Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 8 SO 20/14 R

8. Senat | REWIS RS 2016, 12715

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf - Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetscher - sozialgerichtliches Verfahren - Streitgegenstand nach vorläufiger Leistung aufgrund einstweiliger Anordnung - Erlass einer Kostenübernahmeerklärung durch den Sozialhilfeträger - notwendige Beiladung der Leistungserbringer - notwendige Beiladung der Bundesagentur für Arbeit - Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] ist die Übernahme von Kosten, die für die Durchführung eines (Bachelor-)Studiums vom 20.5. bis 22.7.2010 angefallen sind.

2

Die im 1979 geborene, schwerbehinderte Klägerin ist seit ihrer Geburt gehörlos (Grad der Behinderung von 100, Merkzeichen "[X.]" und "[X.]"). Nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife im Jahr 2000 absolvierte sie eine Ausbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien - Mediendesign - und war anschließend in ihrem Ausbildungsbetrieb bis September 2009 als Mediengestalterin in Vollzeit versicherungspflichtig beschäftigt.

3

Ab dem Wintersemester 2009/2010 studierte sie Druck- und Medientechnologie mit einem angestrebten Bachelorabschluss; bei ihrem bisherigen Arbeitgeber ging sie daneben einer Teilzeitbeschäftigung nach. Ihren Antrag auf Gewährung von Studienhilfen ([X.] und studentische [X.] für 16 Semesterwochenstunden sowie zehn [X.] pro Woche zur Vor- und Nachbereitung und zur Vorbereitung auf Prüfungen) lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 4.11.2009; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 10.2.2010).

4

Während des Klageverfahrens beim Sozialgericht ([X.]) [X.] konkretisierte die Klägerin ihren Bedarf für [X.] auf 11,5 Semesterwochenstunden (davon sieben Stunden in Doppelbesetzung) sowie die [X.] für diese Stunden für das Sommersemester und nahm diese Dienste auch in Anspruch. Die von der Klägerin beauftragten [X.] machten ihre Kosten unmittelbar bei dem Beklagten geltend (insgesamt 10 595,06 Euro), die dieser in Ausführung einer einstweiligen Anordnung (Beschlüsse des [X.] vom [X.] und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.8.2010; Ausführungsbescheid vom 22.4.2010) zahlte. Die Kosten für die [X.] (229,50 Euro), die die Klägerin selbst übernommen hatte, erstattete der Beklagte vorläufig.

5

Das [X.] hat den Beklagten verurteilt, die "Kosten für [X.] für höchstens 11,5 Wochenstunden Vorlesungen und sonstige Lehrveranstaltungen, davon 7 Stunden in Doppelbesetzung, zu den Konditionen, die der Beklagte mit dem Berufsverband der [X.] Nordrhein-Westfalen ausgehandelt hat, bis zum 15.9.2010" sowie "die Kosten für studentische Mitschreibhilfen nach angemessenem Bedarf in Höhe von 6 Euro pro Stunde für die Vorlesungszeit im Sommersemester 2010" zu gewähren und die Klage im Übrigen (ua wegen der Kosten für Tutoren) abgewiesen (Urteil vom 28.7.2011). Nachdem sich die die Beteiligten im Berufungsverfahren dahin verglichen hatten, dass sich die Klägerin in Höhe von 100 Euro wegen des Zuflusses einer Einkommensteuererstattung an den Kosten beteiligen müsse, im Übrigen jedoch die Bedürftigkeit der Klägerin bis zum [X.] "unstreitig" sei, und sich wegen der Höhe der entstandenen Kosten auf 10 824,56 Euro geeinigt hatten, hat das L[X.] die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 27.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, in der Sache sei nur noch im Streit, ob der Beklagte die bereits verauslagten Kosten endgültig übernehmen und auf eine Rückforderung von der Klägerin verzichten müsse. Die Klägerin verlange insoweit eine Geldleistung. Dementsprechend sei der Tenor des [X.]-Urteils klarzustellen. Eines Schuldbeitritts bedürfe es nach Erfüllung der klägerischen Verpflichtungen gegenüber den Leistungserbringern nicht mehr; diese seien deshalb auch nicht beizuladen. Das Studium stelle eine schulische Ausbildung für einen "angemessenen Beruf" iS des § 54 Abs 1 Satz 1 [X.] Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]B XII), § 13 Abs 1 [X.] 5 Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) dar. Die Eingliederungshilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf, für die unter Berücksichtigung des Förderungsgebots aus Art 3 Abs 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) die Verhältnisse eines nichtbehinderten Menschen maßgebend seien, scheide nicht von vornherein aus, wenn der behinderte Mensch bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, die ebenfalls "angemessen" sei und die bereits eine ausreichende Lebensgrundlage biete; dies gelte jedenfalls, wenn dieser Berufsabschluss nicht schon durch ein gefördertes Hochschulstudium erreicht worden sei; Hilfe könne auch zum Aufstieg im Berufsleben gewährt werden. Der Bachelor-Studiengang entspreche vorliegend den Fähigkeiten der Klägerin und ihrem bisherigen beruflichen Werdegang und böte nach Auskunft der [X.] ([X.]) eine realistische Aussicht auf eine Verbesserung der beruflichen Situation. Auf dem Arbeitsmarkt komme es zu [X.], sodass Stellen für Mediengestalter durch Hochschulabsolventen besetzt würden, zudem seien die Verdienstmöglichkeiten für Hochschulabsolventen deutlich besser. Die angestrebte berufliche Verbesserung durch einen höheren Berufsabschluss sei auch erforderlich iS des § 13 Abs 2 [X.] EinglHV; vor allem das bestehende Beschäftigungsverhältnis, in dem der Verdienst unterdurchschnittlich gewesen sei, gebe einen nachvollziehbaren Anlass für eine berufliche Weiterentwicklung. Eine berufliche Veränderung sei ohne den Studienabschluss nicht möglich, weil nach der Auskunft der [X.] die ohnehin eingeschränkten Arbeitsmarktchancen für Mediengestaltern gegenüber denen für Ingenieure im Bereich Druck- und Medientechnik wegen der Behinderung der Klägerin als noch schlechter zu beurteilen seien.

