Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2012, Az. 6 AZR 155/11

6. Senat | REWIS RS 2012, 3016

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) BETRIEBSRAT KÜNDIGUNG

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Gegenstand

(Unterrichtung des Betriebsrats über Massenentlassungen - Einhaltung der Schriftform - Heilungsmöglichkeit durch abschließende Stellungnahme des Betriebsrats - EGRL 59/98)


Leitsatz

Beabsichtigt der Arbeitgeber Massenentlassungen, hat er den Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich u.a. über die Gründe für die geplanten Entlassungen zu unterrichten. Ob "schriftlich" in diesem Zusammenhang bedeutet, dass die Unterrichtung der Formvorschrift des § 126 Abs. 1 BGB genügen muss, kann offenbleiben. Hat der Arbeitgeber die von § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG geforderten Angaben in einem nicht unterzeichneten Text dokumentiert und diesen dem Betriebsrat zugeleitet, genügt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen, um einen etwaigen Schriftformverstoß zu heilen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 15. Dezember 2010 - 6 [X.] 1344/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vom beklagten Insolvenzverwalter auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste erklärten Kündigung und über Ansprüche auf [X.].

2

Die im September 1956 geborene, verheiratete Klägerin war seit 1986 bei der Schuldnerin, der [X.], beschäftigt. Sie war als Verkaufsberaterin im Bereich Flächenmanagement des Betriebs „[X.]“ im Vertriebsaußendienst tätig, zuletzt im Bereich [X.] gegen eine Vergütung von 3.600,00 Euro brutto. Die Schuldnerin beschäftigte mehrere Tausend Arbeitnehmer. Am 1. September 2009 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

3

Am 22. September 2009 schloss der Beklagte mit dem im Unternehmen der Schuldnerin gebildeten Gesamtbetriebsrat einen ersten Interessenausgleich, aufgrund dessen die Tätigkeit mehrerer Betriebe der Schuldnerin eingeschränkt werden sollte.

4

Nach einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Sit[X.]tion schloss der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat am 15. Oktober 2009 einen Interessenausgleich für die Arbeitnehmer der Betriebe „[X.]“, „Küchenvertrieb L“ und „Küchenvertrieb Mitte“. Der Gesamtbetriebsrat war dazu und zu der Ausübung der damit in Zusammenhang stehenden Beteiligungsrechte von den drei örtlichen Betriebsräten „[X.]“, „Küchenvertrieb L“ und „Küchenvertrieb Mitte“ nach § 50 Abs. 2 [X.] beauftragt worden. Der Interessenausgleich sah vor, dass der Geschäftsbetrieb der sog. [X.] einschließlich der Betriebsteile des [X.], die zum Betrieb „[X.]“ gehörten, bis spätestens 31. Jan[X.]r 2010 vollständig eingestellt werden sollte. Mit dem Interessenausgleich wurde eine seitens des Insolvenzverwalters und des [X.] unterschriebene Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer verleimt. In der Liste ist der Name der Klägerin aufgeführt. Der Interessenausgleich nennt die Gründe für die geplanten Kündigungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu kündigenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollten, und die Kriterien für die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer. Der von beiden Seiten unterzeichnete Interessenausgleich lautet in Auszügen wörtlich:

        

„§ 5   

        

Mitteilung des [X.] gemäß § 17 Abs. 2 [X.]

        

Im [X.]inblick auf die erforderlich werdenden betriebsbedingten Kündigungen besteht zwischen den Parteien ferner Einigkeit darüber, dass der Gesamtbetriebsrat noch im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen umfassend gemäß § 17 Abs. 2 [X.] unterrichtet und beteiligt worden ist. Ihm sind insbesondere die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, der Zeitraum, in dem die Entlassungen, die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien vorgenommen werden sollen sowie die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer mitgeteilt worden. Der Arbeitgeber und der Gesamtbetriebsrat haben insbesondere auch die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder zumindest einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Die Parteien sehen das [X.] gemäß § 17 Abs. 2 [X.] damit als abgeschlossen an.

