Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2010, Az. X R 23/08

10. Senat | REWIS RS 2010, 5914

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Gegenstand

Keine Abziehbarkeit von Zahlungen für den Ausschluss eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs - Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit - Vermögensauseinandersetzung - Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Nichtabziehbarkeit - Einkommensverwendung - Subjektives Nettoprinzip - Keine Einschränkung der Vertragsfreiheit der Ehegatten


Leitsatz

NV: Zahlungen, die ein Steuerpflichtiger für den Ausschluss eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (§§ 1587f ff. BGB a.F.) leistet und die beim Zahlungsempfänger keine Steuerpflicht auslösen, können nicht steuermindernd berücksichtigt werden (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 8. März 2006 IX R 107/00, BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446, und IX R 78/01, BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448) .

Tatbestand

1

I. Der im Jahr 1942 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis 1998 Arbeitnehmer der [X.]. Die Sparte, in welcher der Kläger tätig war, wurde von der [X.] übernommen. In diesem Zusammenhang übernahm die [X.] auch die Firmenrentenverpflichtungen der [X.].

2

Seit dem 1. Oktober 1997 ist der Kläger geschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er eine Versorgungsanwartschaft bei der [X.] ([X.]) von monatlich 2.492,89 DM, für die der gesetzliche Versorgungsausgleich durchgeführt wurde. Zudem hatte er zum Ende der Ehezeit als Mitarbeiter der [X.] eine sich auf jährlich 31.931,64 DM belaufende Zusage einer Betriebsrente und zudem Ansprüche gegen die Pensionskasse der Mitarbeiter der [X.] von jährlich 30.536,76 DM. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) lassen die für diese Betriebsrente und für die Ansprüche gegen die Pensionskasse geltenden vertraglichen Regelungen keine Realteilung zu.

3

Am 29. Oktober 1997 schloss der Kläger hinsichtlich dieser Versorgungsanwartschaften mit seiner früheren Ehefrau einen gerichtlich genehmigten Scheidungsfolgenvergleich. In dieser Vereinbarung wurde der schuldrechtliche Versorgungsausgleich hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung des [X.] ausgeschlossen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, an seine frühere Ehefrau in acht Jahresraten von je 10.000 DM, beginnend ab dem 30. Juni 1998 einen [X.] von 80.000 DM zu zahlen. Die Ratenzahlungen wurden in den Streitjahren entsprechend der Vereinbarung geleistet.

4

Seit dem 1. Juni 2002 erhält der Kläger von der [X.] eine Altersrente. Ferner bezieht er eine von der [X.] bediente Betriebsrente und Zahlungen der Pensionskasse der Mitarbeiter der Gruppe der [X.].

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) lehnte in den gegenüber dem Kläger ergangenen Einkommensteuer-Bescheiden der Streitjahre 1998 bis 2001 und 2005 eine steuermindernde Berücksichtigung der aufgrund des [X.] zu erbringenden Zahlungen ab.

6

Mit seiner nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage macht der Kläger geltend, diese Zahlungen seien als Werbungskosten entweder bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder bei seinen sonstigen Einkünften zu berücksichtigen. Die Ausgleichszahlungen an seine geschiedene Ehefrau stünden in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesen Einkünften. Er habe diese Zahlungen nur geleistet, um eine ungekürzte Altersversorgung in Gestalt dieser Einkünfte zu erhalten.

7

Das [X.] hat die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2008, 1366 veröffentlichten Urteil abgewiesen. Die von dem Kläger geleisteten Abfindungszahlungen seien keine abziehbaren Werbungskosten. Die Aufwendungen könnten auch nicht als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

8

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

9

Zu Unrecht habe das [X.] die Grundsätze der Urteile des [X.] ([X.]) vom 8. März 2006 [X.]/00 ([X.]E 212, 511, [X.], 446) und [X.] ([X.]E 212, 514, [X.], 448) nicht angewandt. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen seien wie Zahlungen eines zum Versorgungsausgleich verpflichteten Beamten als Werbungskosten zu behandeln. Die für den Versorgungsausgleich geltenden gesetzlichen Regelungen dienten dem Zweck, die während der Ehe erworbenen Versorgungsansprüche unten den Ehegatten hälftig aufzuteilen. Dies werde beim öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich im Wege der Realteilung erreicht. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich diene ebenfalls diesem Zweck.

