995, Art 2 SGBÄndG 3

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2010, Az. B 1 KR 27/09 R (REWIS RS 2010, 7497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7497

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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