Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.05.2023, Az. 26 W (pat) 21/17

26. Senat | REWIS RS 2023, 4856

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 039 065

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 15. Mai 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des [X.] vom 27. August 2013 und 26. Januar 2017 werden aufgehoben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist.

Das [X.] wird angewiesen, die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 008 448 318 vollständig zu löschen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

via[X.]

3

ist am 15. Juli 2011 angemeldet und am 25. Juli 2011 unter der Nummer 30 2011 039 065 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Dienstleistungen der

4

[X.]:

Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Waren; Logistikdienstleistungen auf dem Transportsektor; Beratung im Bereich Logistik.

5

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 26. August 2011 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der [X.]

6

viastore

7

die am 24. Juli 2009 angemeldet und am 1. März 2010 unter der Nummer 008 448 318 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden ist für Waren und Dienstleistungen der

8

Klasse 6:

Lagerregale aus Metall; Regale aus Metall für Kommissionieranlagen; Lagerbehälter und Lagerpaletten aus Metall; Rollenbahnen aus Metall (ohne motorischen Antrieb) für Anlagen der Logistik und Intralogistik; Rutschen aus Metall für Anlagen der Logistik und Intralogistik, Baumaterialien aus Metall, transportable Bauten aus Metall, [X.] aus Metall;

Klasse 7:

Maschinelle Anlagen zum Kommissionieren von Lagergut; Maschinen zum Einlagern, zum Auslagern, zum Kommissionieren, zum Vereinzeln, zum Sortieren und zum Fördern von Lagergut in Anlagen der Logistik und der Intralogistik; Maschinen zum Bestücken, zum Entladen und zum Umsetzen von Lagerbehältern und Lagerpaletten in Anlagen der Logistik und Intralogistik; Roboter (Maschinen) für Anlagen der Logistik und Intralogistik; motorisch angetriebene Förderbänder, Gurt-, [X.], Rollen-, Ketten-, Plattenförderer und Hubgeräte für Anlagen der Logistik und Intralogistik; motorisch angetriebene Drehtische für Anlagen der Logistik und Intralogistik;

Klasse 9:

Wäge-, Mess-, Signal- und Kontrollapparate für Anlagen der Logistik und Intralogistik; elektronische Steuer-, Lese-, und Eingabegeräte für Anlagen der Logistik und Intralogistik; Computerprogramme und Computersoftware für die Bereiche Logistik und Intralogistik, insbesondere zur Steuerung von Anlagen der Logistik und Intralogistik und von automatisierten Komponenten derartiger Anlagen; mit Computerprogrammen und Computersoftware der genannten Art versehene maschinenlesbare Datenträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 12:

Fahrzeuge für den Transfer von Regalbediengeräten innerhalb eines Lagers;

Klasse 20:

Regale nicht aus Metall für Anlagen der Logistik und Intralogistik; Lagerbehälter und Lagerpaletten nicht aus Metall; Arbeitstische, Pack- und Sortiertische für Anlagen der Logistik und Intralogistik;

[X.]:

Handelsdienstleistungen im Bereich der maschinellen und sonstigen Ausrüstungen von Anlagen der Logistik und der Intralogistik; betriebswirtschaftliche Beratung und Organisationsberatung in den Bereichen Logistik und Intralogistik;

Klasse 37:

Installation, Wartung und Instandsetzung von Anlagen der Logistik und Intralogistik sowie von Komponenten derartiger Anlagen;

Klasse 38:

Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik;

Klasse 41:

Aus- und Fortbildung, einschließlich Schulungen, in den Bereichen Logistik und Intralogistik;

[X.]:

Ingenieurdienstleistungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik; technische Beratung, einschließlich technische Projektplanung und technisches Projektmanagement in den Bereichen Logistik und Intralogistik; Entwicklung, Erstellung, Installation, Pflege, Wartung und Aktualisierung von Computerprogrammen und Computersoftware für die Bereiche Logistik und Intralogistik; Computerhard- und Computersoftwareberatung in den Bereichen Logistik und Intralogistik.

9

Mit Beschlüssen vom 27. August 2013 und 26. Januar 2017, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 39 des [X.] eine mittelbare Verwechslungsgefahr für die Dienstleistungen „Logistikdienstleistungen auf dem Transportsektor; Beratung im Bereich Logistik“ bejaht und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, hochgradige Ähnlichkeit bis hin zur Identität wiesen die Dienstleistung „Beratung im Bereich Logistik“ der jüngeren Marke und die Widerspruchsdienste „betriebswirtschaftliche Beratung und Organisationsberatung in den Bereichen Logistik und Intralogistik; technische Beratung, einschließlich technische Projektplanung in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ auf, weil unter beiden Marken Beratungsdienstleistungen im Bereich Logistik erbracht würden. Zwischen den angegriffenen „Logistikdienstleistungen auf dem Transportsektor“ und den für die ältere Marke geschützten Dienstleistungen „technische Projektplanung und technisches Projektmanagement in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ bestehe ebenfalls eine stark erhöhte Ähnlichkeit, weil Planung und Projektmanagement unmittelbar auch mit der Durchführung von Logistik zu tun hätten. Die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen „Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Waren“ seien den Widerspruchsdiensten der Klassen 35, 37, 38 und 41 als nur ergänzende Dienstleistungen nicht oder nur sehr entfernt ähnlich. Ausbildung, Telekommunikation oder Reparatur auf einem bestimmten Gebiet, wie vorliegend Logistik, Transport, Lagerung und Verpackung, könnten nicht automatisch als ähnlich zu diesem Gebiet selbst gewertet werden, weil die Kunden nicht davon ausgingen, dass für beide Dienstleistungen typischerweise derselbe Unternehmer verantwortlich sei. Die Widerspruchswaren der Klassen 6, 7, 9, 12 und 20, nämlich Regale, Maschinen, Computerprogramme, Computer und Fahrzeuge, könnten zwar bei den angegriffenen Dienstleistungen zum Einsatz kommen. Der Verkehr werde aber nicht annehmen, dass ein Transport- und Logistikunternehmen zugleich solche Waren selbständig herstelle und an Dritte vertreibe, weil dies nicht zum typischen Geschäftsbereich eines solchen Unternehmens gehöre.

Die Kennzeichnungskraft der älteren zäsurlosen [X.] sei als durchschnittlich einzustufen. Obwohl der [X.] „via“ im Sinne von „Weg, [X.]“ verstehe, selbst allgemeine inländische Verkehrskreise „store“ als Wort des [X.] Grundwortschatzes mit „Speichern, Lagern, Geschäft“ übersetzten und die Wortverbindung für die Widerspruchsprodukte einen beschreibenden Anklang an einen „Weg zum Lagern“ bzw. „[X.]“ haben möge, sei diese Bedeutung jedoch so diffus, dass es sich allenfalls um eine sprechende Marke mit originär normalem Schutzumfang handele. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch [X.] liege nicht vor, weil zur Benutzung der von der Inhaberin der jüngeren Marke genannten [X.] nichts vorgetragen worden und eine auffällige Häufung eingetragener Marken mit dem Bestandteil „via“ in der Leitklasse 39 nicht festzustellen sei.

Den erforderlichen unterdurchschnittlichen Abstand hielten die Vergleichsmarken in jeder Hinsicht ein. Sie seien aufgrund ihrer abweichenden Gesamtheit und fehlender Prägung durch das Element „via“ nicht unmittelbar verwechselbar. Auch wenn sie mit dem identischen Bestandteil „via“ begännen, unterschieden sie sich doch in den folgenden Silben „[X.]“ und „store“ deutlich genug durch Länge, Schriftbild, Vokalfolge und Anzahl der Buchstaben.

