Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.09.2012, Az. 28 W (pat) 82/11

28. Senat | REWIS RS 2012, 3301

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "OGV/OMV (Gemeinschaftsbildmarke)" – rechtserhaltende Benutzung – Waren- und Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 305 18 142.4

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Amtsgericht Jacobi

beschlossen:

Die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 4, vom 18. August 2009 und vom 20. Juli 2011 werden insoweit aufgehoben, als der Widerspruch für die Waren der

Klasse 04: Flüssiggas, soweit in Klasse 04 enthalten;

Klasse 06: Behälter aus Metall für Druckgas;

Klasse 11: gasbetriebene Beleuchtungs-, Heizungs-,

Dampferzeugnis-, Koch-, Kühl- und Trockengeräte und -anlagen; Regelungs- und Sicherheitszubehör für Gasgeräte und Gasleitungen;

Klasse 39: Verpackung, Lagerung, Verteilung und Transport von

Flüssiggas

zurückgewiesen worden ist. Insoweit hat das [X.] die angegriffene Marke 305 18 142.4 zu löschen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 29. März 2005 angemeldete Wortmarke

2

O[X.]V

3

ist am 20. Juni 2005 unter der Nummer 305 18 142.4 für die Waren der

4

Klasse 04: Flüssiggas, soweit in Klasse 04 enthalten;

5

Klasse 06: Behälter aus Metall für Druckgas;

6

[X.]: gasbetriebene Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugnis-, Koch-,

7

Kühl- und Trockengeräte und -anlagen; Regelungs- und Sicherheitszubehör für [X.]asgeräte und [X.]asleitungen;

8

Klasse 37: Einbau, Wartung und Reparatur von Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl- und Trockengeräten;

9

Klasse 39: Verpackung, Lagerung, Verteilung und Transport von Flüssiggas

in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 22. Juli 2005.

[X.]egen die Eintragung hat die Widersprechende am 20. September 2005 Widerspruch aus der am 21. März 2000 eingetragenen [X.] 221 598

Abbildung

erhoben. Diese ist eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 01: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche,

photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze und synthetische Harze, Kunststoffe im Rohzustand (in Form von Pulvern, Flüssigkeiten oder Pasten); Düngemittel (natürliche und künstliche); [X.]; Härtemittel und chemische Präparate zum Löten; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; [X.]erbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Kohlenstoff, Kohlenwasserstoff und deren Derivate, Alkohole, [X.], rohe Kunstharze, Härteöle, Frostschutzmittel, Kühlmittel, Zusatzstoffe für Leucht-, Treib- und Heizstoffe; Lösungsmittel; Syntesegas; Paraffin, Schwefel, petrochemische Produkte ([X.], Propylen, Butadien, Polyäthylen, Polypropylen), [X.], Lösungs- und Verdünnungsmittel für Druckfarben, Lösungs- und Verdünnungsmittel für Anstriche und Konservierungsmittel; Polymerisate organischer Verbindungen für die Kunststoffindustrie, verflüssigte und verdichtete brennbare [X.]ase für Antriebs-, Koch- und Heizzwecke; Butan, Propan;

Klasse 02: Farben, Firnisse, Lacke; [X.], Holzkonservierungsmittel;

Färbemittel; Beizen; [X.], [X.] und Metalle in Pulverform für Maler und Dekorateure; Konservierungsöle für Holz; Ruß; Ruß für Druckfarben, Citogen;

Klasse 03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; [X.], Fettlösemittel; [X.], [X.], [X.], Lederkonservierungsmittel;

Klasse 04: Technische Öle und Fette (keine Speiseöle und -fette und keine ätherischen Öle); Schmiermittel; Staubbindemittel; Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe) und Leuchtstoffe; Kerzen, Wachslichte, Nachtlichte und Dochte; Wachse, Paraffine, Ceresin, Ozokerit, Petroleum, Schmieröle, [X.], [X.], [X.], [X.] und andere Spezialöle und andere Schmiermittel; Benzin, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und andere Spezialöle für elektrotechnische Zwecke; Korrosionsschutzöle, Koch- und Heizgas;

Klasse 06: Rohe und teilweise bearbeitete unedle Metalle und deren Legierungen; gewalzte und gegossene Bauteile; Schienen und sonstiges Material aus Metall für Schienenwege; Ketten (mit Ausnahme von Treibketten für Fahrzeuge); Schlosserwaren; Metallrohre; Stahlkugeln; Schrauben; sonstige Waren aus unedlen Metallen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Rohrleitungen, Druckrohre; Stahlprofile, Armaturen, Wellen, Muffen, Flansche;

Klasse 07:  Maschinen und Werkzeugmaschinen; Kupplungen (ausgenommen

für Landfahrzeuge); Maschinenteile, Maschinenersatzteile; Pumpen, Pumpenböcke; Eruptionskreuze; Sonden, Sondenabschlüsse; Seilwinden; Druckbehälter mit Verrohrung, Schnellverschlüsse; Wärmetauscher, Wasserbadvorwärmer; Transportanlagen für Erdgas und Erdöl, Maschinen und Anlagen für die Exploration, Förderung, Produktion und den Transport von Erdöl und Erdgas; [X.]astrocknungsanlagen, Stabilisatoren; Rohrbrücken, [X.]erüste; Flüssiggastankstellen, [X.], Mannschaftskojen; Fahrzeugaufbauten in Form von Maschinen, Anlagen zur Biogaserzeugung;

