Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2016, Az. X R 48/14

10. Senat | REWIS RS 2016, 1954

STEUERRECHT STEUERN EINKOMMENSTEUER UNTERHALT SCHEIDUNG HESSISCHES FINANZGERICHT

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Gegenstand

Ausgleichszahlung zur Abfindung des Versorgungsausgleichs


Leitsatz

1. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings war in den Jahren 2006 und 2007 bei dem Berechtigten dem Grunde nach als Entschädigung für entgehende Einnahmen steuerpflichtig .

2. Die Steuerpflicht ist auf die Quote beschränkt, die dem sozialversicherungsrechtlichen Höchstausgleich entspricht .

3. Sie ist zusätzlich begrenzt auf den künftig der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente bei Rentenbeginn .

4. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs war in den Jahren 2006 und 2007 bei dem Berechtigten nicht steuerbar .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Juli 2014  11 K 1432/11 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die seit 2006 verheirateten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin war bereits zuvor verheiratet. Sie hatte mit ihrem ehemaligen Ehemann ([[[[[X.].].].].]) unter Hinweis auf erhebliche Zahlungen eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs geschlossen, die das Familiengericht genehmigte. [[[[[X.].].].].] übertrug der Klägerin im Jahre 2006 einen Bausparvertrag mit einem Wert von ca. 30.000 € und zahlte einen Geldbetrag in Höhe von 5.000 €. In den Jahren 2007 bis 2010 hatte er weitere Zahlungen in Höhe von 32.000 € (2007), 23.000 € (2008) und jeweils 20.000 € (2009 und 2010) zu erbringen. Für [[[[[X.].].].].] bestand nach den Feststellungen des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --[X.]--) keine [[[X.].].], weil er Beamter oder Arbeitnehmer mit vergleichbaren [[[X.].].] war.

2

Nach einer verwaltungsinternen Kontrollmitteilung hat die Klägerin im Streitjahr 2006 von [[[[[X.].].].].] den Bausparvertrag im Wert von 29.995 € und eine Barzahlung in Höhe von 5.000 € nebst 12.000 € Unterhaltsleistungen erhalten, im Streitjahr 2007 eine Zahlung in Höhe von 32.000 €. Es ist unstreitig, dass [[[[[X.].].].].] die Leistungen in Höhe von 34.995 € und 32.000 € erbracht hatte, um einen Versorgungsausgleich zu vermeiden. Zusätzlich zu der Unterhaltszahlung von 12.000 € im Jahre 2006 unterwarf das [X.] beide Beträge bei der Klägerin als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) der Besteuerung.

3

Mit ihrer Klage machten die Kläger im Wesentlichen geltend, die Ausgleichszahlungen seien in den Streitjahren 2006 und 2007 mangels Rechtsgrundlage nicht steuerbar. Das Finanzgericht ([X.]) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 8. Juli 2014 11 K 1432/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2014, 1678). Die Zuflüsse seien weder nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG noch nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG noch nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zu versteuern.

4

Mit der Revision macht das [X.] geltend, die Ausgleichszahlungen seien Einkünfte aus Leistungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] handele sich um eine Entschädigung für den Verzicht auf die mit Renteneintritt zustehenden Renteneinnahmen, da die Zahlung sich nicht auf die Erfüllung beschränke, sondern die endgültige Aufgabe eines Vermögenswerts in Gestalt einer Versorgungsanwartschaft bewirke. Soweit der [X.] ([X.]) Entschädigungen nur annehme, soweit der Steuerpflichtige unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gestanden habe, sei dies allein im Zusammenhang mit § 34 EStG zu sehen und schränke den Anwendungsbereich von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht ein. Es sei ungereimt, Entschädigungen für freiwillige Einnahmeverluste besser zu stellen als für unfreiwillige und den Empfänger einer Ausgleichszahlung besser zu stellen als bei Durchführung des Versorgungsausgleichs. Zumindest bei dem [X.] handele es sich nach dem [X.]-Urteil vom 8. März 2006 I[[[[[X.].].].].] R 78/01 ([X.]E 212, 514, BStBl II 2006, 448) nicht um Ersatzleistungen im nicht steuerverhafteten Privatvermögen. Damit führe die Entscheidung dazu, dass derselbe Betrag einerseits bei dem Geber steuermindernd berücksichtigt, andererseits bei dem Empfänger der Privatsphäre zugeordnet werde.