        

       

        

§ 13   

        

Schlussbestimmungen

        

Die vorstehenden Maßnahmen treten mit beiderseitiger Unterzeichnung des Interessenausgleichs in [X.]. Die Parteien stimmen überein, dass mit den vorstehenden Bestimmungen der Interessenausgleich gemäß §§ 111, 112 [X.], 121 ff. [X.] abschließend geregelt ist.“

5

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 hörte der Insolvenzverwalter den örtlichen Betriebsrat der „[X.]“ zu den in diesem Betrieb beabsichtigten Kündigungen - [X.]. des Arbeitsverhältnisses der Klägerin - an. In diesem Betrieb waren 201 Arbeitnehmer von den geplanten Kündigungen betroffen. Unter dem 15. Oktober 2009 teilte der örtliche Betriebsrat mit, er nehme die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis und werde keine Stellungnahme abgeben. Er gehe davon aus, dass die Anhörungen mit dem Inhalt des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 und den dort vereinbarten Namenslisten übereinstimmten. Die Stellungnahme sei abschließend.

6

Der Beklagte erstattete mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 Massenentlassungsanzeige, die der [X.] am 16. Oktober 2009 zuging. Er teilte [X.]. mit, von den zum Zeitpunkt der Anzeige beschäftigten 3.040 Arbeitnehmern sollten insgesamt 433 Arbeitnehmer entlassen werden. Der Anzeige war eine „Bestätigung des [X.] der [X.] gemäß § 17 Abs. 2 [X.]“ vom 14. Oktober 2009 beigefügt, die inhaltlich § 5 des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 entsprach. Außerdem lag der Massenentlassungsanzeige dieser Interessenausgleich bei. Die [X.] teilte unter dem 16. Oktober 2009 mit, die Frist des § 18 Abs. 1 [X.] beginne am 17. Oktober 2009 und ende am 16. November 2009. Da die Arbeitsverhältnisse nicht in dieser Frist enden sollten, könnten die Kündigungen ausgesprochen werden.

7

Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 ordentlich zum 31. Jan[X.]r 2010. Der Vertrieb wurde zum 31. Jan[X.]r 2010 eingestellt. Die Betriebe wurden am 28. Febr[X.]r 2010 vollständig stillgelegt.

8

Mit ihrer am 6. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt und Ansprüche auf [X.] für Febr[X.]r und März 2010 erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam, weil der Beklagte das [X.] vor der Anzeige der Massenentlassung nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Er habe seine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht erfüllt und der [X.] deshalb entgegen § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] auch keine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zugeleitet. Das Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] sei nicht disponibel und von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b der [X.] 98/59/[X.] ([X.]) vorgegeben.

9

Die Klägerin hat vor dem [X.] zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem beklagten Insolvenzverwalter durch die Kündigung vom 16. Oktober 2009, ihr zugegangen am 17. Oktober 2009, noch nicht aufgelöst ist;

        

2.    

festzustellen, dass ihr eine Masseverbindlichkeit in [X.]öhe von 5.927,06 Euro brutto zusteht, die gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu berichtigen ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, die Anforderungen des § 17 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] seien gewahrt. Er habe dem Gesamtbetriebsrat bereits im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen alle Auskünfte erteilt, die § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] verlange. Jedenfalls komme dem Bescheid der [X.] vom 16. Oktober 2009 Bindungswirkung zu.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Sie verlangt zudem hilfsweise anstelle des Feststellungsantrags zu 2. Vergütung für Febr[X.]r und März 2010 von 5.927,06 Euro brutto.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung des beklagten Insolvenzverwalters vom 16. Oktober 2009 beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31. Januar 2010. Der Klägerin steht daher keine Vergütung für Februar und März 2010 zu.

A. Die Kündigung vom 16. Oktober 2009 ist nicht sozialwidrig iSv. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 [X.].

I. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]. 3 [X.] bedingt, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen. Die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ist nicht widerlegt.

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind erfüllt.

a) Die Kündigung beruht auf einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 [X.].

aa) Um eine Betriebsänderung handelt es sich auch bei einem bloßen Personalabbau, wenn die Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 [X.] erreicht sind (vgl. für die [X.]Rspr. [X.] 20. September 2012 - 6 [X.] - Rn. 46 [X.]). Ausschlaggebend ist die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Kündigungen im Verhältnis zur Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Der Begriff des Betriebs in § 17 [X.] entspricht dem der §§ 1, 4 [X.] ([X.]Rspr., vgl. zB [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 41 [X.], EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