Die Widersprechende verfüge nachweislich über eine Reihe benutzter Serienmarken, die alle mit dem Stammbestandteil „via“ begönnen und in ihrem zweiten Element variierten, so etwa „viapal“, „[X.]“ oder „[X.]“. Da die Wortbildung der angegriffenen Marke diesem Prinzip entspreche, sei zu befürchten, dass der Verkehr sie als eine Serienmarke der Widersprechenden mit dem Stammbestandteil „via“ auffasse, so dass im Umfang der gelöschten Dienstleistungen „Logistikdienstleistungen auf dem Transportsektor; Beratung im Bereich Logistik“ eine mittelbare Verwechslungsgefahr bestehe. Dies gelte nicht für die angegriffenen Dienstleistungen „Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Waren“, weil die mittelbare Verwechslungsgefahr denklogisch eine Überschneidung der von den beiderseitigen Produkten und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise erfordere ([X.], [X.]. v. 19.11.2015 - 29 U 1136/15 – [X.], [X.] 2015, 20259), woran es hier fehle, weil sich die Widerspruchsprodukte und -dienste an Fachkreise und Unternehmen der Logistikbranche richteten, um diese für ihre Transport und Lagerdienstleistungen entsprechend auszustatten, so dass die Widersprechende gegenüber deren Endkunden gar nicht in Erscheinung trete, während die von der jüngeren Marke beanspruchten Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienstleistungen neben gewerblichen Abnehmern auch Privatpersonen, also allgemeine Verkehrskreise [X.]. Es fehle [X.], wenn die Marken nicht denselben Menschen begegneten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, die Vergleichswaren und -dienstleistungen seien teilweise hochgradig ähnlich. Sie beträfen alle dieselbe Logistikbranche, so dass sie ihrer Art nach miteinander übereinstimmten. Logistik als Einheit aus Transport, Umschlag/Kommissionierung und Lagerhaltung umfasse alle Aufgaben zur integrierten Planung, Koordination, Durchführung und Kontrolle der Güterflüsse sowie der güterbezogenen Informationen von den Entstehungssenken bis hin zu den Verbrauchssenken und sichere die Verfügbarkeit des richtigen Gutes, in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden und zu den richtigen Kosten. Bei der lagerbezogenen „Intralogistik“ handele es sich um ein Teilgebiet der Logistik. Die für die ältere Marke geschützten Dienstleistungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik seien inhaltlich eng mit dem Transportwesen verknüpft. Es sei durch Veröffentlichungen in der Fachpresse belegt, dass Logistikdienstleister oft auch [X.] bereitstellten bzw. Intralogistikdienstleistungen anböten, so dass sich die beteiligten Verkehrskreise überschnitten. Damit unterscheide sich der vorliegende Fall von dem der Entscheidung des [X.] ([X.]/2004-1 - [X.]itz/[X.]itz) zugrunde liegenden Sachverhalt, dass sich [X.] nicht an einen Logistikdienstleister wendeten. Jedenfalls größere Unternehmen des [X.] erbrächten nicht nur klassische Speditionsdienstleistungen, sondern auch klassische Lagerhaltungsdienste, sog. „Warehousing“. Seit geraumer Zeit hätten sich Komplettanbieter für Logistikleistungen am Markt etabliert, wie [X.] die Beschwerdegegnerin, die [X.], die [X.], die [X.] und [X.], die sowohl Lagerung und Verpackung von Waren, also Intralogistikdienstleistungen, als auch Transport und Beratungsdienstleistungen im Bereich Logistik und Warehousing erbrächten. Zudem wiesen die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen ein funktionelles Ergänzungsverhältnis auf. Komplementär seien auch für [X.] und -dienstleistungen. Besonders eng miteinander verzahnt seien das Transportieren, Umschlagen/Kommissionieren und Lagern von Waren etwa bei der Just-in-Time- und der Just-in-Sequence-Belieferung, bei der das Material beim Lieferanten gelagert werde und erst bei tatsächlichem Bedarf zum gewünschten Zeitpunkt bzw. in der durch den Fertigungsprozess vorgegebenen Reihenfolge mit Transportfahrzeugen vom Lager des Lieferanten zum Fertigungsbetrieb transportiert werde. Sowohl die Lagerung von Waren als auch Logistikdienstleistungen würden in der Regel über längere Zeiträume hinweg nachgefragt. Übereinstimmung bestehe außerdem im Verwendungszweck, in der Nutzung und in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Auch [X.] und Logistikdienstleistungen seien komplementäre Waren und Dienstleistungen, weil sie sich funktionell ergänzten. Sowohl beim Kauf einer Logistikanlage als auch bei der Inanspruchnahme von Logistikdienstleistungen gingen die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen neben den Endabnehmern auch die Hersteller und Händler der Waren sowie die Erbringer der in Rede stehenden Dienstleistungen gehörten, mit höchster Aufmerksamkeit vor.

Zudem komme der Waren- und -Dienstleistungsähnlichkeit für die vorliegende mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des [X.] eine geringere Bedeutung zu, da es für eine Markenserie gerade typisch sei, dass sie zur Kennzeichnung unterschiedlicher Waren und Dienstleistungen benutzt werde. Die ältere Marke sei Teil der aus den 2010 eingetragenen [X.] „[X.]“ (008 448 425), „viapal“ (008 448 797), „[X.]“ (008 448 839), „[X.]“ (008 448 847), „viasprint“ (008 470 727) und „viadat“ (008 448 805) sowie der 2009 registrierten [X.] Marke „via[X.]“ (30 2008 079 302) bestehenden Markenserie, deren Benutzung durch die Widersprechende und eines ihrer Konzernunternehmen auch in [X.] schon vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke aufgenommen worden sei. Zur Darlegung der Benutzung dieser Markenserie hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung ihres Marketingleiters nebst Fotografien von Messeauftritten, Marken-Benutzungsbeispielen, Titelseiten ihres Kundenmagazins, Firmen- und Produktprospekten sowie in Fachzeitschriften dokumentierte Projekte und Messeauftritte vorgelegt. Der Verkehr habe sich bereits zum Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke aufgrund der langjährigen Marktpräsenz an diese Zeichenserie gewöhnt. Das fantasievolle Element „via“ eigne sich als Stammbestandteil auch für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Logistik und Intralogistik. Zwar möge es im [X.] „[X.]“ bedeuten und im hier betroffenen Logistikbereich Assoziationen hervorrufen, damit sei es aber nicht glatt beschreibend. Zum einen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise die [X.] beherrschten, zum anderen rufe der schlagwortartige Begriff „via“ im Sinne von „[X.]“ selbst bei Verkehrsteilnehmern mit [X.] allenfalls diffuse Vorstellungen über Waren und Dienstleistungen mit Bezug zur Logistik hervor. Zudem belegten die [X.] „[X.]“ (000 415 794), die [X.]anmeldung „[X.]“ (016 570 161) und die [X.] Wortmarke „[X.]“ (30 2009 019 388), die sich teilweise auch auf Beförderungsdienstleistungen bezögen, dass die [X.] in „[X.]“ keine unmittelbar beschreibende Angabe für Dienstleistungen des Logistikbereichs sähen. Die Entscheidungen des [X.] zu „[X.] – Vorfahrt für [X.]“ (26 W (pat) 533/13) und „[X.] für [X.] [X.] BUS“ (26 W (pat) 531/13) seien nicht einschlägig. Im Übrigen schlösse auch eine Kennzeichnungsschwäche die Begründung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht aus (vgl. [X.], 61, 63 – T-control/T-Connect). Ihre Marken seien in Kleinbuchstaben geschrieben und bestünden aus zwei Silben, wobei auf die stets gleiche Anfangssilbe „via“ als zweite Silbe eine [X.] oder [X.] Bezeichnung folge, die beschreibende Assoziationen wecke. Erkennbar stünden „store“ für „Lager“, „speed“ und „sprint“ für „Schnelligkeit", „pal“ sei die Abkürzung von „Palette" (im [X.] „pallet“) und „[X.]“ das Akronym für „Daten“ (im [X.] „data“). Nach diesem Schema sei erkennbar auch die angegriffene Marke gebildet, weil sie durchgängig kleingeschrieben und zweisilbig sei und sich aus der Anfangssilbe „via“ und einer zweiten Silbe mit einem offensichtlich beschreibenden Inhalt zusammensetze. Der Verkehr tendiere dazu, auch im Wortanfang „via“ der jüngeren Marke den Stammbestandteil der Zeichenserie der Widersprechenden zu erkennen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 27. August 2013 und 26. Januar 2017 aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, und das [X.] anzuweisen, die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 008 448 318 vollständig zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Auffassung, die Vergleichswaren und -dienstleistungen seien unähnlich. Planung, Projektierung und Einrichtung von (Intra-)[X.] und alle hierfür erforderlichen technischen Ausstattungen wie Regale, Lagerbehälter, Sortier- und Förderanlagen sowie Software für die Ermittlung und Steuerung der Lagerbestände, die den Kernbereich der geschäftlichen Tätigkeit der Widersprechenden ausmachten, unterschieden sich grundlegend von den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Transportwesen, Lagerung und Verpackung von Waren“. Auch das [X.] habe festgestellt, dass zwischen Transportdienstleistungen sowie Gabelstaplern und Liften keine Ähnlichkeit bestehe (BK [X.]/2004-1 – [X.]itz/[X.]itz). Die Verfahrensbeteiligten gehörten gänzlich verschiedenen Branchen an. Hersteller von Lagereinrichtungen und Systemen zum Betreiben von Lagern böten nicht auch Transportdienstleistungen an und umgekehrt. Eine solche Verknüpfung sei branchenunüblich und widerspreche jeglicher Lebenserfahrung und Praxis. Zudem seien die Abnehmerkreise unterschiedlich. Während sich die angegriffenen Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienste an Nachfrager richteten, die einen allgemeinen Bedarf an logistischer Abwicklung ihrer Lieferungen hätten, sprächen die Ingenieurs- und technischen Beratungsdienstleistungen Unternehmen mit Bedarf an technischer Problemlösung an. Wer einen Bedarf an externer Logistik habe, bemühe sich um eine umfassende logistische Abwicklung durch ein Unternehmen. Er setze sich nicht mit einer Vielzahl von Unternehmen auseinander, aus deren Einzelleistungen ein logistischer Prozess zusammengesetzt werde. Zur Begründung einer Dienstleistungsähnlichkeit reiche die Zuordnung unter einen gemeinsamen sprachlichen Oberbegriff nicht aus, zumal es sich bei „Logistik“ um einen Begriff mit erheblichem Abstraktionsgrad und einer damit einhergehenden erheblichen Reichweite handele. Der Gesamtumsatz der [X.] Logistikbranche werde auf über 250 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Daher bedürfe die Betrachtung einzelner Dienstleistungen aus diesem Bereich einer besonders genauen Differenzierung. Wenngleich im Logistikbereich einige Komplettanbieter Verpackung, Lagerung und Transport einschließlich aller erforderlichen Zwischenschritte als Gesamtangebot auch schon zum Anmeldetag der jüngeren Marke angeboten hätten, begründe dieser Umstand keine Dienstleistungsähnlichkeit, weil sie keine Ingenieurs- oder technische Beratungsdienstleistung erbracht, sondern allenfalls logistische Probleme gelöst hätten. Es sei das Wesen von Ingenieurs- und technischen Beratungsdienstleistungen, dass sie den [X.] und die ihm vorgelagerten Stufen der Produktions- und Dienstleistungskette ergänzten. Auch das [X.] habe in seiner Entscheidung zu „[X.]“ ([X.], 731) eine Ähnlichkeit zwischen „Ketten und daraus hergestellten Förderanlagen und Hebevorrichtungen“ und den diesen vorausgehenden „Ingenieurberatungen“ mit der Begründung verneint, dass letztere als unselbständige Hilfsdienstleistungen anzusehen seien, die in der Regel mit der Hauptleistung verrechnet würden. Ingenieurs- oder technische Beratungsdienstleistungen würden situativ nachgefragt, während Transportdienstleistungen üblicherweise in eine langfristige Produktions- und Vermarktungsstrategie eingebunden seien. Die nicht-technische Abstimmung von Verpackung, Lagerung und Transport sei integraler Bestandteil einer logistischen Gesamtleistung. Sofern eine Ingenieurs- oder technische Beratungsdienstleistung der Abstimmung logistischer Prozesse diene, sei diese nur auf die Lösung technischer Probleme ausgelegt und bediene einen fremden Abstimmungsbedarf. Auch die Einordnung der sich noch gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen in unterschiedliche Klassen spreche gegen eine Ähnlichkeit. Die für die Widerspruchsmarke eingetragenen „Ingenieurdienstleistungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik; technische Beratung, einschließlich technische Projektplanung und technisches Projektmanagement in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ seien eine Konkretisierung der in [X.] aufgeführten Begriffe „Dienstleistungen von Ingenieuren“ und „Durchführung von technischen Projektplanungen“. Als Hilfsdienstleistungen wiesen sie zu den Lagerungs-, Verpackungs- und Transportdienstleistungen der jüngeren Marke keinen Bezug auf. Etwaige funktionelle Beziehungen zwischen den vorgenannten Vergleichsdienstleistungen könnten keine Ähnlichkeit begründen, solange dadurch nicht ein gemeinsamer betrieblicher Verantwortungsbereich nahegelegt werde ([X.] GRUR 2002, 345, 347 – [X.] BOY/Boy). Verpackungs-, Lagerungs- und Transportdienstleister seien nicht zwingend auf Ingenieurs- und technische Beratungsdienstleistungen angewiesen, so dass kein unmittelbarer Ermöglichungszusammenhang im engeren Sinne bestehe. Aber selbst ein Ermöglichungszusammenhang zwischen Druckereierzeugnissen und Papier für [X.] sei vom [X.] nicht als Produktähnlichkeit anerkannt worden ([X.] [X.], 176 [X.]. 19 – [X.]/[X.]). Trotz einer wesentlich höheren Übereinstimmung im Verwendungszweck sei vom [X.] eine Ähnlichkeit zwischen „Kraftfahrzeugen, nämlich [X.] und Kleinomnibussen“ und „Transport“ ([X.] 29 W (pat) 393/98 – [X.]) genauso verneint worden wie zwischen „Werbung“ und „Filmvermietung, Filmvorführung“ ([X.], [X.], 4. Aufl. 2009, § 14 [X.]. 733), obwohl Werbung einen integralen Bestandteil der Filmindustrie darstelle.