6

Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 54 [X.]B XII. Da ein individualisiertes Förderverständnis maßgeblich sei, könne ein angemessener Beruf nur "ermöglicht" werden, wenn noch kein anderer erreicht sei. Für die Teilhabe am Leben in der [X.] als Ziel der Eingliederungshilfe genüge es, wenn der behinderte Mensch beruflich bereits eingegliedert sei. Es werde keine optimale berufliche Förderung gewährt; insoweit gehe es auch nicht um eine "gleichberechtigte" Teilhabe im Berufsleben mit nichtbehinderten Menschen, sondern entscheidend sei die Möglichkeit der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz aus eigenen Kräften. Dieses Ziel sei hier durch eine ungekündigte [X.] erreicht, sodass es auf die Arbeitsmarktchancen für Arbeitsuchende allgemein nicht ankomme.

7

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des L[X.] und des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Urteile von [X.] und L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.]n ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des [X.] und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheides vom 10.2.2010 (§ 95 [X.]G), mit dem der nach § 97 Abs 3 [X.] zuständige [X.] - eine abweichende Zuständigkeit ergibt sich nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) aus Landesrecht nicht - die Übernahme der beantragten Kosten abgelehnt hat. Zutreffend hat das [X.] ausgeführt, dass die Bescheide des [X.]n, die in Ausführung der vom [X.] erlassenen einstweiligen Anordnung (vgl § 86b Abs 2 [X.]G) ergangen sind, nicht nach § 96 [X.]G Gegenstand des Verfahrens geworden sind (vgl nur B[X.] [X.] 4-3500 § 90 [X.] Rd[X.]2).

Die Anfechtungs- und Leistungsklage ist allerdings - entgegen der Auffassung des [X.] - bezüglich der Kosten für Gebärdensprachdolmetscher auch nach (vorläufiger) Zahlung der Kosten an diese durch den [X.]n weiterhin auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet, mit dem der [X.] erklären soll, der Schuld der Klägerin aus dem zivilrechtlichen Vertrag mit den [X.] beizutreten. Die aufgrund einstweiliger Anordnung und dem Ausführungsbescheid vom 22.4.2010 erfolgte Zahlung der entstandenen Kosten durch den [X.]n unmittelbar an die Leistungserbringer lässt die Notwendigkeit dieses Verwaltungsakts nicht entfallen; mit nur vorläufigen Regelungen treten bezogen auf den Streitgegenstand keine wesentlichen Änderungen ein, wie das [X.] meint. Gerade weil die einstweilige Anordnung ebenso wie der Ausführungsbescheid vom 22.4.2010 mit der endgültigen Entscheidung ihre Rechtswirkungen verlieren (vgl B[X.] [X.] 4-3500 § 90 [X.] Rd[X.]2 mwN), bedarf es einer Verurteilung zum Erlass eines (endgültigen) Verwaltungsaktes mit Drittwirkung (Schuldbeitritt), der im Verhältnis aller an der Leistungsverschaffung Beteiligter einen (endgültigen) Rechtsgrund für die Zahlung schafft. Auch aus Sicht der Leistungserbringer steht erst nach einem endgültigen Schuldbeitritt fest, dass der [X.] als weiterer Schuldner geleistet hat (vgl auch [X.] , Urteil vom 31.3.2016 - III ZR 267/15 - juris Rd[X.] 25). Die Ausführungen des [X.] zur zivilrechtlichen Position des Leistungserbringers nach der (für ihn ggf nicht als vorläufig erkennbaren) Zahlung betreffen lediglich die Frage, ob in dem Fall, dass eine sozialrechtliche Verpflichtung zum Schuldbeitritt (endgültig) nicht besteht, der [X.] vom Leistungserbringer die Zahlung zurückfordern kann. Bezüglich der Kosten für studentische Mitschreibhilfen verlangt die Klägerin dagegen - wie vom [X.] ausgeführt - die Erstattung der von ihr verauslagten Kosten als Geldleistung.