Entgegen der Auffassung des [X.] sei auch beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich eine Vermögensminderung gegeben. Es liege nicht lediglich ein Barausgleich der bereits während der Ehe eingetretenen Vermögensminderung vor. Dies zeige sich daran, dass ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich nur durchzuführen sei, wenn der Ehegatte seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten könne. Die betriebliche Altersversorgung des [X.] und die beamtenrechtliche Altersversorgung beruhten nicht auf unterschiedlichen Grundsätzen. Auch bei der betrieblichen Altersversorgung korrespondiere der [X.] mit einem geringeren Bruttoverdienst in der aktiven Erwerbsphase. Ebenso wie ein Beamter könne der Kläger nicht über seine Versorgungsanwartschaft wirtschaftlich verfügen.

Das [X.] berücksichtige nicht, dass Aufwendungen zur Erhaltung solcher Einnahmen Werbungskosten seien. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass im Falle des Unterbleibens einer Abfindungsvereinbarung die aufgrund des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu erbringenden Zahlungen steuermindernd als Sonderausgaben hätten berücksichtigt werden können. Eine Ablehnung der steuerlichen Abziehbarkeit der Abfindungszahlungen lasse außer [X.], dass der Kläger ebenso wie ein Beamter seine Versorgungsbezüge im [X.] voll versteuern müsse. Zudem habe der Kläger seine Abfindungszahlungen zur Sicherung dieser Einkünfte dann aus in vollem Umfang besteuerten Einkünften geleistet. Eine Nichtberücksichtigung dieser Aufwendungen bewirke einen Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und eine unzulässige doppelte Besteuerung. Dies sei mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht zu vereinbaren.

Unzutreffend sei auch die Auffassung des [X.], dass die Aufwendungen nicht als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen abziehbar seien.

Der Kläger beantragt,

das [X.]-Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2007 aufzuheben und die angefochtenen Einkommensteuer-Bescheide in der Weise zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen jeweils um 10.000 DM bzw. 5.113 € vermindert wird.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Das angefochtene Urteil sei zutreffend. Die vom Kläger beanstandete Doppelbelastung im Fall des Verzichts auf den Versorgungsausgleich trete auch bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern auf.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Abfindungszahlungen des [X.] nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind. Ein Abzug der Aufwendungen für den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs als Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen scheidet aus (im Ergebnis ebenso [X.] Köln, Urteile vom 14. März 1996  2 K 3239/93, E[X.] 1996, 1153, und vom 16. Februar 2005  11 K 1795/01, E[X.] 2005, 1030, jeweils zu Ausgleichszahlungen gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 des [X.] im Versorgungsausgleich --[X.]--; [X.]/[X.], [X.] 2006, 938, ebenso wohl [X.]/ [X.], EStG, 29. Aufl. § 10 [X.] 63; a.A. Kanzler in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 33 EStG [X.] 155 zu Abfindungen nach § 1587l des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- a.F.).

1. Zahlungen für den Ausschluss eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wegen des Bestehens einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung sind keine mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten.

a) Sind im Rahmen des Versorgungsausgleichs nicht [X.]en in der gesetzlichen Rentenversicherung oder öffentlich-rechtliche [X.]en (§ 1587b Abs. 1 und 2 BGB in der in den Streitjahren geltenden Fassung [X.]), sondern andere Versorgungsanrechte auszugleichen, findet nach § 2 [X.] der schuldrechtliche Versorgungsausgleich (§ 1587f [X.]) statt, sofern --wie im [X.] nach dem für den Versorgungsträger maßgebenden Recht eine Realteilung des [X.] nicht vorgesehen ist (§ 1 Abs. 2 [X.]). Nach § 1587o Abs. 1 [X.] können die Ehegatten durch eine Parteivereinbarung anstelle des Versorgungsausgleichs ein Ausgleichssurrogat und damit auch die Leistung einer Abfindung vereinbaren ([X.]/Brudermüller, [X.], 67. Aufl., § 1587o [X.] 13).

b) Solche Abfindungszahlungen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Es fehlt an dem erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit dieser Einkunftsart. Aus diesem Grund stellt sich die vom [X.] aufgeworfene Frage, ob der Kläger mittels dieser Abfindungszahlung einen Vermögenswert angeschafft hat, nicht.

aa) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Satz 2 der Norm sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Werbungskosten ist, dass sie in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 511, [X.], 446).

bb) [X.] Werbungskosten liegen nicht bereits deshalb vor, weil eine (abgelöste) Verpflichtung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auf dem Bestehen von [X.]en i.S. des § 19 Abs. 2 EStG beruht. Allein maßgebend ist stattdessen, ob das Bestehen einer solchen Verpflichtung zur Folge haben kann, dass dem Inhaber des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung wegen der Verpflichtung zum Versorgungsausgleich niedrigere steuerpflichtige Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG zufließen als im Fall des Fehlens einer solchen Ausgleichsverpflichtung. Denn nur bei einer solchen Sachlage dient die Ablösung der Verpflichtung aufgrund des Versorgungsausgleichs dazu, (steuerpflichtige) Einnahmen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erhalten.

