Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 21.06.2023, Az. 2 BvR 1090/21

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2023, 3988

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde bzgl Ahndung einer Geschwindigkeitsübertretung im Straßenverkehr aufgrund eines standardisierten Messverfahrens auch bei fehlenden "Rohmessdaten" - teilweise Parallelentscheidung


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Entscheidungsgründe

1

1. Der [X.] (im Folgenden: Bußgeldstelle) setzte gegen die Beschwerdeführerin mit Bußgeldbescheid vom 10. August 2020 wegen einer vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 17 km/h eine Geldbuße in Höhe von 80 Euro fest. Dem Vorwurf lag eine Messung mit dem [X.] des Typs [X.] des Herstellers [X.] zugrunde. Hiergegen legte der Verteidiger der Beschwerdeführerin Einspruch ein und nahm Akteneinsicht. Anschließend übersandte die Bußgeldstelle die Akte an die Staatsanwaltschaft [X.], die sie dem [X.] vorlegte. Das Amtsgericht teilte dem Verteidiger mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 mit, nach vorläufiger Einschätzung keine Veranlassung zur Abänderung der Feststellungen im Bußgeldbescheid zu sehen; zudem wies es darauf hin, dass es sich bei dem verwendeten [X.] um ein grundsätzlich als zuverlässig geltendes sogenanntes standardisiertes Messverfahren handele.

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Der Verteidiger nahm dazu Stellung und vertrat die Ansicht, aus der Entscheidung des [X.] vom 12. November 2020 ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -) folge ein Verstoß gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens bei [X.] dieser Messdaten und damit erst recht, wenn solche Messdaten bedingt durch die Konstruktion des verwendeten Messgerätes nicht gespeichert würden. Insofern beantragte er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsachen, dass Sachverständigen die nachträgliche Plausibilisierung des jeweils gemessenen Geschwindigkeitswertes bei dem verwendeten Messgerät derzeit versagt bleibe sowie dass dieses bei der Ermittlung des Messwertes Daten erhebe und trotz Möglichkeit nicht speichere. Zur Begründung verwies er auch auf die Entscheidung des [X.] vom 5. Juli 2019 ([X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris).

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2. In der Hauptverhandlung vor dem [X.] am 2. März 2021 wurden unter anderem das [X.] in Augenschein genommen und der Messbeamte vernommen. Sodann widersprach der Verteidiger der Verwertung des Messergebnisses mit der Begründung, dieses Beweismittel sei mangels Speicherung von [X.] durch das Messgerät [X.] nicht überprüfbar. Weiterhin stellte er einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der von ihm behaupteten fehlenden Speicherung von [X.] trotz technischer Möglichkeit durch das verwendete Messgerät sowie zu deren Relevanz für die Überprüfung des ermittelten [X.]. Das Amtsgericht wies beide Anträge als verspätet zurück.

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Nach Abschluss der Beweisaufnahme verurteilte das [X.] die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Urteil vom 2. März 2021 wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße in Höhe von 80 Euro. Die gemessene Geschwindigkeit habe nach Abzug der [X.] 47 km/h betragen, weshalb die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 17 km/h überschritten worden sei. Zur Begründung führte das Amtsgericht unter anderem aus, dass es keinen Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung habe. Bei dem eingesetzten Messgerät [X.] handele es sich um ein standardisiertes Messverfahren mit einem von der [X.] (im Folgenden: [X.]) zugelassenen System zur Geschwindigkeitsmessung. Das Messgerät sei ordnungsgemäß geeicht gewesen. Der Messbeamte habe bekundet, die Beschilderung kontrolliert zu haben und für die Bedienung des Messgerätes geschult zu sein. Auch entspreche das [X.] den Anforderungen des Herstellers und der [X.]. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei abzulehnen gewesen, weil ein Betroffener einen entsprechenden Antrag bereits in einem frühen Stadium gegenüber der Verwaltungsbehörde hätte stellen müssen.

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3. Der Verteidiger der Beschwerdeführerin beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde und legte zugleich Rechtsbeschwerde ein. Die Zurückweisung des Beweisantrags als verspätet verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Außerdem habe das Amtsgericht sich nicht mit dem intendierten Ergebnis des beantragten Sachverständigengutachtens befasst und der Beschwerdeführerin damit das Recht auf ein faires Verfahren verwehrt; denn bei dem verwendeten [X.] würden systembedingt keine [X.] gespeichert und ein Betroffener habe daher keine ausreichende Möglichkeit, sich gegen den erhobenen Vorwurf zu verteidigen. Daher sei auch das angefochtene Urteil aufzuheben.