Sowohl die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der jüngeren Marke als auch die für die ältere Marke registrierten Ingenieurs- und technischen Beratungsdienste sprächen ein gut informiertes und aufmerksames Fachpublikum an, das ihnen mit erhöhter Aufmerksamkeit begegne. Bei der Auswahl des Anbieters zwecks Beschaffung einer Lageranlage sei schon wegen der Größe des Projekts und des [X.] von sorgfältigem Vorgehen und einer gesteigerten Aufmerksamkeit auszugehen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als unterdurchschnittlich einzustufen. Sie sei aus zwei beschreibenden Begriffen zusammengesetzt (vgl. [X.] GRUR 2014, 1204 – [X.]). Das [X.] Wort „via“ im Sinne von „[X.], Weg“ sei den angesprochenen Verkehrskreisen durchaus geläufig, zumal nach wie vor [X.] als Fremdsprache an Gymnasien unterrichtet werde und „via“ auch in der [X.], [X.] und [X.] mit dieser Bedeutung existiere. Zudem werde „via“ im [X.] und [X.] als Präposition „via“ mit dem Bedeutungsgehalt „über/per/mittels“, etwa im Ausdruck „via E-Mail“ verwendet. In beiden Fällen bestehe ein beschreibender Anklang hinsichtlich einer auf die Zurücklegung eines Weges bezogenen Dienstleistung. Für Waren und Dienstleistungen des Transport- und Logistikwesens sei es daher als kennzeichnungsschwach und verbraucht anzusehen. Denn in [X.] seien 1.097 Marken mit dem Bestandteil „via“ geschützt. Allein in [X.] gebe es ca. 300 Marken mit diesem Element, wie [X.] viatum (305 34 535), „[X.]LOG“ (397 35 625), „[X.]MO“ (302 08 683), „[X.]TIME“ ([X.]), „[X.]VERA“ ([X.] 002 548 378), „vianeo“ [X.] 003 036 019), „[X.]PARK“ ([X.] 003 682 226) und „[X.]TOLL“ (IR 1 093 402). Die Kennzeichnungskraft von „via“ werde zudem durch benutzte ältere [X.] mit diesem Bestandteil geschwächt. Vor dem Anmeldetag der jüngeren Marke seien neben den vier bereits vom [X.] genannten Unternehmen [X.], [X.] Logistik GmbH, via logis, [X.] auch die Firma [X.] mit einem jährlichen Umsatz von 230 Millionen [X.] in [X.] tätig gewesen. Ferner seien von 2000 bis zum vorgenannten Anmeldezeitpunkt 16 Marken mit dem Element „via“ für die [X.] eingetragen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 12 und 13 des Schriftsatzes der Beschwerdegegnerin vom 28. April 2022 Bezug genommen. Das [X.] Substantiv „store“ könne mit „Lager“ oder „(Verkaufs-)Laden“ übersetzt werden. Als [X.]s Verb bedeute es „(etw.) lagern“. Die Wortkombination „viastore“ lasse sich mit Laden für Waren und Dienstleistungen, die auf die Zurücklegung eines Weges bezogen seien, als Lager für Waren, die einen Weg zurücklegten, oder als Logistiklösung über („via“) die Lagerung von Waren („store“) übersetzen, wobei es sich bei allen Varianten stets um beschreibende Logistikangaben handele. Die mangelnde originäre Kennzeichnungskraft sei nicht durch eine besondere Bekanntheit infolge intensiver Benutzung kompensiert worden, weil der von der Widersprechenden angegebene Umsatz nur einen Bruchteil von 2 % des Jahresumsatzes der Beschwerdegegnerin ausmache.

Die Vergleichsmarken verfügten zwar über den gleichen Wortanfang, aber die Unterschiede zwischen „[X.]“ und „store“ seien unverkennbar. Der Vokalfolge „[X.]“ der jüngeren Marke stehe das ältere Markenwort mit der [X.] „ia-o“ gegenüber.

