Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.10.2012, Az. 8 W (pat) 306/12

8. Senat | REWIS RS 2012, 2530

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Gegenstand

Patenteinspruchsverfahren – „Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeugs“ – zur Frage der Patentfähigkeit – keine erfinderische Tätigkeit – Übertragung bekannter Lösung


Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 198 61 269

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2012 durch [X.]. [X.] sowie [X.], die Richterin [X.] und [X.] Ing. Dorfschmidt

beschlossen:

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

1

Das [X.] Patent 198 61 269 ist durch Teilung aus dem Patent 198 45 455 entstanden. Seine Patenterteilung ist am 1. Dezember 2005 veröffentlicht worden.

2

Gegen das Patent hat die Firma

3

V… in [X.],

4

mit Schreiben vom 24. Februar 2006, eingegangen am gleichen Tag, Einspruch erhoben.

5

Mit dem Einspruch macht die Einsprechende in erster Linie geltend, dass der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 [X.] nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Zur Stützung ihres Vorbringens hat sie unter anderem auf den folgenden druckschriftlichen Stand der Technik verwiesen:

6

[X.]‘: [X.] A

7

[X.]: EP 0 337 382 [X.].

8

Die Einsprechende hat hierzu vorgetragen, dass der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 gegenüber einer fachmännischen Kombination der Lehren nach der [X.] und der [X.]‘ nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie hat ferner geltend gemacht, dass das Patent unzulässig erweitert sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]), da eine Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges mit einer Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] nach ihrer Auffassung in der [X.] nicht ursprünglich offenbart sei, weil diese nur eine Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] einer Lüftungs- , Heizungs- oder Klimaanlage betreffe.

9

[X.] hat dem Vorbringen der [X.] widersprochen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung einen neuen Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 3) vorgelegt, mit dem sie das Streitpatent nunmehr verteidigt.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

dadurch gekennzeichnet, dass das Betätigungselement (14) und die Übertragungswelle (20) durch ein Übersetzungsgetriebe (18) und die Übertragungswelle (20) und das Steuerelement (12) durch ein Untersetzungsgetriebe (22) gekoppelt sind, wobei die Übertragungswelle (20) biegsam ist.“

[X.] hat hierzu vorgetragen, dass in der geltenden Fassung des Anspruchs 1 nunmehr klargestellt sei, dass die Vorrichtung zum Betätigen des [X.] eine Übertragungswelle aufweist. Sie hat zum entgegengehaltenen Stand der Technik nach [X.] ausgeführt, dass dort keinerlei Übersetzungs- und Untersetzungsgetriebe offenbart seien, wie dies im Anspruch 1 gefordert sei, sondern nur eine direkte Übertragung der Drehbewegung des [X.] auf das Luftstromsteuerelement durch Drehung der biegsamen Übertragungswelle, so dass die [X.] den Fachmann nicht zur patentgemäßen Lehre führen könne. Die Druckschrift [X.]‘ andererseits habe keine Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges zum Gegenstand, sondern Lenkeinrichtungen für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge zur Übertragung von Drehbewegungen eines Lenkrads auf Vorderräder eines Kraftwagens bzw. Ruder eines Wasser- oder Luftfahrzeuges, und könne daher auch keine Hinweise zur Ausgestaltung einer Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] mit einem Über- und Untersetzungsgetriebe an der Übertragungswelle vermitteln. [X.] hat auch dem Vorhalt der unzulässigen Erweiterung widersprochen.

Die Einsprechende hält ihren Angriff auf das Streitpatent auch im Hinblick auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag aufrecht. Sie hat vorgetragen, dass sich der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 von der in der [X.] aufgezeigten Belüftungsanlage für ein Kraftfahrzeug nur noch durch die Anordnung eines Übersetzungsgetriebes zwischen dem Betätigungselement und der biegsamen Übertragungswelle unterscheide. Der Fachmann auf dem Gebiet des allgemeinen Maschinenbaus aber wisse um die Torsionsfederwirkung einer biegsamen Welle im Drehbetrieb und dass er diese reduzieren müsse. Die [X.]‘ befasse sich zwar anders als das Streitpatent mit Lenkeinrichtungen für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge, aber sie gebe ihm bereits den Hinweis, dass er durch Vorschalten eines Übersetzungsgetriebes vor eine biegsame Welle deren Torsionsfederwirkung reduzieren könne.

