Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2023, Az. B 8 SO 12/22 R

8. Senat | REWIS RS 2023, 6683

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - zulässiger Rechtsweg - Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Schulbegleitung - Durchführung eines Vergabeverfahrens - Sonderzuweisung an die Vergabekammern - Verpflichtung zur Durchführung - EU-Recht - Auswahlentscheidung des öffentlichen Auftraggebers - Berechtigung zur Durchführung - Versorgungssysteme des SGB 12 und des SGB 9 - Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass es der Beklagten untersagt war, die nationale Ausschreibung nach VOL/A Öffentliche Ausschreibung der [X.] 16/10-2015-0123, Art der Leistung: Einsatz von Integrationshelfern an [X.] Schulen für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe, durchzuführen und den Zuschlag in diesem Vergabeverfahren zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 361 250 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage noch darüber, ob die Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den §§ 97 ff des [X.] ([X.]) für den Einsatz von Integrationshelfern an Schulen im Gebiet der Beklagten für Kinder mit Behinderung rechtmäßig war.

2

Die Kläger sind jeweils Träger eines Dienstes, der in der Vergangenheit im Gebiet der beklagten kreisfreien Stadt auf Grundlage entsprechender Vereinbarungen Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Einsatz von Integrationshelfern erbracht hat. Nachdem [X.] zwischen den Beteiligten in der Folge einer Erhöhung der Stundensätze durch die Kläger im September 2011 ergebnislos verlaufen waren, schrieb die Beklagte Leistungen des Einsatzes von Integrationshelfern an Schulen in [X.] im November 2013 erstmals öffentlich aus, nahm die Ausschreibung im Zusammenhang mit zwischen den Beteiligten geführten Rechtsstreitigkeiten später aber wieder zurück. [X.] schrieb die Beklagte den "Einsatz von Integrationshelfern an [X.]er Schulen für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe" erneut öffentlich aus. Als Menge, Umfang und Einsatzort war angegeben: ca 380 Integrationshelfer an ca 85 Schulen, Verteilung der Dienststellen über das gesamte Stadtgebiet. Der Vertrag sollte für das Schuljahr 2016/2017 (1.8.2016 bis 31.7.2017) gelten mit insgesamt viermaliger Verlängerungsoption. Die Ausschreibung war entsprechend der bei den Schülern jeweils vorliegenden Behinderungen in verschiedene Lose unterteilt. Die Kläger haben auf die Ausschreibung kein Gebot abgegeben. Den Zuschlag erteilte die Beklagte der [X.] (Lose 1 und 3) und dem [X.] erbrachten bis zum Schuljahr 2020/2021 im Rahmen eines von der Beklagten an jeder Schule eingerichteten [X.] nahezu sämtliche Integrationshelfer-Leistungen an den Schulen im Stadtgebiet. Leistungen der Integrationshilfe außerhalb dieses [X.] wurden seit dem Schuljahr 2016/2017 nurmehr in sieben Fällen in Anspruch genommen.

3

Ein Antrag der Kläger auf einstweilige Untersagung der Durchführung des Vergabeverfahrens und der Zuschlagserteilung blieb beim Sozialgericht ([X.]) [X.] ohne Erfolg (Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 73/16 ER). Im Hauptsacheverfahren hat das [X.] die nach Abschluss des Vergabeverfahrens auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das [X.] (L[X.]) [X.] hat das Urteil des [X.] aufgehoben und festgestellt, "dass die Durchführung des Vergabeverfahrens 16/10-2015-0123 und die Zuschlagserteilung durch die Beklagte rechtswidrig waren" (Urteil vom 23.3.2022): Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungklage in analoger Anwendung des § 131 Abs 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ([X.]G) zulässig. Das Feststellungsinteresse folge aus einer tatsächlichen Präjudizialität. Die Durchführung des Vergabeverfahrens und die Zuschlagserteilung seien rechtswidrig gewesen. Aus der grundsätzlichen Ausgestaltung der Leistungserbringung nach den §§ 75 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]B XII) folge ein Vorrang des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses und damit ein Verbot der Durchführung von Vergabeverfahren. Der Anwendungsvorrang des [X.] stehe dem nicht entgegen. Es liege weder ein öffentlicher Auftrag noch eine Dienstleistungskonzession im Sinne des Vergaberechts vor, sodass eine Vorlage an den [X.] ([X.]) zur Vorabentscheidung entbehrlich sei.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 55 und 131 [X.]G sowie der - anwendungsvorrangiges europäisches Sekundärrecht umsetzenden - §§ 97 ff [X.]. Ungeachtet des Ausschlusses der Rechtswegprüfung im Rechtsmittelverfahren nach § 17 Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz ([X.]) bestünden erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Die vorliegend geführte Fortsetzungsfeststellungsklage sei gegenüber den Rechtsmitteln im Vergabeverfahren subsidiär und daher unzulässig. Soweit man von der Zulässigkeit der Klage ausgehe, sei diese unbegründet. Die Beklagte sei zur Ausschreibung der von ihr zu finanzierenden Leistungen der Eingliederungshilfe in Form des Einsatzes von Integrationshelfern an den Schulen auf ihrem Gebiet verpflichtet. Der Entgeltlichkeit öffentlicher Verträge iS des § 103 [X.] stehe nicht entgegen, dass die Leistungen für einen Dritten erbracht würden, ohne dass es auf die genaue vertragliche Konstruktion (Schuldbeitritt oder eigener Zahlungsanspruch) ankomme. Das von der Rechtsprechung entwickelte Dreiecksverhältnis betreffe allenfalls die Abwicklung der Vergütung. Mit der Einführung eines gesetzlichen Zahlungsanspruchs des Leistungserbringers gegen den Träger in § 123 Abs 6 [X.] von Menschen mit Behinderungen - ([X.]B IX) durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen ([X.] <[X.]>) werde unterstrichen, dass ein entgeltlicher Vertrag zwischen einem Unternehmen und dem öffentlichen Auftraggeber vorliege. Der vom L[X.] bemühte Grundsatz der Angebots- und Trägervielfalt habe keinen derartigen gesetzlichen Niederschlag gefunden, dass er als Vorbehalt iS von Art 1 Abs 5 der Richtlinie ([X.]) 2014/24/[X.] angesehen werden könne. Auch das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs 2 [X.]B XII stehe einer Anwendung von Vergaberecht nicht entgegen. Der Beschaffung liege im vorliegenden Fall auch eine Auswahlentscheidung zugrunde. Die Annahme des L[X.], der Träger der Eingliederungshilfe müsse mit allen Anbietern Verträge abschließen, die nach Maßgabe des § 124 [X.]B IX idF des [X.] geeignet seien, vertrage sich nicht mit § 132 Abs 1 [X.]B IX idF des [X.], wonach der Träger die Möglichkeit habe, über Vereinbarungen von bestehenden vertraglichen Leistungs- und Finanzierungsstrukturen abzuweichen. Schließlich bestehe bei [X.] nach Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] (A[X.]V) die Verpflichtung zur Vorlage an den [X.] zur Vorabentscheidung.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.]s [X.] vom 23. März 2022 aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts [X.] vom 20. März 2019 zurückzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass es der Beklagten untersagt war, die nationale Ausschreibung nach VOL/A Öffentliche Ausschreibung der [X.] 16/10-2015-0123, Art der Leistung: Einsatz von Integrationshelfern an [X.]er Schulen für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe, durchzuführen und den Zuschlag in diesem Vergabeverfahren zu erteilen.