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4. Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Mai 2021 verwarf das [X.] den Zulassungsantrag. Gegen die Beschwerdeführerin sei eine Geldbuße von nicht mehr als 100 Euro festgesetzt worden und es sei nicht geboten, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Selbst wenn das Amtsgericht den Beweisantrag rechtsfehlerhaft wegen Verspätung abgelehnt hätte, würde dies nur einen bloßen Verfahrensmangel und keine Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs begründen. Der [X.] könne zudem ausschließen, dass das angefochtene Urteil − das Vorliegen der behaupteten Gehörsverletzung unterstellt − auf der selbigen beruhe. Denn auch der Nachweis der mit dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Tatsachen würde nicht dazu führen, dass das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung wegen eines Verstoßes gegen das faire Verfahren unverwertbar wäre. Der [X.] habe bereits mehrfach und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer [X.]e entschieden, dass bei Messverfahren, in denen eine Speicherung der sogenannten [X.] unterblieben sei, kein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gegeben sei. Die vom Verteidiger in Bezug genommene Entscheidung des [X.] ([X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris) entfalte nur im [X.] unmittelbare Wirkung und sei erkennbar vereinzelt geblieben. Bei Verwendung eines Messgerätes, das wie der Gerätetyp [X.] von der [X.] geprüft worden sei, handele es sich um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren. Dementsprechend sei ein Tatrichter, der sich vom ordnungsgemäßen Einsatz eines solchen Messgerätes überzeugt habe, zu einer näheren Überprüfung des Messverfahrens und -ergebnisses nur veranlasst, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung vorlägen. Aus den [X.] ließen sich entsprechende Anhaltspunkte aber nicht gewinnen.

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5. Die zunächst dagegen erhobene Anhörungsrüge vom 4. Juni 2021 nahm der Verteidiger der Beschwerdeführerin zurück.

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Mit ihrer [X.]beschwerde vom 18. Juni 2021 rügt die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Das [X.] habe dem aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens resultierenden Gedanken der Waffengleichheit nicht Rechnung getragen, indem es sich nicht hinreichend mit der Frage befasst habe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es der Beschwerdeführerin möglich gewesen wäre, das in einem standardisierten Messverfahren ermittelte Beweisergebnis zu erschüttern. Das [X.] habe die damit einhergehende Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren durch die Verwerfung des Zulassungsantrags nicht beseitigt.

9

Der Beschwerdeführerin sei es aufgrund der Art und Weise der systembedingt erzeugten Geschwindigkeitsmessung nicht möglich, etwaige Unplausibilitäten in Bezug auf das Mess-ergebnis anhand der technischen Abläufe zu verifizieren und sachverständig untersuchen zu lassen. Diese Beschränkung ihrer Verteidigung werde nicht durch übrige ihr zur Verfügung stehende Möglichkeiten ausgeglichen. Diese Zurücksetzung könne auch nicht durch eine dadurch wirksamere Rechtspflege begründet sein.

Das [X.] habe in seiner Entscheidung vom 12. November 2020 ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -) zu dem Messgerät [X.] mit ähnlicher Funktionsweise wie das vorliegend verwendete Messgerät [X.] klargestellt, dass ein Betroffener in der Regel Anspruch auf Kenntnis von vorhandenen [X.] habe, wobei beim Messgerät [X.] [X.] systemseitig nach Erhebung automatisiert wieder gelöscht würden. Durch eine Plausibilitätskontrolle anhand von [X.] ließe sich jede die Messung beeinträchtigende Wechselwirkung darlegen.

Entgegen der Ansicht des [X.] erlaubten [X.], eine konkrete Messung zu plausibilisieren und mögliche Irregularitäten zu erkennen, was aus den Angaben der das Urteil des [X.] vom 5. Juli 2019 ([X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris) stützenden Sachverständigen folge. Die grundsätzliche Nachvollziehbarkeit technischer Prozesse, die zu belastenden Erkenntnissen über eine Bürgerin oder einen Bürger führten, sowie ihre staatsferne Prüfbarkeit gehörten zu den Grundvoraussetzungen eines freiheitlich-rechtsstaatlichen Verfahrens. Der alleinige Verweis auf die staatliche Zulassung von Messgeräten bei standardisierten Messverfahren würde bedeuten, dass Rechtssuchende auf Gedeih und Verderb der amtlichen Bestätigung der Zuverlässigkeit eines elektronischen Systems und der es steuernden Algorithmen ausgeliefert wären.

Die Nichterforderlichkeit von [X.] würde möglicherweise dazu führen, dass auch die Hersteller anderer Messgeräte künftig auf die Speicherung von [X.] verzichteten. Dadurch würden die Vorteile einer Speicherung − insbesondere ein Erkenntnisgewinn durch sachverständige Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung bereits im außergerichtlichen Verfahren − in das Gegenteil verkehrt sowie die grundsätzliche Entscheidung des [X.] zu der Herausgabepflicht vorhandener [X.] ad absurdum geführt.