5

Das [X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Die Abfindungszahlungen seien keine Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 EStG. § 24 EStG bilde keine neue, selbständige Einkunftsart. Sie seien kein Ersatz für Einkünfte aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG, da es sich lediglich um Ersatzleistungen für Wertminderungen im Privatvermögen handele.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet mit der Maßgabe, dass das [X.] nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen ist. Die seitens der Klägerin empfangenen Zahlungen gehören zu den sonstigen Einkünften nach § 22 EStG. Der [X.] kann jedoch anhand der Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen, mit welchem Anteil sie steuerpflichtig sind.

9

1. Der Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten richtete sich in den Streitjahren in erster Linie nach §§ 1587a, 1587b des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der in diesen Jahren geltenden Fassung ([X.]), während das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich ([X.]) erst zum Tragen kam, wenn der Versorgungsausgleich nach den Vorschriften des [X.] nicht möglich war.

a) Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde entweder durch unmittelbare Aufteilung der Anrechte oder durch Begründung von Anrechten für den Versorgungsausgleichsberechtigten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Lasten der sonstigen Anrechte des Versorgungsausgleichsverpflichteten verwirklicht. [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung wurden nach § 1587b Abs. 1 [X.] durch anteilige Übertragung der [X.] aufgeteilt (Splitting). Bei Versorgungsanwartschaften aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen begründete das Familiengericht nach § 1587b Abs. 2 [X.] für den ausgleichsberechtigten Ehegatten [X.] in einer gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]). Für sonstige Anwartschaften standen die Realteilung nach § 1 Abs. 2 [X.] sowie das analoge [X.] nach § 1 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 1587b Abs. 2 [X.] und deren Erweiterungen durch § 3b [X.] zur Verfügung.

War dies alles nicht möglich, erfolgte der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 2 [X.] i.V.m. § 1587f bis 1587n [X.]. Er besteht im [X.] darin, dass der ausgleichsverpflichtete Ehegatte bei Eintritt des [X.] dem anderen Ehegatten eine Ausgleichsrente zahlt, der seinerseits einen Anspruch auf Abtretung der Versorgungsansprüche geltend machen kann (§§ 1587g Abs. 1 Satz 1, 1587i Abs. 1 [X.]).

§ 1587o Abs. 1 [X.] erlaubte es, im Zusammenhang mit der Scheidung durch eine Parteivereinbarung anstelle des Versorgungsausgleichs ein Ausgleichssurrogat und damit auch die Leistung einer Abfindung zu vereinbaren.

b) Eine zusätzliche Begrenzung enthielten die Vorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung. Innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung wurde nach § 76 Abs. 1 des [X.] ([X.]) der zugunsten oder zu Lasten von Versicherten durchgeführte Versorgungsausgleich durch einen Zuschlag oder Abschlag von Entgeltpunkten berücksichtigt. Die Übertragung oder Begründung von [X.] zugunsten von Versicherten (und damit zugunsten von Versorgungsausgleichsberechtigten) führte nach § 76 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu einem Zuschlag an Entgeltpunkten. Dieser Zuschlag durfte nach § 76 Abs. 2 Satz 3 [X.] zusammen mit den in der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit bereits vorhandenen Entgeltpunkten den Wert nicht übersteigen, der sich ergibt, wenn die Anzahl der Kalendermonate der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit durch sechs geteilt wird; eine Übertragung oder Begründung von [X.] war nur bis zu dem entsprechenden Höchstbetrag wirksam. Darüber hinaus stand regelmäßig der schuldrechtliche Versorgungsausgleich zur Verfügung.

2. Für die steuerliche Behandlung des Versorgungsausgleichs, wäre er durchgeführt worden, ist zu differenzieren.

a) Die Begründung von [X.] für den [X.]n im Wege des [X.] führt zur Kürzung der später zufließenden Pensionsbezüge nach § 57 des Beamtenversorgungsgesetzes ([X.]) und somit zu einer Schmälerung der steuerpflichtigen Alterseinkünfte des [X.]. Der [X.] hingegen hat die ihm zufließenden Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG zu versteuern. Das bedeutet, dass die Besteuerung auf den in der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG für das jeweilige Jahr des Rentenbeginns genannten Besteuerungsanteil begrenzt ist.

b) Die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hat keinen Einfluss auf die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte des [X.]. Die ungekürzten Versorgungsbezüge wären steuerrechtlich eigene Einkünfte des Verpflichteten geblieben, da die Verpflichtung, sie zum Teil an den versorgungsausgleichsberechtigten anderen Ehegatten weiterzuleiten, ein Vorgang im Bereich der Einkommensverwendung ist (vgl. im Einzelnen [X.]surteil vom 15. Juni 2010 [X.], [X.], 1807, unter [X.]). Jedoch könnte der Ausgleichsverpflichtete sie als Sonderausgaben in Gestalt dauernder Lasten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG geltend machen, soweit sie auf steuerbaren Einkünften beruhen.