Da es an einem kennzeichnungskräftigen Stammbestandteil und an der erforderlichen [X.] fehle und von einer gesteigerten Aufmerksamkeit der Verkehrskreise auszugehen sei, komme auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht. Zudem sei eine aktuelle Benutzung der Markenserie der Widersprechenden nicht nachgewiesen. Die angegriffene Marke weise auch nicht die gleiche Struktur wie die Markenserie der Widersprechenden auf, bei der dem Wort „via“ ein einsilbiges [X.]s Wort mit beschreibendem Begriffsinhalt nachgestellt sei. Im Gegensatz zu den Substantiven „store“, „speed“ oder deren Abkürzungen „pal“, „dat“ bzw. „[X.]“ handele es sich bei „[X.]“ um kein gebräuchliches Nomen. Es leite sich vom [X.]n Adjektiv „[X.]ibilis“ für „biegsam“ ab, sei in den [X.] Wörtern „[X.]ibel“ und „Flexibilität“ enthalten und deute auf ein besonders anpassungsfähiges Geschäftsmodell hin. Der Widerspruchsmarke fehle das markante „x“. Keine der Marken der Widersprechenden enthalte eine Nachsilbe mit einem kurzen „e“. Ferner eigne sich der Bestandteil „via“ schon mangels Eigenständigkeit nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie. Er trete allenfalls in den Marken „viastore“ und „[X.]“ als eigenständiger Bestandteil hervor, weil der inländische Verkehr die [X.] „store“ und „speed“ ihrer Bedeutung nach kenne, nicht aber in „viapal“, „viadat“ und „via[X.]“, bei denen eine Eigenständigkeit schon angesichts ihrer Kürze fernliege. Die Vorsilbe „via“ sei nicht derart geläufig, dass sich eine Gliederung des Gesamtwortes „vom Anfang her“ aufdränge. Zudem sei wegen der in der [X.] Sprache seltenen Folge zweier Vokale auch eine Gliederung in die Bestandteile „vi-apal“, „vi-adat“ bzw. „vi-a[X.]“ nicht abwegig.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 13. Dezember 2018 und 24. Februar 2022, jeweils unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 3, [X.]. 190 - 212 [X.] im Parallelverfahren 26 W (pat) 19/17 sowie Anlagen 1 bis Anlage 2, [X.]. 254 - 271 [X.]) sind die Verfahrensbeteiligten auf vorläufige Rechtsauffassungen des [X.]s hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Zwischen der angegriffenen Wortmarke „via[X.]“ und der älteren [X.] „viastore“ besteht auch in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Waren“ der [X.] die Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 119 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Da die Anmeldung der angegriffenen Marke nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen die Eintragung erhobenen Widerspruch die Bestimmung des § 42 Absatz 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. [X.] GRUR 2020, 52 [X.]. 41 - 43 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 356 [X.]. 45 f. – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2021, 482 [X.]. 24 – [X.]; GRUR 2021, 724 [X.]. 31 – [X.]/PURE [X.] m. w. N.).

1. Nach der hier maßgeblichen [X.] sind die Vergleichsdienstleistungen durchschnittlich ähnlich.

a) Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Art und Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und [X.], ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] [X.], 356 [X.]. 65 – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2021, 724 [X.]. 36 – [X.]/PURE [X.]; [X.], 176 [X.]. 16 – [X.]/[X.]). Das stärkste Gewicht kommt im Hinblick auf die Herkunftsfunktion der Marke der regelmäßigen betrieblichen Herkunft, also dem gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich für die Qualität der Waren und/oder Dienstleistungen zu, während der regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsstätte ein geringeres Gewicht zugemessen wird ([X.] GRUR 2014, 488 [X.]. 16 – [X.]/[X.] m. w. N.). Erforderlich im Sinne einer funktionellen Ergänzung von Waren und Dienstleistungen ist ein enger Zusammenhang in dem Sinne, dass die Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist ([X.] 30 W (pat) 6/20 – [X.]/[X.]; 30 W (pat) 22/19 – [X.]/CRET; 28 W (pat) 46/12 – [X.]/[X.]; 26 W (pat) 18/14 – [X.]/CADA; 24 W (pat) 517/10 – [X.] Dessous & Cosmetics/[X.]).

Angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen sind für die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit in erster Linie Art und Einsatzzweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen, die wirtschaftliche Bedeutung sowie die Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden ([X.] GRUR 2018, 79 [X.]. 11 – [X.]/[X.]; GRUR 2016, 382 [X.]. 21 -BioGourmet; GRUR 2002, 544, 546 – [X.]; [X.], 164, 165 – Wintergarten). Daneben kommt der branchenmäßigen Nähe beider Dienstleistungen eine maßgebliche Rolle zu ([X.] 25 W (pat) 44/17 – Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH [X.]/[X.]; 26 W (pat) 530/13 – Bildmarke/[X.]; 30 W (pat) 105/09 – [X.] mit Werkzeugen zur Klauenpflege im wappenartigen Rahmen/dito; 28 W (pat) 47/06 - isitec/[X.]/[X.]). Der Umstand, dass eine Dienstleistung unter Zuhilfenahme einer branchenfremden Dienstleistung erbracht wird, kann nicht zu einer Ähnlichkeit der beiden Dienstleistungen untereinander führen ([X.] 26 W (pat) 530/13 – Bildmarke/[X.] m. w. N.).

Im Vergleich zwischen Waren und Dienstleistungen ist zu berücksichtigen, dass Dienstleistungen generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen, soweit sie Waren hervorbringen, ohne weiteres als ähnlich anzusehen sind. Besondere Umstände können jedoch die Feststellung der Ähnlichkeit nahelegen, wenn beim angesprochenen Verkehr der Eindruck entsteht, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens (vgl. [X.] GRUR 1999, 586 [X.]. 22 – [X.]). Dies kann der Fall sein, wenn sich das Dienstleistungsunternehmen selbständig auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Ware befasst oder der Warenhersteller oder -vertreiber sich auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt (vgl. [X.] [X.], 1145 [X.]. 35 – [X.]; [X.] 27 W (pat) 506/17 – [X.] professional/KODi).

Von einer absoluten Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (st. Rspr.: [X.] a. a. O. – [X.]/PURE [X.]; a. a. [X.]. 17 – [X.]/[X.]). Eine absolute Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (st. Rspr.; vgl. nur [X.] GRUR Int. 2009, [X.]. 34 – [X.]/[X.] [[X.] [X.]]; [X.] GRUR a. a. [X.]. 10 – [X.]/[X.] m. w. N.; a. a. [X.]. 9 – [X.]/[X.]).

b) Den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der jüngeren Marke „Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Waren“ der [X.] kommen die [X.] „betriebswirtschaftliche Beratung und Organisationsberatung in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ der [X.] und „Ingenieurdienstleistungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik; technische Beratung, einschließlich technische Projektplanung und technisches Projektmanagement in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ der [X.] am nächsten.

aa) Alle vorgenannten, sich gegenüberstehenden Dienstleistungen gehören derselben Branche, nämlich der Logistikbranche an. Diese ist ein Wirtschaftszweig, der sich mit der Planung, Steuerung, Optimierung und Durchführung von Güter-, Informations- und Personenströmen befasst. Zu diesen Strömen zählen das Transportieren, Umschlagen, Lagern, Kommissionieren, Sortieren, Verpacken und Verteilen (https://de.wikipedia.org/wiki/Logistik; https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/logistik-40330). Der Transport ist neben dem Lagern und dem Umschlagen einer der drei Hauptprozesse („[X.]“) der Logistik. Transport sowie Lagerung und Verpackung von Waren bilden daher einen Teil der Logistik, sie unterfallen den logistischen Teilgebieten „Transportlogistik“ und „Lagerlogistik“. Der innerbetriebliche Transport wird als Intralogistik bezeichnet. Er bewegt sich innerhalb eines Standortes, etwa in einer Fabrik oder Betriebsstätte, als Werkverkehr zwischen mehreren Standorten und ist durch kurze Transportwege und Fahrzeiten gekennzeichnet (https://de.wikipedia.org/wiki/Transport). Da auch sämtliche in Rede stehenden Beratungs- und Planungsdienste der Widersprechenden ausdrücklich „in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ erbracht werden, liegt daher eine branchenmäßige Nähe vor, die für die Frage der Ähnlichkeit von wesentlicher Bedeutung ist.

bb) Die genannten Vergleichsdienstleistungen stimmen aber auch im Einsatzzweck und im Nutzen für die Dienstleistungsempfänger überein. Sowohl die operativen Logistikleistungen der angegriffenen Marke als auch die darauf bezogenen Beratungs- und Planungsdienste der Widerspruchsmarke dienen dem gemeinsamen Zweck einer optimierten und damit für ihre Kunden vorteilhaften Durchführung von Warentransporten und deren Lagerung.

