Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2011, Az. V R 25/10

5. Senat | REWIS RS 2011, 6729

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Leistungsbeziehungen des Strohmanns und des "Hintermanns" in einem Strohmannverhältnis - Nichtigkeit eines Steuerbescheids wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit


Leitsatz

NV: Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermanns" und dessen Unternehmereigenschaft gemäß § 2 Abs. 1 UStG dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmanns im Auftrag und für Rechnung des "Hintermann" gegenüber Dritten maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des [X.] 1993 seine frühere Lebensgefährtin [X.] ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "[X.]ltbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber [X.] die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der [X.] erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des [X.] eröffnetes Konto der [X.], über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) gegenüber [X.] auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an [X.] zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als [X.]ngestellter der [X.] tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der [X.] für die F-GmbH [X.]ufträge vermittelt zu haben.

6

[X.] erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). [X.]ufgrund dieser [X.]ngaben setzte das F[X.] u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im [X.]nschluss an das rechtskräftige Urteil des [X.]mtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen [X.] verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. [X.]ugust 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das F[X.] davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der [X.] auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der [X.] gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des [X.] angesehen habe. Das F[X.] erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des [X.]mtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine [X.]nstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der [X.] gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während [X.] selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche [X.]ufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. [X.]uch sah das [X.] als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für [X.] geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit [X.] ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der [X.] gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder [X.] --Letztere auf Rechnung des [X.]-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die [X.] erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des [X.] ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das [X.] habe dem Kläger die bei [X.] erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im [X.]ußenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder [X.] als [X.] aufgetreten sei.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

Das F[X.] beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der [X.] vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der [X.] und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur [X.]ufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 [X.]bs. 3 Nr. 2 [X.]O). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom [X.] festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des [X.] erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

1. Bei nach § 1 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

a) Wer bei einem Umsatz als [X.] anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. [X.] ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der [X.]usführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 7. Juli 2005 [X.]/03, [X.], 139, und vom 26. Juni 2003 [X.], [X.], 233, sowie [X.] vom 31. Januar 2002 [X.], [X.], 208, [X.], 622, jeweils m.w.N.).

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 [X.]bs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des [X.] handelt. Ebenso geht [X.]rt. 5 [X.]bs. 4 Buchst. c der [X.] Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ([X.]/[X.]) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer [X.]uslegung entsprechend [X.]rt. 6 [X.]bs. 4 der [X.]/[X.] erfasste § 3 [X.]bs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" ([X.]-Urteile vom 7. Oktober 1999 [X.], 80/98, [X.], 235, [X.], 308; vom 25. Mai 2000 [X.], [X.], 458, [X.], 310; vom 31. Januar 2002 [X.], 41/00, [X.], 377, [X.], 315; vom 29. [X.]ugust 2002 [X.], [X.], 88, [X.], 320; vom 28. November 2002 [X.], [X.] 2003, 517).

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei [X.]- und [X.] auszugehen. Sofern der [X.] oder der [X.]händer Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem [X.] oder dem [X.]händer zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 [X.]bs. 3 und [X.]bs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie ([X.] und [X.]händer) auf fremde Rechnung tätig sind ([X.]-Urteile vom 28. Januar 1999 [X.], [X.], 456, [X.] 1999, 628; in [X.], 233, und in [X.], 139, und [X.] in [X.], 208, [X.], 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben ([X.] in [X.], 208, [X.], 622, unter [X.] für [X.]-Urteil vom 13. Juli 1994 [X.] R 97/92, [X.] 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch [X.]händer oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von [X.] und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. [X.]-Urteile vom 24. [X.]ugust 2006 [X.], [X.]E 215, 311, [X.] 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 [X.], [X.]E 225, 198, [X.] 2009, 876).

Entsprechend der [X.]nwendung des § 3 [X.]bs. 3 UStG und § 3 [X.]bs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei [X.]- und [X.] zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "[X.]" und dieser an den [X.]bnehmer liefert oder leistet.

