Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.05.2013, Az. VIII ZR 268/12

8. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5966

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Gegenstand

Wohnraummiete: Anspruch des Vermieters auf Entfernung einer vom Mieter angebrachten Parabolantenne; Abtretbarkeit des Anspruchs auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1. Die [X.], [X.] Staatsbürger, sind verurteilt worden, die auf dem Balkon der von ihnen gemieteten Wohnung befindliche Parabolantenne zu entfernen. Die Berufung der [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat die Revision "gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO" mit der Begründung zugelassen, dass die streitige Problematik wegen der starken Grundrechtsbezogenheit und der schnellen technischen Entwicklung der "häufigen revisionsrechtlichen Überprüfung" bedürfe. Insbesondere erscheine die Frage, ob die Entfernung einer Parabolantenne von der [X.] einer bestimmten Anzahl von Sendern in der Muttersprache des Mieters abhänge, von grundsätzlicher Bedeutung.

2

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen keinen der im Gesetz genannten Zulassungsgründe.

3

Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen einem ausländischen Mieter gegen den Vermieter ein Anspruch auf Genehmigung der Installation einer Parabolantenne zum Empfang ausländischer Fernseh- und Hörfunkprogramme zustehen kann, auch wenn das Haus mit einem Breitbandkabelanschluss ausgestattet ist, sind durch die Rechtsprechung des [X.]s und des [X.] geklärt ([X.]surteile vom 10. Oktober 2007 - [X.], [X.], 216; vom 16. Mai 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1243; vom 16. November 2005 - [X.], [X.], 1062; vom 2. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 596; [X.]sbeschlüsse vom 16. September 2009 - [X.], [X.], 436; vom 17. April 2007 - [X.], [X.], 380; [X.] 90, 27, 32 ff.; [X.], NJW-RR 2005, 661; [X.], [X.] 2007, 902).

4

Grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache auch nicht im Hinblick auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage zu, ob die Entfernung einer Parabolantenne von der [X.] einer bestimmten Anzahl von Sendern in der Muttersprache des Mieters abhänge. Eine bestimmte Anzahl von Sendern mit muttersprachlichem Programmangebot hat der [X.] bisher nicht gefordert und lässt sich auch nicht festlegen. Für das gegen das Eigentumsrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG abzuwägende Informationsrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG kommt es nicht auf die Quantität, sondern auf die inhaltliche Ausrichtung der über den Kabelanschluss zu empfangenden Sender an. Die qualitative Bandbreite des muttersprachlichen Informationsangebots hängt nicht von der Anzahl der betreffenden Sender ab, sondern kann auch von nur wenigen Sendern gewährleistet sein.

5

3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Klägerin gemäß § 541 [X.] ein Anspruch auf Entfernung der auf dem Balkon der Mietwohnung der [X.] angebrachten Parabolantenne zusteht, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

6

a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund der Abtretung vom 28. Juni 2011, mit der die Vermieterin den streitgegenständlichen Anspruch an die Klägerin als Verwalterin abgetreten hat, bejaht.

7

Soweit die Revision meint, der Anspruch aus § 541 [X.] könne ebenso wenig abgetreten werden wie der Anspruch aus § 1004 [X.], trifft dies nicht zu. Die dinglichen Ansprüche aus §§ 985, 1004 [X.] sind untrennbar mit dem Eigentum als absolutem Recht verbunden und können deshalb nicht selbständig abgetreten werden ([X.], Urteil vom 23. Februar 1973 - [X.], [X.]Z 60, 235, 240). Gegen die Abtretbarkeit der schuldrechtlichen Ansprüche des Vermieters bestehen dagegen keine Bedenken. Davon abgesehen ist auch bei dem dinglichen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 [X.] eine Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung im eigenen Namen möglich (§ 185 Abs. 1 [X.] analog; vgl. [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 1004 Rn. 178), so dass die vorliegende Abtretungserklärung in diesem Sinne auszulegen wäre, wenn eine Abtretung des Anspruchs aus § 541 [X.] nicht möglich wäre.

8

b) Die erforderliche Abwägung, ob das Informationsrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG im konkreten Fall das Eigentumsrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG überwiegt, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar ([X.]surteile vom 10. Oktober 2007 - [X.], aaO Rn. 14; vom 16. November 2005 - [X.], aaO Rn. 27; vom 2. März 2005 - [X.], aaO unter II 2 b; [X.]sbeschlüsse vom 21. September 2010 - [X.], [X.], 737 Rn. 4; vom 16. September 2009 - [X.], aaO Rn. 5; vom 17. April 2007 - [X.], aaO Rn. 3). Das Berufungsgericht hat diese Abwägung in tatrichterlicher Würdigung aller Umstände des Falles ohne Rechtsfehler zu Lasten der [X.] vorgenommen. Das [X.] rechtfertigt keine andere Beurteilung.

9

aa) Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der Abwägung auch berücksichtigt hat, dass mittlerweile - über das Kabelangebot hinaus - Informationssendungen des [X.]n Fernsehens im [X.] allgemein zugänglich sind. Entgegen der Revision ist unerheblich, dass dieses Informationsangebot auf den polnischsprachigen [X.]portalen, wie tvp.pl, kostenpflichtig ist. Die [X.] gewährleistet den Zugang zu Informationsquellen im Rahmen der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), aber nicht dessen Kostenlosigkeit ([X.], NJW-RR 2005, 661, 662; [X.], BayVBl 2005, 691; [X.]sbeschluss vom 17. April 2007 - [X.], aaO Rn. 4). Dass die [X.] nicht imstande wären, die für die entsprechenden Programmangebote zu entrichtenden Kosten zu tragen, haben sie nicht dargelegt.

bb) Auch der Umstand, dass den [X.] - vor der Umstellung auf den Kabelempfang - die Anbringung einer Parabolantenne vom Vermieter gestattet worden war, führt nicht zu einer anderen Abwägung. Denn diese Erlaubnis war zeitlich beschränkt. Sie bestand nach dem Mietvertrag nur solange, bis der Vermieter dem Mieter eine gleichwertige technische [X.] zur Verfügung stellt, die gewährleistet, dass der Mieter die Fernseh- und Rundfunkprogramme empfangen kann, auf deren Empfang er einen rechtlichen Anspruch hat. Diese Voraussetzung für den Wegfall der Erlaubnis hat das Berufungsgericht, wie ausgeführt, rechtsfehlerfrei bejaht.

4. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

[X.]                              Dr. Frellesen                                 Dr. Achilles

             Dr. Fetzer                                  Dr. Bünger

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

VIII ZR 268/12

14.05.2013

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Braunschweig, 17. Juli 2012, Az: 6 S 53/12 (019)

Art 5 Abs 1 S 1 Halbs 2 GG, Art 5 Abs 2 GG, Art 14 Abs 1 S 1 GG, § 541 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.05.2013, Az. VIII ZR 268/12 (REWIS RS 2013, 5966)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5966

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Referenzen
Wird zitiert von

3a C 156/18

VIII ZR 268/12

Zitiert

VIII ZR 275/09

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