[X.]: [X.], [X.] (Crackanlagen), chemisch-

technische Reaktoren, Nebenanlagen hierfür und Apparate zum Betrieb dieser Anlagen;

Klasse 17: Isolieröle;

Klasse 19: Asphalt, Bitumen, Bitumenemulsionen; Erdölprodukte für Straßen-,  Tief- und Hochbau, Hart- und Weichbitumen;

Klasse 36: Kreditgewährung und -vermittlung für Heizungsanlagen und sonstige Verbrauchs- und Lagereinrichtungen für Erdölerzeugnisse;

Klasse 37: Bau und Instandhaltung von Einrichtungen und Anlagen, die dem

Transport, der Lagerung, der Verarbeitung und der Anwendung von Erdöl, Erdgas und Erzeugnissen daraus dienen; Errichtung von Anlagen zur Versorgung Dritter mit [X.]as, Strom, aus [X.]as und Öl erzeugter Wärme, sowie mit Öl- und [X.] aller Art; Bau und Service, Reinigung und Revision von Anlagen, die Kohlenwasserstoffe, Erdöl, Erdgas, [X.]as und deren Produkte fördern, erzeugen, liefern, verarbeiten oder vertreiben; Errichtung von [X.]ewinnungs- und Aufbereitungsanlagen für radioaktive Mineralien, insbesondere Uran- und [X.], sowie alle mit dieser Errichtung in Zusammenhang stehende Tätigkeiten; Errichtung von Anlagen zur Aufsuchung, [X.]ewinnung, Verarbeitung, Verteilung und Verwertung von Erdöl, Bitumen aller Art, Erdgas und mineralischen Rohstoffen; [X.]ewinnung von Erdöl, Bitumen aller Art, Erdgas und mineralischen Rohstoffen; [X.]ewinnung von radioaktiven Mineralien, insbesondere Uran- und [X.]n; Ausführung von Arbeiten für die Herstellung von Tiefbohrungen unter Einschluß aller für die Aufsuchung, [X.]ewinnung und Verwertung von Heißwasser, Heil- und Mineralwässern u.ä. erforderlichen Tätigkeiten; Tätigkeiten zur [X.]ewinnung von Sekundärenergie; Bohrarbeiten für Dritte;

Klasse 39: Transport und Lagerung von Erdöl, Erdgas und Erzeugnissen daraus, [X.]aragen; Beförderung von kohlenwasserstoffhaltigen Flüssigkeiten und [X.]asen; Verteilung von Erdöl, Bitumen aller Art, Erdgas und mineralischen Rohstoffen; Versorgung Dritter mit [X.]as, Strom, aus [X.]as und Öl erzeugter Wärme, sowie mit Öl- und [X.] aller Art; Belieferung von Tankstellen;

Klasse 40: Verarbeitung und Verwertung von Erdöl, Bitumen aller Art, Erdgas

und mineralischen Rohstoffen; Aufbereitung von radioaktiven Mineralien, insbesondere Uran- und [X.]n; Tätigkeiten zur Verwertung von Sekundärenergie;

Klasse 42: Dienstleistungen in Zusammenhang mit dem Betrieb von Motels und

[X.]aststätten in Verbindung mit der Abgabe von Erzeugnissen aus Erdöl; Laboratoriumsarbeiten und Forschung auf den [X.]ebieten des Erdölbergbaues und der Lagerung, Verarbeitung und Anwendung von kohlenwasserstoffhaltigen Flüssigkeiten und [X.]asen einschließlich des Umweltschutzes; Aufsuchung von Erdöl, Bitumen aller Art, Erdgas und mineralischen Rohstoffen; Aufsuchung von radioaktiven Mineralien, insbesondere Uran- und [X.]n; Aufsuchungsarbeiten für mineralische Rohstoffe; Planung von Anlagen zur Aufsuchung, [X.]ewinnung, Verarbeitung, Verteilung und Verwertung von Erdöl, Bitumen aller Art, Erdgas und mineralischen Stoffen; Planung von Anlagen zur Versorgung Dritter mit [X.]as, Strom, aus [X.]as und Öl erzeugter Wärme, sowie mit Öl- und [X.] aller Art im Auftrag Dritter; Planung und Berechnung von Arbeiten für die Herstellung von Tiefbohrungen unter Einschluß aller für die Aufsuchung, [X.]ewinnung und Verwertung von Heißwasser, Heil- und Mineralwässern u. ä. erforderlichen Tätigkeiten; Tätigkeiten zur Erforschung von Sekundärenergie; Beratung über die Technik der Aufsuchung, der [X.]ewinnung, der Lagerung, des Transports, der Verarbeitung und der Anwendung von Erdöl und Erdgas sowie verwandter oder daraus erzeugter Stoffe, einschließlich der Erstattung von [X.]utachten, der Ausarbeitung von Projekten der Beschaffung der für die Projektrealisierung erforderlichen Lieferungen und Leistungen und der Durchführung der Bauüberwachung auf diesem [X.]ebiet; Erbringung solcher Leistungen für Anlagen der Energieversorgung, Fernwärmeanlagen, Biogasanlagen, Rauchgasentschwefelungsanlagen, Telekommunikations- und Datenübertragungseinrichtungen, sowie für alle erforderlichen Nebeneinrichtungen wie [X.]ebäude, Lager, Zufahrtsstraßen und Brücken.