7

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Ungeachtet der Bindungswirkung des erkennenden Senats an die Entscheidung der Vorinstanzen über den zulässigen Rechtsweg sei der Rechtsweg zu den [X.]en auch in der Sache eröffnet. Der vorliegende Rechtsstreit diene der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses gegen die Beklagte und sei daher als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. In der Sache habe das L[X.] einen Anspruch der Kläger auf Unterlassen von Vergabeverfahren zu Recht bejaht. Es liege hier weder ein öffentlicher Auftrag noch eine Konzession iS der §§ 103 und 105 [X.] vor. Es spreche bereits sehr viel dafür, dass bereits keine Beschaffung von Leistungen durch den zuständigen öffentlich-rechtlichen Träger vorliege. Jedenfalls fehle es an einer Auswahlentscheidung im Sinne des Vergaberechts. Die hierfür maßgeblichen Grundsätze ergäben sich bereits aus der Rechtsprechung des [X.], sodass es keiner erneuten Vorlage bedürfe.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat zu Recht festgestellt, dass die Durchführung des strittigen Vergabeverfahrens durch die Beklagte rechtswidrig war. Der [X.] hat lediglich den Feststellungstenor entsprechend dem in der Berufungsinstanz von den Klägern gestellten Antrag dahin geändert, dass es der [X.] untersagt war, die im Streit stehende Ausschreibung durchzuführen und den Zuschlag in diesem Vergabeverfahren zu erteilen. Damit ist klargestellt, dass keine Entscheidung im Vergabeverfahren getroffen wird, für die nach § 156 Abs 2 [X.] (hier idF des [X.] - <[X.]> vom 17.2.2016 <[X.] 203>) die Vergabekammern und das Beschwerdegericht zuständig sind.

9

Die Kläger begehren zu Recht die Feststellung, dass es der [X.] untersagt war, den Einsatz von Integrationshelfern im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe in einem Vergabeverfahren auszuschreiben und den Zuschlag zu erteilen. Denn ihnen stand ein Anspruch auf Unterlassung eines solchen Vergabeverfahrens zu.

Für dieses Begehren ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten zulässig. Zu entscheiden ist über eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des [X.] iS des § 51 Abs 1 [X.], nämlich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob aus den Regelungen der §§ 75 ff [X.]B XII (bzw ab dem 1.1.2018 aus §§ 123 ff [X.] idF des [X.] vom 23.12.2016, [X.] 3234; im Folgenden neue Fassung ) ein öffentlich-rechtlicher Anspruch der Kläger auf Unterlassung eines Vergabeverfahrens mit dem Ziel der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe in einem Pool-System folgt. § 156 Abs 2 [X.] als denkbare anderweitige Sonderzuweisung greift nicht ein. Die von den Klägern zur Entscheidung gestellte, dem eigentlichen Vergabeverfahren vorgelagerte Frage, ob die Durchführung eines Vergabeverfahrens überhaupt rechtmäßig ist, betrifft nicht Rechte, die "in einem Vergabeverfahren" (und damit auch nicht in einem Nachprüfungsantrag) geltend gemacht werden könnten (so auch Oberlandesgericht Düsseldorf vom [X.], Verg 65/18 - NZBau 2019, 801, 802 Rd[X.]0 ff, juris Rd[X.]7 ff; [X.], NZ[X.]019, 6, 9 mwN). Aus der von der [X.] in Bezug genommenen Entscheidung des 3. [X.]s des [X.] ( vom 6.3.2019 - B 3 SF 1/18 R - [X.] 4-1720 § 17a [X.]) lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Der 3. [X.] hat mit dieser Entscheidung nicht in der Sache über den zulässigen Rechtsweg entschieden, sondern das Verfahren auf der Grundlage einer unanfechtbaren Verneinung des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit durch das dortige Beschwerdegericht im Hinblick auf die Garantie der Gewährleistung eines effektiven und wirksamen Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz ) zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Verweigerung von Rechtsschutz verwiesen (vgl B[X.] vom 6.3.2019 - B 3 SF 1/18 R - [X.] 4-1720 § 17a [X.] Rd[X.]5). Ohnehin ist nicht erkennbar, dass [X.] und [X.] eine von der [X.] vor dem [X.] erhobene Rüge des zulässigen Rechtswegs übergangen hätten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte keine ausreichende Gelegenheit zur Erhebung einer entsprechenden Rüge gehabt hätte. Da das [X.] in seinem Urteil von der Zulässigkeit des Rechtswegs ausgegangen ist und eine Entscheidung in der Sache getroffen hat, ist für das [X.] und den [X.] eine Bindung nach § 17a Abs 5 [X.] an diese Entscheidung eingetreten (vgl hierzu zB B[X.] vom [X.] - B 3 KR 5/06 R - B[X.]E 98, 12 = [X.] 4-2500 § 132a [X.], Rd[X.]5 mwN).