Bei dem [X.]n handelt es sich um sonstige wiederkehrende Leistungen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG, die der Besteuerung unterliegen, soweit die transferierten Leistungen bei dem [X.] ihrerseits steuerbar waren. Beim [X.] korrespondieren die (etwaige) Besteuerungsquote und die Sonderausgabenabzugsquote; ferner korrespondieren der Sonderausgabenabzug beim [X.] und die Steuerpflicht beim [X.]n (vgl. im Einzelnen [X.]surteile vom 18. September 2003 [X.], [X.], 337, [X.], 749; vom 15. Oktober 2003 [X.], [X.] 2004, 478).

3. Wird der Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen und dafür eine Abfindungszahlung vereinbart, ist für deren steuerliche Behandlung beim [X.] ebenfalls zu differenzieren.

a) Ein Ausgleichsverpflichteter, der als Beamter oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen einen Anspruch auf eine Altersversorgung hat, kann derartige Abfindungszahlungen, mit denen er die durch das [X.] eintretende Kürzung der später zufließenden Pensionsbezüge nach § 57 [X.] vermeidet, ebenso wie Auffüllungszahlungen an den Dienstherrn sofort als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehen (vgl. [X.]-Urteile vom 8. März 2006 IX R 107/00, [X.] 212, 511, BStBl II 2006, 446; in [X.] 212, 514, BStBl II 2006, 448; vom 17. Juni 2010 VI R 33/08, [X.], 2051; vom 24. März 2011 VI R 59/10, [X.] 2011, 1130).

b) Abfindungszahlungen zur Vermeidung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs können demgegenüber bei dem [X.] steuerrechtlich überhaupt nicht berücksichtigt werden. Der Werbungskostenabzug scheitert daran, dass dem [X.] auch bei Durchführung des Versorgungsausgleichs die ungekürzten Versorgungsbezüge verbleiben. Dies korrespondiert mit der steuerrechtlichen Behandlung der Einkünfte bei Durchführung des Versorgungsausgleichs. Anders als bei einem tatsächlich durchgeführten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ist jedoch auch der Sonderausgabenabzug nicht möglich, da die Abfindungszahlung den Transfer steuerrechtlicher Leistungsfähigkeit gerade verhindert. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung kommt schließlich ebenfalls nicht in Betracht, weil es sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Vermögensauseinandersetzung handelt (vgl. [X.]surteil in [X.], 1807, unter [X.], II.3., [X.]).

4. Bei dem [X.]n ist ebenfalls zu unterscheiden. Soweit mit einer Abfindungszahlung das [X.] ausgeschlossen wird, unterliegt diese dem Grunde nach der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.]. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Dies ist jedoch beschränkt auf den Besteuerungsanteil, der sich aus den Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG ergibt.

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind.

a) Die Klägerin als [X.] hat die Abfindungszahlung als Ersatz für entgehende Einnahmen erhalten, und zwar, soweit sie das [X.] betrifft, für die Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die sie bezogen hätte, wäre der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Es ist unschädlich, wenn, wie hier, der Ersatz durch einen [X.] geleistet wird (vgl. [X.]-Urteil vom 30. Oktober 1970 VI R 273/67, [X.] 100, 504, BStBl II 1971, 138, unter [X.]). Die entgehenden Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wären mit der entsprechenden Besteuerungsquote nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG steuerpflichtig gewesen. Der Einwand der Klägerin, § 24 EStG begründe keinen selbständigen Steuertatbestand, geht daher ins Leere. Die Besteuerung gründet auf der Steuerpflicht derjenigen Einnahmen, die die Abfindungszahlung ersetzt.

b) Einer Zwangslage auf Seiten des Empfängers bedarf es jedenfalls bei Leistungen zur Abfindung eines Versorgungsausgleichs nicht.

[X.]) Grundsätzlich setzt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] der Begriff der Entschädigung u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handelt, sich also in einer nicht von ihm, sondern von dem Leistenden herbeigeführten [X.] befindet (vgl. etwa [X.]-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, [X.] 2005, 1044, unter [X.]). Dem steht eine einverständliche Regelung allerdings nicht entgegen. Es reicht aus, wenn der Empfänger in einer Konfliktsituation zur Vermeidung von Streitigkeiten, obwohl ihm eine andere Lösung lieber gewesen wäre, letztlich nachgegeben hat (vgl. [X.]-Urteil vom 29. Februar 2012 IX R 28/11, [X.] 237, 56, [X.], 569, unter [X.]).