Sind hingegen dem [X.] die (ungekürzten) Versorgungsbezüge trotz der Verpflichtung, sie zum Teil an den versorgungsausgleichsberechtigten anderen Ehegatten weiterzuleiten, steuerlich als eigene Einkünfte zuzurechnen, dann ist diese Weiterleitung ein Vorgang im Bereich der Einkommensverwendung. In einem solchen Fall betrifft die Ablösung einer solchen Verpflichtung nicht die Einkunftserzielung, sondern nur die Einkommensverwendung ([X.]-Urteil vom 21. Oktober 1983 VI R 198/79, [X.], 524, [X.] 1984, 106).

cc) Hat ein Steuerpflichtiger aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs betriebliche Versorgungsleistungen mit seinem geschiedenen Ehegatten zu teilen, ist allein der Steuerpflichtige derjenige, der Einkünfte i.S. des § 19 Abs. 2 EStG erzielt, da nur er diese Einkünfte durch eigene Arbeitsleistung erwirtschaftet hat ([X.]surteile vom 18. September 2003 [X.]/97, [X.], 337, [X.] 2007, 749, und vom 15. Oktober 2003 [X.], [X.], 478). Nichts anderes gilt selbst dann, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte gemäß § 1587i Abs. 1 [X.] in Höhe einer laufenden Ausgleichsrente die Abtretung der in den Ausgleich einbezogenen Versorgungsansprüche verlangen kann ([X.]/[X.], § 19 EStG [X.] 325).

dd) Diese Rechtsansicht des erkennenden [X.]s steht im Einklang mit den Urteilen des [X.]. [X.]s des [X.] in [X.], 511, [X.], 446 und in [X.], 514, [X.], 448. Danach sind Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter aufgrund einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB oder nach § 1587o [X.] an den anderen Ehegatten leistet, ebenso wie sog. Wiederauffüllungszahlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar. Maßgeblich für diese Entscheidungen ist nicht die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Versorgungsanspruch Teil der Gegenleistung für das Erbringen der Arbeitsleistung ist, was auch bei betrieblichen [X.] regelmäßig zutrifft. Entscheidend ist vielmehr, dass durch die oben genannten Ausgleichs- oder Wiederauffüllungszahlungen eine sonst gemäß § 57 des Beamtenversorgungsgesetzes vorzunehmende Kürzung der Pensionsbezüge unterbleibt. Im Unterschied zur Ablösung von Ansprüchen aus einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich dienen daher solche Ausgleichs- oder Wiederauffüllungszahlungen der Sicherung des künftigen Zuflusses (eigener) steuerpflichtiger Einkünfte in ungeschmälerter Höhe.

Im Streitfall hat der Kläger im Jahr 1997 für den Ausschluss des (zukünftigen) schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine Abfindungszahlung mit seiner Ehefrau vereinbart. Die aus diesem Grund in den Streitjahren geleisteten Zahlungen sind in Anwendung der vorstehend dargelegten Rechtsgrundsätze keine abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

2. Auch eine Abziehbarkeit dieser Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften (§ 22 EStG) scheidet aus. Die Abfindungszahlung des [X.] steht mit dessen künftigen Renteneinkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht im Zusammenhang.

3. Die Abfindungszahlung des [X.] ist in den Streitjahren 1998 bis 2001 und 2005 nicht als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar.

a) Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten abziehbar, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben.