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die ablehnende Entscheidung des [X.]n rechtswidrig war, konnte der Senat vor diesem Hintergrund schon deshalb nicht treffen, weil das [X.] verfahrensfehlerhaft von einer Beiladung der Gebärdensprachdolmetscher nach § 75 Abs 2 1. Alt [X.]G abgesehen hat. Nach § 75 Abs 2 1. Alt [X.]G sind Dritte dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Danach ist der sozialhilferechtliche Leistungserbringer iS des § 75 [X.]B XII bei einem beantragten Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, notwendig beizuladen (vgl nur B[X.]E 102, 1 ff Rd[X.]3 ff = [X.] 4-1500 § 75 [X.]). Die vorläufige Zahlung durch den Träger der Sozialhilfe ändert an der Notwendigkeit der Beiladung nichts; denn ob dem eine rechtliche Verpflichtung tatsächlich zugrunde liegt (s BGH aaO), kann nur einheitlich entschieden werden. Lediglich soweit nur die Erstattung von bereits verauslagten Kosten im Streit steht, ist eine Beiladung - hier also der [X.] - nicht erforderlich (vgl B[X.]E 110, 301 ff Rd[X.]6 = [X.] 4-3500 § 54 [X.] 8).

Zudem hat das [X.] verfahrensfehlerhaft die [X.] nicht nach § 75 Abs 2 1. Alt [X.]G beigeladen. Unter Berücksichtigung des § [X.] behinderter Menschen - ([X.]B IX), dessen Anwendungsbereich im vorliegenden Verfahren eröffnet ist, kommt aber eine Leistungspflicht der [X.] als Rehabilitationsträger (§ 6 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IX; § 6a [X.]B IX) für Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 [X.] 2 [X.]B IX) in Betracht (zu einer solchen Konstellation bereits Urteil des Senats vom 24.2.2016 - [X.] [X.] 18/14 R -; zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

Nach § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IX stellt der sog erstangegangene Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt sind, binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag - wie hier - nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den [X.] unverzüglich fest (§ 14 Abs 2 Satz 1 [X.]B IX). Die in § 14 Abs 1 und 2 [X.]B IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich dann im Außenverhältnis (behinderter Mensch/Rehabilitationsträger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssi-tuation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (dazu grundlegend B[X.]E 93, 283 ff Rd[X.] 8 mwN = [X.] 4-3250 § 14 [X.]). § 14 [X.]B IX greift auch, wenn zwischen zwei Rehabilitationsträgern, wie hier im Verhältnis des Sozialhilfeträgers zur [X.], ein Nachrangverhältnis (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 [X.]B XII) besteht (B[X.]E 117, 53 ff Rd[X.] 21 = [X.] 4-3500 § 54 [X.]3). Eine vorrangige Leistungsverpflichtung der [X.] für die begehrten Leistungen als besondere Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben ist hier denkbar (im Einzelnen später).

Eine mögliche Leistungsverpflichtung der [X.] entfiele, wenn die [X.] vorrangig verpflichtetet wäre (vgl § 6 Abs 1 [X.] 4 [X.]B IX, § 22 Abs [X.] - <[X.]B III>). Nach dem vom [X.] mitgeteilten beruflichen Werdegang der Klägerin ergeben sich allerdings keine näheren Anhaltspunkte für deren Leistungspflicht nach § 9 Abs 2, § 11 Abs 1 und [X.] - ([X.]B VI); das [X.] wird diese aber zu verifizieren haben. Eine Beiladung (auch) des ggf auf Grundlage von § 16 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende ([X.]B II) iVm § 22 Abs 4 [X.]B III allein zuständigen [X.] war schließlich - unabhängig davon, ob die Klägerin als sog [X.] bedürftig, also leistungsberechtigt nach dem [X.]B II war - nicht geboten. Denn die [X.] ist vom Gesetzgeber nicht nur formal, sondern - trotz der Alleinentscheidungskompetenz des [X.] (§ 6a Satz 4 [X.]B IX) - gerade in ihrer Eigenschaft als fachkundige Stelle für die Feststellung des [X.]s und entsprechende [X.] als Rehabilitationsträger gesetzlich verankert worden, sodass unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 [X.]B IX allein auf die Fachkompetenz der [X.] und nicht die Entscheidungskompetenz des [X.] abzustellen ist.

Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt [X.]G ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: B[X.]E 102, 1 ff Rd[X.] 28 = [X.] 4-1500 § 75 [X.]; B[X.] [X.] 1500 § 75 [X.] 21; B[X.], Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, [X.] 2003-90; an[X.] bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt [X.]G: B[X.] [X.] 4-4200 § 7 [X.] 4 und B[X.], Urteil vom [X.] - B 12 P 9/03 R -, [X.] 2005-3 mwN). Zwar kann nach § 168 Satz 2 [X.]G die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: B[X.] [X.] 4-3500 § 65 [X.] 5 Rd[X.]0; [X.] 4-5910 § 39 [X.] Rd[X.]8 mwN) und hat davon abgesehen, weil die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 [X.]G) zu einem möglichen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben fehlen. Vor einer Beiladung ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das [X.] bindend (§ 170 Abs 5 [X.]G) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) der [X.] verletzt würde (vgl: B[X.]E 97, 242 ff Rd[X.]7 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]; B[X.]E 103, 39 ff Rd[X.]4 = [X.] 4-2800 § 10 [X.]).

Rechtsgrundlage für einen möglichen vorrangigen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben - die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem [X.]B XII entsprechen den Leistungen der [X.] (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 [X.]B XII) - als besondere Rehabilitationsleistungen wäre §§ 97, 98 Abs 1 [X.] 2 iVm § 102 Abs 1 Satz 1 [X.] 2, § 103 Satz 1 [X.] 3 [X.]B III in der bis zum [X.] geltenden Fassung, ggf bei Bedürftigkeit - iVm § 16 [X.]B II. Danach sind besondere Leistungen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben anstelle der allgemeinen Leistungen zu erbringen, wenn die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht in erforderlichem Umfang vorsehen. Insoweit käme die Übernahme von Kosten für Gebärdensprachdolmetscher und [X.] zur Förderung eines Studiums als besondere Leistung in Betracht, wenn auf andere Weise keine Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen wäre (§ 109 Abs 2 [X.]B III aF iVm § 33 Abs 3 [X.] 6 [X.]B IX; vgl zu [X.] als sonstige Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben bereits [X.] [X.] 436.62 § 33 [X.]B IX [X.]; allgemein zur möglichen Förderung von Kosten eines Studiums auch [X.] in [X.], [X.]B III aF, § 102 Rd[X.] 37 ff, Stand September 2005; [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 117 Rd[X.] 39 ff mwN, Stand April 2013). Auch wenn die Klägerin im Zeitpunkt der Aufnahme des Studiums einen Arbeitsplatz innehatte, ist zumindest denkbar, dass unter Berücksichtigung ihrer Eingliederungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund zwischenzeitlicher Veränderungen des Arbeitsmarkts eine endgültige Eingliederung in den Arbeitsmarkt noch nicht erreicht war. Erst danach wären die Voraussetzungen für nachrangige Leistungen gemäß §§ 53, 54 [X.]B XII zu prüfen.

Im [X.] müsste das [X.] ggf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen prüfen; ob und inwieweit der vorliegend geschlossene Vergleich nach den Kriterien der Rechtsprechung (im Einzelnen dazu B[X.]E 112, 54 Rd[X.]3 f = [X.] 4-3500 § 28 [X.] 8) wirksam ist und die Amtsermittlungspflicht des Gerichts suspendiert, bedarf dabei genauer Beachtung.

Das [X.] wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 8 SO 20/14 R

20.04.2016

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Düsseldorf, 28. Juli 2011, Az: S 17 SO 123/10, Urteil

§ 95 SGG, § 75 Abs 2 Alt 1 SGG, § 14 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB 9, § 14 Abs 1 S 2 SGB 9, § 14 Abs 2 S 1 SGB 9, § 6 Abs 1 Nr 2 SGB 9, § 5 Nr 2 SGB 9, § 6a SGB 9, § 53 Abs 1 SGB 12, § 54 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 12, § 54 Abs 1 S 2 SGB 12, § 97 SGB 3 vom 19.06.2001, § 98 Abs 1 Nr 2 SGB 3 vom 19.06.2001, § 102 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 3 vom 24.03.1997, § 103 S 1 Nr 3 SGB 3 vom 27.12.2003, § 109 Abs 2 SGB 3 vom 21.12.2008, § 33 Abs 3 Nr 6 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 8 SO 20/14 R (REWIS RS 2016, 12715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12715

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