bb) Der Personalabbau überschritt die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Maßgeblich für die Berechnung des Schwellenwerts war die im [X.] der Klägerin „[X.]“ eingesetzte Zahl von Arbeitnehmern. In diesem Betrieb waren 201 Arbeitnehmer von den beabsichtigten Kündigungen betroffen, wie sich aus der schriftlichen Anhörung des örtlichen [X.] vom 15. Oktober 2009 ergibt. Obwohl die Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht festgestellt ist, ergibt sich aus der Zahl der geplanten Kündigungen zugleich, dass die Mindestbeschäftigtenzahl von 60 Arbeitnehmern erreicht und damit der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] von mehr als 25 zu Kündigenden erreicht i[X.] Sollten im Betrieb „[X.]“ über 500 Arbeitnehmer beschäftigt worden sein, wäre die Mindestzahl von 30 beabsichtigten Kündigungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] deutlich überschritten.

b) Die vonseiten des beklagten Insolvenzverwalters und des [X.] unterzeichnete Namensliste weist den Namen der Klägerin aus und war mit dem Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 fest verbunden.

2. Die Klägerin hat die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht widerlegt. Der Vertrieb der Schuldnerin wurde zum 31. Januar 2010 nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten vollständig eingestellt.

II. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 3 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, ob und welche weiterbeschäftigten Arbeitnehmer sie mit sich selbst für vergleichbar hält. Die Arbeitsverhältnisse der mit ihr tätigkeitsbezogen vergleichbaren Arbeitnehmer wurden zum selben Zeitpunkt wie das Arbeitsverhältnis der Klägerin gekündigt, weil der [X.] und Vertriebsaußendienst zum 31. Januar 2010 eingestellt wurde.

B. Der Beklagte hörte den örtlichen Betriebsrat der „[X.]“ vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 ordnungsgemäß und mit detaillierter Begründung iSv. § 102 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] an. Er musste die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht wahren, weil der Betriebsrat unter dem 15. Oktober 2009 abschließend zu den beabsichtigten Kündigungen Stellung genommen hatte. Dafür genügte die eindeutige Äußerung des [X.], zu den Kündigungen keine Stellung nehmen zu wollen.

C. Die Kündigung vom 16. Oktober 2009 verstößt nicht gegen die Anzeigepflicht aus § 17 [X.]. Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei den gerügten Verletzungen von § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] um mögliche Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung handelt. Er braucht ferner nicht darüber zu befinden, ob die Klägerin Verstöße gegen diese beiden Bestimmungen entweder bereits in erster Instanz beanstandet hat oder das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht aus § 6 Satz 2 [X.] verletzt und die Klägerin die [X.] im zweiten Rechtszug wirksam nachgeholt hat (vgl. dazu [X.] 18. Januar 2012 - 6 [X.] - Rn. 11 ff., EzA [X.] § 6 Nr. 4). Der Beklagte wurde seinen Pflichten aus § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] gerecht.

I. Die Anzeigepflicht aus § 17 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 [X.] gilt uneingeschränkt auch für den Insolvenzverwalter (vgl. [X.] 21. März 2012 - 6 [X.] - Rn. 13, EzA [X.] § 17 Nr. 25; 18. Januar 2012 - 6 [X.] - Rn. 29 [X.], EzA [X.] § 6 Nr. 4; siehe auch [X.] 3. März 2011 - [X.]/10 bis [X.]/10 - [[X.]] Rn. 53, [X.] 2011, 337 ).

II. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Revision der Klägerin nicht schon deswegen unbegründet, weil die [X.] vom 15. Oktober 2009 nicht beanstandete. Der auf der Grundlage von § 18 Abs. 1, § 20 [X.] ergangene Bescheid der [X.] vom 16. Oktober 2009 hindert die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht daran, die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige festzustellen. Er heilt mögliche Fehler der Massenentlassungsanzeige nicht (vgl. detailliert [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 70 ff. [X.], EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

1. Gegenüber der durch das Verfahren nach §§ 17 ff. [X.] nur mittelbar betroffenen Klägerin kann ein solcher Bescheid keine materielle Bestandskraft entfalten. Sie hätte gegen ihn nicht vorgehen können (vgl. im Einzelnen [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 71 [X.], EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

2. Auch gegenüber der Arbeitsgerichtsbarkeit kommt einem derartigen Bescheid keine materielle Bestandskraft zu. Das ergibt sich aus allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen und wird vom unionsrechtlichen Grundsatz des sog. effet utile verlangt.