Der erkennende [X.] hat in seinen Urteilen in [X.], 337, [X.] 2007, 749 und in [X.], 478 diese Vorschrift auch auf Zahlungen angewendet, die im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vom [X.] an den ausgleichsberechtigten anderen Ehegatten geleistet werden. Anders als bei der realen Teilung der [X.] (§ 1587a Abs. 1 Satz 2 [X.]) erfolgt beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich keine dingliche Teilung. Stattdessen verbleibt auch der Teil der während der Ehezeit angewachsenen [X.], der nach der gesetzlichen Wertung auszugleichen ist und damit dem anderen Ehegatten "gehört", bei dem Ehegatten, der rechtlich Inhaber der [X.] ist. Von diesem sind dann im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in dem gesetzlich bestimmten Umfang Zahlungen an den anderen Ehegatten zu leisten. Der Ausgleichsverpflichtete muss also von ihm erwirtschaftete und zu versteuernde Einkünfte an den anderen Ehegatten auskehren. Dieser Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit ist die rechtliche Grundlage für die Abziehbarkeit dieser Aufwendungen im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

b) Die Abziehbarkeit von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist indessen nur gerechtfertigt, soweit und solange eine solche Verlagerung erwirtschafteter Einkünfte --nach Maßgabe des Korrespondenzprinzips (vgl. [X.]-Urteil vom 19. Januar 2010 [X.], [X.], 971; Schreiben des [X.] vom 9. April 2010, [X.], 323)-- auf einen Dritten tatsächlich stattfindet. Der erkennende [X.] hat hiervon ausgehend in seinem Urteil vom 31. März 2004 [X.] ([X.]E 205, 285, [X.] 2004, 830) entschieden, dass Aufwendungen, die dazu dienen, den Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit zu beenden, nicht im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar sind. Der [X.] hat daher die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf eine Zahlung abgelehnt, mit der eine im Rahmen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vereinbarte dauernde Last abgelöst wird. Erst recht kann nichts anderes gelten, wenn wie im Streitfall durch eine vertraglich zu erbringende Ablösezahlung von vornherein verhindert wird, dass künftig im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs Erträge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten auszukehren sind. Denn hierdurch wird ebenfalls ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit unterbunden.

4. Die Abfindungszahlungen können auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG berücksichtigt werden.

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.], dass Aufwendungen, die mit einer Vermögensauseinandersetzung zusammenhängen, keine außergewöhnlichen Belastungen i.S. des § 33 EStG sind (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 12. November 1993 [X.], [X.]E 173, 58, [X.] 1994, 240, und [X.]-Beschluss vom 28. April 2010 [X.], [X.]). Dementsprechend hat es der [X.] abgelehnt, Zahlungen, die ein geschiedener Ehegatte als Versorgungsausgleich nach der inzwischen durch das [X.] ([X.]) für nichtig erklärten Vorschrift des § 1587b Abs. 3 Satz 1 Teilsatz 1 BGB für seinen früheren Ehegatten zur Begründung einer [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ([X.]-Urteil vom 21. Oktober 1983 VI R 198/79, [X.], 524, [X.] 1984, 106).

b) Auch Abfindungszahlungen, die aufgrund einer nach § 1587o [X.] geschlossenen Vereinbarung zwecks Ablösung von (künftigen) Ansprüchen auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu leisten sind, dienen einer solchen Vermögensauseinandersetzung und nicht der Abgeltung normaler Unterhaltsansprüche.

aa) Zwar kann in besonders gelagerten Fällen ein Anspruch auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich von der [X.] des Berechtigten abhängen (vgl. § 1587h Nr. 1 [X.]). Auch ist im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Genehmigungsfähigkeit einer nach § 1587o [X.] getroffenen Vereinbarung gemäß Abs. 2 Satz 4 eine Unterhaltsregelung einzubeziehen. Ungeachtet dessen soll eine Vereinbarung gemäß § 1587o [X.] dem ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Ausgleichssurrogat für den ihm zustehenden Teil der während der Ehe begründeten [X.]en verschaffen.

bb) Die Genehmigungspflichtigkeit einer solchen Vereinbarung dient gemäß § 1587o Abs. 2 Satz 4 [X.] vor allem der Überprüfung, ob der ausgleichsberechtigte Ehegatte eine Kompensation für die ihm an sich zustehenden Versorgungsanrechte erhält (Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 24. Februar 1982 [X.], Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1982, 1463, und vom 11. März 1987 [X.], NJW 1987, 1770). Insoweit ist entscheidend, dass der Versorgungsausgleich --ähnlich wie der [X.] bewirken soll, das während der Ehe erworbene Versorgungsvermögen hälftig zwischen den Ehegatten zu teilen (Urteil des [X.] vom 28. Februar 1980  1 BvL 17/77 u.a., [X.]E 53, 257, unter [X.] der Gründe und Kammerbeschluss vom 2. Mai 2006  1 BvR 1275/97, [X.], 2175). Eine nach § 1587o [X.] getroffene Vereinbarung betrifft daher eine Vermögensauseinandersetzung.