Am 30. März 2006 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede erhoben; die Widersprechende hat Unterlagen zur [X.]laubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgelegt.

Mit Beschlüssen vom 18. August 2009 und vom 20. Juli 2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat das [X.], Markenstelle für Klasse 4, den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, zwischen den streitbefangenen Marken bestehe keine [X.]. Die Inhaberin der angegriffenen Marke habe in zulässiger Weise die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Die Widersprechende habe im Erinnerungsverfahren Unterlagen vorgelegt, nach denen eine Benutzung der Widerspruchsmarke zumindest für die Ware der Klasse 4 „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)" glaubhaft erscheine. Diese Ware sei der von der angegriffenen Marke beanspruchten Ware der Klasse 4 „Flüssiggas“ ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich; für die Annahme einer erhöhten bundesweiten Kennzeichnungskraft lägen keine Anhaltspunkte vor. Den damit zu stellenden mittleren bis hohen Anforderungen an den [X.] werde die angegriffene Marke gerecht. Die Zeichen seien weder klanglich noch schriftbildlich verwechselbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Unter Vorlage weiterer Unterlagen zur [X.]laubhaftmachung der Benutzung hat sie zur Begründung ausgeführt: Die Benutzung der Widerspruchsmarke sei glaubhaft gemacht. Zwischen der von der angegriffenen Marke beanspruchten Ware „Flüssiggas“ und der Ware „Brennstoffe“ der Widerspruchsmarke bestehe Identität. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei gesteigert. Diese werde in [X.], insbesondere in [X.] und [X.], seit vielen Jahren intensiv und mit großem Aufwand benutzt und verfüge über eine hohe Marktpräsenz und Bekanntheit. Die gesteigerte Kennzeichnungskraft beziehe sich zumindest auf üblicherweise an Tankstellen angebotene Produkte. Die Kollisionsmarken seien einander in klanglicher Hinsicht ähnlich. Die Betonung und der Rhythmus der Aussprache seien gleich. Beide Zeichen spreche der Verkehr unter Betonung des Anfangsbuchstabens als drei Einzelbuchstaben aus. Die Mittelkonsonanten „M“ bzw. „[X.]“ seien in ihrer Aussprache unauffällig. Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehe [X.], zumal es sich bei den Buchstaben „M“ und „[X.]“ gleichermaßen um große raumausfüllende Buchstaben handele.

Die Beschwerdeführerin und Widersprechende beantragt,

die Beschlüsse des [X.]s, Markenstelle für Klasse 4, vom 18. August 2009 und vom 20. Juli 2011 aufzuheben und die Marke Nr. 305 18 142.4 zu löschen.

Die Beschwerdegegnerin und Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt mit [X.] vom 20. August 2012,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie argumentiert, eine Benutzung der Widerspruchsmarke, zumal für sämtliche der beanspruchten Waren, sei nicht glaubhaft gemacht worden. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei nicht gesteigert, insbesondere nicht für die Ware „Flüssiggas“. Die Widersprechende habe einen [X.]roßteil der Tankstellen in [X.] erst im Jahr 2003 erworben. Der bis zum 29. März 2005, dem Anmeldetag der angegriffenen Marke, verstrichene Zeitraum reiche zur Erlangung einer erhöhten Verkehrsgeltung nicht aus, zumal die Anzahl von damals 400 von der Widersprechenden betriebenen Tankstellen angesichts der [X.]esamtzahl von damals 15.000 Tankstellen in [X.] eher bescheiden sei. Es fehle auch an einer Zeichenähnlichkeit. Der angesprochene [X.] nehme die Kollisionsmarken als Abkürzung wahr. Bei beiden werde jeder Buchstabe gesondert und gleichberechtigt wahrgenommen. Die mittleren Buchstaben „[X.]“ einerseits und „M“ andererseits unterschieden sich auffällig sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht. Während in der angegriffenen Marke der Konsonant „[X.]“ („ge“) mit einem langen „e“ ausklinge, beginne in der Widerspruchsmarke der Konsonant „M“ („e:m“) mit einem kurzen „e:“ und klinge auf dem „m“ aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat im wesentlichen Erfolg. Das Vorliegen einer [X.] nach §§ 125 b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 2 Marken[X.] ist hinsichtlich der von der angegriffenen Marken beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 04, 06, 11 und 39 zu bejahen; hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 37 besteht eine [X.] jedoch nicht.