Die [X.]beschwerde ist dem [X.] sowie dem [X.] beim [X.] zur Stellungnahme zugestellt worden.

1. Das [X.] hat von einer Stellungnahme abgesehen.

2. Der [X.] hat zu der [X.]beschwerde am 24. September 2021 Stellung genommen. Er hält die [X.]beschwerde für jedenfalls unbegründet. Durch die angegriffenen Entscheidungen sei die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

a) [X.]rechtlich lasse sich kein Recht auf Schaffung neuer, bislang auch der Verfolgungsbehörde nicht zur Verfügung stehender Beweismittel oder auf eine ausführliche Dokumentation einzelner Ermittlungsvorgänge herleiten. Nach dem auch im Bußgeldverfahren geltenden Grundsatz der Aktenwahrheit und Aktenvollständigkeit müssten grundsätzlich nur die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen der Ermittlungsbehörden aktenkundig gemacht werden. Dem Gesetzgeber stehe es frei, zusätzliche Pflichten zur Dokumentation von Ermittlungsmaßnahmen zu normieren. Von [X.] wegen könne allerdings nur ein Niveau der Dokumentation von Ermittlungsmaßnahmen geboten sein, das angesichts der Ziele des Verfahrens und der Bedeutung der Sache als angemessen einzuordnen sei. Eine maximale oder bestmögliche Dokumentation sei weder geboten noch − wegen stets genauerer oder umfangreicherer Dokumentationsformen − erfüllbar. Im Falle standardisierter Messverfahren − zu denen auch die Geschwindigkeitsmessungen mit den Messgeräten des Typs [X.] gehörten − habe der Gesetzgeber keine umfassende Dokumentation aller im Verlauf des Messvorgangs anfallenden Daten vorgeschrieben. Er habe sich vielmehr für eine umfassende Überprüfung dieser [X.] vor deren erstmaligem Einsatz entschieden, die auch im Interesse der Effektivität der Rechtspflege eine nachträgliche Überprüfung entbehrlich machen solle.

b) Auch erweise sich eine Speicherung von sogenannten [X.] zur Gewährleistung einer effektiven Verteidigung nicht als notwendig, weil die Verteidigung sowohl Fehler bei der Zulassung des betreffenden Gerätetyps als auch von einzelnen Geschwindigkeitsmessungen ohne Kenntnis der [X.] aufzeigen könne. Zudem wäre selbst im Falle einer Speicherung von [X.] eine nachträgliche Verifikation oder Falsifikation des Messergebnisses nicht möglich. Es existiere kein in Wissenschaft und Technik allgemein anerkanntes Verständnis des Begriffs "[X.]". Auch nach den Stellungnahmen der Sachverständigen gegenüber dem [X.]hof des [X.]es sei von der Analyse der [X.] nur ein sehr beschränkter Erkenntnisgewinn zu erwarten (unter Bezugnahme auf [X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris, Rn. 34 ff.). Schließlich wäre eine nachträgliche Überprüfung anhand von [X.] mit gravierenden Nachteilen verbunden, die die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten ernsthaft in Frage stellen würden.

3. Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin hat auf die Stellungnahme des [X.]s mit Schriftsätzen vom 16. und 17. November 2021 repliziert und ihr bisheriges Vorbringen bekräftigt.

a) Die verfahrensrechtlichen Erleichterungen des Vorgehens gegen Betroffene bei standardisierten Messverfahren müssten dadurch ausgeglichen werden, dass dem Betroffenen insbesondere die Ausgangsdaten zugänglich gemacht würden, auf deren Grundlage das Messgerät das Messergebnis ermittele. Die Entscheidung des Herstellers, Daten bei dem Gerätetyp [X.] − obwohl technisch unproblematisch möglich − nicht zu speichern, lasse darauf schließen, dass dies ganz bewusst und systematisch erfolge. Auch die [X.] scheine kein Interesse an einer Rechtsstärkung der Betroffenen zu haben.

b) Entgegen der Auffassung des [X.]s gehe es nicht um die Schaffung neuer Beweismittel, sondern um die Verhinderung der Vernichtung von einem automatisierten System zwangsläufig erhobener und zu irgendeinem Zeitpunkt des Messvorgangs vorhandener Daten, aus denen das System das Messergebnis berechne. Mitnichten ersetze eine besondere Sorgfalt bei der Entwicklung vor dem ersten Einsatz der Messgeräte die nachträglichen rechtlichen Prüfungserfordernisse. Die [X.] lieferten entgegen der Ansicht des [X.]s auch einen hohen Erkenntnisgewinn zur Richtigkeit der Messung. Letztlich könnten die vom [X.] prophezeiten Gefahren für die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege nicht nachvollzogen werden.

