Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2010, Az. B 11 AL 6/09 R

11. Senat | REWIS RS 2010, 5215

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Bemessung des Insolvenzgeldes - Abtretung der Insolvenzgeldansprüche an Insolvenzverwalter - Begrenzung des Bruttoarbeitsentgeltes auf monatliche Beitragsbemessungsgrenze - Übergangsvorschrift - Kostenpflichtigkeit


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.]vom 26. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Der Streitwert wird für alle Rechtszüge auf 69 320,24 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der klagende Insolvenzverwalter begehrt aus übergegangenem Recht höheres Insolvenzgeld (Insg) für die [X.]vom 1.11. bis 31.12.2003.

2

Der Kläger wurde in dem Verfahren der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der [X.]zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Die [X.]der 213 Arbeitnehmer wurden für die Monate November 2003 bis Januar 2004 mit monatlicher Zustimmung der Beklagten durch die [X.]in Höhe des jeweiligen Nettolohns vorfinanziert, für den Monat Januar 2004 unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze. Zugrunde lagen unter Beteiligung der Arbeitgeberin und des vorläufigen Insolvenzverwalters geschlossene Forderungskaufverträge über die jeweiligen Nettolohnansprüche mit entsprechenden Abtretungserklärungen der Arbeitnehmer. Am [X.]wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt.

3

Die Beklagte bewilligte der Sparkasse auf die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze gekürztes [X.]von insgesamt 1 299 767,45 Euro, zunächst einen Vorschuss in Höhe von 950.000 Euro (Bescheid vom 5.5.2004) und später eine Restzahlung in Höhe von 349.767,45 Euro (Bescheid vom 6.12.2004). Hiergegen erhob die Sparkasse Widerspruch mit der Begründung, ihr stünde die Zahlung weiterer 75 695,58 Euro zu, da die Begrenzung des [X.]auf die Beitragsbemessungsgrenze nach der Übergangsvorschrift des § 434j Abs 12 [X.](SGB III) erst ab Januar 2004, nicht aber für November und Dezember 2003 zum Tragen komme. Die Beklagte bewilligte - korrekturbedingt - weitere 62,50 Euro (Bescheid vom 6.1.2005), wies im Übrigen aber den Widerspruch zurück (Bescheid vom 13.7.2005). Später erfolgte eine neuerliche Korrektur und die Bewilligung weiterer 6312,84 Euro (Bescheid vom 20.7.2005).

4

Die verbleibenden Restforderungen in Höhe von 69 320,24 Euro trat die Sparkasse am 20./26.7.2005 gegen Gewährung eines Massekredits in derselben Höhe an den Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter ab.

5

Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger für die [X.]vom 1.11. bis 31.12.2003 [X.]ohne Begrenzung durch die Beitragsbemessungsgrenze zu zahlen (Urteil vom 30.8.2007). Die Berufung der Beklagten hat das [X.](LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 26.1.2009).

6

Das [X.]hat zur Begründung ua ausgeführt, für die [X.]vom 1.11. bis 31.12.2003 sei [X.]ohne Rücksicht auf die Beitragsbemessungsgrenze nach § 185 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung zu gewähren. Das [X.]sei erst mit Wirkung vom 1.1.2004 der Höhe nach begrenzt worden. Die hierzu ergangene Übergangsvorschrift des § 434j Abs 12 Nr 5 [X.]sei nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verfassungsgeleitet dahingehend auszulegen, dass bei einem in 2004 eingetretenen Insolvenzereignis [X.]für [X.]in 2003 noch ohne Begrenzung durch die Beitragsbemessungsgrenze zu gewähren sei. Soweit die Beklagte Klärungsbedarf darin sehe, dass im vorliegenden Fall Teile des [X.]im Jahre 2004 lägen, übersehe sie, dass diese nicht streitgegenständlich seien.