cc) Ferner sind die Beratungs- und Planungsdienstleistungen der Widersprechenden in den Bereichen der Logistik und Intralogistik für eine optimale Vorbereitung und/oder Begleitung der beschwerdegegenständlichen, angegriffenen Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienstleistungen wichtig, so dass sie sich funktionell ergänzen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin geht der [X.] in seinem Beschluss zu „[X.]/[X.]“ ([X.], 176) nicht auf die Frage eines solchen (funktionellen) [X.] ein. Er hat dort nur bestätigt, dass es an einem funktionalen Zusammenhang zwischen zwei Waren, nämlich „Papier für [X.]“ und „Printmedien, nämlich Druckschriften, Druckerzeugnisse …“ fehle, weil schon der Verwendungszweck des Papiers von vornherein beschränkt sei, das [X.] nicht festgestellt habe, dass ein Hersteller von Printmedien in der Regel Kopierpapier verwende, und Vervielfältigungen von Printmedien von Erwerbern und Nutzern, aber nicht von den Herstellern angefertigt würden.

dd) Da es schon vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke Unternehmen gegeben hat, die neben Transport- und Lagerdienstleistungen auch Planung und Beratung im Logistik- und Intralogistikbereich angeboten haben, liegt sogar eine Überschneidung bei den Erbringungsstätten vor ([X.] 1 zum zweiten gerichtlichen Hinweis):

- „[X.] mietet ehemalige DURAmotive-Immobilie an … Über die [X.]…Unter dem Dach der [X.] befinden sich die Friedrich Zufall GmbH & Co. KG Internationale Spedition, Axthelm + Zufall GmbH & Co. KG Internationale Spedition, [X.], [X.] Logistik, Management & Consulting GmbH, [X.] und [X.] – [X.] GmbH. Als Logistik-Komplettanbieter ist die [X.] an 11 Standorten mit rund 1.500 Mitarbeitern – darunter 115 Auszubildende – in den Regionen Südniedersachsen, [X.], Thüringen sowie [X.] aktiv. …“ ([X.], [X.]);
- „gbl – global brands logistics GmbH – Logistik und Beschaffung … Pick, pack and provide – we deliver happiness - Seit 2009 ist [X.] ein Komplettanbieter in der Kontraktlogistik und im Fulfillment und realisiert individuelle Logistik-Lösungen für international agierende Konzerne sowie für kleine und mittelständische Unternehmen“ ([X.]);

- „…Rhenus wurde 1998 von der [X.] übernommen und trat danach als Komplettanbieter für logistische Dienstleistungen auf. … die in Rhenus AG & Co. KG umfirmierte Führungsgesellschaft mit mehreren Geschäftsfeldern: [X.] (Kontraktlogistik), [X.] ([X.] und Binnenhäfen), Intermodal (Umschlag und Transport im Containerverkehr), [X.]“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Rhenus);

- „[X.] präsentiert sich auf der Pack & Move 2010 als Komplettanbieter für Intralogistik-Lösungen … setzt [X.] konsequent die Strategie fort, Kunden ein komplettes Angebot an Logistiklösungen zu bieten. Zusätzlich zu den [X.] als Generalunternehmer im Bereich der Intralogistik kann [X.] damit integrierte Lösungen für die Handhabung von Paletten, Kartons, Tabletts oder Behältern bieten. Kunden profitieren davon, dass sie Systeme, Lösungen und Dienstleistungen aus einer Hand beziehen können: Von der Planung über die Umsetzung bis hin zum Betrieb und laufenden Support arbeiten sie mit einem einzigen Partner zusammen. …“ (01.09.2010; [X.]/).

ee) Allerdings unterscheiden sich die Vergleichsdienstleistungen in ihrer [X.].

aaa) Während bei der Erbringung der angegriffenen operativen Logistikdienstleistungen „Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Waren“ eher der körperliche und maschinellen Einsatz im Vordergrund steht, nämlich die Ortsveränderung von Gütern durch Transportmittel bzw. das Abstellen, Aufbewahren und Einpacken von Waren, sind die auf technische und organisatorische Beratung und Planung logistischer Prozesse gerichteten [X.] vorwiegend geistiger Natur. Daher weist die [X.] Unterschiede auf.

bbb) Die Dienstleistungen der älteren Marke werden zudem eher vorbereitend, also auf einer vorgelagerten Stufe, und/oder begleitend erbracht, während die angegriffenen Dienstleistungen quasi als deren Ziel fungieren.

c) Angesichts der [X.], der Übereinstimmung im Einsatzzweck und Nutzen, der funktionellen Ergänzung und der Überschneidung bei den Erbringungsstätten liegen zwischen den beschwerdegegenständlichen Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienstleistungen der angegriffenen Marke und den [X.] der Widersprechenden jedoch in einem Umfang wirtschaftliche Berührungspunkte vor, die die Annahme einer durchschnittlichen Ähnlichkeit rechtfertigen. Aber selbst wenn nur von einer geringen Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen wäre, würde diese angesichts normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und klanglicher Markenidentität, worauf an späterer Stelle noch eingegangen wird, zur Bejahung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr vollkommen ausreichen.

d) Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin haben [X.] keine unmittelbare Bedeutung für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen ([X.] GRUR 2020, 870 [X.]. 24 – [X.]/[X.]; [X.], 1058 [X.]. 15 – KNEIPP), so dass es unerheblich ist, dass die angegriffenen Dienste der [X.] unterfallen und die [X.] in den Klassen 35 und 42 registriert sind. Die Klasseneinteilung dient vornehmlich Verwaltungs-, insbesondere Gebührenzwecken. Daher können auch Dienstleistungen, die verschiedenen Klassen angehören, ähnlich und umgekehrt Dienstleistungen derselben Klasse unähnlich sein.

e) Entgegen der Auffassung der Inhaberin der jüngeren Marke handelt es sich bei den für die ältere Marke geschützten Beratungs- und Planungsdiensten auch nicht um unselbständige Hilfsdienstleistungen. In der dazu von ihr angeführten Entscheidung des [X.] ([X.], 731 – [X.]) standen den [X.] die Waren „Ketten und daraus hergestellte Förderanlagen und Hebevorrichtungen“ gegenüber. Bei den Ingenieurberatungen handelte es sich nicht - wie hier - um selbständige, entgeltliche Dienstleistungen, sondern um solche, die nur zum Zweck des [X.]es erbracht und nicht gesondert abgerechnet wurden. Sie stellten nur das Hilfsmittel zur Förderung des [X.]es dar. Vorliegend werden die Beratungs- und Planungsdienste der Widersprechenden aber völlig unabhängig von einem [X.] angeboten und vergütet und treten damit in eigenständigen Wettbewerb zu anderen Dienstleistern.

f) Auch die von der Beschwerdegegnerin genannte [X.]-Entscheidung zu „[X.]/[X.] (29 W (pat) 393/98) führt zu keiner anderen Einschätzung, weil es auch dort um einen Vergleich zwischen Dienstleistung und Waren und nicht - wie hier - um einen reinen [X.] ging, nämlich die Frage der Ähnlichkeit der Dienstleistung „Transport“ mit den Waren „Kraftfahrzeuge, nämlich Kleinlaster und Kleinomnibusse“. Bei einem Vergleich von Waren und Dienstleistungen kommt es darauf an, ob das Dienstleistungsunternehmen selbständig auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Ware befasst oder der Warenhersteller oder -vertreiber sich auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt. Dies konnte damals nicht festgestellt werden, weshalb eine Ähnlichkeit verneint wurde. Diese Problematik stellt sich bei einem reinen [X.] nicht.

g) Auch die Entscheidung des [X.] zu „[X.]itz/BLITZ“ ([X.]/2004-1) ist nicht übertragbar, weil sich dort die Waren „Gabelstapler und Lifte“ und Transportdienstleistungen gegenüberstanden und nicht - wie hier - nur Dienstleistungen.

h) Soweit die Ähnlichkeit zwischen der Dienstleistung „Werbung“ einerseits und den Dienstleistungen „Filmvermietung, Filmvorführung“ andererseits ([X.]E 28, 131 – Lupe, zitiert in [X.], [X.], 4. Aufl. 2009, § 14 [X.]. 733) verneint worden ist, ist diese Fallgestaltung ebenfalls nicht vergleichbar. Denn dort wurde festgestellt, dass diese Dienste in grundverschiedenen Branchen erbracht werden, nämlich von Werbeagenturen einerseits und von Filmtheatern und Filmverleihern andererseits, während vorliegend branchenmäßige Nähe gegeben ist.

i) Eine Ähnlichkeit zwischen den beschwerdegegenständlichen Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienstleistungen der jüngeren Marke und den für die Widerspruchsmarke geschützten Waren der Klassen 6, 7, 9, 12 und 20 sowie zu den Handelsdienstleistungen der [X.], den Reparatur-, Telekommunikations-, Schulungs- und EDV-Dienstleistungen der Klassen 37, 38, 41 und 42 kommt nicht in Betracht. Insbesondere hat der [X.] nicht feststellen können, dass Produzenten von Lager(Regalen) sowie maschinellen und sonstigen Ausrüstungen von Anlagen der Logistik und der Intralogistik einschließlich Softwareerstellung gleichzeitig Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienste anbieten. Logistikdienstleister stellen wiederum keine Lageranlagen her oder entwickeln Systeme zu deren Betrieb.