4. [X.] hat der Kammer vorgelegen.

Die [X.]beschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.]G nicht vorliegen. Der [X.]beschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt (vgl. [X.]E 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248>). Denn die [X.]beschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht hinreichend substantiiert begründet. Ihre Begründung lässt eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin im Sinne des § 90 Abs. 1 [X.]G nicht erkennen.

Eine den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]G genügende Begründung setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. [X.]E 81, 208 <214>; 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>; 113, 29 <44>; 130, 1 <21>; 149, 86 <108 f. Rn. 61>; 151, 67 <84 Rn. 49>). Dabei muss eine [X.]beschwerde auch an die vom [X.] zu den aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entwickelten Maßstäbe anknüpfen, sich mit ihnen auseinandersetzen und auf dieser Grundlage darlegen, dass und aus welchen Gründen eine Verletzung in den geltend gemachten verfassungsbeschwerdefähigen Rechten vorliegen soll (vgl. [X.]E 77, 170 <214 ff.>; 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 123, 186 <234>; 130, 1 <21>; 140, 229 <232 Rn. 9>; 142, 234 <251 Rn. 28>; 149, 346 <359 Rn. 23>).

Gemessen hieran legt die Beschwerdeführerin die gerügte Verletzung in ihrem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Recht auf ein faires Verfahren nicht hinreichend dar.

1. Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. [X.]E 26, 66 <71>; 38, 105 <111>; 46, 202 <210>), welches aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgt (vgl. [X.]E 38, 105 <111>; 46, 202 <209>; 57, 250 <274 f.>; 64, 135 <145>; 66, 313 <318>; 86, 288 <317>; 109, 38 <60>). Es erschöpft sich nicht in der Selbstbeschränkung staatlicher Mittel gegenüber den beschränkten Möglichkeiten des Einzelnen, die sich in der Verpflichtung niederschlägt, dass staatliche Organe korrekt und fair zu verfahren haben (vgl. [X.]E 38, 105 <111>). Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens und daran anknüpfender Verfahren gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren dem Betroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können (vgl. [X.]E 38, 105 <111>; 122, 248 <271 f.>; 133, 168 <200 Rn. 59>). Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher "Waffengleichheit" von Ankläger und Beschuldigten gekennzeichnet und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet (vgl. [X.]E 38, 105 <111>).

Dabei enthält das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten (vgl. [X.]E 57, 250 <275 f.>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145>; 70, 297 <308>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; 130, 1 <25>; 156, 63 <147 Rn. 283>). Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist (vgl. [X.]E 57, 250 <276>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; 130, 1 <25 f.>).

Im Rechtsstaat darf der Betroffene nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. [X.]E 26, 66 <71>; 46, 202 <210>; 63, 45 <61>; 63, 380 <390>; 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>; 133, 168 <200 Rn. 58>). Dabei wendet sich das Gebot zur fairen Verfahrensgestaltung nicht nur an die Gerichte, sondern ist auch von allen anderen staatlichen Organen zu beachten, die auf den Gang eines Strafverfahrens Einfluss nehmen, demgemäß auch von der Exekutive, soweit sie sich rechtlich gehalten sieht, bestimmte Beweismittel nicht freizugeben (vgl. [X.]E 57, 250 <283>).

Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau auf das Verfahrensrecht sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Rechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. [X.]E 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>; 133, 168 <200 f. Rn. 59>). [X.], die den Erfordernissen einer wirksamen Rechtspflege dienen, verletzen daher nicht schon dann den Anspruch auf ein faires Verfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des Betroffenen dabei eine Zurücksetzung zugunsten einer wirksamen Rechtspflege erfahren (vgl. [X.]E 122, 248 <273>; 133, 168 <201 Rn. 59>). Das Beschleunigungsgebot ist bei der Konkretisierung des Rechts auf ein faires Verfahren ebenfalls zu berücksichtigen, denn unnötige Verfahrensverzögerungen stellen auch die mit der Ahndung verfolgten Zwecke infrage (vgl. im Zusammenhang mit der Kriminalstrafe [X.]E 122, 248 <273 m.w.[X.]>; 133, 168 <201 Rn. 59 m.w.[X.]>). Zweck von Maßnahmen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist die Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit - angesichts des zunehmenden Verkehrsaufkommens und der erheblichen Zahl von [X.] - der Schutz von Rechtsgütern mit hohem Gewicht, wobei das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs auch in Zusammenhang mit dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben steht (vgl. [X.]K 17, 469 <474 f. m.w.[X.]>).