a) Die Bindungswirkung eines Bescheids der [X.] nach § 20 [X.] umfasst nur den eigentlichen Inhalt dieses Bescheids, also die Dauer der Sperrfrist und den Zeitpunkt ihres Ablaufs oder die Genehmigung, Entlassungen vor Ablauf der Sperrfrist vorzunehmen, nicht aber die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige selbst (vgl. [X.] Kündigungsschutz und Arbeitnehmerbeteiligung bei Massenentlassungen S. 154 f.; [X.] 2007, 207, 214). Die Einhaltung der formalen Anforderungen des § 17 [X.] ist lediglich eine Vorfrage des Bescheids nach § 20 [X.] und gehört damit nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen nicht zum Regelungsinhalt des Bescheids (vgl. [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 73 ff. [X.], EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

b) Die Mitgliedstaaten müssen zudem nach Art. 6 [X.] Verfahren einrichten, mit denen die Einhaltung der von der Richtlinie 98/59/[X.] vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet werden kann. Die den Mitgliedstaaten überlassene Ausgestaltung dieser Bestimmung darf der [X.] nicht ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 34 und 36, Slg. 2009, [X.]). Diese Verpflichtung steht einer Auslegung der §§ 17 ff. [X.] durch die nationale Arbeitsgerichtsbarkeit entgegen, die die Bindungswirkung eines Bescheids der Arbeitsverwaltung nach §§ 1820 [X.] über seinen eigentlichen Regelungsgehalt hinaus annimmt. Weder die Arbeitnehmer noch der ([X.] sind am Verwaltungsverfahren beteiligt. Würde ein Bescheid nach §§ 18, 20 [X.] dem Arbeitnehmer dennoch die Möglichkeit nehmen, sich im Kündigungsschutzprozess auf Formfehler bei den Anforderungen des § 17 Abs. 3 [X.] zu berufen, wäre das von Art. 6 [X.] geforderte Schutzniveau unterschritten (vgl. näher [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 76 ff. [X.], EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

III. [X.] steht nicht entgegen, dass der Beklagte seiner Anzeige keine Stellungnahme des örtlichen [X.] der „[X.]“ beifügte.

1. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] verlangt, dass der Arbeitgeber bei Entlassungen, die der [X.] nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] anzuzeigen sind, die Stellungnahme des [X.] zu den Entlassungen beifügt.

2. Der Beklagte musste der Massenentlassungsanzeige vom 15. Oktober 2009 aber keine Stellungnahme des örtlichen [X.] der „[X.]“ beifügen. Es genügte, dass er der Anzeige die Stellungnahme des [X.] vom 14. Oktober 2009 und den Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 beifügte. Der mit dem originär zuständigen Gesamtbetriebsrat geschlossene Interessenausgleich ersetzte nach § 125 Abs. 2 [X.] die Stellungnahme des „[X.]“ iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] (vgl. [X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 18 ff., [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 165 = EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3).

a) § 125 Abs. 2 [X.] besagt zwar nicht ausdrücklich, dass auch ein mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommener Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des [X.] nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] ersetzt. Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 125 Abs. 2 [X.] sprechen jedoch für ein solches Verständnis.

aa) Die Formulierung „Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt …“ in § 125 Abs. 2 [X.] erfasst jeden qualifizierten Interessenausgleich mit Namensliste unabhängig davon, ob der Interessenausgleich mit dem Betriebsrat oder dem Gesamtbetriebsrat zustande kommt.

bb) Nach § 50 Abs. 1 [X.] ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.

(1) Es muss sich um eine Angelegenheit handeln, die mehrere Betriebe betrifft. Darüber hinaus muss objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung bestehen. Ob ein solches zwingendes Erfordernis besteht, bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des [X.] (vgl. [X.] 19. Juni 2012 - 1 [X.] - Rn. 21 [X.]).