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Die Kläger verfolgen ihr Begehren richtigerweise mit der Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 131 Abs 1 Satz 3 [X.]G. Diese ist über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch statthaft, wenn Gegenstand der ursprünglichen Klage ein Unterlassungsanspruch war, der sich durch Zeitablauf erledigt hat (vgl zB B[X.] vom 12.9.2012 - B 3 KR 17/11 R - Rd[X.]8 mwN; [X.] in BeckOGK, [X.]G, § 131 Rd[X.]6, Stand 1.8.2023). So liegt der Fall hier. Das Begehren der Kläger war ursprünglich auf Unterlassung der Durchführung eines Vergabeverfahrens gerichtet. Dieses Begehren hat sich inzwischen erledigt. Denn nach den Feststellungen des [X.] wurde der Zuschlag nach Klageerhebung erteilt, sodass das Vergabeverfahren beendet ist und dessen Unterlassung nicht mehr gefordert werden kann.

Für die auch im Rahmen einer Unterlassungsklage notwendige Klagebefugnis (vgl hierzu B[X.] vom 30.7.2019 - [X.] KR 34/18 R - B[X.]E 129, 10 = [X.] 4-2500 § 53 [X.], Rd[X.]1 f sowie bereits B[X.] vom 27.1.1977 - 7 [X.] - B[X.]E 43, 134, 141 f = [X.] 4100 § 34 [X.] f, juris Rd[X.]7) reicht im Grundsatz die bloße Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten. Es genügt, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine Verletzung ergeben kann (stRspr; vgl zB B[X.] vom 15.5.1991 - 6 [X.] 22/90 - B[X.]E 68, 291, 292 f = [X.] 3-1500 § 54 [X.] f, juris Rd[X.]1). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Es ist möglich, dass die Kläger durch die Ausschreibung nach Vergaberecht in ihrem Recht auf chancengleiche Teilnahme an der Leistungserbringung verletzt sind. Dieses Recht ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen des Vertragsrechts in den §§ 75 ff [X.]B XII (bzw §§ 123 ff [X.] nF), die zumindest auch dem Schutz der [X.]stellung der Leistungserbringer zu dienen bestimmt sind (hierzu sogleich) und aus dem grundrechtlichen Schutz dieser [X.]stellung durch Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG (vgl zB [X.] <[X.]> vom 1.9.2008 - 1 BvR 887/08 ua - [X.]K 14, 187 - juris Rd[X.]3 ff; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B XII, § 75 Rd[X.]0, Stand 5. EL 2023 mwN; vgl zu § 93 Abs 2 [X.]sozialhilfegesetz <[X.]> bereits Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 27.9.2004 - 12 [X.]390/04 - juris Rd[X.]; Verwaltungsgericht Münster vom 22.6.2004 - 5 L 756/04 - juris Rd[X.]6 ff). Soweit die Beklagte auf die für Konkurrentenklagen im Vertragsarztrecht aufgestellte weitere Voraussetzung für die Klagebefugnis verweist, wonach der Kläger auch "Mitbewerber" um eine nur einmal zu vergebende Berechtigung sein muss (zusammenfassend B[X.] vom [X.] [X.]/13 R - NZ[X.]015, 476 Rd[X.] f), folgt hieraus nichts anderes. Hier liegt eine mit dem Streit um eine bedarfsabhängige Zulassung vergleichbare Situation gerade nicht vor. Mit ihrer Klage machen die Kläger nicht geltend, es hätte eine Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten ergehen müssen, sondern sie behaupten, es hätte ein Vergabeverfahren mit dem Ziel einer Auswahlentscheidung überhaupt nicht eingeleitet werden dürfen. Auch die Beklagte betont, dass Ziel der Vergabe nicht die Einräumung einer ausschließlichen Position unter [X.] gewesen sei.

Die Kläger haben auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung. Es kann offenbleiben, ob sich dies bereits aus einer tatsächlichen Präjudizialität für künftige Vergabeverfahren ergibt (vgl hierzu B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 9/19 R - B[X.]E 131, 246 = [X.] 4-3500 § 57 [X.], Rd[X.]0 f). Denn die Kläger können sich jedenfalls auf die präjudizielle Wirkung für einen beabsichtigten Amtshaftungsprozess stützen. Hierfür genügt der Vortrag der Kläger, sie beabsichtigten, eine Amtshaftungsklage zu erheben (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 44/16 R - [X.] 4-2500 § 73b [X.] Rd[X.]2).