[X.]) Der [X.] lässt dahingestellt, ob er grundsätzlich im Rahmen des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG an dem Erfordernis der [X.] festhalten möchte. Im Streitfall hat das [X.] Feststellungen zu der Frage, welcher der vormaligen Ehegatten Interesse an der Ablösung des Versorgungsausgleichs und insoweit die Initiative ergriffen hatte, nicht getroffen. Aus dem Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ergibt sich dieses Tatbestandsmerkmal nicht. Aus dem Zweck dieser Norm ist die Notwendigkeit eines solchen ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals ebenfalls nicht abzuleiten. Vielmehr ist es folgerichtig, Ersatzleistungen für Einkünfte jedweder Art ebenso der Besteuerung zu unterwerfen wie die Einkünfte selbst, gleich, wie die Ersatzleistung zustande gekommen ist. Einen Anknüpfungspunkt für die Forderung nach einer Druck- oder [X.] bietet erst die --im Streitfall mangels Zusammenballung der Abfindungszahlung ohnehin nicht anwendbare-- Vorschrift des § 34 EStG, die das Vorliegen "außerordentlicher" Einkünfte voraussetzt. Dies gebietet es jedoch nicht, bereits die Anwendbarkeit des [X.] eine Steuervergünstigung, sondern die Steuerbarkeit als solche regelnden-- Tatbestands des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG hiervon abhängig zu machen.

cc) Soweit es um die Frage geht, ob eine Abfindungszahlung für den Ausschluss eines Versorgungsausgleichs eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist, wäre aber das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der durch den Leistenden herbeigeführten Zwangslage auch nicht anwendbar. Die Einheit der Rechtsordnung gebietet insoweit die [X.]. Das Scheidungsrecht ist heute und war auch bereits in den Streitjahren grundsätzlich verschuldensunabhängig ausgestaltet. Das galt auch für den Versorgungsausgleich. Soweit §§ 1587c Nr. 2, 3, 1587h Nr. 2, 3 [X.] den Versorgungsausgleich in Fällen selbst herbeigeführter Versorgungslücken sowie bei langer und gröblicher Verletzung der Unterhaltspflicht ausschlossen, handelt es sich um spezialgesetzliche Ausnahmen. Fehlen deren Voraussetzungen, findet eine Verhaltens- und Verschuldensprüfung nicht statt. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn im Besteuerungsverfahren das persönliche Verhältnis der in Scheidung befindlichen Ehegatten im Hinblick auf die Feststellung einer Zwangslage in einer Weise durchleuchtet werden müsste, in der das Familienrecht dies ausdrücklich nicht vorsieht. Da für die Frage, wie eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zustande gekommen ist, eine entsprechende spezialgesetzliche Anordnung für eine derartige Prüfung fehlt, muss sie auch im Besteuerungsverfahren unterbleiben. Das bedeutet, dass in derartigen Fällen eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bereits ohne besondere Prüfung einer Zwangslage zu bejahen ist.

c) Die Besteuerung der Abfindungszahlung ist auf den Besteuerungsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG beschränkt, mit der die Rentenzahlungen besteuert worden wären, wäre der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Die Steuerpflicht der Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist von der Steuerpflicht derjenigen Einnahmen abgeleitet, die sie ersetzen. Sie setzt folglich voraus, dass die künftigen Einnahmen, um die es geht, ihrerseits steuerbar gewesen wären. Das bedeutet weiter, dass die Entschädigung nur insoweit der Besteuerung unterliegt, als die Einnahmen steuerpflichtig gewesen wären. Die entsprechende Quote ist daher auch auf die Steuerpflicht der Entschädigung anzuwenden.

Abzustellen ist deshalb auf das Jahr des voraussichtlichen Renteneintritts. Nicht maßgebend ist das Jahr, in dem die Abfindungszahlung geleistet worden ist. Diese Sachlage ist nicht zu verwechseln mit der durch einen Versorgungsträger geleisteten Abfindung, die, sofern sie § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG unterfällt, mit dem Besteuerungsanteil des Zahlungsjahres steuerpflichtig ist (vgl. etwa [X.]surteil vom 23. Oktober 2013 [X.], [X.] 243, 332, BStBl II 2014, 103 zur Austrittsleistung einer [X.] Pensionskasse). Auf diese ist der Besteuerungsanteil aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG unmittelbar anwendbar. Da die Steuerpflicht der im Streitfall zu beurteilenden Entschädigung aber mit der Steuerpflicht der ausgefallenen Einnahmen steht und fällt, ist sie auch auf die Besteuerungsquote dieser Einnahmen begrenzt.

