Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.07.2019, Az. 26 W (pat) 531/17

26. Senat | REWIS RS 2019, 5001

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 111 479.7

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 29. Juli 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Volldampf

3

ist am 16. Dezember 2016 unter der Nummer 30 2016 111 479.7 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 34 und 35 angemeldet worden. Nach der im Beschwerdeverfahren am 4. Juli 2019 erklärten Rücknahme der Anmeldung für die Waren der Klassen 9 und 34 auf den gerichtlichen Hinweis im Schreiben vom 28. Mai 2019 unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 6, [X.]. 29 – 78 GA), dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde, wird die Anmeldung nur noch aufrechterhalten für die Dienstleistungen der

4

[X.]: Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Tabak, Tabakwaren, elektronische Zigaretten und Pfeifen, Teile, Komponenten und Bestandteile für elektronische Zigaretten und Pfeifen, Zubehör für elektronische Zigaretten und Pfeifen, einschließlich Patronen, Ladegeräte, USB-Kabel, wiederaufladbare Batterien und Etuis, auch über das [X.].

5

Mit Beschluss vom 4. April 2017 hat die Markenstelle für Klasse 34 des [X.] durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Wortzeichen sei wie die Wortkombinationen „Vollversorgung, Volltext, Vollautomatisierung, Vollzeit, Vollmilch, Vollschaden, Vollunterricht“ eine sprachüblich gebildete Wortverbindung mit der Bedeutung „sehr intensives oder starkes Rauchen, elektronisches Rauchen bei großen Dampfwolken“. Beim elektrischen Rauchen werde eine Flüssigkeit verdampft, wodurch Dampf entstehe. Daher würden Raucher von E-Zigaretten auch „Dampfer“ und der [X.] solcher Zigaretten selbst „dampfen“ genannt. Das Zeichen „Volldampf“ stelle daher die unmittelbar beschreibende Angabe dar, dass die beanspruchten Dienstleistungen Waren zum Inhalt, Zweck oder Gegenstand hätten, die für ein sehr intensives oder starkes elektronisches Rauchen oder Dampfen bestimmt seien. Die beschreibende Verwendung des Begriffs „Volldampf“ im Zusammenhang mit E-Zigaretten habe eine [X.]recherche ergeben.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, dass der Verkehr das geläufige [X.] Wort „Volldampf“ in seiner lexikalischen Bedeutung „volle Maschinenkraft“ oder als umgangssprachliche Umschreibung von mit hoher Energie, unter Volllast oder mit Nachdruck betriebenen Tätigkeiten verstehe. Diese Bedeutungen beschrieben aber nicht die noch beschwerdegegenständlichen Handelsdienstleistungen der [X.]. Dass die Verwendung von E-Zigaretten unter Ausstoß von Dampf erfolge, genüge nicht für eine beschreibende Funktion des Begriffs „Volldampf“, weil dieser nicht den Ausstoß von Dampf zum Ausdruck bringe. Der Verbraucher denke bei „Volldampf“ auch nicht an die Leistungsfähigkeit von E-Zigaretten. Die mit dem [X.] übersandten Pressebeispiele seien Nachweise rein journalistischer Natur, die nicht der Wahrnehmung des [X.] entsprächen. Die für eine Ausgabe der [X.]schrift „[X.]“ im Jahr 2014 festgestellte Verwendung von „Volldampf“ sei eine einmalige Verwendung gewesen. Eine Vielzahl weiterer Presseartikel verwende das Aufmerksamkeit erregende und interpretationsfähige Schlagwort „Volldampf“ im Zusammenhang mit Eisenbahnen, Restaurants, Kochsendungen, Vereinen, Wäscheservice, Musik, Radio etc., aber nicht in Bezug auf E-Zigaretten. Ein Begriff, der auf verschiedenen Gebieten einsetzbar sei, könne keine beschreibende Funktion für einen Bereich aufweisen. Im Übrigen seien Verwendungen des Wortes „Volldampf“ vor dem Anmeldezeitpunkt nicht relevant, weil es maßgeblich auf den Anmeldezeitpunkt ankomme. Ferner seien zwei gleichlautende Marken (302 011 045 154, 302 012 002 889) bereits eingetragen.

7

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 34 des [X.]s vom 4. April 2017 aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Volldampf“ als Marke steht in Bezug auf die noch beanspruchten Dienstleistungen der [X.] das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen insoweit zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-scheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 Rdnr. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 Rdnr. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 Rdnr. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 Rdnr. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 Rdnr. 53 – [X.]; [X.] Rdnr. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143, Rdnr. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; [X.] Rdnr. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.]n Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 Rdnr. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 Rdnr. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT).