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des [X.]es ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als [X.]ngestellter des Vertragspartners (des [X.]es oder [X.]händers) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des [X.] vom 10. März 2010 [X.], [X.] 2010, 1597).

c) [X.] ist das "vorgeschobene" [X.]geschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien [X.] oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 [X.]bs. 2 der [X.]bgabenordnung --[X.]--; ausführlich [X.] in [X.], 208, [X.], 622, unter [X.]; vgl. auch [X.] vom 17. Oktober 2003 [X.], [X.], 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. [X.]), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. [X.] in [X.], 208, [X.], 622; [X.]-Urteil vom 12. [X.]ugust 2009 [X.] R 48/07, [X.] 2010, 259).

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der [X.] nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder [X.]verhältnisses an [X.] erbracht hat.

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des [X.] vor, für die er nach § 13 [X.]bs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 [X.]bs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "[X.]" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. [X.]es maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den [X.]uftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 [X.]bs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 [X.]bs. 3 UStG oder § 3 [X.]bs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem [X.]bhängigkeitsverhältnis zu [X.] stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für [X.]-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des [X.] ist im Fall eines Kommissions- oder [X.]verhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der [X.] erhalten hat. Das [X.] geht insoweit mit dem [X.] davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der [X.] erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine [X.] erhoben.

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden [X.], nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des [X.] erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 [X.]bs. 1 [X.] nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. [X.]-Urteile vom 26. September 2006 [X.], [X.] 2007, 186; vom 31. [X.]ugust 1994 [X.], [X.] 1995, 467).

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 [X.]bs. 1 [X.]). Die Frage, welche [X.]nforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab ([X.]-Urteile in [X.] 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 [X.]/81, [X.]E 139, 432, [X.] 1984, 140).

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben [X.]dressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der [X.]uslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht ([X.]-Urteil vom 23. [X.]ugust 2000 [X.], [X.]E 193, 19, [X.] 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger [X.] näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von [X.] und Glauben orientierten [X.]uslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann ([X.]-Urteile in [X.] 2007, 186; vom 26. März 1981 [X.], [X.]E 133, 163; [X.] vom 29. Juni 2006 [X.]/04, juris; vgl. auch [X.]-Urteile vom 18. Juli 1994 [X.], [X.]E 175, 294, [X.] 1995, 4; vom 27. November 1996 [X.], [X.]E 183, 348, [X.] 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, [X.] 1995, 178; [X.]-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 [X.]/00, [X.] 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. [X.]ugust 2006 [X.]/04, [X.] 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im [X.]nschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. [X.]uch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des [X.] vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des [X.] lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das [X.] zurückzuverweisen.

Meta

V R 25/10

12.05.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 22. Juli 2009, Az: 12 K 445/06, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 1993, § 2 Abs 1 UStG 1993, § 3 Abs 3 UStG 1993, § 3 Abs 11 UStG 1993, § 119 Abs 1 AO, § 125 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2011, Az. V R 25/10 (REWIS RS 2011, 6729)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6729

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI R 15/09 (Bundesfinanzhof)

Umsatzsteuerrechtliche Leistungserbringung durch Strohmann


V R 17/14 (Bundesfinanzhof)

(Anforderungen an die Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs - Strohmann als leistender Unternehmer - Verstoß …


V R 44/09 (Bundesfinanzhof)

Inanspruchnahme wegen unberechtigten Steuerausweises


XI R 38/18 (Bundesfinanzhof)

Keine Versagung des Vorsteuerabzugs bei fehlendem Nachweis eines Steuerbetrugs; kein Vertrauensschutz bei sorgfaltswidriger Nichtabfrage der …


V R 29/19 (V R 44/16), V R 29/19, V R 44/16 (Bundesfinanzhof)

Anforderungen zur Leistungsbeschreibung und zum Leistungszeitpunkt für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.