2. Die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen richten sich in erster Linie an Entscheidungsträger in Unternehmen der Logistikbranche, gewerbliche Kunden mit Bedarf an Logistik und logistikbezogenen Begleitdienstleistungen sowie an den Logistikfachverkehr, die alle bei der Auswahl dieser Dienstleistungen sorgfältig und daher mit erhöhter Aufmerksamkeit vorgehen. Dies gilt auch soweit die Dienstleistung „Transportwesen“ vom Durchschnittsverbraucher in Anspruch genommen wird, wie [X.] bei Umzügen.

3. Der Unionswiderspruchswortmarke „viastore“ kommt eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

a) Ihr Schutzumfang ist von Haus aus normal.

aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] GRUR 2010, 1096 [X.]. 31 – BORCO/[X.] [Buchstabe a]; [X.] GRUR 2020, 870 [X.]. 41 – [X.]/[X.]). Dabei ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung abzustellen. Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft ([X.] WRP 2015, 1358 [X.]. 10 – [X.]/[X.]solar; [X.], 1040 [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ([X.] a. a. O. – [X.]/[X.]).

bb) Die ältere Marke setzt sich aus den Bestandteilen „via“ und „store“ zusammen.

aaa) Das Wort „via“ stammt aus dem [X.] und ist mit „Weg, [X.]“ zu übersetzen (Anlage 1 zum ersten Hinweis).

(1) Allerdings sind Wörter toter Sprachen wie [X.] oder Altgriechisch nach ständiger Rechtsprechung zur unmittelbaren Produktbeschreibung grundsätzlich ungeeignet, sofern sie nicht mit identischer Bedeutung in den [X.] Sprachgebrauch eingegangen sind oder auf dem entsprechenden Sektor als Fachsprache verwendet werden, wie [X.] in der Medizin oder Botanik ([X.] GRUR 2010, 534 [X.]. 25 - 31 – Prana Haus/[X.] [[X.]]; [X.] 25 W (pat) 87/14 – Universum; 30 W (pat) 539/10 – [X.] VERLAG; [X.], 58 – [X.]; 26 W (pat) 524/17 – aurea/AUR[X.]; 26 W (pat) 526/21 – [X.]/CRUZ).

(1.1) Das Wort „via“ ist mit der Bedeutung „Weg, [X.]“ jedoch nicht in den allgemeinen [X.] Sprachgebrauch eingegangen und [X.] stellt keine Fachsprache im Bereich der ([X.] dar.

(1.2) Soweit das inländische Publikum bei der Suche nach Hotels für Reisen ins beliebte Urlaubsland [X.] auf „via“ zur [X.]nbezeichnung bei [X.] Adressen trifft oder Sehenswürdigkeiten, wie [X.] die „[X.]“ als noch heute vorhandene antike Römerstraße ([X.]; [X.] = Anlage 2 zum ersten gerichtlichen Hinweis) oder die „[X.]“ als einen nach dem Leidensweg [X.] benannter Prozessionsweg in [X.] (https://de.wikipedia.org/wiki/Via_Dolorosa = Anlage 2 zum ersten gerichtlichen Hinweis), kennt, ist ihm der Begriff „via“ nie in Alleinstellung, sondern immer mit Zusätzen begegnet.

(2) Auch soweit dem [X.] das Wort „via“ mit der Bedeutung „[X.]“ aus dem [X.] Grundwortschatz (Giovannelli, Grund- und Aufbauwortschatz [X.]isch, 1991, [X.]) und in der Schreibweise „vίa“ auch aus dem [X.] Grundwortschatz (Heupel, Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 1995, [X.]) bekannt sein sollte, hat er dieses Wort nicht ernsthaft als Hinweis auf den Transportweg „[X.]“ aufgefasst. Denn im [X.]ischen heißt „Transport auf der [X.]“ „[X.]“ ([X.], Handwörterbuch [X.]isch, 2009, S. 1919). Das [X.] Äquivalent für „[X.]ntransport“ lautet „transporte [X.]“ ([X.], Handwörterbuch [X.], 2006, S. 1312).

(3) Außerdem erwartet der inländische [X.] der ([X.]branche [X.] oder englisch-[X.] Fachbegriffe, mit denen er täglich umgeht, wie z. B. „Warehousing“, „[X.]“, „[X.]“ oder „Just-in-Sequence-Belieferung“, aber keinen Begriff aus einer [X.]n bzw. [X.]. Im [X.] wird „[X.]ntransport“ mit „road transport ([X.])“, „[X.]“, „haulage“ oder „transport of goods by road ([X.])“ übersetzt (v. Eichborn, [X.], 1996, [X.], S. 602).

(4) Hinzu kommt, dass „via“ aus Sicht der Fachkreise auch nicht auf „[X.]nlogistik“ hinweisen kann, weil „[X.]nlogistik“ im Gegensatz zu „Lagerlogistik“ kein logistisches Teilgebiet und damit kein gängiger Fachbegriff ist. In der Logistik stellt die [X.] nur einen möglichen Transportweg im logistischen Teilgebiet der „Transportlogistik“ dar (https://de.wikipedia.org/wiki/Logistik#Teilbereiche_der_Logistik), bei der es um die Planung und Durchführung von Maßnahmen zur optimalen Gestaltung des Transportes bei der Wahl der Transportmittel, der Transportwege, Beladung und Entladung geht. Das aus dem [X.] stammende und in [X.]n mit „[X.]/Weg“ zu übersetzende „via“ wird daher weder vom angesprochenen inländischen Fachpublikum noch vom Durchschnittsverbraucher als schlagwortartiger Sachhinweis auf die Art des Transportweges und damit auf den Gegenstand der vorgenannten Dienstleistungen verstanden.

(5) Dagegen ist im [X.] Sprachgebrauch „via“ als Präposition im Sinne von „(auf dem Weg, auf der Strecke) über; durch“ geläufig (https://www.duden.de/rechtschreibung/via). Dabei zeigen die lexikalischen Beispiele „via [X.] nach [X.] fliegen, reisen“ oder „sie forderten ihn via Verwaltungsgericht zu sofortiger Zahlung auf“, dass „über“ und „durch“ nicht im räumlichen Sinne, sondern wie „per“ im Sinne von „mittels, unter Zuhilfenahme“ zu verstehen sind (https://www.duden.de/rechtschreibung/durch_mittels; https://www.duden.de/rechtschreibung/per). Mit den identischen Übersetzungen „über, per“ gehört „via“ auch in der [X.] und [X.] zum jeweiligen Grundwortschatz ([X.], [X.] Grundwortschatz [X.], 2000, [X.]; [X.], [X.] Grundwortschatz [X.], 2002, S. 164).

(6) Aufgrund der Positionierung am Wortbeginn steht auch aus Sicht des [X.]s die gleichnamige, sowohl in der [X.] als auch in der [X.] Sprache geläufige Präposition im Sinne von „über/per“ bzw. „mittels“ im Vordergrund, zumal „via“ in diesem Sinne auch häufig in der Logistik verwendet wird, wie die im zweiten gerichtlichen Hinweis auf Seite 5 genannten Beispiele zeigen:

- „via Kran be- und entladen“ (https://www.set-goeppingen.de/de/),

- „Beschaffungslogistik via [X.]“ (https://www.logistik-outsourcing.org),

- „Organisation von Leergestelltransporten via Tieflader“ (https://www.hubert-winnen.de/wordpress/?page_id=14),

- „Lieferantenmanagement via Supplier Relationship Management-Tools ([X.])“ (https://www.ebp-consulting.com/de/branchen/automobilzulieferer).