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die Kläger hatten einen Anspruch auf Unterlassung der Vergabe nach den §§ 97 ff [X.] (idF des [X.]) gegen die Beklagte.

Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist der allgemeine öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch. Dieser setzt die Rechtswidrigkeit eines schlicht-hoheitlichen Verwaltungshandelns sowie die Verletzung eines subjektiven Rechts voraus (vgl dazu B[X.] vom 1.6.2022 - B 3 KR 5/21 R - B[X.]E 134, 167 = [X.] 4-2500 § 31 [X.]0, Rd[X.]0; B[X.] vom 30.7.2019 - [X.] KR 34/18 R - B[X.]E 129, 10 = [X.] 4-2500 § 53 [X.], Rd[X.]4 mwN).

Die Vergabe von Schulbegleitung als Leistungen der Eingliederungshilfe war ein rechtswidriges schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln.

Entgegen der Auffassung der [X.] waren die Leistungen - unabhängig davon, ob es sich um öffentliche Aufträge (§ 103 [X.]) oder Konzessionen (§ 105 [X.]) handelte - nicht zwingend nach vergaberechtlichen Grundsätzen zu vergeben. Eine solche Vorgabe folgt nicht aus dem aus der [X.] 2014/23/[X.] (ABl [X.] L 94 vom [X.], 1) und der [X.] 2014/24/[X.] (ABl [X.] L 94 vom [X.], 65) abzuleitenden und in den §§ 97 ff [X.] umgesetzten Grundsatz, dass öffentliche Aufträge und Konzessionen im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren zu vergeben sind. Diesen zum [X.] Sekundärrecht gehörenden [X.] kommt gegenüber nationalem Recht Anwendungsvorrang zu (vgl hierzu [X.] - [X.]/17 - ABl [X.] 2018, [X.], 8 ) mit der Folge, dass dagegen verstoßendes nationales Recht nicht anzuwenden ist. Ein solcher Verstoß liegt hier jedoch nicht vor. Nach der Rechtsprechung des [X.] setzen vergabepflichtige öffentliche Aufträge und Konzessionen (ohne dass dies im Wortlaut der §§ 103 und 105 [X.] einen ausdrücklichen Niederschlag gefunden hätte) als zentrales Kriterium eine Auswahlentscheidung des öffentlichen Auftraggebers voraus. Eine Auswahlentscheidung in diesem Sinn liegt nicht vor, wenn "eine öffentliche Einrichtung Waren auf dem Markt erwerben will, wobei sie während der gesamten Laufzeit dieses Systems mit jedem Wirtschaftsteilnehmer, der sich verpflichtet, die betreffenden Waren zu im Vorhinein festgelegten Bedingungen zu liefern, einen Vertrag schließt, ohne eine Auswahl unter den interessierten Wirtschaftsteilnehmern vorzunehmen" ([X.] vom 2.6.2016 - [X.]/14 - ABl [X.] 2016, [X.] 287, 6 = NZ[X.]016, 542). Das entscheidende Element besteht darin, "dass der öffentliche Auftraggeber kein Kriterium für die Vergabe des Auftrags" nennt, "das dazu dient, die zulässigen Angebote vergleichen und ordnen zu können" ([X.] vom 1.3.2018 - [X.]/17 - ABl [X.] 2018, [X.] 142, 12 = NZBau 2018, 366, Rd[X.]5). Die Leistungserbringung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis ist danach nicht generell vergabefrei (vgl hierzu auch Wollenschläger in Burgi/Dreher/[X.], [X.], 4. Aufl 2022, § 105 [X.] Rd[X.]6; BT-Drucks 18/6492 [X.] f; [X.] in [X.]/[X.]/Glahs, [X.], 4. Aufl 2018, § 105 Rd[X.]0). Vielmehr ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob der Leistungsträger nach der gesetzlichen Konzeption eine Auswahlentscheidung nach den genannten Kriterien trifft. Entscheidend für den von den Klägern erhobenen Unterlassungsanspruch ist hierbei die gesetzliche Konzeption im nationalen Recht. Im Übrigen berühren die europarechtlichen Vorgaben nicht die Art und Weise, in der die Mitgliedstaaten ihre Systeme der [X.] Sicherheit gestalten (Art 1 Abs 5 der [X.] 2004/24/[X.]).