5. Dass der Kläger seine Abfindungszahlungen nicht als Werbungskosten abziehen und sie auch nicht als Sonderausgaben berücksichtigen kann, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Hierin liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG und keine Verletzung des Gebots der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

a) Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die ungleiche Behandlung von wesentlich Gleichem und die Gleichbehandlung von wesentlich [X.] ([X.]-Entscheidung vom 15. Juli 1998  1 BvR 1554/89 u.a., [X.]E 98, 365, 385). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.

aa) Ein tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts ist das objektive Nettoprinzip. Danach sind Einnahmen nicht brutto, sondern nur gekürzt um damit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen der Besteuerung zu unterwerfen ([X.]-Entscheidung vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1-2/07, 1-2/08, [X.]E 122, 210). Solche Erwerbsaufwendungen liegen indessen nur vor, wenn die Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Absicht stehen, (steuerpflichtige) Einkünfte zu erzielen. Liegt hingegen wie im Streitfall ein Vorgang im Bereich der Einkommensverwendung vor, ist es gerechtfertigt, ihn rechtlich anders als Erwerbsaufwendungen zu behandeln. Aus dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit folgt nicht zwingend, Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung steuermindernd zu berücksichtigen ([X.]-Beschluss vom 23. November 1976  1 BvR 150/75, [X.]E 43, 108, unter [X.] der Gründe).

bb) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin, dass ein Abzug von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nur in Betracht kommt, wenn ein steuerlicher Transfer von Einkünften stattfindet. Der erkennende [X.] hat es u.a. in seinem Beschluss vom 25. März 1996 [X.] ([X.]/NV 1996, 739) abgelehnt, Zahlungsverpflichtungen, bei denen kein solcher Einkünftetransfer stattfindet, im Rahmen der genannten Norm zu berücksichtigen. Das [X.] hat durch Beschluss vom 15. August 1996 2 BvR 1185/96 ([X.] 1996, 623) die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

cc) In der Nichtberücksichtigung der Aufwendungen des [X.] liegt auch kein Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip. Dieses gebietet es, das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Maßstab hierfür ist nicht, ob Aufwand zwangsweise anfällt, sondern ob das Sozialhilferecht einen solchen Aufwand in seinem Leistungskatalog berücksichtigt ([X.]-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, [X.]E 120, 125, unter [X.]). Danach besteht verfassungsrechtlich keine Pflicht, Aufwendungen, die wie hier eine Vermögensauseinandersetzung betreffen, steuerlich zum Abzug zuzulassen.

6. Diese Rechtslage führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen. Die Beteiligten haben es nach Ansicht des erkennenden [X.]s in der Hand, bei Abschluss ihrer Ausgleichsvereinbarung nach § 1587o [X.] der steuerlichen Lage Rechnung zu tragen. Sie können daher berücksichtigen, dass Abfindungszahlungen im Gegensatz zu laufenden Zahlungen, die im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs erbracht werden, beim Zahlungspflichtigen steuerlich nicht abziehbar sind und umgekehrt beim Zahlungsempfänger keine Steuerpflicht auslösen.

Zwar hat der [X.] es grundsätzlich abgelehnt, individuelle Belastungen, die den einzelnen geschiedenen Ehegatten betreffen, im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen (Beschluss vom 26. Januar 1994 [X.], Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1994, 560). Indessen ermöglicht es § 1587o [X.] den Ehegatten grundsätzlich, statt des vom Gesetzgeber angeordneten Ausgleichs ihrer ehezeitlich erworbenen Versorgungsansprüche eine ihren individuellen Verhältnissen angepasste vertragliche Lösung zu suchen. Ihre Vertragsfreiheit ist insoweit nicht eingeschränkt (zu deren Schranken im Rahmen von § 1587o [X.] vgl. [X.]-Beschluss vom 3. November 1993 [X.], NJW 1994, 580).

Meta

X R 23/08

15.06.2010

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 21. Februar 2008, Az: 13 K 1754/07, Urteil

§ 1587f BGB, § 1587o BGB, § 9 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 1997, § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, § 33 EStG 1997, § 33 EStG 2002, Art 3 Abs 1 GG, § 12 Nr 2 EStG 1997, § 12 Nr 2 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2010, Az. X R 23/08 (REWIS RS 2010, 5914)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5914

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