Als Präposition in Alleinstellung kommt dem Wort „via“ aber ebenfalls kein dienstleistungsbeschreibender Charakter für die in Rede stehenden Beratungs- und Planungsdienstleistungen zu. Dagegen sprechen auch nicht die Entscheidungen des [X.] zu „[X.] – Vorfahrt für [X.]“ (26 W (pat) 533/13) und „[X.] für [X.] [X.] BUS“ (26 W (pat) 531/13), weil „via“ dort im Kontext und nicht in Alleinstellung verwendet worden ist.

bbb) Das dem [X.] Grundwortschatz entstammende „store“ wird als Substantiv mit „Vorrat; Lager“ und als Verb mit „aufbewahren“ übersetzt (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, [X.]). Im Hinblick darauf, dass „Lagerlogistik“ ein logitisches Teilgebiet darstellt und damit ein gängiger Fachbegriff ist, gibt „store“ den Gegenstand der [X.] an, nämlich dass sich diese auf das logistische Teilgebiet „Lager(-logistik)“ spezialisiert haben.

cc) Die Wortkombination „viastore“ bedeutet somit insgesamt „[X.]n-/Wege-/-lager/-vorrat“, „Lager/Vorrat an der [X.]/am Weg“ oder „(auf dem Weg, auf der Strecke) über/durch das/ein Lager“ bzw. „mittels/unter Zuhilfenahme des/eines Lagers“.

dd) Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise vermittelt das ältere Markenwort „viastore“ damit keinen verständlichen Aussagegehalt über die Widerspruchsdienste „betriebswirtschaftliche Beratung und Organisationsberatung in den Bereichen Logistik und Intralogitik“ der [X.] und „Ingenieurdienstleistungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik; technische Beratung, einschließlich technische Projektplanung und technisches Projektmanagement in den Bereichen Logistik und Intralogistik“ der [X.].

aaa) Soweit es im Sinne des auch lexikalisch nicht nachweisbaren Begriffs „[X.]nlager“ oder als „Lager an der [X.]“ verstanden wird, fehlt es an einer sinnvollen [X.]angabe für die so gekennzeichneten Beratungs- und Planungsdienstleistungen der Widersprechenden in den Bereichen Logistik und Intralogistik. Es ist eine selbstverständliche Tatsache, dass sich Lager(gebäude) an einer [X.] befinden, damit sie mit Transportmitteln angefahren werden können. In der Logistik existiert der Begriff „[X.]nlager“ nicht. Sofern er die Tatsache umschreiben sollte, dass aufgrund der Reduzierung von Lagerkapazitäten das Transportfahrzeug auf der [X.] häufig als Lager fungiert, bedarf es zu diesem Verständnis mehrerer gedanklicher Zwischenschritte. Eine solche analysierende Betrachtungsweise ist unzulässig, um zu einem beschreibenden Gehalt zu gelangen. Es gibt daher keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Beratungs- und Planungsdienstleistungen in den Bereichen Logistik und Intralogistik speziell mit sog. [X.]nlagern bzw. Lagergebäuden an der [X.] befassen, so dass das ältere Markenwort nicht in der Lage ist, den [X.] oder Eigenschaften der vorgenannten Dienste in irgendeiner Weise sinnvoll zu beschreiben.

bbb) Im Inland steht zudem das Verständnis von „via“ als Präposition mit der Bedeutung „über/per“ bzw. „mittels, unter Zuhilfenahme“, wie etwa in den Ausdrücken „via E-Mail“ oder „Flug via [X.]“ im Vordergrund. Aber auch die Gesamtbedeutung „über/durch das/ein Lager“ bzw. „mittels/unter Zuhilfenahme des/eines Lagers“ stellt keine sinnvolle, ohne weiteres verständliche beschreibende Angabe über die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Beratungs- und Planungsdienstleistungen der Widersprechenden dar.

ccc) Die von der Beschwerdegegnerin vorgenommenen Übersetzungs- und Deutungsversuche als „Laden für Waren und Dienstleistungen, die auf die Zurücklegung eines Weges bezogen sind“, „Lager für Waren, die einen Weg zurücklegten“ oder „Logistiklösung über („via“) die Lagerung von Waren („store“)“ zeigen ebenfalls, dass der unüblichen, romanisch-[X.] Wortkombination „viastore“ nur eine diffuse, uneinheitliche Bedeutung zukommt.

b) Diese normale Kennzeichnungskraft wird entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht durch [X.] geschwächt.

aa) Eine solche Schwächung, die einen Ausnahmetatbestand darstellt, setzt voraus, dass die [X.] auf gleichen oder eng benachbarten Waren oder Dienstleistungen und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken. [X.] kann dabei auch nur eine beträchtliche Anzahl ähnlicher [X.] sein (so sind [X.] drei [X.] nicht als ausreichend angesehen worden: [X.] GRUR 1967, 246, 248 – [X.]; [X.] 29 W (pat) 553/12 – [X.]/[X.]). Die Benutzung der [X.] – vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke – muss liquide, also unstreitig oder amtsbekannt, oder vom Inhaber der angegriffenen Marke glaubhaft gemacht sein, weil nur insoweit der Verkehr genötigt und daran gewöhnt sein kann, wegen des [X.] mehrerer ähnlicher Marken sorgfältiger auf etwaige Unterschiede zu achten, weshalb er weniger Verwechslungen unterliegt ([X.] GRUR [X.], 930 [X.]. 40 – [X.]/[X.]; [X.], 766 [X.]. [X.]; [X.], 1161, 1162 – [X.]/[X.]; [X.] GRUR 2004, 433, 434 – OME[X.]/OME[X.] LIFE).

bb) Soweit die Beschwerdegegnerin vorgetragen hat, dass in [X.] 1.097 Marken mit dem Bestandteil „via“ geschützt seien, davon allein in [X.] ca. 300 Marken, fehlt es an konkretem Vorbringen nebst Belegen zu ihrer Benutzung vor dem 15. Juli 2011. Das gilt auch für die ausdrücklich genannten Marken viatum (305 34 535), „[X.]LOG“ (397 35 625), „[X.]MO“ (302 08 683), „[X.]TIME“ ([X.]), „[X.]VERA“ ([X.] 002 548 378), „vianeo“ [X.] 003 036 019), „[X.]PARK“ ([X.] 003 682 226) und „[X.]TOLL“ (IR 1 093 402), die sich zudem mit Ausnahme von „[X.]TIME“ ([X.]) und „[X.]PARK“ ([X.] 003 682 226) auch noch vom Zeichenaufbau her deutlich von der Widerspruchsmarke unterscheiden.

cc) Eine Präsenz ähnlicher Marken mit dem Bestandteil „via“ zur Produktkennzeichnung logistischer Dienstleistungen auf dem Markt vor dem maßgeblichen Kollisionszeitpunkt, dem 15. Juli 2011, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke auch für die mit ihrem Schriftsatz vom 28. April 2022 genannten 16 Marken nicht nachgewiesen.

dd) Diese stellen auch keine beträchtliche Anzahl ähnlicher [X.] dar.

aaa) Bei den Wort-/Bildmarken AbbildungAbbildungAbbildungAbbildungAbbildung

bbb) Die Marken „[X.]“ ([X.] 004 652 988) und AbbildungAbbildungAbbildungVeranstaltung von Reisen“, registriert. Dies gilt auch für die Marke Abbildung

ccc) Die Anmeldung der Wortfolge „via cargo logistic“ ([X.] 006 899 256) ist schon am 13. Juni 2008 zurückgenommen worden, und die Wortmarke „[X.]“ ([X.] 016 570 161) ist erst am 26. Juni 2018, also lange nach dem Anmeldetag der angegriffenen Marke registriert worden.

ddd) Die Marken „ALTA [X.]“ ([X.] 005110961), „[X.] NANO“ ([X.] 006 884 647) und „Via alpina“ (IR 761 445) sind nicht wie die Widerspruchsmarke aus einem [X.] und [X.] Bestandteil zusammengesetzt.

eee) Es verbleiben die Marken „via cargo“ ([X.] 006 899 249) „[X.]TIME“ ([X.]) und „[X.]PARK“ ([X.] 003 682 226), die nicht als eine beträchtliche Anzahl ähnlicher [X.] anzusehen sind.

ee) Soweit die vier Unternehmen [X.], [X.] Logistik GmbH, via logis und der [X.] in [X.] bereits im Jahr 2011 „via“ als Teil ihres Firmennamens und zur Kennzeichnung ihrer logistischen Dienstleistungen verwendet haben, und das von der Beschwerdegegnerin genannte [X.] Unternehmen „[X.]“ vor 2011 in [X.] Umsätze in Millionenhöhe erzielt hat, ist zum einen zu beachten, dass keines dieser Kennzeichen wie die vorliegende Widerspruchsmarke aufgebaut ist, und zum anderen reicht diese geringe Zahl benutzter [X.] nicht für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der älteren Unionsmarke aus.

c) Anhaltspunkte für eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

4. Der bei durchschnittlich ähnlichen Vergleichsdienstleistungen und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einzuhaltende [X.] wird trotz erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise wegen klanglicher Markenidentität nicht eingehalten. Dies würde selbst dann gelten, wenn nur von einer unterdurchschnittlichen Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen wäre.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] GRUR 2020, 52 [X.]. 48 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2021, 482 [X.]. 28 – [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.], 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] GRUR 2007, 700 [X.]. 41 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.] a. a. [X.]. 31 – [X.]; [X.], 64 [X.]. 14 – Maalox/[X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] GRUR Int. 2010, 129 [X.]. 60 – [X.]/[X.]]; [X.] a. a. [X.]. 28 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] a. a. O. – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.] a. a. O. – [X.]).