Bei dem Vertragsrecht nach dem Zehnten Kapitel des [X.]B XII bzw nach Kapitel 8 des Teils 2 des [X.] nF handelt es sich unter Anlegen dieser Maßstäbe nicht um ein System, das der Vergabepflicht unterfällt. Grundlage der Vereinbarungen der Träger der Eingliederungshilfe mit den geeigneten Leistungserbringern nach den §§ 75 ff [X.]B XII (ab dem 1.1.2018 §§ 123 ff [X.] nF) sind die Kriterien der Leistungsfähigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (vgl zu § 93 [X.] bereits [X.] <[X.]> vom [X.] - 5 C 41.91 - [X.]E 94, 202 = [X.] 436.0 § 93 [X.] [X.]). Andere Kriterien dürfen bei der Entscheidung über den Abschluss der in den §§ 75 ff [X.]B XII (§§ 123 ff [X.] nF) vorgesehenen Vereinbarungen keine Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für Bedarfsgesichtspunkte (vgl bereits [X.] Baden-Württemberg vom 13.7.2006 - L 7 [X.] 1902/06 ER-B - Sozialrecht aktuell 2006, 168 ff; Hessisches [X.] vom 18.7.2006 - L 7 [X.] 16/06 ER - juris Rd[X.]9). Der Leistungsträger darf das Angebot eines Leistungserbringers nicht unter Hinweis auf fehlenden Bedarf oder unter Verweis auf seiner Auffassung nach bessere oder geeignetere Formen der Leistungserbringung ablehnen, wenn die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit (vgl hierzu [X.] vom 1.12.1998 - 5 C 17.97 - [X.]E 108, 47 = [X.] 436.0 § 93 [X.] [X.]) und Eignung sowie die Leistungsfähigkeit des Trägers (vgl hierzu [X.] vom 1.12.1998 - 5 C 29.97 - [X.]E 108, 56 = [X.] 436.0 § 93 [X.] [X.]) nicht entgegenstehen. Der Vertragsschluss darf insbesondere nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass ein anderer Bewerber die Leistung günstiger erbringen kann, sofern die geforderte Vergütung dem externen Vergleich (§ 75 Abs 2 Satz 10 bis 13 [X.]B XII, § 124 Abs 1 Satz 3 bis 6 [X.] nF) standhält. Es handelt sich damit um einen Fall, in dem alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe - ohne Selektivität - berechtigt sind und damit um ein einfaches Zulassungssystem. Eine Auswahlentscheidung findet nach diesen Vorschriften nicht statt. Das Vertragsrecht nach dem Zehnten Kapitel des [X.]B XII bzw nach Kapitel 8 des Teils 2 des [X.] nF gewährleistet allen Anbietern vielmehr einen transparenten und gleichberechtigten Zugang zur Leistungserbringung.

Die Zulassung von Dienstleistungserbringern im eingliederungshilferechtlichen Dreiecksverhältnis - sei es unter Geltung des [X.]B XII, sei es unter Geltung des [X.] nF - unterfällt damit nicht den [X.] 2014/23/[X.] und [X.] 2014/24/[X.]. Auf die Ausführungen der [X.] zur vertraglichen Ausgestaltung der Leistungsbeziehung zwischen den Leistungserbringern und dem Leistungsträger sowie zur Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs im Fall einer Vergabe, kommt es deshalb nicht. Einer Vorlage an den [X.] zur Vorabentscheidung bedarf es nicht. Denn die entscheidungserheblichen europarechtlichen Maßstäbe sind - wie dargelegt - durch den [X.] bereits geklärt (vgl [X.] vom 2.6.2016 - [X.]/14 - ABl [X.] 2016, [X.] 287, 6 = NZ[X.]016, 542; [X.] vom 1.3.2018 - [X.]/17 - ABl [X.] 2018, [X.] 142, 12 = NZBau 2018, 366, Rd[X.]5).

Besteht nach Europarecht danach kein vergaberechtlicher Zwang, die Leistungen auszuschreiben, war die Beklagte darüber hinaus nach sozialrechtlichen Maßstäben zur Vergabe von Leistungen auch nicht berechtigt. Die Vergabe mit dem Ziel, die Leistungen der Schulbegleitung auf die über den Zuschlag bestimmten Vertragspartner zu übertragen, enthält eine Kontingentierung, die dem freien Zugang der Kläger zum Markt über einen Vertrag nach § 75 [X.]B XII entgegensteht, weil die im Wege der Vergabe ausgeschriebenen Leistungen von vornherein von den Leistungen im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis ausgenommen sind. Wesentlicher Bestandteil des durch den Zuschlag im Vergabeverfahren geschaffenen Vertragskonstrukts zwischen der [X.] und den Leistungserbringern war es, eine (vorrangige) Leistungserbringung und -vergütung außerhalb des sozialhilferechtlichen [X.] nach den §§ 75 ff [X.]B XII (bzw §§ 123 ff [X.] nF) zu ermöglichen.

Diese Vorgehensweise widerspricht dem im [X.]B XII und dem [X.] für ambulante Dienste vorgesehenen Versorgungssystem. Den Leistungsträgern ist nach § 75 Abs 2 Satz 1 [X.]B XII untersagt, eigene Angebote zu schaffen, wenn geeignete Leistungserbringer vorhanden sind. § 75 Abs 2 Satz 1 iVm § 75 Abs 1 Satz 2 [X.]B XII sieht vor, dass Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe eigene Dienste nicht neu schaffen sollen, soweit geeignete Einrichtungen anderer Träger vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Es handelt sich um ein Gewährleistungsverantwortungsmodell, in dem die Sozialhilfeträger die Verantwortung für die Versorgungsinfrastruktur tragen, die sie vor allem durch den Abschluss von Verträgen nach §§ 75 ff [X.]B XII wahrnehmen (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 20/08 R - Rd[X.]2; B[X.] vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 22/07 R - B[X.]E 102, 1 = [X.] 4-1500 § 75 [X.], Rd[X.]6; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B XII, § 75 Rd[X.]1, Stand 5. EL 2023; grundlegend zur Vorgängervorschrift des § 93 Abs 1 Satz 1 [X.]: [X.] vom 18.7.1967 - 2 [X.] ua - [X.]E 22, 180, 200 f, juris RdNr 65 ff). Das Erbringen eigener Leistungen sieht dieses Regelungskonzept nur ausnahmeweise vor. Insbesondere wenn geeignete Leistungserbringer vorhanden sind, soll der Träger keine eigenen Angebote schaffen. Lediglich dann, wenn der Sozialhilfeträger selbst nicht über geeignete Angebote verfügt, kann er in Anbetracht seiner Strukturverantwortung und des Wirtschaftlichkeitsprinzips eigene geeignete Angebote schaffen, wenn die Förderung des Ausbaus oder die Schaffung von Angeboten geeigneter Leistungserbringer mit höherem finanziellen Aufwand verbunden ist (vgl [X.] in jurisPK-[X.]B XII, 3. Aufl 2020, § 75 Rd[X.]8). Vorliegend sind die Leistungen in der Vergangenheit aber über entsprechende Verträge nach §§ 75 ff [X.]B XII erbracht worden, ohne dass die Beklagte hier [X.] dargelegt hätte. Allein der Wunsch der [X.], zur Qualitätssicherung der Leistungen ein Pool-System einzuführen, berechtigt nicht zur Vergabe. Die Qualitätssicherung wird durch Vereinbarungen nach §§ 75 ff [X.]B XII bzw §§ 123 ff [X.] nF erreicht.