Volldampf“ nicht. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es in Bezug auf die noch beanspruchten Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mit Raucherartikeln der [X.] schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 16. Dezember 2016, nur als werblich anpreisendes, beschreibendes Schlagwort, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.

aa) Die in Rede stehenden Dienstleistungen richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher als auch an den Fachhandel für Tabakwaren und elektronischen Raucherbedarf.

bb) Das Anmeldezeichen besteht aus dem [X.]n Substantiv „Volldampf“, das lexikalisch mit „volle Maschinenkraft“ erläutert wird (vgl. [X.], Das große Wörterbuch der [X.]n Sprache, Band 10, 3. Aufl. 1999, S. 4345; www.duden.de/rechtschreibung/Volldampf; [X.], [X.], 8. Aufl. 2006, S. 1606). Es wird zudem in den bekannten Redewendungen „Volldampf hinter etwas machen“, also umgangssprachlich „etwas mit Nachdruck betreiben“, oder „mit Volldampf“, d. h. umgangssprachlich „mit höchstem Tempo, höchster Eile [und Anstrengung]: mit Volldampf arbeiten“, verwendet. Diese Erläuterungen zeigen, dass der ursprünglich aus der Dampfschifffahrt stammende Begriff „Volldampf“ in der Allgemein- und Umgangssprache längst universell im übertragenen Sinne zur Umschreibung von mit hoher Energie, unter Volllast oder mit Nachdruck stattfindenden Tätigkeiten oder Vorgängen verwendet wird.

cc) In Bezug auf die noch beanspruchten Einzel- und Großhandelsdienstleistungen der [X.] mit Tabakwaren und [X.] haben die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen zum Anmeldezeitpunkt, dem 16. Dezember 2016, entweder als schlagwortartigen, beschreibenden Hinweis auf die [X.] dieser Dienstleistungen oder als wortspielartige, beschreibende Bezeichnung der Waren aufgefasst, mit denen Handel getrieben werden soll. Sogar die Kombination beider Aspekte konnte festgestellt werden. Für eine Schutzversagung reicht es jedoch bereits aus, dass das Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] a. a. O. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 872 Rdnr. 25 – [X.]; a. a. O. – HOT).

aaa) Zunächst kann das Anmeldezeichen die verfahrensgegenständlichen Handelsdienstleistungen unmittelbar dahingehend beschreiben, dass diese mit Volldampf, also mit Nachdruck, höchstem Tempo oder voller [X.] erbracht werden.

bbb) Dann kann es eine beschreibende Aussage über die gehandelten Waren treffen. Denn bereits vor dem Anmeldetag ist im Zusammenhang mit E-Zigaretten, E-Liquids und Zubehör für E-Zigaretten schon von „Dampf“, „Dampfern“ und „Dampfen“ gesprochen worden (s. [X.] 4 zum gerichtlichen Hinweis). Damit bietet sich das Wort „Volldampf“ an, um schlagwortartig, auch [X.] auf den intensiven [X.] von Tabak, insbesondere das intensive Dampfen von E-Zigaretten und [X.] hinzuweisen (s. [X.] 5 zum gerichtlichen Hinweis). Wenn ein Zeichen für eine Ware beschreibend ist, führt dies regelmäßig auch zur Schutzunfähigkeit für die entsprechenden Einzel- und Großhandelsdienstleistungen, da zwischen diesen Tätigkeiten und den Waren, mit denen Handel getrieben werden soll, eine funktionelle Nähe besteht (vgl. BPatG 29 W (pat) 28/16 – Bodenarena; 29 W (pat) 41/12 – [X.]; 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; 29 W (pat) 196/10 – Küchenzauber; 29 W (pat) 62/10 – [X.]; 29 W (pat) 505/10 – Klebewelten.de; 29 W (pat) 43/04 – print24).

ccc) Die [X.]recherche des [X.]s hat sogar ergeben, dass schon vor und kurz nach dem Anmeldezeitpunkt in begrifflich verknüpfender Weise der Aspekt des „Dampfens“ als Synonym für den [X.] und [X.] mit dem Aspekt des mit Hochdruck bzw. Volldampf betriebenen Groß- und Einzelhandels in beschreibender Weise kombiniert worden ist (s. [X.]e 5 und 6 zum gerichtlichen Hinweis):

- „Unter Volldampf … Schon [X.] war der weltweite Handel mit E-Zigaretten ein Milliardengeschäft …“ ([X.] vom 8. April 2016);