b) In der Gesamtheit und schriftbildlich unterscheiden sich die angegriffene Marke „via[X.]“ und die Widerspruchsmarke „viastore“ durch die abweichenden zweiten Bestandteile „[X.]“ und „store“ deutlich.

c) Beide Einwortmarken werden jedoch durch das Element „via“ klanglich geprägt.

aa) Die Grundsätze der Prägung werden auch auf einteilige Zeichen angewendet, wenn der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen ([X.] GRUR 2020, 1202 [X.]. 27 – [X.]/YO; GRUR 2013, 631 [X.]. 33 – [X.]/Marulablu; GRUR 2010, 729 [X.]. 34 – [X.]; [X.], 905 [X.]. 38 – [X.]). Dabei ist zu prüfen, ob die Anwendung des für kombinierte Zeichen geltenden Prägungsgrundsatzes trotz der formalen Einteiligkeit eines Zeichens ausnahmsweise in Betracht kommt.

bb) Vorliegend besteht trotz der geschlossenen Schreibweise der beiden Kollisionsmarken Anlass, sie zergliedernd wahrzunehmen.

aaa) Dafür spricht die sofort erkennbare ungewöhnliche Zusammensetzung zwischen einem Wort aus einer [X.] und einem [X.] bzw. [X.] Begriff.

bbb) Ferner setzt sich „via“ auch bei der Aussprache von den nachfolgenden Bestandteilen „[X.]“ und „store“ deutlich ab.

ccc) Da die angesprochenen Verkehrskreise sofort und ohne weiteres das [X.] Substantiv „store“ im Sinne von „Lager“ verstehen, wird es in Bezug auf die maßgeblichen Beratungs- und Planungsdienste der Widersprechenden als glatt beschreibende und damit schutzunfähige Angabe wahrgenommen, die lediglich darauf hinweist, dass sich die so gekennzeichneten Dienste auf das logistische Teilgebiet „Lager(-logistik)“ spezialisiert haben.

ddd) Das gilt auch für die Nachsilbe „[X.]“.

(1) Sie ist - außerhalb der handwerklichen Bearbeitung harten Materials - mit nachgestelltem Punkt die lexikalisch nachweisbare [X.] Abkürzung für das Adjektiv „[X.]ibel“ und „Flex.“ das [X.] Akronym für das Nomen „Flexibilität“ und den sprachwissenschaftlichen Fachbegriff „Flexion“. Das Eigenschaftswort „[X.]ibel“ stammt vom [X.]n „[X.]ibilis“ ab und bedeutet „biegsam, elastisch, an veränderte Umstände anpassungsfähig, beweglich, veränderbar“. Unter dem zugehörigen Substantiv „Flexibilität“ versteht man „[X.]ible Beschaffenheit; Biegsamkeit, Elastizität; Fähigkeit des [X.]iblen, anpassungsfähigen Verhaltens“ ([X.]; [X.] 26 W (pat) 536/21 – [X.]; 26 W (pat) 571/18 – [X.] m. w. N.).

(2) Die Abkürzung „[X.]“ ist auch ohne Punkt im Sinne von „[X.]ibel, variabel, anpassungsfähig“ in vielen Bereichen gebräuchlich und daher für die inländischen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich (vgl. [X.] 26 W (pat) 536/21 – [X.]; 26 W (pat) 571/18 – [X.]; 28 W (pat) 21/13 – [X.]; 24 W (pat) 518/13 – [X.]; 33 W (pat) 15/05 – [X.]; 26 W (pat) 22/11 – KID FLEX). Sie wird beispielsweise im Zusammenhang mit Tickets oder Abonnements verwendet, die [X.]ibel anpassbar, einlösbar und/oder umtauschbar, also anpassungsfähig sind. Das Wort „[X.]“, das einen für [X.]ible Reisemöglichkeiten zu zahlenden Fahrpreis bezeichnet, hat bereits Eingang in den [X.] gefunden (https://www.duden.de/rechtschreibung/[X.]). Zudem wird das Kurzwort „Flex“ benutzt, um auf individuell gestaltbare oder anpassungsfähige Tarife von Mobilfunkanbietern hinzuweisen, wie [X.] „CallYa Flex“ oder „freenet Flex“ von [X.] ([X.] 26 W (pat) 536/21 – [X.]; 25 W (pat) 552/17 – Flexcheck).

(3) Das [X.] Hauptwort „[X.]“ wird mit „Netzkabel“ oder im elektrischen und technischen Bereich mit „Litze, Anschlusskabel, Anschlussleitung, [X.], [X.]“ übersetzt. Als [X.]s Verb hat „[X.]“ die Bedeutungen „(sich) biegen, knicken, beugen, anspannen (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/[X.]). Aber auch in der [X.] Sprache wird „[X.].“ als Akronym für das Eigenschaftswort „[X.]ible“ verwendet (Stahl/[X.], [X.], [X.] Edition, 2001, [X.]), dem die Bedeutungen „biegsam, elastisch, [X.]ibel, geschmeidig, anpassungsfähig, biegeweich, fügsam, gelenkig, nachgiebig, wendig, biegbar, (frei) beweglich, biegeschlaff, dehnbar, weich, weichelastisch“ zukommen (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/[X.]ible).

(4) Die sowohl im [X.] als auch im [X.] naheliegende Bedeutung von „[X.]“ als Kurzwort für „[X.]ibel/Flexibilität“ weist daher in Bezug auf die von der jüngeren Marke beanspruchten Transport-, Lagerungs- und Verpackungsdienstleistungen lediglich auf ein anpassungsfähiges, auf Veränderungen reagierendes und damit auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnittenes Logistikangebot hin und ist daher ebenfalls eine glatt beschreibende Angabe.

eee) Demgegenüber wird das aus dem [X.] stammende und in [X.]n mit „[X.]/Weg“ zu übersetzende „via“ vom angesprochenen inländischen Publikum nicht als schlagwortartiger Sachhinweis auf die Art des Transportweges und damit auf den Gegenstand der vorgenannten Dienstleistungen verstanden, wie bereits bei der Kennzeichnungskraft ausgeführt worden ist. „via“ ist im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke vielmehr als kennzeichnungskräftiger [X.] wahrgenommen worden, der sich von den nachfolgenden eindeutig schutzunfähigen Bestandteilen „fix“ und „store“ deutlich absetzt.

fff) Gegen die einheitliche Wahrnehmung der Vergleichsmarken spricht zudem, dass sie keinen sinnvollen Gesamtbegriff bilden bzw. nicht zu einer jeweils gesamtbegrifflichen Einheit verschmelzen.

(1) Dem jüngeren Markenwort „via[X.]“ kommen die Gesamtbedeutungen „[X.]/Weg [X.]ibel/veränderbar/anpassungsfähig“, „[X.]ible/veränderbare/anpassungsfähige [X.]“ oder „[X.]n[X.]ibilität/-veränderbarkeit/-anpassungsfähigkeit“ zu, von denen keine einen vernünftigen Sinn ergibt. Dies gilt erst recht für das im Inland vorherrschende Verständnis von „via“ als Präposition und damit für die Gesamtbedeutungen „über/durch [X.]ibel/anpassungsfähig/veränderbar“ bzw. „mittels/unter Zuhilfenahme (von) Flexibilität/Anpassungsfähigkeit/Veränderbarkeit“.

(2) Was die fehlende sinnvolle Gesamtbegrifflichkeit der Widerspruchsmarke „viastore“ betrifft, wird auf die Ausführungen zu ihrer Kennzeichnungskraft Bezug genommen.

cc) Somit sticht der stärker beachtete [X.] „via“ der beiden Marken, der über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft für die in Rede stehenden Dienstleistungen verfügt, phonetisch hervor, während die kennzeichnungsschwachen Schlusselemente „[X.]“ und „store“ als bloße Sachhinweise im Gesamteindruck zurücktreten.

d) Phonetisch stehen sich daher die Markenwörter „via“ und „via“ gegenüber, die vollständig übereinstimmen.

e) Aus den vorgenannten Gründen liegt schon eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor, so dass eine mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des [X.] nicht mehr zu prüfen ist (vgl. [X.] GRUR 2020, 1202 [X.]. 36 – [X.]/YO; GRUR 2013, 1239 [X.]. 40 – [X.]/Volks.Inspektion; [X.] 33 W (pat) 87/03 – [X.]/[X.]).

III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind nicht gegeben.

Meta

26 W (pat) 21/17

15.05.2023

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.05.2023, Az. 26 W (pat) 21/17 (REWIS RS 2023, 4856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4856

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