5. Soweit die Abfindungszahlung hingegen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausschließt, ist sie nicht steuerbar. Die tatbestandlich gegebene Steuerpflicht nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist wegen fehlenden Transfers von Leistungsfähigkeit aus systematischen und teleologischen Gründen auf Null zu reduzieren.

a) Bei entsprechender Anwendung der unter [X.] erörterten Grundsätze wäre die Abfindungszahlung auch steuerpflichtig, soweit sie sich auf den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bezieht. Die von dem [X.]n vereinnahmten Zahlungen wären als wiederkehrende Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar und steuerpflichtig gewesen (s.o. unter [X.]), so dass dem Grunde nach die Steuerpflicht der Abfindungszahlung als Entschädigung nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG eröffnet wäre. Nur die Einschränkung in [X.]c wäre insoweit zu modifizieren, als nicht die Besteuerungsquote nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG, sondern die Besteuerungsquote nach Maßgabe der [X.]surteile in [X.], 337, [X.], 749 und [X.] 2004, 478 zum Tragen käme.

b) Die Steuerbarkeit der bei Durchführung eines Versorgungsausgleichs durch den [X.]n vereinnahmten Leistungen gründet bei den unterschiedlichen Arten des Versorgungsausgleichs auf gänzlich unterschiedlicher systematischer Quelle.

[X.]) Bei Durchführung des [X.] folgt die Steuerpflicht unmittelbar aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG (s.o. unter [X.]). Die Korrespondenz der Besteuerung zwischen [X.] und [X.]n ist nur eingeschränkt gewährleistet. Dem Totalverlust der ausgeglichenen Versorgungsansprüche auf Seiten des [X.] und der naturgemäß damit einhergehenden fehlenden Steuerbarkeit steht eine ggf. nur anteilige Steuerpflicht des [X.]n nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG gegenüber. Dies resultiert aus der Beteiligung zweier Versorgungssysteme, die ihrerseits unterschiedlichen Besteuerungsregimen unterworfen sind.

[X.]) Beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich folgt die Steuerpflicht aus § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG (s.o. unter [X.]). Bei Anwendung dieser Vorschrift hat sich der [X.] maßgebend darauf gestützt, dass ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit stattfinde, der bei dem [X.] zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG, auf der anderen Seite aber bei dem [X.]n zur Steuerpflicht führen müsse. Auch im Umfang hat der [X.] die Besteuerung bei dem [X.]n davon abhängig gemacht, dass die Zahlungen bei dem [X.] aus steuerbaren Einkünften erbracht wurden. Insgesamt beruht die steuerliche Behandlung der Leistungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf einem weitgehenden Korrespondenzprinzip zwischen den beiden Parteien des Versorgungsausgleichs (vgl. [X.]surteile in [X.], 337, [X.], 749, sowie in [X.] 2004, 478).

c) Die Steuerbarkeit der für den Ausschluss des [X.] geleisteten Zahlung ist nach Grund und Höhe aus der Steuerbarkeit der bei Durchführung des Versorgungsausgleichs zu erwartenden Rentenzahlungen abgeleitet. Die erhaltene Abfindung ist steuerpflichtig, weil die entgangenen Einnahmen steuerpflichtig gewesen wären, und sie ist gerade insoweit steuerpflichtig, wie die entgangenen Einnahmen es gewesen wären. Insoweit besteht Korrespondenz zwischen der steuerlichen Behandlung des Versorgungsausgleichs und der steuerlichen Behandlung der Abfindung zu dessen Ausschluss (vgl. im Einzelnen unter [X.]).

Eine Korrespondenz der Besteuerung zwischen [X.] und [X.]n ist für diese Überlegungen nicht tragend, zumal das Korrespondenzprinzip für sich genommen keinen Besteuerungstatbestand bildet und daher für die Besteuerung nicht konstitutiv sein kann. Im Ergebnis allerdings findet sich das im [X.] vorhandene Maß an Korrespondenz auch in der Besteuerung der Abfindungszahlung wieder, so dass immerhin kein [X.] entsteht: Der Berechtigte hat die Abfindungszahlung mit der jeweiligen Besteuerungsquote des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] Satz 3 EStG zu versteuern. Der Verpflichtete kann sie in demselben Umfange als Werbungskosten abziehen.

d) Werden Abfindungszahlungen zum Ausschluss eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs geleistet, so schließt jedoch die fehlende Korrespondenz zwischen [X.] und [X.]m die Besteuerung bei letzterem aus.