- „Mit Volldampf voraus: was hat es mit der E-Zigarette auf sich? …“ Face2Face hat sich beim Einzelhandelskaufmann ... – er betreibt das [X.] in [X.] – und … bei dem … Betreiber eines Shishabedarf-Geschäfts schlau gemacht …“ ([X.] vom 19. November 2013);

- „… Lehnen Sie sich zurück, bestellen Sie in unserem Online-Shop, oder im Laden in [X.], eine [X.] und dazu ein Aroma, also ein Liquid, Ihrer Wahl und los geht’s mit Volldampf in ein gesünderes Leben! …“ (www.facebook.com/Grainau/posts/e-zigarette-in-weilheim-einfach-...; 19. November 2015);

- „Unter Volldampf – Wie aus „einfach mal ausprobieren“ ein erfolgreiches [X.] wurde“ (Titelblatt des Fachmagazins [X.] - Magazin Wissenswertes für den Fachhandel, Ausgabe 04/2017);

„Volldampf für ein erfolgreiches Business“ (Titelthema des vorgenannten Fachmagazins, S. 7);

- „Mit Volldampf an die Spitze“ - [X.] , der Spezialist für E-Liquids, Aromen und Basen für E-Zigaretten strebt nach Perfektion … Unseren Umsatz haben wir bisher überwiegend im Online-Geschäft erzielt, setzen aber seit Mitte 2015 auch auf den … stationären Handel. … Bis Ende 2017 will [X.] in allen [X.]n Großstädten mit einem Store vertreten sein.“

(www.regiomanager.de/rhein-wupper/themen/titelportraet/mit-volldampf-...);

- „Hier kommt Umsatz mit Volldampf!“ – [X.] verändert sich. … So wird der Gesamtumsatz mit E-Zigaretten in [X.] bis Ende dieses Jahres auf bis zu 900 Millionen Euro klettern … 2010 hatte er noch bei 5 Millionen Euro gelegen. Was das für Sie als Shopbetreiber bedeutet? …“

(www.lekkerland.de/le/de/sortiment/tabakwaren/e_zigarette/zigaretten_1.html);

- „Unter Volldampf erfolgreich – Bereits während ihres Studiums an der [X.] gründeten [X.] und [X.] zwei Unternehmen und feiern damit bis heute weltweite Erfolge - … 2010 kam der damalige [X.] auf die Idee, den Tabak in Wasserpfeifen durch ein Alternativprodukt zu ersetzen und entwickelte zu diesem Zweck aromatisierte Dampfsteine, die unter dem Markennamen [X.] mittlerweile weltweit vertrieben werden.“ ([X.] aktuell, [X.] vom 4. Dezember 2012).

ddd) Es kann dahinstehen, ob der Begriff „Volldampf“ in Alleinstellung bereits eine ohne weitere Überlegungen verständliche Beschreibung der Handelsdienstleistungen oder der gehandelten Produkte darstellt. Jedenfalls ist belegt, dass das Wort „Volldampf“ sowohl bei Waren der [X.] und E-Zigaretten als auch bei den darauf bezogenen Handelsdienstleistungen schon vor dem Anmeldezeitpunkt ein häufig verwendetes, [X.] gewesen ist, das keine über das bloße Wortverständnis hinausgehende Aussage enthalten hat, mithin vom Verkehr nur als solches, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstanden worden ist ([X.], [X.] 2016, 934 Rdnr. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 Rdnr. 21 – [X.]; a. a. [X.]. 26 – HOT).

dd) Die hiergegen von der Anmelderin vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen.

aaa) Gegen die Verwertbarkeit der [X.] spricht es keineswegs, dass die mit dem [X.] übersandten [X.] zahlreiche Presseartikel enthalten, bei denen es sich, wie die Anmelderin es ausdrückt, um „Nachweise rein journalistischer Natur“ handelt. Im Gegenteil sind journalistische Artikel in besonderer Weise geeignet, die Verwendung von Wörtern, Wortgruppen oder Redewendungen im Rahmen der lebenden Sprache aufzuzeigen. Sowohl der berufsbedingt geschulte Umgang von Journalisten mit der [X.]n Sprache als auch der mit Pressebeispielen naturgemäß verbundene Beachtungs- und Vervielfältigungseffekt lassen solche Beispiele geeignet erscheinen, ergänzend zu den eher trockenen Erläuterungen in Wörterbüchern oder Lexika die lebende Verwendung von Ausdrücken in der Praxis aufzuzeigen. Dem [X.] ist auch nicht bekannt, dass in der [X.] oder [X.]n Rechtsprechung jemals Einwände gegen die Verwertung von [X.]n allein wegen deren journalistischer Urheberschaft erhoben worden sind.