2. Die geringeren Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte nach der [X.] zu sogenannten standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsüberschreitungen genügen diesen Anforderungen an ein faires Verfahren (aa). Um dem aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren resultierenden Gedanken der "Waffengleichheit" hinreichend Rechnung zu tragen, hat der Betroffene in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren einen Anspruch auf Zugang auch zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen, aber nicht zur [X.] genommenen Informationen (bb).

a) Das [X.] hat bereits festgestellt, dass es von [X.] wegen nicht zu beanstanden ist, wenn Fachgerichte in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgehen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 39 ff.).

aa) Bei einem standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf derart festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind, wobei dies nicht bedeutet, dass die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfindet (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 41, unter Hinweis auf BGHSt 43, 277 <284>). Regelmäßig werden technische Messsysteme, deren Bauart von der [X.] zur Eichung zugelassen ist, von den Gerichten als standardisierte Messverfahren insbesondere bei Geschwindigkeitsmessungen anerkannt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 41 m.w.[X.]).

Kommt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung, sind nach der Rechtsprechung des [X.]s geringere Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte zu stellen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 42, unter Verweis auf BGHSt 39, 291; 43, 277). Denn die Zulassung durch die [X.] bietet bei Verwendung des Messgerätes im Rahmen der [X.] nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Messung bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen für den Einsatz auch im Einzelfall ein fehlerfreies Ergebnis liefert (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 42 m.w.[X.]). Wie bei allen technischen Untersuchungsmethoden, insbesondere solchen, die in Bereichen des täglichen Lebens außerhalb von Laboratorien durch "angelerntes" Personal gewonnen werden, ist auch bei standardisierten Messverfahren eine absolute Genauigkeit, also eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich; das Tatgericht muss sich deshalb bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von [X.]en bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind und es hat diesem Umstand durch die Berücksichtigung von [X.]en Rechnung zu tragen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 42, unter Hinweis auf BGHSt 39, 291 <301>).

Davon abgesehen ist das Tatgericht nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 43, unter Hinweis auf BGHSt 39, 291 <301>; 43, 277 <283 f.>). Wurde das Messgerät von seinem Bedienpersonal standardmäßig, also in geeichtem Zustand gemäß der Betriebsanleitung des Herstellers und den Zulassungsbedingungen der [X.] entsprechend verwendet, ist das Tatgericht auch von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgerätes, freigestellt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 43 m.w.[X.]).

Die amtliche Zulassung von Messgeräten sowie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen - systemimmanente Messfehler erfassenden - [X.] dient dem Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und der Erörterung des Regelfalles zu entlasten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 44 m.w.[X.]). Bestehen keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Messergebnisses, genügt deshalb zum Nachweis eines Geschwindigkeitsverstoßes grundsätzlich die Mitteilung des eingesetzten Messverfahrens, der ermittelten Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz und des berücksichtigten [X.]es (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 44 m.w.[X.]). Bei standardisierten Messverfahren sind daher im Regelfall - ohne konkrete Anhaltspunkte für eventuelle Messfehler - die Feststellungs- und Darlegungspflichten des Tatgerichts reduziert (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 44 m.w.[X.]). Regelmäßig umfasst der Akteninhalt der [X.] deshalb lediglich diejenigen Informationen, die zur Feststellung des Geschwindigkeitsverstoßes nach den Grundsätzen zum standardisierten Messverfahren entscheidungserheblich sind (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 44 m.w.[X.]).

bb) Dabei bleibt der Anspruch des Betroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten verurteilt zu werden, gewahrt, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, das Tatgericht im Rahmen seiner Einlassung auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Durch das Stellen von Beweisanträgen, [X.] und [X.] hat der Betroffene ausreichende prozessuale Möglichkeiten, weiterhin auf Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme Einfluss zu nehmen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 45 m.w.[X.]).

Für einen erfolgreichen Beweisantrag muss der Betroffene konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes vortragen, wohingegen die bloß allgemeine Behauptung, die Messung sei fehlerhaft gewesen, das Gericht nicht zur Aufklärung anhält (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 46 m.w.[X.]). Gleiches gilt für pauschale Behauptungen des Betroffenen ins Blaue hinein, etwa, dass das Messgerät nicht richtig funktioniert habe, die Gebrauchsanweisung nicht eingehalten oder nachträglich Eingriffe an dem Gerät vorgenommen worden seien (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 46 m.w.[X.]).