(2) Wird ein geplanter Personalabbau - wie hier - auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe von der Betriebsänderung betroffen, ist der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 [X.] originär zuständig für den Abschluss eines betriebsübergreifenden Interessenausgleichs mit Namensliste. Dann kann nur auf [X.] geklärt werden, welche Arbeitnehmer gekündigt und welche Arbeitnehmer in welchem Betrieb weiterbeschäftigt werden. In einem solchen Fall haben nicht die örtlichen Betriebsräte gegenüber der [X.] zu den geplanten Kündigungen Stellung nehmen. Der mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommene Interessenausgleich mit Namensliste ersetzt dessen Stellungnahme nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] ( vgl. [X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 24 f. [X.], [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 165 = EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3 ).

b) Sinn und Zweck sowohl des § 125 Abs. 2 [X.] als auch des § 17 [X.] bestätigen dieses Verständnis.

aa) § 125 Abs. 2 [X.] will möglichst schnelle Sanierungen ermöglichen und Verzögerungen bei der Abwicklung der Rechtsverhältnisse des Schuldners vermeiden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 149). Dieses [X.] und [X.] würde bei betriebsübergreifenden Betriebsänderungen zur Sanierung von Unternehmen verfehlt, wenn ein mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommener Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des [X.] nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht ersetzte ( vgl. im Einzelnen [X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 22 [X.], [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 165 = EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3 ).

bb) Auch der Zweck des § 17 [X.] spricht für eine Zuständigkeit des [X.] für betriebsübergreifende Massenentlassungen. Die [X.] soll rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens Verzögerung von Belastungen des Arbeitsmarkts einleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Entlassenen sorgen können. Dazu ist den Arbeitnehmern mit Art. 2 [X.] und der Umsetzung dieser Bestimmung in nationales Recht durch § 17 [X.] ein kollektiv ausgestaltetes Recht auf Information und Konsultation eingeräumt (vgl. [X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 27 [X.], [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 165 = EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3 unter Hinweis auf [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 42, Slg. 2009, [X.]). Dieser Zweck erfordert es nicht, dass nur ein örtlicher Betriebsrat als Arbeitnehmervertretung verstanden wird und daher lediglich ein vom örtlichen Betriebsrat mit dem Insolvenzverwalter geschlossener Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des [X.] nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] ersetzt. Erforderliche Kenntnisse des [X.] über die betrieblichen und regionalen Verhältnisse sind dadurch gewährleistet, dass jeder örtliche Betriebsrat mindestens ein Mitglied in den Gesamtbetriebsrat entsendet ( vgl. [X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 28, aaO ).

3. Das Erfordernis der beizufügenden Stellungnahme nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] wurde demnach mit dem beigefügten qualifizierten Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009, den der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossen hatte, gewahrt. Aufgrund der originären Zuständigkeit des [X.] für den Abschluss des Interessenausgleichs kommt es nicht darauf an, dass die örtlichen Betriebsräte ihn hier ausdrücklich nach § 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] mit der Stellungnahme und der Ausübung der zugehörigen Beteiligungsrechte beauftragt hatten. Selbst die in einen Interessenausgleich ohne Namensliste integrierte Stellungnahme des [X.] hätte den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] genügt, wenn der Gesamtbetriebsrat abschließend zu der beabsichtigten Massenentlassung Stellung genommen hätte (vgl. [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 56, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3; 21. März 2012 - 6 [X.] - Rn. 14 ff. und 34, EzA [X.] § 17 Nr. 25 ).

IV. Der Beklagte verletzte auch nicht seine Pflichten aus § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.].

1. Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach § 17 Abs. 1 [X.] anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, und die vorgesehenen Kriterien für die Berechnung etwaiger Abfindungen. Der Arbeitgeber hat der [X.] nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 [X.] gleichzeitig eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten. Sie muss nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.] zumindest die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 [X.] enthaltenen Angaben enthalten.

2. Mit §§ 5 und 13 des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 und mit seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2009 erklärte der Gesamtbetriebsrat, rechtzeitig und umfassend über die anzeigepflichtigen Entlassungen unterrichtet worden zu sein. Das allein genügt zum Nachweis der Erfüllung der Konsultationspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] allerdings noch nicht. Die Vorlage des Interessenausgleichs mit Namensliste ersetzt nur die Stellungnahme des [X.] oder [X.] gegenüber der [X.]. Erforderlich ist daneben noch die vorherige schriftliche Unterrichtung des [X.] nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] (vgl. [X.] 18. Januar 2012 - 6 [X.] - Rn. 33 und 39 [X.], EzA [X.] § 6 Nr. 4).

a) [X.] ist, dass der Beklagte seiner Unterrichtungspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] mithilfe der Angaben im Interessenausgleich gerecht werden wollte.

aa) Die Verbindung des [X.] mit der Erfüllung der Unterrichtungspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist zulässig.