Der Leistungserbringung außerhalb des sozialhilferechtlichen [X.] steht zudem das Wunsch- und Wahlrecht der leistungsberechtigten Personen (vgl § 9 Abs 2 [X.]B XII bzw § 8 Abs 1 [X.]) entgegen, das diesen als subjektiv-öffentliches Recht zusteht (vgl B[X.] vom 19.5.2022 - [X.] [X.] 13/20 R - B[X.]E 134, 149 = [X.] 4-3500 § 19 [X.], Rd[X.]4), und für dessen Verwirklichung der Eingliederungsträger verantwortlich ist. Ihn trifft die Pflicht, den Leistungsanspruch der Berechtigten insbesondere auch durch Abschluss vertraglicher Vereinbarungen nach §§ 75 ff [X.]B XII sicherzustellen (vgl nunmehr ausdrücklich § 95 [X.] nF) und zwar im Sinne einer dem Wunsch- und Wahlrecht und der hierin zum Ausdruck kommenden grundrechtlichen Positionen der Leistungsberechtigten berücksichtigenden Pluralität der Leistungserbringer. Auch die Erfüllung des [X.] kann deshalb nicht als rechtfertigender Grund für eine Ausschreibung im Wege der Vergabe angesehen werden. Der Gesetzgeber versteht den Sicherstellungsauftrag im [X.]B XII bzw [X.] ausdrücklich als Pflicht der Leistungsträger, dazu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des [X.]B XII bzw des Kapitels 8 des Teils 2 des [X.] abzuschließen (vgl BT-Drucks 18/9522 [X.]73 f). Damit steht die Vergabe an einzelne wenige Anbieter auch dem Grundsatz der Angebots- und Trägervielfalt entgegen, das dem Regelungskonzept der §§ 75 ff [X.]B XII (§§ 123 ff [X.] nF) immanent ist (vgl zu § 93 Abs 2 [X.] bereits [X.] vom 27.9.2004 - 12 [X.]390/04 - NVwZ 2005, 834, juris Rd[X.] ff mwN). Das Konzept der Leistungserbringung durch Abschluss von Verträgen nach §§ 75 ff [X.]B XII schützt auch die daran teilnehmenden Dienste. Nur so kann die Pluralität der Leistungserbringung gewährleistet werden. Ohne einen gleichberechtigten und umfassenden Zugang der Dienste zum Markt liefen das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten und der diesem immanente Grundsatz der Angebots- und Trägervielfalt weitgehend leer. Mit der Herausnahme nahezu aller Leistungsberechtigten durch eine Vergabe aus dem nach §§ 75 [X.]B XII bzw §§ 123 ff [X.] nF vorgegebenen System erhöht sich das Unternehmerrisiko des einzelnen Dienstes, das im Rahmen der Gestehungskosten zur Geschäftsgrundlage der Vergütungsvereinbarungen gehört (vgl zB [X.] in jurisPK-[X.]B XII, 3. Aufl 2020, § 75 RdNr 64).

Das in § 112 Abs 4 [X.] nF nunmehr vorgesehene sog Pooling, also die gemeinsame Erbringung von Leistungen zur Teilhabe an Bildung an mehrere Leistungsberechtigte (vgl hierzu Mushoff in [X.]/[X.], [X.], § 112 Rd[X.]3 ff, Stand 1. EL 2023 mwN), bedeutet keine grundsätzliche Abkehr von diesem System. Denn die gemeinsame Erbringung kommt nur in Betracht, soweit sie für die Leistungsberechtigten iS des § 104 [X.] nF zumutbar ist und mit den Leistungserbringern entsprechende Vereinbarungen bestehen. Ein wesentlicher Aspekt bei der Zumutbarkeitsprüfung sind auch insoweit das Wunsch- und Wahlrecht sowie die individuellen Bedarfe der Leistungsberechtigten und die Erfordernisse zu deren Deckung (vgl hierzu etwa BT-Drucks 18/9522 [X.]85 und [X.]). Außerdem findet die Leistungserbringung auch im Rahmen eines Poolings nach § 112 Abs 4 [X.] nF im Dreiecksverhältnis statt, wie die Anknüpfung an entsprechende Vereinbarungen zeigt. Gemeint sind mit "entsprechenden Vereinbarungen" solche nach dem Kapitel 8, wie die im Übrigen wortgleiche Regelung zur gemeinsamen Inanspruchnahme in § 116 Abs 2 [X.] nF zeigt, die § 123 Abs 4 Satz 2 [X.] nF ausdrücklich in Bezug nimmt. Einer vergaberechtlichen Kontrolle bedarf das Vertragsrecht nach dem [X.]B XII bzw [X.] nF nicht. Es ermöglicht einen transparenten und gleichberechtigten Wettbewerb.