Ergänzend zu ihrem Vortrag zur unzulässigen Erweiterung hat die Einsprechende vorgetragen, dass die Patentinhaberin auch kein Rechtsschutzinteresse an einem Patent für eine Heizungs-, Lüftungs- oder Klimaanlage mit einer Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] habe, denn sein Gegenstand umfasse die bereits durch das Stammpatent abgedeckte [X.], ohne dass sein Schutz darüber hinausgehe.

Die Einsprechende stellt den Antrag,

das Patent zu widerrufen.

[X.] stellt den Antrag,

das Patent mit der Bezeichnung „Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeugs“ mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

einer noch anzupassenden Beschreibung,

Zeichnung, [X.]ur 1, gemäß Patentschrift.

Wegen der auf den geltenden Anspruch 1 (Hauptantrag) rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 und weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten Aufhebung der [X.] des § 147 Abs. 3 [X.] auf Grund des Grundsatzes der „perpetuatio fori“ gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 [X.] zuständig (vgl. [X.], 184, 185 Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. Informationsübermittlungsverfahren II).

1. Der zulässige Einspruch ist begründet, weil das Patent wegen mangelnder Patentfähigkeit zu widerrufen ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.]).

Die Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges nach dem geltenden Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1.1 [X.] betrifft gemäß dem geltenden Anspruch 1 eine Lüftungs- , Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges mit einer Vorrichtung zum Betätigen eines [X.].

In der Beschreibung der [X.] wird einleitend ausgeführt, dass zur Betätigung einer [X.] einer Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges elektrische Stellmotoren oder mechanische Antriebe wie Bowdenzüge oder biegsame Übertragungswellen bekannt seien, dass aber elektrische Stellmotoren relativ kostenaufwendig und die Montage von Bowdenzügen relativ aufwendig seien (vgl. Absatz [0002] der [X.]). Daher würden zur Übertragung einer Drehbewegung von einem Drehknopf einer Bedieneinheit auf die [X.] auch biegsame Übertragungswellen eingesetzt, da in den engen Anlagen keine lineare Verbindung zwischen dem Drehknopf und der [X.] möglich sei. Mit solchen biegsamen Übertragungswellen sei eine exakte Positionierung der [X.] aber nur unzureichend möglich, da die Wellen aufgrund ihrer Biegsamkeit nur eine geringe Torsionssteifigkeit und damit eine relativ große Hysterese aufweisen (Absatz [0002]).

Die [X.] nennt als Aufgabe, eine verbesserte Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage mit einer Betätigungseinrichtung bereitzustellen, die eine geringe Hysterese aufweist, so dass eine exaktere Positionierung der [X.] mittels des [X.] möglich ist und dadurch stets die am Bedienelement eingestellte Position der [X.] von dieser auch eingenommen wird, so dass die Einstellbarkeit der  Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage verbessert und damit der Komfort für den Fahrzeuginsassen und Bediener der Anlage erhöht ist (Absatz [0004]).

Der geltende Patentanspruch 1 beschreibt eine Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeuges mit den folgenden Merkmalen:

1. einer Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] (12),

1.1 die Vorrichtung zum Betätigen des [X.] weist eine Übertragungswelle (20) auf,

        

1.1.1 an die Übertragungswelle (20) sind ein Betätigungselement (14) und das Steuerelement (12) ankoppelbar,

        

1.1.1.1 so dass durch Drehen der Übertragungswelle (20) mittels des Betätigungselements (14) das Steuerelement (12) verstellbar ist,

1.1.2 das Betätigungselement (14) und die Übertragungswelle (20) sind durch ein Übersetzungsgetriebe (18) gekoppelt,

        

1.1.3 die Übertragungswelle (20) und das Steuerelement (12) sind durch ein Untersetzungsgetriebe (22) gekoppelt,

 1.1.4 die Übertragungswelle (20) ist biegsam.