Die Frage der [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Marken[X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer [X.]rad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren [X.]rad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (Eu[X.]H [X.]RUR 2006, 237, 238 PICARO/[X.]; B[X.]H [X.]RUR 2011, 824, Rdnr. 19 [X.]; [X.]RUR 2010, 833, Rdnr. 12 [X.]; [X.]RUR 2010, 235, Rdnr. 15 [X.]/[X.]; [X.]RUR 2009, 484, 486, Rdnr. 23 Metrobus; [X.]RUR 2008, 906 [X.]; [X.]RUR 2008, 258, 260, Rdnr. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.]RUR 2008, 903, Rdnr. 10 SIERRA ANTI[X.]UO). Eine absolute Warenunähnlichkeit kann dabei selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (Eu[X.]H [X.]RUR 1998, 922 Rdnr. 15 [X.]; B[X.]H [X.]RUR 2009, 484, 486, Rdnr. 25 Metrobus; [X.]RUR 2007, 321 [X.]; [X.]RUR 2006, 941 Rdnr. 13 [X.] BLU).

1. Nach diesen [X.]rundsätzen muss eine markenrechtlich relevante [X.]efahr von Verwechslungen für die im Tenor genannten Produkte bejaht werden.

a) [X.]emäß §§ 125 b Nr. 4, 43 Abs. 1 S. 3 Marken[X.] ist für die Beurteilung der [X.] auf Seiten der Widerspruchsmarke ausschließlich die Ware „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ zugrundezulegen, da die Widersprechende eine Benutzung der Widerspruchsmarke nur für diese Ware glaubhaft gemacht hat.

(1.) Eine [X.]laubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke ist erforderlich; denn die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise nach den §§ 125 b Nr. 4, 43 Abs. 1 S. 1 und 2 Marken[X.] bestritten.

Nach § 125 b Nr. 4 Marken[X.] sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine ältere [X.]emeinschaftsmarke gestützt wird (vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125 b Nr. 1 Marken[X.]), die [X.]laubhaftmachungsregeln des § 43 Abs. 1 Marken[X.] entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Benutzung der Marke gemäß § 26 Marken[X.] die Benutzung der [X.]emeinschaftsmarke gemäß Art. 15 der Verordnung über die [X.]emeinschaftsmarke ([X.]MV) tritt.

Dass die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede nicht ausdrücklich auf einen der beiden Tatbestände des § 43 Abs. 1 Marken[X.] gestützt hat, ist ohne Bedeutung. In einem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist regelmäßig die Erhebung beider Einreden zu sehen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen ([X.] in [X.]/[X.], Marken[X.], 10. Auflage, 2012, § 43 Rdnr. 18).

[X.] der Widerspruchsmarke war gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Marken[X.] auch zulässig, denn die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 21. März 2000 eingetragenen Widerspruchsmarke endete bereits vor der am 22. Juli 2005 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke.

Die Widersprechende hat eine Benutzung ihrer Widerspruchsmarke deshalb sowohl für den [X.] gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 Marken[X.] (22. Juli 2005 bis 22. Juli 2000) als auch für den maßgeblichen [X.] gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 Marken[X.] (12. September 2012 bis 12. September 2007) glaubhaft zu machen.

(2.) Dieser Obliegenheit ist die Widersprechende für die eingetragenen Waren der Klasse 4 „Benzin“ und „[X.]“ nachgekommen. Die ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke ist insoweit gerichtsbekannt und im Übrigen glaubhaft gemacht.

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren oder Dienstleistungen (vgl. Eu[X.]H [X.]RUR 2006, 582, 584, Rdnr. 70 - [X.]; [X.]RUR 2003, 425, 428, Rdnr. 38 - Ajax/Ansul). Nach der [X.] Spruchpraxis ist davon jedenfalls auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist“ (vgl. Eu[X.]H [X.]RUR 2008, 343, 346, Rdnr. 74 [X.]/HABM).

Danach ist in beiden Benutzungszeiträumen von einer Benutzung der Widerspruchsmarke in der [X.]emeinschaft (vgl. Art. 15 [X.]MV), nämlich sowohl in [X.] als auch in [X.], für die Waren der Klasse 4 „Benzin“ und „[X.]“ auszugehen.

Dr. W. B., der Leiter der Rechtsabteilung der [X.] A[X.], hat am 24. Juli 2006 eidesstattlich versichert, dass die [X.] A[X.] mit einem Konzernumsatz von 15,6 Milliarden [X.] und 5.226 Mitarbeitern im Jahr 2005 das größte börsennotierte Industrieunternehmen [X.]s war und die [X.] [X.] [X.]mbH bereits Anfang der 90er Jahre begonnen hatte, sich mit der Errichtung eigener Tankstellen ein zweites Standbein aufzubauen. [X.] ist danach die 400. [X.] in [X.] eröffnet worden. Zum Zeitpunkt der Abgabe dieser eidesstattlichen Versicherung hat die Widersprechende über 2.521 Tankstellen in 13 Ländern, auch in [X.], betrieben. Am 12. November 2009 haben der Leiter der Rechtsabteilung und am 7. September 2012 [X.], der für die Bereiche Controlling und Finanzen der [X.] [X.] [X.]mbH zuständige Leiter, ergänzend die Nettoumsatzerlöse der [X.] Tankstellen in [X.] für die Produkte Vergaserkraftstoffe, Dieselkraftstoffe (gleichbedeutend mit „Dieselöl“, vgl. [X.] - [X.] Universalwörterbuch, 6. Aufl. [X.] 2006, CD-ROM), Flüssiggas und Erdgas wie folgt eidesstattlich versichert:

Jahr   

Vergaserkraftstoffe

Dieselkraftstoffe

Flüssiggas

Erdgas

2000   

131.781.345 [X.]