Auch § 132 [X.] nF steht dem - entgegen der Ansicht der [X.] - nicht entgegen. Diese Vorschrift dient der Erprobung neuer und der Weiterentwicklung bestehender Leistungs- und Finanzierungsstrukturen und setzt weder den Anspruch der Leistungserbringer auf einen Vertragsschluss nach den §§ 123 ff [X.] nF, noch den Grundsatz der Angebots- und Trägervielfalt oder das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten außer [X.]. Sie ermöglicht keine Auswahlentscheidung zugunsten einzelner Leistungserbringer und stellt es daher nicht in das Ermessen der Träger der Eingliederungshilfe, bestimmte Leistungen nach den §§ 97 ff [X.] zu vergeben (vgl hierzu BT-Drucks 18/9522 [X.]99; Süsskind in [X.]/[X.], [X.], § 132 Rd[X.] ff, Stand 1. EL 2023 mwN).

Dieser Auslegung steht das Recht der [X.] auf kommunale Selbstverwaltung aus Art 28 Abs 2 GG nicht entgegen. Danach muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen [X.] im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Dazu gehören unter anderem die Gewährleistung eines eigenen Aufgabenbereichs der Gemeinden sowie die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung (vgl [X.] vom 21.11.2017 - 2 BvR 2177/16 - [X.]E 147, 185, 215, Rd[X.]9; [X.] vom 19.11.2014 - 2 BvL 2/13 - [X.]E 138, 1, 18, Rd[X.]2). Das Selbstverwaltungsrecht steht den Gemeinden indes nur im Rahmen der Gesetze zu. Gesetzliche Beschränkungen müssen von sachlichen Gründen getragen sein und finden ihre Grenze in einem unantastbaren Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung. Dieser Kernbereich ist erst verletzt, wenn eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit erstickt würde (vgl [X.] vom 21.11.2017 - 2 BvR 2177/16 - [X.]E 147, 185, 223 f, Rd[X.]9 ff; [X.] vom 19.11.2014 - 2 BvL 2/13 - [X.]E 138, 1, 19 f, Rd[X.]4 ff).

Das Ausschreibungsverbot ist von sachlichen Gründen getragen und verletzt nicht den Kernbereich kommunaler Gestaltungsmöglichkeiten. Das Vertragsrecht der §§ 75 ff [X.]B XII (bzw §§ 123 ff [X.] nF) bietet den Gemeinden ausreichende Möglichkeiten, die Leistungserbringung flexibel zu gestalten. Die Ausgestaltung als einfaches Zulassungsverfahren dient insbesondere der Sicherstellung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten (vgl § 9 Abs 2 [X.]B XII), sowie der diesem immanenten Angebots- und Trägervielfalt und damit wichtigen [X.] Belangen. Der Gesetzgeber hat die berechtigten Belange der Leistungsträger insbesondere hinsichtlich der Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung gerade in der Ausgestaltung der Vorgaben für die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung berücksichtigt. Er hat mit der Ausgestaltung des Vertragsrechts die Steuerungsfunktion der Leistungsträger inzwischen weiter gestärkt und gegenüber den Vorschriften des [X.]B XII eine effektivere Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung ermöglicht (vgl BT-Drucks 18/9522 [X.]90; vgl hierzu bereits [X.] Nordrhein-Westfalen vom 26.1.2022 - L 9 [X.] 12/22 B ER, [X.] - Rd[X.]2 mwN). Er ermöglicht insbesondere auch eine Leistungserbringung durch sog Pooling (vgl § 112 Abs 4 [X.] nF).

Die Kläger sind durch die Vorgehensweise der [X.] in subjektiven Rechten verletzt. Schutzgegenstand des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs kann jedes subjektive Recht sein, sei es grundrechtlich oder einfachrechtlich ausgestaltet (vgl B[X.] vom 30.7.2019 - [X.] KR 34/18 R - B[X.]E 129, 10 = [X.] 4-2500 § 53 [X.], Rd[X.]; [X.] vom 22.10.2014 - 6 C 7.13 - [X.] 402.41 Allgemeines Polizeirecht [X.]04, juris Rd[X.]0; [X.] vom 21.5.2008 - 6 C 13.07 - [X.]E 131, 171 = [X.] 402.7 Gesetz über die Zusammenarbeit des [X.] und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das [X.]amt für Verfassungsschutz <[X.]verfassungsschutzgesetz - BVerfSchG> [X.]1, juris Rd[X.]3; [X.] vom 26.8.1993 - 4 C 24.91 - [X.]E 94, 100 = [X.] 11 Art 14 GG [X.]80, juris Rd[X.]4 dort zum [X.], [X.] vom 28.6.2018 - [X.] 5/18 - NJW 2018, 2645, Rd[X.]). Um ein einfachrechtliches subjektives Recht zu begründen, muss die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz desjenigen dienen, der den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geltend macht. Nach der sog Schutznormtheorie vermitteln nur solche Rechtsvorschriften subjektive Rechte, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Das gilt für Normen, die das geschützte Recht sowie einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen. Ob eine Norm drittschützend in diesem Sinne ist oder allein im öffentlichen Interesse besteht, muss durch Auslegung ermittelt werden (vgl B[X.] vom 12.3.2013 - [X.] A 1/12 R - B[X.]E 113, 107 = [X.] 4-1500 § 54 [X.]2, Rd[X.]4 f; B[X.] vom 12.3.2013 - [X.] [X.]/12 R - B[X.]E 113, 114 = [X.] 4-1500 § 54 [X.]3, Rd[X.]6 mwN; [X.] vom [X.] 1.18 - [X.] 436.511 § 90 [X.]B VIII [X.]0, juris Rd[X.]9; [X.] vom 11.10.2016 - 2 C 11.15 - [X.]E 156, 180 = [X.] 11 Art 33 Abs 2 GG [X.]7, juris Rd[X.]7).