cc) Mit der [X.] zum standardisierten Messverfahren bei [X.] wird gewährleistet, dass bei massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Bußgeldverfahren anlasslos die technische Richtigkeit einer Messung jeweils neu überprüfen muss. Die damit verbundene Vereinfachung des [X.] ist bei derartigen Bußgeldverfahren indiziert (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 48 m.w.[X.]). Das Bußgeldverfahren als solches ist gerade im Hinblick auf seine vorrangige Bedeutung für die Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des [X.] und eine schnelle Erledigung ausgerichtet (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 48 m.w.[X.]). Anders als das Strafverfahren dient es nicht der Ahndung kriminellen Unrechts, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung, der der [X.] der staatlichen Strafe fehlt (vgl. [X.]E 27, 18 <33 m.w.[X.]>; 45, 272 <288 f.>). Es ist von [X.] wegen deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn dem geringeren Unrechtsge-halt der Ordnungswidrigkeiten gerade im Bereich von massenhaft vorkommenden Verkehrsverstößen durch Vereinfachungen des [X.] Rechnung getragen wird (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 48, unter Hinweis auf [X.]E 45, 272 <289> zu Sonderregelungen im Bußgeldverfahren).

b) Ein rechtsstaatliches und faires Verfahren fordert "Waffengleichheit" zwischen den [X.] einerseits und dem Beschuldigten andererseits, weshalb der Beschuldigte ein Recht auf möglichst frühzeitigen und umfassenden Zugang zu Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen und auf die Vermittlung der erforderlichen materiell- und prozessrechtlichen Informationen hat, ohne die er seine Rechte nicht wirkungsvoll wahrnehmen könnte (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 50, unter Verweis auf [X.]E 110, 226 <253>). Nach der Entscheidung des [X.] vom 12. Januar 1983 ([X.]E 63, 45) zu sogenannten Spurenakten gehört hierzu auch der Zugang zu den bei den Ermittlungsbehörden anlässlich des Verfahrens entstandenen Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen, die dem Gericht durch die Verfolgungsbehörde nicht vorgelegt wurden und deren Beiziehung seitens des Fachgerichts unter [X.] nicht für erforderlich erachtet wird (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 50 ff., unter Verweis auf [X.]E 63, 45 <66 ff.>). Diese für das Strafverfahren geltenden Grundsätze können auch auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren übertragen werden (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 53 f.).

Dabei gilt das Recht auf Zugang zu den außerhalb der Akte befindlichen Informationen gerade im Bereich massenhaft vorkommender Ordnungswidrigkeiten nicht unbegrenzt, weil andernfalls die Gefahr der uferlosen Ausforschung, erheblicher Verfahrensverzögerungen und des Rechtsmissbrauchs bestünde (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 56). Die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen müssen deshalb zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen [X.] stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 57). Die [X.] beziehungsweise die Fachgerichte haben im Einzelfall zu entscheiden, ob sich das den Geschwindigkeitsverstoß betreffende Zugangsgesuch der Verteidigung in Bezug auf die angeforderten Informationen innerhalb dieses Rahmens hält; eine generell-abstrakte, über den Einzelfall hinausgehende Festlegung des Umfangs des [X.] und der Modalitäten seiner Gewährung durch das [X.] ist insoweit weder möglich noch von [X.] wegen geboten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 58).

Der Gewährung eines solchen [X.] können zudem gewichtige verfassungsrechtlich verbürgte Interessen wie beispielsweise die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege oder auch schützenswerte Interessen Dritter widerstreiten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 59, unter Hinweis auf [X.]E 63, 45 <66>). Auch müssen unter dem Gesichtspunkt der "Waffengleichheit" in der Rollenverteilung begründete verfahrensspezifische Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten von Verfolgungsbehörde und Verteidigung nicht in jeder Beziehung ausgeglichen werden (vgl. [X.]E 63, 45 <67>; 122, 248 <275>).

3. Vorliegend zeigt die Beschwerdeführerin nicht die Möglichkeit auf, durch die angegriffenen Entscheidungen in ihrem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt zu sein.

Zur Begründung macht sie im [X.] geltend, dass das Amtsgericht dem Gedanken der Waffengleichheit nicht hinreichend Rechnung getragen habe, weil es ihr aufgrund der Art und Weise der systembedingt erzeugten Geschwindigkeitsmessung im Wege eines standardisierten Messverfahrens nicht möglich sei, etwaige Unplausibilitäten in Bezug auf das Messergebnis anhand der technischen Abläufe zu verifizieren und sachverständig untersuchen zu lassen. Für ihre Position führt sie insbesondere Argumente aus dem Urteil des [X.] vom 5. Juli 2019 ([X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris) an, dem eine Geschwindigkeitsmessung mit dem − auch vorliegend verwendeten − Gerät des Typs [X.] zugrunde lag. Weiterhin führt sie die Entscheidung des [X.] vom 12. November 2020 zum Anspruch auf Zugang zu vorhandenen Informationen in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren an (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -).