[X.]) Während rechtstechnisch aus den unter [X.] genannten Gründen die steuerliche Erfassung bei dem Berechtigten folgerichtig wäre, geböte das Korrespondenzprinzip andererseits die Steuerfreiheit der Abfindungszahlung. Der [X.] hat die Abziehbarkeit der Abfindungszahlung bei dem Leistenden nicht nur als Werbungskosten, sondern auch als Sonderausgaben mit der Überlegung abgelehnt, dass sie gerade keinen Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit bewirken ([X.]surteil in [X.], 1807). Der Ausgleichsverpflichtete erbringt insoweit die Abfindungszahlung aus versteuertem Einkommen. Unter Korrespondenzgesichtspunkten müsste die Zahlung bei dem [X.]n steuerfrei sein.

[X.]) Der [X.] löst diesen Konflikt zugunsten des Korrespondenzprinzips auf. Da die Abfindungszahlung bei dem [X.] nicht steuerlich berücksichtigt werden kann, ist sie bei dem [X.]n nicht steuerbar.

Maßgebend dafür ist allerdings nicht unmittelbar das Bestreben, bei isolierter Betrachtung der steuerlichen Behandlung der Abfindungszahlung Korrespondenz herzustellen. Ein allgemeines Korrespondenzprinzip, das sich auf jedwede Zahlungen bei dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erstreckte, ist dem Einkommensteuerrecht unbekannt. Entscheidend ist vielmehr, dass die steuerliche Behandlung des durchgeführten Versorgungsausgleichs von dem Gedanken des Transfers von Einkünften und damit von dem Korrespondenzprinzip zwischen dem [X.]n und dem [X.] beherrscht wird (s.o. unter [X.] [X.]). Wenn aber die steuerliche Behandlung von Abfindungszahlungen von der steuerlichen Behandlung von Versorgungsausgleichsleistungen abhängig gemacht wird, ist es folgerichtig, nicht nur das steuerpraktische Ergebnis, sondern auch die für die Besteuerung des Versorgungsausgleichs prägenden Grundsätze zu übertragen. Ist der Transfer von Einkünften tragendes Merkmal der Besteuerung im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, so bedeutet das, dass die erhaltene Abfindung auch nur steuerbar sein kann, wenn sie Ausdruck eines Transfers von Einkünften ist. Da dieser Transfer gerade nicht stattfindet, scheidet auch die Besteuerung aus.

Unter diesem Aspekt ist der Ausschluss der Steuerbarkeit einer Abfindungszahlung für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gerade keine isolierte Anwendung des Korrespondenzprinzips. Vielmehr setzt er lediglich den in § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG angelegten und auch beim [X.] verfolgten Gedanken, dass die Besteuerung der Abfindungszahlung aus der Besteuerung des laufenden Versorgungsausgleichs abgeleitet ist (s.o. [X.]), umfassend um.

6. Dem [X.] ist eine abschließende Entscheidung nicht möglich, da sich der etwaige Höchstbetrag nach § 76 Abs. 1 [X.] mit Hilfe der Feststellungen des [X.] nicht ermitteln lässt. Damit steht nicht fest, ob und in welcher Höhe das [X.] im Streitfall begrenzt war und in welchem Umfange folglich die Abfindungszahlung auf die Abgeltung des [X.] oder ggf. auf die Abgeltung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs entfällt.

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

8. Der [X.] entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 121 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O ohne mündliche Verhandlung.

Meta

X R 48/14

23.11.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 8. Juli 2014, Az: 11 K 1432/11, Urteil

§ 9a S 1 Nr 3 EStG 2002, § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa EStG 2002, § 24 Nr 1 Buchst a EStG 2002, § 1587a BGB, § 1587b BGB, § 1587c BGB, § 1587f BGB, § 1587h BGB, § 1587o BGB, § 1 Abs 2 VersorgAusglHärteG, § 1 Abs 3 VersorgAusglHärteG, § 2 VersorgAusglHärteG, § 3b VersorgAusglHärteG, § 76 SGB 6, § 57 BeamtVG, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2016, Az. X R 48/14 (REWIS RS 2016, 1954)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1981 REWIS RS 2016, 1954

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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