Den Klägern steht ein Recht auf chancengleiche Teilnahme an der Leistungserbringung zu. Dieses folgt aus ihrem Anspruch gegen die Beklagte, bei personeller und sachlicher Geeignetheit eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach den §§ 75 ff [X.]B XII (seit dem 1.1.2018 §§ 123 ff [X.] nF) abzuschließen, sofern diese Vereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Insoweit besteht für die Beklagte (lediglich) ein beschränkter Entscheidungsfreiraum, solche Verträge abzuschließen, die im Streitfall von der Schiedsstelle zu ersetzen sind (vgl zu dem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 93 Abs 2 [X.] bereits [X.] vom 27.9.2004 - 12 [X.]390/04 - NVwZ 2005, 834; [X.] vom [X.] - 5 C 41.91 - [X.]E 94, 202 = [X.] 436.0 § 93 [X.] [X.], juris Rd[X.]1; [X.] vom 1.12.1998 - 5 C 29.97 - [X.]E 108, 56 = [X.] 436.0 § 93 [X.] [X.], juris Rd[X.]4; eine Ermessensreduktion auf Null annehmend: [X.] in [X.]/[X.], [X.]B XII, § 75 Rd[X.]3 ff, Stand 5. EL 2023; [X.] Berlin-Brandenburg vom [X.] [X.] 147/11 B ER - Rd[X.]03 f; [X.] Aachen vom 29.4.2014 - [X.]0 [X.] 61/13 - Rd[X.]9; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]B XII, 7. Aufl 2020, § 75 Rd[X.]6, 37; Busse in [X.]/[X.]/[X.]/Busse, [X.]B XII, 21. Aufl 2023, § 75 Rd[X.]3). Bei den §§ 75 ff [X.]B XII (§§ 123 ff [X.] nF) handelt es sich um Vorschriften, die nicht allein dem Interesse des Staats zur Erfüllung seiner ihm obliegenden Aufgaben (§ 53 Abs 1 und 3 [X.]B XII idF des Gesetzes vom 27.12.2003 bzw § 102 [X.] nF), sondern auch den individuellen Interessen der Leistungserbringer dienen. Im Lichte der durch Art 12 Abs 1 GG iVm Art 19 Abs 3 GG geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit ergibt sich hieraus ein Anspruch darauf Maßnahmen zu unterlassen, die das Betätigungsfeld für geeignete und mit vertraglichen Vereinbarungen ausgestattete Dienste beschränken.

Das Grundrecht auf Berufsfreiheit gewährleistet zwar keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder die Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Es verleiht auch grundsätzlich kein Recht darauf, den Markteintritt eines weiteren Konkurrenten abzuwehren (vgl [X.] vom 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 ua - [X.]E 106, 275 = [X.] 3-2500 § 35 [X.], juris Rd[X.]04). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Staat die Bedingungen des [X.] festlegt. Hieraus kann ein Recht auf Einhaltung der [X.]bedingungen entstehen, wenn diese zugleich dem beruflichen Interesse der Teilnehmer am Wettbewerb zu dienen bestimmt sind (vgl [X.] vom 25.9.2008 - 3 C 35.07 - [X.]E 132, 64 = [X.] 451.74 § 8 Krankenhausfinanzierungsgesetz [X.]6, juris Rd[X.]0). Wird zur Wahrung von Gemeinwohlbelangen der einzelne Leistungserbringer weitgehenden Einschränkungen unterworfen und kommt es in einem dergestalt durchstrukturierten Markt durch hoheitliche Maßnahmen zu weitergehenden, an den Gemeinwohlbelangen nicht ausgerichteten Eingriffen in die Marktbedingungen, die zu einer Verwerfung der [X.] führen, so besteht die Möglichkeit, dass die im System eingebundenen Leistungserbringer in ihrem Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG verletzt sind (vgl [X.] vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - NVwZ 2009, 977, juris Rd[X.]). So liegt es hier: Indem die Leistungserbringung vorrangig über die Vertragspartner des über die angegriffene Vergabe geschaffenen Pools umgesetzt wird, innerhalb dessen weder das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten noch die Angebots- und Trägervielfalt ausreichend zur Anwendung kommen, wird der gleichberechtigte Zugang zum Markt beeinträchtigt.

Durch die Umgestaltung der Schulbegleitung im Wege der Vergabe werden die Kläger in ihrem Recht auf chancengleiche Teilnahme an der Leistungserbringung verletzt. Es kommt zu einer [X.]verzerrung in einem Umfang, die anderen Anbietern auf Dauer keine Chance belässt. Darin liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Berufsfreiheit der Kläger aus Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und [X.] ([X.]); die Beklagte ist jedoch gemäß § 64 Abs 3 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - ([X.]B X) von Gerichtskosten befreit.

        

Krauß 

Bieresborn

Scholz

Meta

B 8 SO 12/22 R

17.05.2023

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Düsseldorf, 20. März 2019, Az: S 42 SO 74/16, Urteil

§ 51 Abs 1 Nr 6a SGG, § 156 Abs 2 GWB, § 97 GWB, §§ 97ff GWB, § 75 SGB 12, §§ 75ff SGB 12, § 123 SGB 9 2018, §§ 123ff SGB 9 2018, § 103 GWB, § 105 GWB, EURL 23/2014, Art 1 Abs 5 EURL 24/2014, § 9 Abs 2 SGB 12, § 8 Abs 1 SGB 9 2018, § 112 Abs 4 SGB 9 2018, Art 12 Abs 1 GG, Art 28 Abs 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2023, Az. B 8 SO 12/22 R (REWIS RS 2023, 6683)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6683

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2 BvL 2/13

2 BvR 2177/16

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