Die Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Kraftfahrzeugs ist nach Merkmal 1 obiger Merkmalsgliederung mit einer Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] versehen, um den aus der Anlage austretenden Luftstrom regulieren zu können. Die verbleibenden Merkmale des geltenden Anspruchs 1 dienen der Ausgestaltung der Vorrichtung zum Betätigen des [X.]. Danach weist die Vorrichtung eine Übertragungswelle (20) auf (Merkmal 1.1), an die ein Betätigungselement (14) (z. B. ein Drehknopf 16 gemäß Beschreibung, Absatz [0011]) und das Luftstromsteuerelement (12) ankoppelbar sind (Merkmal1.1.1), so dass durch Drehen der Übertragungswelle (20) mittels des [X.] (14) das Steuerelement (12) verstellbar ist, wie in Merkmal 1.1.1.1 ausgeführt ist. Ein Ausführungsbeispiel eines solchen [X.] ist in der einzigen [X.]ur der [X.] dargestellt und daraus ist ersichtlich, dass das Luftstromsteuerelement (12) als eine verstellbare [X.] ausgebildet sein kann, um den gewünschten Luftstrom einstellen zu können (vgl. Absatz [0011]).

In den Merkmalen 1.1.2 und 1.1.3 ist weiterhin die Art der Kopplung des [X.] (14) und des [X.] (12) mit der Übertragungswelle (20) beschrieben. Danach sind das Betätigungselement (14) über ein [X.]) mit der [X.]) (Merkmal 1.1.2) und die Übertragungswelle (20) über ein Untersetzungsgetriebe (22) mit dem Steuerelement (12) gekoppelt (Merkmal 1.1.3). Nach dem Merkmal 1.1.4 ist schließlich noch vorgesehen, dass die Übertragungswelle (20) biegsam ist.

Die [X.] führt in Absatz [0006] aus, dass durch die in den Merkmalen 1.1.2 und 1.1.3 angegebenen Übersetzungen bei einer Drehbewegung auf die (biegsame) Welle ein entsprechend geringeres Drehmoment ausgeübt werde, wodurch die elastische Verformung erheblich kleiner ausfalle als bei bekannten [X.]en mit Übertragungswelle, da durch das Übersetzungsgetriebe eine geringe Drehbewegung des [X.] in eine große Drehbewegung der Übertragungswelle übersetzt und von dieser durch das Untersetzungsgetriebe wieder in eine geringere Drehbewegung des [X.] weiter übersetzt werde. Dadurch könne die Hysterese der biegsamen Übertragungswelle um ein Vielfaches verringert werden, wodurch die [X.] (des [X.]) über das Betätigungselement exakt positionierbar sei.

1.2 Die EP 0 337 382 [X.] ([X.]) beschreibt eine Belüftungsanlage für ein Kraftfahrzeug mit innerhalb eines Gehäuses angeordneten, zur Steuerung von [X.] verstellbaren [X.]n, von denen wenigstens zwei über einen Übertragungsmechanismus an eine um eine Achse drehbare [X.] angeschlossen sind, wobei die [X.] an einer Wandung des Gehäuses gelagert ist, so dass durch die [X.] eine Belüftungsanlage für ein Kraftfahrzeug bekannt ist, bei der eine Vorrichtung zum Betätigen eines [X.] vorgesehen ist (vgl. Spalte 1, Zeilen 3 bis 10; [X.]ur 1), wie dies u. a. auch in Merkmal 1. des geltenden Anspruchs 1 des Streitpatents (vgl. Merkmalsgliederung nach Punkt II.1.1) gefordert ist. Die bekannte Vorrichtung kann zum Antrieb (von Hand) der [X.] beispielsweise auch eine biegsame Übertragungswelle (hier Welle) aufweisen, um die [X.]n gemeinsam anzusteuern, so dass auch die Merkmale 1.1 und 1.1.4 des Anspruchs 1 dort verwirklicht sind (Spalte 1, Zeilen 51 54; Spalte 4, Zeilen 14 17). Weiterhin ist in der Beschreibung der [X.], Spalte 7, Zeilen 30 bis 33, ausgeführt, dass eine biegsame Welle in nicht näher dargestellter Weise bis zu einem im Armaturenbrett des betreffenden Fahrzeugs angeordneten Antriebselement geführt ist. Demnach sind an die Übertragungswelle ein Betätigungselement und das Steuerelement (hier die [X.] (10) mit Führungskurven und Hebelmechanismus zur Steuerung der [X.]n (3, 4, 5)) ankoppelbar (Spalte 4, Zeilen 5 17) (Merkmal 1.1.1), so dass durch Drehen der Übertragungswelle mittels des [X.] das Steuerelement verstellbar ist, so wie es auch dem Merkmal 1.1.1.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents entspricht.