7

Mit der vom [X.]zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. § 185 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung komme nach der Rechtsprechung des [X.]zur Übergangsvorschrift des § 434j Abs 12 Nr 5 [X.]bei [X.]im Jahr 2004 nur zur Anwendung, wenn der [X.]vollständig im Jahr 2003 liege. Dies sei indessen hier nicht der Fall, sodass die mit Wirkung vom 1.1.2004 eingeführte Begrenzung auch für die [X.]November und Dezember 2003 zum Tragen komme. Dadurch liege keine die verfassungsmäßigen Rechte der Arbeitnehmer verletzende "Entwertung von Ansprüchen" vor, weil sich diese "mit Beginn des Jahres 2004 auf eine solche `Entwertung´ auch der in der [X.]vor dem 1.1.2004 erworbenen Ansprüche einstellen mussten und konnten". An diesem Ergebnis könne die Beschränkung des Streitgegenstands durch den Kläger ebenso wenig ändern wie [X.]geeignet seien, die Zuordnung von [X.]zum [X.]zu beeinflussen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.]vom [X.]und des [X.]vom 30.8.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger teilt den Standpunkt der Vorinstanzen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Die Beklagte hat dem Kläger aus abgetretenem Recht (hierzu unter 2 und 3) für die [X.]vom 1.11. bis 31.12.2003 höheres [X.]ohne Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze (hierzu unter 4) zu zahlen.

1. Das [X.]durfte zutreffend davon ausgehen, dass die Beklagte dem Grunde nach zur Zahlung von [X.]verurteilt werden konnte (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Denn der Kläger hat neben seinem Anfechtungsantrag einen Antrag auf eine bestimmte Geldleistung (vgl § 54 Abs 4 SGG) gestellt. Das [X.]hat ferner mit ausreichender Deutlichkeit festgestellt, dass die Voraussetzungen des Anspruchs auf [X.]in der [X.]vom 1.11. bis 31.12.2003 erfüllt sind (§ 183 SGB III), sodass bei Nichtberücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze auch ein die bisherigen Leistungen übersteigender Geldbetrag zu erwarten ist (zum Grundurteil im Höhenstreit BSGE 94, 109 = [X.]4-4220 § 3 [X.]mwN; [X.]in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, § 130 Rd[X.]ff).

2. Der Kläger ist materiell berechtigt (aktiv legitimiert), die streitgegenständlichen [X.]geltend zu machen. Er ist durch Abtretung gemäß § 398 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam Inhaber der Insg-Forderungen geworden. Die Arbeitnehmer der [X.]haben anlässlich des [X.]und der Vorfinanzierung ihrer Arbeitsentgelte noch vor dem Antrag auf [X.]am [X.]ihre Nettolohnansprüche mit Zustimmung der Beklagten an die Sparkasse verkauft (§ 433 BGB) und diese in Erfüllung der aus dem Kauf resultierenden Verbindlichkeiten an die Sparkasse abgetreten (§ 398 BGB). Gemäß § 187 Satz 1 [X.]hat die Beklagte die Ansprüche auf Arbeitsentgelt und gemäß § 188 Abs 1 und 4 [X.]die Sparkasse unmittelbar die - ohne Vorfinanzierung den Arbeitnehmern zustehenden - Ansprüche auf [X.]kraft Gesetzes erworben. Diese [X.]sind durch Abtretungsvertrag vom 20./26.7.2005 von der Sparkasse auf den Kläger weiter übertragen worden (§ 398 BGB).