(1) Soweit die gegenüber dem Betriebsrat bestehenden Pflichten aus § 111 [X.] mit denen aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 102 Abs. 1 [X.] übereinstimmen, kann der Arbeitgeber sie gleichzeitig erfüllen (vgl. [X.] 21. März 2012 - 6 [X.] - Rn. 23, EzA [X.] § 17 Nr. 25 ). Dass und welche Verfahren gleichzeitig durchgeführt werden sollen, muss dabei hinreichend klargestellt werden (vgl. [X.] 18. Januar 2012 - 6 [X.] - Rn. 34 [X.], EzA [X.] § 6 Nr. 4 ).

(2) Aus § 5 Satz 1 und Satz 2 des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 geht ausdrücklich hervor, dass mit dem Interessenausgleich zugleich die Unterrichtungspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] erfüllt werden sollte.

bb) Die Verbindung des Verfahrens nach § 111 [X.] mit der Unterrichtung des ([X.]s nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] verletzt keine unionsrechtlichen Vorgaben. Insoweit ist kein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erforderlich. Die Frage ist durch den Gerichtshof der [X.] auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des [X.] geklärt (vgl. dazu zB [X.] 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 20 ff., [X.] 2012, 1876; 21. Dezember 2010 - 1 [X.]/08 - Rn. 5 ff., [X.] 2011, 88; siehe auch [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 33 ff., [X.] 2012, 1927).

(1) § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] setzt Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buch[X.]b [X.] um. Es handelt sich um ein von dieser [X.] gewährleistetes kollektives Informationsrecht der Arbeitnehmervertretung, nicht um ein individuelles Recht der einzelnen Arbeitnehmer (vgl. [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 38 ff., Slg. 2009, [X.]). Nach Art. 6 der Richtlinie 98/59/[X.] sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass den Arbeitnehmervertretern und/oder den Arbeitnehmern administrative und/oder gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie zur Verfügung stehen. Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Verfahren einzurichten, mit denen die Einhaltung der von der Richtlinie 98/59/[X.] vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet werden kann. Da die Richtlinie die Verpflichtung aber nicht weiter ausformt, ist die Ausgestaltung dieser teilharmonisierten Verfahren Sache der Mitgliedstaaten. Die Verfahrensausgestaltung darf den Bestimmungen der Richtlinie jedoch nicht ihre praktische Wirksamkeit iSd. Effektivitäts- und Äquivalenzprinzips nehmen (vgl. [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 33 ff. und 59 ff., aaO).

(2) Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist geklärt, dass die Verbindung des [X.] mit der schriftlichen Unterrichtung des ([X.]s nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] richtlinienkonform i[X.]

(a) Der Entwurf des Interessenausgleichs dokumentiert gegenüber dem ([X.] die Bemühungen des Arbeitgebers, Massenentlassungen zumindest zu beschränken (vgl. dazu [X.] 3. März 2011 - [X.]/10 bis [X.]/10 - [[X.]] Rn. 56, [X.] 2011, 337; 10. September 2009 - [X.]/08 - [[X.] Keskusliitto] Rn. 64, Slg. 2009, [X.] ).

(b) Dem widerspricht die Vorgabe in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 [X.] nicht, wonach der Arbeitgeber die Arbeitnehmervertretung rechtzeitig unterrichten muss. Der Wortlaut der [X.] bringt klar zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber der Arbeitnehmervertretung die betreffenden Auskünfte rechtzeitig im Verlauf der Konsultationen erteilen muss, damit die Arbeitnehmervertreter konstruktive Vorschläge unterbreiten können (vgl. [X.] 10. September 2009 - [X.]/08 - [[X.] Keskusliitto] Rn. 51, Slg. 2009, [X.]). Daraus folgt, dass diese Auskünfte im Verlauf und nicht unbedingt im Zeitpunkt der Eröffnung der Konsultationen zu erteilen sind. Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmervertretung nach dem Grundgedanken der [X.] während der gesamten Konsultationen die relevanten Informationen zu geben. Eine flexible Handhabung ist erforderlich, weil die Auskünfte zu unterschiedlichen Zeitpunkten des [X.] zur Verfügung stehen können. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit und die Pflicht hat, die Auskünfte im Lauf des Verfahrens zu vervollständigen (vgl. [X.] 10. September 2009 - [X.]/08 - [[X.] Keskusliitto] Rn. 52 ff., aaO). Dieser Prozess kann gegenüber dem Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat deshalb unmittelbar vor Schluss der Konsultation nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] schriftlich dokumentiert werden.