Um den konstruktiven Aufwand zu verringern und die Montage und die Justierung zu erleichtern, schlägt die [X.] in Spalte 1, Zeilen 35 bis 54 vor, dass an die [X.] ein Drehantrieb angeschlossen ist, der ein mit der [X.] drehfest verbundenes Kegelrad enthält, mit dem ein an der Wandung des Gehäuses gehaltenes, mit einem Antriebselement verbindbares Kegelrad kämmt. Dadurch könne die [X.] in unmittelbarer Nähe der [X.]n angeordnet sein, so dass diese von der [X.] aus direkt unter Zwischenschaltung eines Hebelmechanismus steuerbar sind. Die Anzahl der jeweils vorgesehenen Führungskurven in der [X.] hänge dabei von der Anzahl der zu steuernden [X.]n und der jeweils gewählten Abhängigkeit der [X.]n voneinander ab.

In der [X.]urenbeschreibung, Spalte 7, Zeilen 20 ff. der [X.] ist zu dem Ausführungsbeispiel nach [X.]ur 4 ausgeführt, dass der Antrieb der [X.] (40) über dieses Kegelradgetriebe erfolgt. Hierzu sei der der Wandung des Gehäuses (1) der Belüftungsanlage abgewandte Rand der [X.] (61) als ein Kegelrad (64) ausgebildet, mit dem das Kegelrad (65) kämmt, das drehfest auf einer Welle (67) angeordnet ist, an die über eine Kupplungsverbindung eine Antriebswelle angeschlossen werden könne, beispielsweise eine biegsame Welle, die in nicht näher dargestellter Weise bis zu einem im Armaturenbrett des betreffenden Fahrzeugs angeordneten Antriebselement geführt sei. Dabei sei durch die Lagerung der [X.] (40) mit ihrem Kegelrad (64) auf einem Lagerbolzen (60) eine exakte Zuordnung der Kegelräder (64, 65) gewährleistet (vgl. [X.]. 4 und 5). Allerdings finden sich in dem [X.] der [X.] keine Hinweise darauf, dass dieses Kegelradgetriebe eine Unter- oder Übersetzung aufweisen soll. Auch lässt sich dem [X.] der [X.] nicht entnehmen, dass die biegsame Welle mit dem Antriebselement über ein Getriebe verbunden sein soll.

Die patentgemäße Lüftungsanlage nach dem geltenden Anspruch 1 unterscheidet sich daher von der bekannten Lüftungsanlage nach der [X.] noch darin, dass das  Betätigungselement und die Übertragungswelle durch ein Übersetzungsgetriebe (Merkmal 1.1.2) und die Übertragungswelle und das Steuerelement durch ein Untersetzungsgetriebe gekoppelt sind (Merkmal 1.1.3).

Biegsame Wellen als Antriebselemente waren aber im Maschinenbau bereits vor dem Anmeldetag lange bekannt und einem Konstrukteur zur Verfügung gestellt, um auch in schwer zugänglichen Räumen die Übertragung eines Drehantriebs zu ermöglichen. Auch die Problematik solcher biegsamen Wellen waren dem Fachmann, einem Diplom Ingenieur des Maschinenbaus mit zumindest Fachhochschulabschluss und besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugtechnik und der Entwicklung und Konstruktion von Belüftungs- und Klimaanlagen für Kraftfahrzeuge bekannt, denn aus seinem Maschinenbaustudium wusste er bereits, dass diese Wellen aufgrund ihrer Biegsamkeit eine geringe Torsionssteifigkeit und damit eine große Hysterese beim Drehantrieb aufweisen können, was zu Ungenauigkeiten in der Reproduzierbarkeit der Übertragung führen kann.

Dem Fachmann war auch bekannt, dass er die Hysterese einer biegsamen Welle verändern konnte, wenn er die auf die Welle wirkenden Drehkräfte verändert. Um den durch die geringe Torsionssteifigkeit bedingten Schwierigkeiten beim Einsatz von biegsamen Wellen zu begegnen, hatte der Fachmann daher Anlass, nach Möglichkeiten zu suchen, die auf die Welle wirkenden Drehkräfte zu verringern, um auf diese Weise die Torsion der Welle zu verringern. Dabei hat der mit der problematischen Torsionssteifigkeit der biegsamen Welle konfrontierte Fachmann nicht umhin gekonnt, sich auch auf anderen Kraftfahrzeug Einsatzgebieten von biegsamen Wellen nach Anregungen zur Lösung des Stabilitätsproblems umzusehen und solche in Betracht zu ziehen. In der [X.] A ([X.]’) hat er eine einfache Möglichkeit zur Reduzierung der Hysterese einer biegsamen Welle bei einer Lenkeinrichtung für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge vorgefunden.