Zwar ist denkbar, dass die Beschwerdeführerin aus Gründen der verfassungsrechtlich gebotenen "Waffengleichheit" zwischen den [X.] einerseits und dem Betroffenen in einem Bußgeldverfahren andererseits auch Zugang zu − zwar nicht in der [X.], aber bei der Bußgeldbehörde − vorhandenen Informationen verlangen kann (vgl. hierzu [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 50 ff.). Ihre Behauptung, das [X.] habe in seiner Entscheidung vom 12. November 2020 zu dem Messgerät [X.] klargestellt, dass ein Betroffener in der Regel Anspruch auf Kenntnis von vorhandenen [X.] habe, trifft jedoch nicht zu. In dem Ausgangsverfahren der entsprechenden Stattgabeentscheidung verkannten die Fachgerichte bereits den grundsätzlich bestehenden Anspruch des Beschwerdeführers auf Zugang zu den nicht bei der [X.] befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 62 ff.). Ob auch die von der Beschwerdeführerin vorliegend bezeichneten "[X.]", wenn diese vorhanden gewesen wären, zu diesen herauszugebenden Informationen zählen können, haben die [X.] beziehungsweise die Fachgerichte im Einzelfall zu entscheiden (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 58). Letzteres war in dem entsprechenden Ausgangsverfahren der Stattgabeentscheidung vom 12. November 2020 in Anbetracht der generellen Versagung des geltend gemachten Informationsbegehrens unterblieben, weshalb das [X.] eine Entscheidung über den konkreten Umfang des verfassungsrechtlich gebotenen [X.] weder treffen konnte noch von [X.] wegen musste.

Die Beschwerdeführerin scheint vor allem zu schlussfolgern, der aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren resultierende Gedanke der Waffengleichheit gebiete es darüber hinaus, dass die zuständigen Behörden nur Geräte einsetzen, die sogenannte "[X.]" erheben. Damit verlangt sie ein Mehr im Vergleich zur bloßen Herausgabe von vorhandenen Informationen, weil nach ihrem Vorbringen auch die Bußgeldbehörde nicht im Besitz der von ihr bezeichneten "[X.]" ist. Die Beschwerdeführerin legt insofern nicht substantiiert dar, dass aus dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf ein faires Verfahren − aus Gründen der "Waffengleichheit" oder in sonstiger Hinsicht − eine staatliche Pflicht folgt, potentielle Beweismittel zur Wahrung von Verteidigungsrechten vorzuhalten beziehungsweise zu schaffen. Dies gilt erst recht in Anbetracht der besonderen Substantiierungsanforderungen im Falle von [X.] der öffentlichen Gewalt (vgl. etwa [X.]E 56, 54 <80 f.>; 77, 170 <214 f.>; 158, 170 <190 ff. Rn. 48 ff.>; 160, 79 <104 f. Rn. 69 ff.>; [X.]K 14, 192 <199 ff.>; 20, 320 <324 f.> zur Darlegung von Schutzpflichtverletzungen) und der von der Beschwerdeführerin geforderten Ausweitung der Verteidigungsrechte im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zum Recht auf ein faires Verfahren. Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung wird nahezu einhellig abgelehnt, dass aus dem Recht auf gleichmäßigen Zugang zu vorhandenen Beweismitteln auch ein Recht auf Vorhaltung beziehungsweise Schaffung potentieller Beweismittel folge und wird das standardisierte Messverfahren nach den allgemeinen Grundsätzen auch bei nicht vorhandenen [X.] zur Anwendung gebracht (vgl. etwa KG, Beschluss vom 2. Oktober 2019 - 3 Ws [B] 296/19, 3 Ws [B] 296/19 - 162 Ss 122/19 -, juris, Rn. 3 ff. m.w.[X.] und Beschluss vom 5. April 2020 - 3 Ws [B] 64/20, 3 Ws [B] 64/20 - 122 Ss 21/20 -, juris, Rn. 14 ff. m.w.[X.]; BayObLG, Beschluss vom 9. Dezember 2019 - 202 ObOWi 1955/19 -, juris, Rn. 5 ff. m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 8. Januar 2020 - 3 Rb 33 Ss 763/19 -, juris, Rn. 18 ff. m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 10. März 2020 - [X.] [X.] -, juris, Rn. 4 ff. und Rn. 17 m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 17. November 2020 - 1 OWi 6 SsRs 271/20 -, juris, Rn. 22 ff. m.w.[X.]; hierzu nunmehr auch [X.], Beschluss vom 22. Juli 2022 - [X.]/21 -, Rn. 33 m.w.[X.]; abweichend hiervon kann nach Ansicht des [X.] das Recht auf effektive Verteidigung es gebieten, "[X.]" als Grundlage eines standardisiert ermittelten Mess-ergebnisses zu speichern unter der Voraussetzung, dass − und hiervon geht der [X.]hof im zu entscheidenden Fall aus − zuverlässige Verteidigungsmittel fehlen und eine Speicherung technisch möglich sowie zur Verifizierung des Messvorgangs geeignet ist, vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris, Rn. 96 ff.).