(c) Die Annahme einer rechtlich zulässigen Verbindung des [X.] mit der Information des ([X.]s nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entspricht damit auch dem Erfordernis unionsrechtskonformer Auslegung (vgl. für die [X.] Rspr. des [X.] etwa 5. September 2012 - [X.]/11 - [[X.] Da [X.]] Rn. 53 ff.; 24. Mai 2012 - [X.]/11 - [[X.]] Rn. 27 ff., [X.] 2012, 210; 24. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 23 ff., [X.] Richtlinie 2003/88/[X.] Nr. 7 = EzA [X.]-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 8).

b) Es kann ferner auf sich beruhen, ob § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] gesetzliche Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB verlangt. Sollte das zutreffen, ist der Schriftformverstoß durch die abschließende Stellungnahme des [X.] in § 5 des Interessenausgleichs geheilt, die die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] erfüllt.

aa) Im Streitfall ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass der Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 zuerst durch den Bevollmächtigten des beklagten Insolvenzverwalters unterzeichnet wurde. Demnach steht bisher nicht fest, dass der Beklagte den Gesamtbetriebsrat vor Abschluss des Konsultationsverfahrens in einer Weise unterrichtete, die der gesetzlichen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB entsprach.

bb) Eine Verletzung des etwaigen gesetzlichen Schriftformerfordernisses ist hier aber jedenfalls geheilt. Der Betriebsrat machte mit seiner abschließenden Stellungnahme deutlich, dass er sich für ausreichend unterrichtet hielt und die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht ausschöpfen wollte.

(1) Der Senat hat bisher offengelassen, ob für die Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] die gesetzliche Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB einzuhalten ist (vgl. [X.] 18. Januar 2012 - 6 [X.] - Rn. 40, EzA [X.] § 6 Nr. 4 ). Weite Teile des Schrifttums nehmen an, dass sie zu wahren ist (so v. [X.]/[X.] [X.] 14. Aufl. § 17 Rn. 56; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 17 [X.] Rn. 20 und 28; [X.]S/Moll 4. Aufl. § 17 [X.] Rn. 70; [X.] in Schwarze/Eylert/[X.] [X.] § 17 Rn. 52; Stahlhacke/[X.] 10. Aufl. Rn. 1653; [X.]. § 17 [X.] Rn. 56; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/Oberwinter [X.] 2. Aufl. § 17 Rn. 82 lassen demgegenüber eine Unterrichtung per Telefax oder E-Mail genügen).

(2) Die Frage braucht auch in diesem Fall nicht beantwortet zu werden. Es kann auf sich beruhen, ob der Vertreter des Insolvenzverwalters den Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 erst nach dem Vorsitzenden des [X.] unterschrieb.

(a) Jedenfalls dann, wenn die von § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] verlangten Angaben gegenüber dem ([X.] in einem schriftlichen, wenn auch nicht unterzeichneten Text dokumentiert wurden, genügt die abschließende Stellungnahme des ([X.]s, um einen eventuellen Schriftformverstoß zu heilen (weiter gehend [X.] 6. Juni 1986 - 16 [X.] - LAGE [X.] § 17 Nr. 2; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 17 [X.] Rn. 54; [X.]. § 17 [X.] Rn. 65, die eine mündliche Unterrichtung bei abschließender Stellungnahme des [X.] für ausreichend halten; offengelassen von [X.]S/Moll 4. Aufl. § 17 [X.] Rn. 76). Dafür spricht der Zweck des [X.]. Die Arbeitnehmervertretung soll konstruktive Vorschläge unterbreiten können, um die Massenentlassung zu verhindern oder einzuschränken (vgl. zu Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buch[X.]b [X.] [X.] 10. September 2009 - [X.]/08 - [[X.] Keskusliitto] Rn. 51 und 64, Slg. 2009, [X.]). Bringt das Gremium, dem die Angaben nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] in einem schriftlich abgefassten Text deutlich vor Augen geführt wurden, selbst zum Ausdruck, dass es sich für ausreichend unterrichtet hält, drückt es damit zugleich aus, dass es keine weiteren Vorschläge unterbreiten kann oder will (vgl. [X.] 21. März 2012 - 6 [X.] - Rn. 23, EzA [X.] § 17 Nr. 25 ). Die Arbeitnehmervertretung will in einem solchen Fall gerade nicht die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 [X.] ausschöpfen.