a) Die Wirksamkeit dieser Zession scheitert nicht an einem Abtretungsverbot. Die [X.]konnten an den Kläger gemäß § 189 [X.]ohne Zustimmung der Beklagten weiter übertragen werden, nachdem der [X.]inzwischen gestellt und die [X.]nach Maßgabe des § 187 [X.]zur Sicherheit auf die Beklagte übergegangen waren. Dass [X.]nach § 189 Satz 1 [X.]grundsätzlich nur "wie Arbeitseinkommen" übertragbar sind und insoweit der Pfändungsschutz nach §§ 850 ff Zivilprozessordnung auch im Zusammenhang mit einer Abtretung zu beachten ist (vgl § 400 BGB), hindert die Wirksamkeit der Abtretung nicht. Denn der Gedanke, dass das [X.]wirtschaftlich den übergegangenen [X.]ersetzt (BT-Drucks 7/1750 S 14), aus dem der Arbeitnehmer in der Regel seinen Lebensunterhalt bestreitet, greift nicht mehr, wenn der Arbeitnehmer schon im Wege der vorangegangenen Vorfinanzierung eine wirtschaftlich gleichwertige Leistung erhalten hat (zur teleologischen Reduktion des § 400 BGB vgl Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl 2010, § 400 Rd[X.]3) und der den Abtretungsausschluss rechtfertigende Einkommensschutz deshalb bei der anschließenden Zession des [X.]keine Wirkungen mehr entfalten kann. Dies ist jedenfalls anzunehmen bei Vorfinanzierungen, die nicht im Wege der Kreditsicherung, sondern mit Hilfe von [X.]endgültig abgewickelt werden (vgl zur Abtretbarkeit pfändungsfreier Arbeitsentgeltanteile BSGE 76, 67 = [X.]3-4100 § 141k [X.]2; [X.]in Eicher/Schlegel, SGB III, § 188 Rd[X.]32 Stand September 2005; [X.]in Hauck/Noftz, SGB III, § 188 Rd[X.]29 ff Stand Juni 2007; zur Anwendung des § 400 BGB beim [X.]dagegen BSGE 70, 265 = [X.]3-4100 § 141k [X.]1).

b) Die Unwirksamkeit der Abtretung lässt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Gewährung des [X.](vgl §§ 53, 55 Abs 1 [X.]Insolvenzordnung <InsO>) nach entsprechender Garantieerklärung (vgl Ziff 7 der Festsetzungskaufverträge) durch den vorläufigen Insolvenzverwalter herleiten. Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, können zwar nach Maßgabe der §§ 130 ff [X.]angefochten werden (vgl § 129 InsO). Auch benachteiligende Rechtshandlungen eines - wie hier - nur mit Zustimmungsvorbehalt ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs 2 Satz 1 [X.]Alt 2 iVm § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]2, Abs 2 InsO) können erfasst sein (hierzu Andres/Leithaus, InsO, 1. Aufl 2006, § 129 Rd[X.]6; Mohrbutter/Ringstmeier, [X.]der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl 2007, § 9 Rd[X.]26 ff). Eine Anfechtung durch den allein befugten Insolvenzverwalter ist indessen gerade nicht erfolgt und schlägt auch keineswegs auf die Rechtsinhaberschaft durch, sondern löst lediglich einen [X.]aus (vgl § 143 InsO; zum [X.]Charakter iS eines Aussonderungsrechts bei Insolvenz des [X.]vgl aber BGHZ 156, 350).

c) Auch dem Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit der Abtretung ist angesichts der von der Beklagten erteilten Zustimmung zur Vorfinanzierung (§ 188 Abs 4 Satz 1 SGB III), welche den abstrakten Missbrauchstatbestand des § 141k Abs 2a Arbeitsförderungsgesetz bei Vorfinanzierung durch [X.]oder Gläubiger abgelöst hat (vgl [X.]in Gagel, SGB III, § 188 Rd[X.]67 ff Stand Mai 2007), die Grundlage entzogen (Rechtsmissbrauch bei bloßer Mehrung der Konkursmasse zugunsten der [X.]verneinend BSGE 76, 67 = [X.]3-4100 § 141k [X.]2).

3. Die [X.]ist mit Blick auf die mit dem [X.]kraft Gesetzes erworbenen [X.](§ 187 Satz 1 SGB III) auch nicht nach §§ 94 ff [X.]zur Aufrechnung gegenüber dem geltend gemachten [X.](§ 387 BGB) berechtigt. Denn die erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Aufrechnungslage unterläge dem Aufrechnungsverbot des § 96 Abs 1 [X.]und 2 [X.](zur Zulässigkeit der Verrechnung gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch <SGB I> in anderen Fällen vgl aber BSG [X.]3-2400 § 28 [X.]1; BSGE 92, 1 = [X.]4-1200 § 52 [X.]2).