Die Beschwerdeführerin versäumt es insoweit auch, an die − vorstehend dargestellten − Maßstäbe und Feststellungen im Beschluss des [X.] vom 12. November 2020 ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -) anzuknüpfen und darzulegen, dass die dort genannten verfassungsrechtlichen Maßstäbe von [X.] wegen fortzuentwickeln seien. Denn sie stützt ihr Vorbringen auf ein von ihr für verfassungsrechtlich geboten gehaltenes Recht auf Vorhaltung beziehungsweise Schaffung von Beweismitteln und damit auf eine Veränderung der Anforderungen an ein standardisiertes Messverfahren. Die bisherige Rechtsprechung des [X.] zu standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsmessungen konstatiert jedoch lediglich ein Recht auf erweiterten Zugang zu vorhandenen Informationen und dies auch nicht unbegrenzt, sondern abhängig von dem jeweiligen Einzelfall (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 -, Rn. 55 ff.).

In Anbetracht der nicht hinreichenden rechtlichen Substantiierung kommt es nicht mehr darauf an, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin auch in tatsächlicher Hinsicht den Begründungsanforderungen nicht genügen dürfte. Zwar nimmt die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die von ihr behauptete technische Relevanz sogenannter "[X.]" Bezug auf Angaben der in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]hof des [X.]es angehörten Sachverständigen Dr.-Ing. [X.] und Prof. Dr. A. S.; diese äußerten sich zu einer möglichen Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen durch das − auch hier eingesetzte − Gerät des Typs [X.] anhand von Daten des Messvorgangs (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris, Rn. 34 ff.). Allerdings führte der ebenfalls angehörte Sachverständige Dr. R. von der [X.] zur Bedeutung der [X.] aus, dass deren Speicherung kein Vorteil für eine nachträgliche Kontrolle der Messrichtigkeit sei (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris, Rn. 49, sowie Rn. 50 zur [X.]). Des Weiteren gab die [X.] in ihrer vom [X.]hof eingeholten Auskunft unter anderem an, dass die Plausibilitätsprüfung des geeichten Messwertes schon im Gerät selbst anhand aller verfügbaren Daten erfolge und eine nachträgliche Überprüfung anhand dieser gleichen Datenpunkte keinen messtechnischen Erkenntnisgewinn bringe (vgl. im Einzelnen [X.], Urteil vom 5. Juli 2019 - Lv 7/17 -, juris, Rn. 25 ff.). Nach alledem bestehen offenkundige tatsächliche Unsicherheiten im Hinblick auf den Nutzen von "[X.]" (vgl. zur kontroversen Diskussion über den Nutzen von [X.] für die nachträgliche Überprüfung des Messwertes aus technischer Sicht etwa [X.], Beschluss vom 29. August 2019 - 1 OWi 2 [X.]/19 -, juris, Rn. 6 m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 6. November 2019 - 2 Rb 35 Ss 808/19 -, juris, Rn. 8 und Beschluss vom 8. Januar 2020 - 3 Rb 33 Ss 763/19 -, juris, Rn. 14 f. m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 20. November 2019 - [1 Z] 53 Ss-OWi 661/19 [381/19] -, juris, Rn. 4 m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 22. Juli 2022 - [X.]/21 -, Rn. 41 m.w.[X.];).

Angesichts dieses Befundes zeigt die Beschwerdeführerin nicht substantiiert auf, dass das Amtsgericht − bestätigt durch das [X.] − vorliegend gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen haben könnte, indem es die angegriffene Verurteilung auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung stützte, die im Wege eines anerkannten standardisierten Messverfahrens ermittelt worden war. Dass die Fachgerichte dabei rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben haben könnten (vgl. [X.]E 57, 250 <276>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; 130, 1 <25 f.>), kann auf dieser Grundlage im Rahmen der gebotenen Gesamtschau auf das Verfahrensrecht nicht festgestellt werden.

Schließlich fehlt es mangels substantiierten Vortrags der Beschwerdeführerin an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine staatlich veranlasste willkürliche Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsmöglichkeiten oder für eine sonstige Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität von Verwaltung und Justiz (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 2474/14 -, Rn. 19 m.w.[X.]) durch eine reduzierte Vorhaltung oder Schaffung bestimmter Daten, die aus Sicht des erkennenden Fachgerichts einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens begründen könnte.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.]G abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1090/21

21.06.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Celle, 19. Mai 2021, Az: 2 Ss (OWi) 114/21, Beschluss

Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 62 OWiG, § 147 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 21.06.2023, Az. 2 BvR 1090/21 (REWIS RS 2023, 3988)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3988

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 RBs 255/19 (Oberlandesgericht Hamm)


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2 BvR 2474/14

202 ObOWi 1955/19

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