bbb) Ferner ist es unerheblich, ob ein einzelnes Magazin der Fachpresse den Begriff „Volldampf“ [X.] verwendet haben soll, wie die Anmelderin gegen den Beleg „[X.]“ im Jahr 2014 aus der [X.] einwendet und was sie mit der Einreichung von Kopien (nur) der Titelblätter weiterer Ausgaben dieses Fachmagazins zu belegen versucht. Der [X.] hat zahlreiche [X.] aus der allgemeinen Presse, der Fachpresse, aus [X.]foren und aus der [X.] aufgezeigt, die in ihrer Gesamtschau einen Rückschluss auf das Verkehrsverständnis erlauben. Auf die Einmaligkeit der Verwendung in einem einzelnen Pressemagazin, die hier zugunsten der Anmelderin unterstellt werden soll, kommt es daher nicht an.

ccc) Der von der Anmelderin belegte Umstand, dass das Wort „Volldampf“ in der Presse oder im [X.] auch in gänzlich anderen Zusammenhängen verwendet wird, etwa in Magazinen, die sich mit dem Eisenbahnwesen beschäftigen, oder im Zusammenhang mit Restaurants, Kochsendungen, Vereinen, Wäscheservice, Musik, Radio etc., zeigt vielmehr eindrucksvoll, dass es sich bei dem Wort „Volldampf“ um einen gängigen Ausdruck der [X.]n Sprache und ein geläufiges Schlagwort handelt, das auch schon vor dem Aufkommen von E-Zigaretten und darauf bezogenen Handelsdienstleistungen längst in den verschiedensten Zusammenhängen gegenwärtig war. Für die verfahrensgegenständlichen Einzel- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich der Tabakwaren, E-Zigaretten und -pfeifen, deren Teile und Zubehör ist das angemeldete Zeichenwort wegen seiner vielfältigen Verwendung auch in diesem Bereich jedenfalls nur als solches, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst worden.

ddd) Im Gegensatz zur Auffassung der Anmelderin sind gerade Belege über die Verwendung des Wortes „Volldampf“ vor und kurz nach dem Anmeldezeitpunkt entscheidend. Zwar kommt es für das Vorliegen von [X.] auf den Anmeldezeitpunkt, also den Anmeldetag an ([X.] – [X.] werden Fakten). Für die Frage, wie der Verkehr das Anmeldezeichen zum Anmeldezeitpunkt verstanden hat, können aber nur [X.] herangezogen werden, die aus der [X.] vor dem Anmeldetag stammen und belegen können, dass ein bestimmtes Verständnis bereits zu diesem [X.]punkt vorgelegen hat. Aufgrund der völlig gleichartigen Verwendungsweise des Zeichenworts „Volldampf“ in den verschiedensten Belegen der [X.], die einen überschaubaren [X.]raum vor und nach dem Anmeldetag abdecken, hat der [X.] davon ausgehen können, dass das Wort „Volldampf“ bereits zum Anmeldezeitpunkt vom Verkehr nur als wortspielartiges Schlagwort für den gesamten Bereich der Tabakwaren, insbesondere [X.] und -zigaretten und auch darauf bezogener Handelsdienstleistungen verstanden worden ist.

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann es dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die in Rede stehenden Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.

3. Die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

a) Die Wortmarke „[X.]“ (30 2011 045 154) ist am 13. September 2011 für Waren der Klasse 34, u. a. für elektrische Zigaretten und Pfeifen, deren Teile und Zubehör sowie [X.], eingetragen worden, also zu einem [X.]punkt, als elektrischer Zigarettenkonsum noch ein sehr junges, exotisches Produktsegment war. Bei der Recherche zum verfahrensgegenständlichen Wortzeichen hat der [X.] Belege zur Verwendung des Wortes „Volldampf“ in diesem Waren- und Handelsbereich nur mit Datierungen aufgefunden, die von 2012 oder später stammten, also einer [X.], in der der fragliche Produktbereich allmählich populärer geworden ist. Deshalb dürfte im September 2011 noch ein anderes Verkehrsverständnis geherrscht haben.

b) Die am 23. März 2012 registrierte Wort-/Bildmarke

c) Im Übrigen kann es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder um Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] [X.] 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]).

Meta

26 W (pat) 531/17

29.07.2019

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.07.2019, Az. 26 W (pat) 531/17 (REWIS RS 2019, 5001)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5001

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