4. Der Kläger kann von der Beklagten für die Monate November und Dezember 2003 [X.]ohne Kappung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze beanspruchen. In welchem Umfang [X.]verlangt werden kann, richtet sich nach den §§ 183 Abs 1 Satz 1, 185 Abs 1 [X.]Nach § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eintritt eines [X.]für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (Insg-Zeitraum) noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Für die hier geltend gemachten Ansprüche auf [X.]ist danach von einem Eintritt des [X.]am 1.2.2004 auszugehen, da an diesem Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin eröffnet worden ist. Der Insolvenzzeitpunkt legt insoweit den dreimonatigen [X.]fest (Krodel in Niesel, SGB III, 5. Aufl 2010, § 183 Rd[X.]32). Mithin liegt der [X.]hier anteilig im [X.]und 2004.

a) Für die Berechnung des allein streitigen [X.]der Monate November und Dezember 2003 ist § 185 SGB III in der bis Ende 2003 geltenden Fassung des [X.]vom [X.]([X.]594) anzuwenden. § 185 Abs 1 SGB III in der maßgebenden - bis 31.12.2003 geltenden - Fassung bestimmt, dass [X.]in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet wird, das sich ergibt, wenn das Arbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. Demgegenüber ist § 185 Abs 1 SGB III in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des [X.]am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 ([X.]2848) für die Berechnung der übergeleiteten Ansprüche auf [X.]noch nicht anzuwenden. Dieses Gesetz hat § 185 Abs 1 SGB III in der Weise geändert, dass das [X.](nur) noch in der Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet wird, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze ( § 341 Abs 4 SGB III ) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. Dem die Beitragsbemessungsgrenze überschreitenden [X.]aller betroffenen Arbeitnehmer im November und Dezember 2003 entspricht unter Anrechnung der bisherigen Teilzahlungen nach dem Vorbringen des [X.]noch ausstehende Restbetrag über 69 320,24 Euro.

b) Der 11a. Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bemessung des [X.]die monatliche Beitragsbemessungsgrenze der ab 1.1.2004 geltenden Neuregelung noch nicht zu berücksichtigen ist, wenn der [X.]im [X.]liegt (Urteile vom 5.12.2006 - B 11a [X.]19/05 R, BSGE 98, 5 = [X.]4-4300 § 183 [X.]7 und - B 11a [X.]17/06 R). Dabei hat er verdeutlicht, dass die allein in Betracht kommende Übergangsvorschrift des § 434j Abs 12 [X.]5 [X.]die Fortgeltung des alten Rechts nur für den Fall vorsieht, dass das Insolvenzereignis noch in das [X.]fällt, und sich bei [X.]begünstigender Auslegung auf die Fälle des § 183 Abs 2 SGB III beschränkt. Diese Regelung räumt einen [X.]abweichend von § 183 Abs 1 SGB III für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses ein, wenn ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines [X.]weitergearbeitet oder die Arbeit aufgenommen hat (vgl auch [X.]in Hauck/Noftz, SGB III, § 185 Rd[X.]26 Stand September 2007).

Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus dieser Interpretation des § 434j Abs 12 [X.]5 [X.]nicht etwa im Umkehrschluss, dass die Neuregelung des § 185 SGB III sonst ausnahmslos Anwendung findet. Für andere Fallgestaltungen kann vielmehr unbeschadet abweichender Grundsätze des intertemporalen Rechts die Fortgeltung der bisherigen Regelung insbesondere durch den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes geboten sein (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 3.12.2009 - B 11 [X.]28/08 R mwN, zur [X.]vorgesehen in SozR). Der 11a. Senat hat in Anwendung dieser Grundsätze ausgeführt, dass eine Geltung der neuen Fassung des § 185 SGB III für den Arbeitnehmer und den das [X.]vorfinanzierenden [X.]eine unechte Rückwirkung bewirken würde, wenn bei einem Insolvenzereignis im Jahr 2004 der [X.]in das [X.]zurückreicht. Überdies hat er seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass dem schutzwürdigen Interesse des Arbeitnehmers und auch des vorfinanzierenden [X.]an einem Fortbestand der bisherigen Rechtslage, im Falle der Vorfinanzierung insbesondere bei bereits getätigten Zahlungen an die betroffenen Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung der fraglichen Begrenzung, Vorrang einzuräumen ist gegenüber dem gesetzlichen Anliegen an einer Begrenzung der Leistungen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vor dem Hintergrund des starken Anstiegs der Ausgaben für [X.](BT-Drucks 15/1515 S 89).