47.937.827 [X.]

0 [X.] 

0 [X.] 

2001   

134.749.717 [X.]

54.286.161 [X.]

0 [X.] 

0 [X.] 

2002   

129.406.206 [X.]

55.497.145 [X.]

0 [X.] 

0 [X.] 

2003   

124.909.082 [X.]

67.353.506 [X.]

0 [X.] 

0 [X.] 

2004   

191.551.455 [X.]

121.445.640 [X.]

0 [X.] 

0 [X.] 

2005   

244.964.483 [X.]

197.160.372 [X.]

0 [X.] 

0 [X.] 

2006   

289.511.545 [X.]

251.425.326 [X.]

1.314.341 [X.]

398.738 [X.]

2007   

293.501.627 [X.]

277.591.211 [X.]

2.236.959 [X.]

595.788 [X.]

2008   

315.877.137 [X.]

382.361.719 [X.]

4.018.673 [X.]

784.348 [X.]

2009   

263.201.365 [X.]

268.497.063 [X.]

5.962.118 [X.]

        

2010   

318.597.995 [X.]

339.299.671 [X.]

5.737.825 [X.]

        

2011   

343.926.667 [X.]

418.432.345 [X.]

7.195.520 [X.]

        

Die Form der Benutzung der Widerspruchsmarke ergibt sich aus den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen. In den eidesstattlichen Versicherungen vom 24. Juli 2006, 12. November 2009 und 7. September 2012 wird jeweils ausdrücklich die Widerspruchsmarke benannt. In der eidesstattlichen Versicherung vom 24. Juli 2006 ist dies verbunden mit der eidesstattlichen Versicherung, dass die Widerspruchsmarke den Verbrauchern im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren im Alltag an Tankstellen und auf Lastwägen begegnet, wobei ausdrücklich auf die beispielhaft vorgelegten Lichtbilder einer dies ist ebenfalls [X.]egenstand der eidesstattlichen Versicherung: in [X.] gelegenen – [X.] Bezug genommen wird. Auf diesen Lichtbildern ist eine Tankstelle mit einer Preistafel für die Waren „Diesel“, „Benzin“, „Super“, „[X.]“ und „Autogas“ und am [X.] eindeutig und in großen Buchstaben die Widerspruchsmarke zu erkennen. Dies wird ergänzt durch die weitere eidesstattliche Versicherung, dass alle [X.] Tankstellen hinsichtlich der Verwendung der Widerspruchsmarke ähnlich gestaltet sind und dass die Widerspruchsmarke in der Regel jeweils groß und gut sichtbar an der vorderen Seite der Überdachung der Tankstelle angebracht ist. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass unter Verwendung der Widerspruchsmarke seit vielen Jahren vor allen Dingen in [X.] und im angrenzenden [X.] Kraftstoffe vertrieben werden.

Was den Umfang der Benutzung anbetrifft, so sind die Umsatzzahlen ausreichend und keinesfalls gering; von einer lediglich als symbolisch anzusehenden Benutzung kann damit nicht ausgegangen werden.

Die belegte Benutzung wird auch in Bezug auf die räumliche Verteilung den Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung in einem wesentlichen Teil des [X.]emeinschaftsgebiets nämlich in [X.] und jedenfalls in [X.] - gerecht. Die dem Eu[X.]H vorgelegte und noch nicht entschiedene Frage, ob im Rahmen des Art. 15 [X.]MV eine Benutzung der Widerspruchsmarke lediglich in einem Mitgliedsstaat ausreichen würde (Rechtssache [X.] des [X.]erechtshof ’s-[X.]ravenhage, [X.], vom 1. Februar 2011 Az.: 200.057.983/01 [X.]/[X.]), kann deshalb hier offenbleiben, zumal eine hinreichende Benutzung in einem wesentlichen Teil des [X.]emeinschaftsgebiets angesichts der glaubhaft gemachten Umsatzzahlen sowohl in [X.] als auch in [X.] nicht zweifelhaft ist. Der Senat schließt sich insoweit auch den Erwägungen des [X.] in seiner Entscheidung vom 14. April 2011 (BPat[X.] [X.]RUR 2011, 1142-1147 [X.]/[X.]) an, nach der die Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer [X.]emeinschaftsmarke, was die räumliche Ausdehnung der Benutzung angeht, generell nicht schematisch danach entschieden werden kann, ob eine Benutzung in einem Mitgliedsstaat ausreicht oder nicht. Denn die [X.]emeinschaftsmarke ist ein supranationales Schutzrecht mit einheitlicher Wirkung (Art. 1 Abs. 2 [X.]MV). Deshalb kommt ein Denken in mitgliedstaatlichen Kategorien und eine Beurteilung der Benutzung einer Marke allein anhand mitgliedstaatlicher Territorien nicht in Betracht. Entscheidend ist wie auch bei der Beurteilung der quantitativen Benutzung allein, ob die in der [X.]emeinschaft erfolgte Benutzung insgesamt als ernsthaft einzustufen ist. Das kann auch bei einer Benutzung in nur einem Mitgliedsstaat der Fall sein, muss aber nicht immer so sein.