Durch die [X.]’ ist eine Lenkeinrichtung bekannt geworden, bei der die Drehverbindung zwischen Lenkrad und Lenkgetriebe über mindestens eine biegsame Welle erfolgt, um die Drehbewegung des Lenkrads in eine Verschwenkung der vorderen Fahrzeugräder umzuformen (Seite 1, 1. Absatz; Seite 3, 1. Absatz; [X.]. 1 und 3). Um die Torsionsfederwirkung der biegsamen Welle zu einem solchen Grad zu vermindern, dass sich beim Drehen des Lenkrades kein [X.] Spiel mehr ergibt, ist am Lenkrad ein Übersetzungsgetriebe und am anderen Ende der biegsamen Welle ein Untersetzungsgetriebe vorgesehen (Seite 3, 2. Absatz). Dadurch werde der Einfluss der unvermeidlichen Torsionsfederwirkung der biegsamen Welle zu einem solchen Grad vermindert, dass sich beim Drehen des Lenkrades kein [X.] Spiel mehr ergebe, wie im 2. Absatz der Seite 3 der [X.]’ ausgeführt ist. Demnach beschäftigt sich die Entgegenhaltung [X.]’ auch mit der Stabilisierung der biegsamen Welle beim Übertragen von Drehbewegungen. Der Fachmann hatte deshalb wegen der Nähe der in einer Lenkeinrichtung verwendeten Welle aus der Entgegenhaltung [X.]’ zu der ebenfalls in einem Kraftfahrzeug, nämlich in einer Lüftungsanlage, verwendeten Welle, die durch deren beider Verwendung in einem Kraftfahrzeug belegt ist, hinreichend Anlass, die in der [X.]’ beschriebenen Unter- und Übersetzungsgetriebe auch für die Belüftungsanlage nach der [X.] zur Kopplung der biegsamen Welle an das Luftstromsteuerelement und die [X.]. in Betracht zu ziehen. Denn die [X.]‘ betrifft bereits eine einfache Lösung zur Herbeiführung einer Reduzierung der auf eine flexible Welle wirkenden Torsionskräfte.

Diese Anregung führt den Fachmann zur Lösung nach dem Streitpatent, denn durch das fachmännische Bestreben ist er veranlasst, diese Lösung auf eine Belüftungsanlage nach der [X.] zu übertragen. Damit gelangt er zu einer Lüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage, bei der die biegsame Übertragungswelle der Vorrichtung zum Betätigen des [X.] mit dem Betätigungselement durch ein Übersetzungsgetriebe (Merkmal 1.1.2) und mit dem Steuerelement durch ein Untersetzungsgetriebe gekoppelt ist (Merkmal 1.1.3). Somit wird die Kopplung der biegsamen Welle gemäß den Merkmalen 1.1.2 und 1.1.3 des geltenden Anspruchs 1 dem Fachmann durch die Offenbarung der [X.] nahe gelegt.

Nach alledem beruht der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der [X.] und der [X.]‘ und dem Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 hat somit in seiner verteidigten Fassung keinen Bestand.

Mit diesem Anspruch fallen auch die auf diesen rückbezogenen Ansprüche 2 und 3.

2. Bei dieser Sachlage kam es auf den weiter geltend gemachten [X.] der unzulässigen Erweiterung nicht mehr an.

Gleiches gilt für die von der [X.] in der mündlichen Verhandlung ergänzend aufgeworfene Frage, ob ein Rechtschutzinteresse am Streitpatent bestehen kann. Hierzu sei zudem angemerkt, dass die Erteilung eines Patents, an dem was hier offen bleiben kann kein Rechtsschutzinteresse besteht, zwar einen Mangel des Erteilungsverfahren darstellen kann, jedoch keinen der in § 21 Abs. 1 [X.] vom Gesetz (abschließend) genannten Widerrufsgründe darstellt.

Meta

8 W (pat) 306/12

09.10.2012

Bundespatentgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.10.2012, Az. 8 W (pat) 306/12 (REWIS RS 2012, 2530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2530

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