c) Allerdings hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die bisherige Rechtsprechung Fallgestaltungen betrifft, in denen der [X.]noch vollständig im [X.]liegt. Die Rechtsprechung ist indessen auch auf Fälle zu übertragen, in denen bei einem Insolvenzereignis im Jahr 2004 der [X.]nur anteilig in das [X.]zurückreicht. Die Vertrauensposition der Arbeitnehmer und vorfinanzierenden [X.]unterscheidet sich insoweit nicht. Der betroffene Personenkreis konnte sich auf die von der Beklagten angeführte "Entwertung" des Insg-Anspruchs mit dem Beginn des Jahres 2004 für zurückliegende Zeiten im [X.]genauso wenig einstellen wie bei einer vollständigen Plazierung des [X.]2003. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf die monatliche Zustimmung der Beklagten. Diese ist zwar entgegen der Auffassung des [X.]nicht vertrauensbildend (vgl Peters-Lange, in Gagel, SGB III, § 188 Rd[X.]67 ff, Stand Mai 2007), enthält gleichwohl aber auch keinerlei Hinweise, die geeignet sind, das vorhandene Vertrauen zu erschüttern. Hieran vermag schließlich auch die "Stichtagsregelung" des § 434j Abs 12 [X.]5 [X.]nichts zu ändern, welche die Anwendung unterschiedlichen Rechts bei der Erbringung von [X.]innerhalb desselben Insolvenzverfahrens vermeiden soll (BT-Drucks 15/1749 S 26). Der aufgezeigte Vertrauenstatbestand bezieht sich allein auf im Jahr 2004 eingetretene Insolvenzereignisse mit (anteiligen) [X.]im Jahr 2003. Für derartige Konstellationen ist § 434j Abs 12 [X.]5 [X.]- wie schon ausgeführt - gerade ohne entscheidende Auswirkung und betrifft zudem lediglich die von § 183 Abs 2 SGB III erfassten Sachverhalte.

5. [X.]beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Regelung des § 193 SGG ist entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht anwendbar. Weder der Kläger noch die Beklagte sind in kostenrechtlicher Hinsicht nach Maßgabe des § 183 SGG privilegiert. Insbesondere ist der Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Leistungsempfänger am Rechtsstreit beteiligt ( § 183 Satz 1 SGG ). Denn der Kläger hat die [X.]anders als im Verfahren B 11a [X.]19/05 R (aaO) nicht selbst unmittelbar kraft Gesetzes nach Maßgabe des § 188 Abs 1 [X.]erworben, sondern im Wege der Abtretung von der Sparkasse (§ 398 BGB). Im Rechtsstreit geltend gemacht wird also der Anspruch des Rechtsnachfolgers eines Leistungsempfängers, ohne dass ein Fall der Sonderrechtsnachfolge (§ 56 SGB I) oder der Verfahrensaufnahme durch den Rechtsnachfolger (§ 183 Satz 2 SGG) eingetreten ist (vgl BSG, Beschluss vom 4.6.2007 - B 11a [X.]153/06 B). Die [X.]stützt sich auf §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3 iVm § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Der Senat war nicht gehindert, entsprechende Nebenentscheidungen auch für das Klage- und Berufungsverfahren zu treffen (vgl BSGE 97, 153 = [X.]4-1500 § 183 [X.]4 mwN).

Meta

B 11 AL 6/09 R

01.07.2010

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Düsseldorf, 30. August 2007, Az: S 21 AL 37/07, Urteil

§ 183 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 3 vom 10.12.2001, § 185 Abs 1 SGB 3 vom 24.03.1997, § 185 Abs 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 187 S 1 SGB 3, § 188 Abs 4 S 1 SGB 3, § 189 S 1 SGB 3, § 434j Abs 12 Nr 5 SGB 3 vom 24.12.2003, § 398 BGB, § 400 BGB, § 183 S 1 SGG, § 197a Abs 1 SGG, InsO, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2010, Az. B 11 AL 6/09 R (REWIS RS 2010, 5215)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5215

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