(3.) Bei der kollisionsrechtlichen Beurteilung ist über die Waren der Klasse 04 „Benzin“ und „[X.]“ hinaus jedoch der von der Widerspruchsmarke beanspruchte Warenoberbegriff der Klasse 04 „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ zugrundezulegen. Nach der sogenannten „erweiterten Minimallösung“ des [X.] (vgl. B[X.]H WRP 2001, 1447, 1449 [X.]) ist maßgeblich, inwieweit es unter Berücksichtigung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise und des berechtigten Interesses der Widersprechenden, nicht in ihrer geschäftlichen Bewegungsfreiheit ungebührlich eingeengt zu werden, gerechtfertigt ist, den Kreis der zu berücksichtigenden Waren über das konkrete Produkt hinaus auch auf solche Waren auszudehnen, die der Verkehr gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend ansieht. Die Waren „Benzin“ und „[X.]“ gehören zum gleichen Warenbereich; es handelt sich gleichermaßen um „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“.

(4.) Für die weiteren Waren und Dienstleistungen der Klassen 01, 02, 03, 04, 06, 07, 11, 17, 19, 36, 37, 39, 40 und 42 kann eine Benutzung der Widerspruchsmarke auf der [X.]rundlage der vorgelegten Unterlagen hingegen nicht festgestellt werden.

Ob und inwieweit die Widersprechende die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 39: „Transport und Lagerung von Erdöl, Erdgas und Erzeugnissen daraus“ unter Kennzeichnung mit der Widerspruchsmarke für Dritte erbracht hat, ist nicht ersichtlich. Die eidesstattliche Versicherung von Dr.  B… vom24. Juli 2006 verweist insoweit auf einen vorgelegten „Performance Report“ der [X.] A[X.] für die Jahre 2003 und 2004. In diesem findet sich zu diesem Bereich jedoch nur die Angabe, dass die Widersprechende eine Raffinerie in [X.] ([X.]) betreibt. Welche Dienstleistungen insoweit für Dritte erbracht wurden, lässt sich auf dieser [X.]rundlage nicht feststellen. Auch sind Anknüpfungstatsachen für eine Feststellung, dass die Widerspruchsmarke für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 37: „Bau und Instandhaltung von Einrichtungen und Anlagen, die dem Transport, der Lagerung, der Verarbeitung und der Anwendung von Erdöl, Erdgas und Erzeugnissen daraus dienen; Errichtung von Anlagen zur Versorgung Dritter mit [X.]as, Strom, aus [X.]as und Öl erzeugter Wärme, sowie mit Öl- und [X.] aller Art; Bau und Service, Reinigung und Revision von Anlagen, die Kohlenwasserstoffe, Erdöl, Erdgas, [X.]as und deren Produkte fördern, erzeugen, liefern, verarbeiten oder vertreiben“ benutzt wurde, weder im Einzelnen dargelegt noch glaubhaft gemacht. [X.]leiches gilt für die Waren der Klasse 07: „Druckbehälter mit Verrohrung, Transportanlagen für Erdgas und Erdöl, Maschinen und Anlagen für die Exploration, Förderung, Produktion und den Transport von Erdöl und Erdgas; Flüssiggastankstellen, [X.]“.

b) Ausgehend von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für die Ware „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ beanspruchen die Vergleichsmarken Schutz für identische sowie hochgradig bis mittelgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen.

Eine Ähnlichkeit sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ist grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der [X.] wesentlichen [X.]ründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten [X.]e der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (Eu[X.]H [X.] 2009, 47, 53, Rdnr. 65 – Edition [X.]; B[X.]H [X.]RUR 2004, 601 d-c-fix/CD-FIX; [X.]RUR 2001, 507, 508 –[X.]/R[X.]).

Zwischen den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Ware der Klasse 04 „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ und der Ware der angegriffenen Marke der Klasse 04: „Flüssiggas, soweit in Klasse 4 enthalten“, besteht Identität, denn Flüssiggas dient auch als als Treibstoff für Fahrzeuge mit Ottomotor (vgl. [X.], [X.], zum Eintrag „Flüssiggas“).

Eine hochgradige Ähnlichkeit hat die von der Widerspruchsmarke beanspruchte Ware der Klasse 04 „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ zu den von der angegriffenen Marke der Klasse 39 beanspruchten Dienstleistungen „Verpackung, Lagerung, Verteilung und Transport von Flüssiggas“, denn es ist für den von der Ware „Brennstoffe“ auch angesprochenen Durchschnittsverbraucher naheliegend, dass Unternehmen, die Brennstoffe vertreiben, auch diese von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen für Dritte entweder selbst anbieten oder zumindest in wirtschaftlicher Verbindung zu Unternehmen stehen, die dieses tun. Der Durchschnittsverbraucher bringt ein Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von „Brennstoffen“ befasst, zwangsläufig mit einem Unternehmen, das die „Verpackung, Lagerung, Verteilung und den Transport von Flüssiggas“ zum [X.]egenstand hat, in Verbindung; denn auch ein reiner Brennstoffvertrieb muss die „Brennstoffe“ verpacken, lagern, verteilen und zum [X.] transportieren. Der Verbraucher unterscheidet insoweit nicht, ob die „Verpackung, Lagerung, Verteilung und der Transport von Flüssiggas“ lediglich für den eigenen Vertrieb oder für Dritte erfolgt.