(b) Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist geklärt, dass eine solche Heilungsmöglichkeit durch eine abschließende Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung der von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buch[X.]b [X.] vorgegebenen Pflicht zur schriftlichen Mitteilung genügt. Wie bereits ausgeführt, gewährleistet die [X.] ein kollektives Informationsrecht der Arbeitnehmervertretung, kein individuelles Recht der einzelnen Arbeitnehmer (vgl. [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 38 ff., Slg. 2009, [X.]). Die Ausgestaltung des Verfahrens zur Durchsetzung der Verpflichtungen des Arbeitgebers ist nach Art. 6 [X.] Sache der Mitgliedstaaten. Die Verfahrensausgestaltung darf aber nicht dazu führen, dass der Richtlinie ihre praktische Wirksamkeit genommen wird (vgl. [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 33 ff. und 59 ff., aaO). Dem sog. effet utile ist nach dem Zweck der [X.] jedenfalls bei einem schriftlich abgefassten, wenn auch nicht unterschriebenen [X.] genügt. Führt die Arbeitnehmervertretung ohne einschränkende oder weiterführende Zusätze selbst aus, sie sei ausreichend unterrichtet, will sie keine weiteren Vorschläge unterbreiten, um die Massenentlassung abzuwenden oder zu beschränken (vgl. zum Zweck von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buch[X.]b [X.] [X.] 10. September 2009 - [X.]/08 - [[X.] Keskusliitto] Rn. 51, Slg. 2009, [X.]; zu der Heilung einer anderen im Richtlinienrecht verbürgten Schriftform [für Kreditverträge] auch [X.] 6. Dezember 2005 - [X.]/05 - Rn. 29 ff., [X.]Z 165, 213). Die Heilung eines etwaigen Schriftformverstoßes verringert die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buch[X.]b [X.] gewährleistet, unter diesen Voraussetzungen nicht (vgl. zu der nötigen Aufrechterhaltung des [X.] [X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [Mono Car Styling] Rn. 65, aaO).

3. Der Beklagte wurde auch seiner Pflicht gegenüber der [X.] aus § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] gerecht, indem er der Massenentlassungsanzeige den Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 beifügte. Die [X.] konnte dem Interessenausgleich, der den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.] entsprach, die ordnungsgemäße Unterrichtung des [X.] nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entnehmen. Der Gesamtbetriebsrat hatte mit § 5 des Interessenausgleichs deutlich gemacht, dass er annahm, der Beklagte habe seine Pflichten aus §§ 111, 112 [X.] und § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] erfüllt. Daraus konnte die [X.] ersehen, dass ein etwaiger Schriftformverstoß jedenfalls durch die abschließende Stellungnahme des [X.] geheilt war. Mit dieser Stellungnahme belegte der Gesamtbetriebsrat zugleich, dass Kündigungen in dem aus dem Interessenausgleich ersichtlichen Umfang auch nach seiner Auffassung unvermeidlich waren und [X.] Maßnahmen beraten worden waren (vgl. [X.] 18. Januar 2012 - 6 [X.] - Rn. 45 [X.], EzA [X.] § 6 Nr. 4).

D. Die dreimonatige Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 [X.] ist eingehalten. Die der Klägerin am 17. Oktober 2009 zugegangene Kündigung wirkte zum 31. Januar 2010.

E. Da die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2010 auflöste, steht der Klägerin keine Vergütung für Februar und März 2010 zu.

F. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

        

    Schäferkord    

        

    [X.]    

                 

Meta

6 AZR 155/11

20.09.2012

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Paderborn, 2. Juli 2010, Az: 4 Ca 88/10, Urteil

§ 17 Abs 2 S 1 KSchG, § 111 S 3 Nr 1 BetrVG, § 126 Abs 1 BGB, Art 2 Abs 3 UAbs 1 Buchst b EGRL 59/98, § 125 Abs 2 InsO, § 1 Abs 2 S 1 Alt 3 KSchG, § 17 Abs 3 S 1 KSchG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2012, Az. 6 AZR 155/11 (REWIS RS 2012, 3016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3016


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 Sa 1344/10

Landesarbeitsgericht Hamm, 6 Sa 1344/10, 15.12.2010.


Az. 6 AZR 155/11

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 155/11, 20.09.2012.


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