Eine mittlere Ähnlichkeit besteht zwischen der Ware der Widerspruchsmarke der Klasse 04 „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ und der Ware der angegriffenen Marke der Klasse 06: „Behälter aus Metall für Druckgas“, denn der Durchschnittsverbraucher erwartet, dass Unternehmen, die „Brennstoffe“ (also auch „Flüssiggas“) vertreiben, entweder auch selbst entsprechende Behälter aus Metall für den Transport anbieten (dies zeigt bereits das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widersprechenden) oder zumindest in wirtschaftlicher Verbindung zu Unternehmen stehen, die dieses tun. Dies folgt für den Senat zwingend aus der Notwendigkeit, die Ware „Flüssiggas“ in geeigneten Behältnissen sicher zum jeweiligen Vertriebsort zu transportieren. Aus Sicht des Verbrauchers stellt der Hersteller der eigentlichen Ware auch die notwendigen Verpackungen her; insoweit besteht ein enger sachlicher Zusammenhang.

[X.]leichfalls besteht eine mittlere Ähnlichkeit zwischen der Ware der Widerspruchsmarke der Klasse 04 „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ und den Waren der angegriffenen Marke der [X.]: „gasbetriebene Beleuchtungs- , Heizungs-, Dampferzeugnis-, Koch-, Kühl- und Trockengeräte und anlagen; Regelungs- und Sicherheitszubehör für [X.]asgeräte und [X.]asleitungen“. Denn für den Durchschnittsverbraucher liegt es auf der Hand, dass Unternehmen, die „Flüssiggas“ vertreiben, auch entsprechende Anwendungsgeräte anbieten, wie das – in allgemein bekannter Weise – etwa bei [X.] der Fall ist. Im übrigen handelt es sich um einander ergänzende Waren.

c) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Ware „Brennstoffe“ ist erhöht.

Zunächst ist festzustellen, dass die Kennzeichnungskraft von Buchstabenmarken im [X.]egensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Markengesetzes (vgl. § 4 Abs 2 Nr. 1 WZ[X.]) nicht von Haus aus als geschwächt anzusehen ist (vgl. B[X.]H [X.] 2002, 332 [X.]/[X.]; BPat[X.] 33 W (pat) 109/03 cFm / CFP). Die Widerspruchsmarke „[X.]“ ist deshalb originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

Infolge ihrer intensiven Benutzung im gesamten süddeutschen Raum, nicht nur an den Autobahnen, sondern auch in Städten und Ortschaften, ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Ware „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“ erhöht. Die erhöhte Kennzeichnungskraft hat dabei bereits zum Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes vgl. B[X.]H [X.]RUR 2008, 903, 904, Rdnr. 14 SIERRA ANTI[X.]UO), nämlich am 29. März 2005, bestanden und besteht bis heute fort.

Die [X.]rundlagen für diese Feststellung sind zum einen gerichtsbekannt. Diese Feststellung wird im übrigen gestützt durch die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen, die eine längerfristige Entwicklung dokumentieren und hinreichende Rückschlüsse auf die maßgeblichen Verhältnisse am 29. März 2005, dem [X.] der angegriffenen Marke, erlauben.

Ein Indiz für die erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind zunächst die von der Widersprechenden vorgelegten Ergebnisse einer in den Jahren 2003 bis 2005 durchgeführten Marktbefragung des Marktforschungsinstituts [X.] vom 20. Dezember 2011. Auf die Frage: „Wenn Sie jetzt einmal an Tankstellen bzw. Benzin- und [X.] denken. Welche Tankstellen-Marken kennen Sie? Bitte nennen Sie alle Tankstellen-Marken, die Sie kennen. Es ist dabei egal, ob Sie dort schon einmal getankt haben oder ob Sie sie nur vom Namen her kennen.“ nannten

- im Jahr 2003 13,4 % der 582 in [X.] befragten Personen,

- im Jahr 2004 73 % der 380 in [X.] befragten Personen und

- im Jahr 2005 16 % der 500 in [X.] befragten Personen

die Marke „[X.]“. Auf die Frage: „Ich lese ihnen nun einige Tankstellen bzw. Benzin- und [X.] vor. Bitte sagen Sie [X.], welche Tankstellen-Marken davon Sie kennen. Es ist dabei wieder egal, ob Sie dort schon einmal getankt haben oder ob Sie sie nur vom Namen her kennen.“ und nach Nennung der Marke „[X.]“ erklärten

- im Jahr 2003 39,3 % der 582 in [X.] befragten Personen,

- im Jahr 2004 92 % der 380 in [X.] befragten Personen und

- im Jahr 2005 58 % der 500 in [X.] befragten Personen,

die Tankstellen-Marke „[X.]“ zu kennen.

Der Senat verkennt nicht, dass die jeweilige Anzahl der Befragten zu gering ist, um allein daraus Schlüsse ziehen zu können – dies zeigt bereits das überraschend positive Umfrageergebnis im Jahr 2004. Der von der Widersprechenden glaubhaft gemachte [X.]esamtumsatz mit der Ware „Brennstoffe“ unter Kennzeichnung mit der Widerspruchsmarke ist jedoch ein starkes weiteres Indiz für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft. Der in [X.] mit der Ware „Brennstoffe“ erzielte Umsatz ist seit dem [X.] von knapp 180 Millionen [X.] kontinuierlich und stark gestiegen. [X.], dem Jahr der Anmeldung der angegriffenen Marke, hat der [X.] insoweit bereits gut 442 Millionen [X.] betragen. Angesichts der Höhe des Umsatzes im Jahr 2011 (knapp 800 Millionen [X.]) dürfte sich die Bekanntheit und damit die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Ware „Brennstoffe“ weiter gesteigert haben.

d) Bei einer Benutzung für identische sowie hochgradig bis mittelgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen und unter Berücksichtigung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für „Brennstoffe“ hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der [X.] erforderlichen deutlichen Abstand nicht ein.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der [X.]esamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. Eu[X.]H [X.]RUR 2004, 428, 431, Rdnr. 53 [X.]; B[X.]H [X.]RUR 2001, 1151, 1152 marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Der [X.]rad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)[X.]ehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer [X.] reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (B[X.]HZ 139, 340, 347 Lions; B[X.]H [X.] 2008, 393, 395, Rdnr. 21 [X.]). Zudem ist bei der Prüfung der [X.] grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen. Für den [X.]esamteindruck eines Zeichens ist insbesondere der Wortanfang von Bedeutung, weil der Verkehr diesem regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben (B[X.]H [X.]RUR 2004, 783, 784 – N[X.]O-VIBOLEX/N[X.]O-FIBRAFLEX).

Die angegriffene Marke „O[X.]V“ kommt der Widerspruchsmarke „[X.]“ selbst bei den lediglich mittelgradig ähnlichen Waren und damit erst recht bei den [X.] ähnlichen und identischen Produkten - in klanglicher Hinsicht zu nahe. Die insoweit festzustellende mittelgradige Zeichenähnlichkeit wahrt den Schutzumfang der Widerspruchsmarke nicht.

Auszugehen ist zunächst von dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr in der Regel dem Zeichenanfang, in dem sich hier die einander gegenüberstehenden Marken akustisch gleichen („O“), eine gesteigerte Aufmerksamkeit entgegenbringt (B[X.]H [X.]RUR 2002, 1067-1070 [X.]/[X.]-Ostdeutsche Kommunalversicherung a[X.]).

Auch wird der dritte und letzte Buchstabe der Kollisionsmarken „V“ mit einer besonders markanten Aussprache („[X.]“) in identischer Weise ausgesprochen.

Zwar ist grundsätzlich damit zu rechnen, dass die angesprochenen [X.]e jedem Bestandteil einer Buchstabenfolge, insbesondere dann, wenn sie wie hier mit drei Buchstaben noch sehr übersichtlich gestaltet ist, eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit schenken werden. Denn angesichts der Fülle von Abkürzungen, mit denen der Verkehr in allen Lebensbereichen konfrontiert wird, verlangen Buchstabenkombinationen hinsichtlich jedes Einzelbuchstabens eine besondere Aufmerksamkeit. Daher wirken sich bei übersichtlichen Buchstabenmarken grundsätzlich schon geringere Unterschiede in klanglicher Hinsicht verwechslungsmindernd aus (BPat[X.] 33 W (pat) 109/03 cFm /CFP).

Hier werden aber sowohl die Anfangs- als auch die besonders markanten Schlussbestandteile der Kollisionsmarken identisch ausgesprochen, so dass sich die Aussprache des [X.] der angegriffenen Marke „[X.]“ von der Aussprache des [X.] der Widerspruchsmarke „M“ nicht in ausreichender Weise unterscheidet. Zudem ist die Vokalfolge bei beiden Zeichen identisch: „O-E-AU“ („O:-[X.]E:-[X.]“ / „O:-[X.]-[X.]“). Dass der [X.] bei der Widerspruchsmarke eher kurz („[X.]“) und bei der angegriffenen Marke („[X.]E:“) eher lang ausgesprochen wird, ist für eine zuverlässige Unterscheidbarkeit der Marken angesichts ihrer Einrahmung durch die klanglich markanten Buchstaben „O“ und „V“ und der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht ausreichend (vgl. auch B[X.]H [X.]RUR 1982, 420 – [X.]/DDC).

2) Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 37: „Einbau, Wartung und Reparatur von Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl- und Trockengeräten“ ist eine [X.] zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke jedoch wegen absoluter Unähnlichkeit zu der Widerspruchsware „Brennstoffe“ zu verneinen.

Meta

28 W (pat) 82/11

12.09.2012

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.09.2012, Az. 28 W (pat) 82/11 (REWIS RS 2012, 3301)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3301

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