Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 7/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1507

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[X.] vom 14. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 402, 397 Das Gericht muss auf Antrag der [X.] einen radiologischen Sachverständigen anhören, wenn das Gutachten des vom Gericht beauftragten orthopädischen Sachverständigen auf einer lediglich telefonischen Erläuterung des radiologischen Gutachtens beruhen kann. ZPO § 411 Abs. 4 Satz 2 Der Antrag einer [X.] auf Anhörung eines (hier: radiologischen) Sachverständigen, der erst nach Ablauf einer Frist zur Stellungnahme zu dessen Gutachten gestellt wird, ist nicht verspätet, wenn die [X.] erstmals in der mündlichen Verhandlung nach Fristablauf davon Kenntnis erhält, dass der (weitere) gerichtliche Sachverständige (hier: Orthopäde) sein Gutachten auf eine telefonische Erörterung mit dem erstgenannten Sachverständigen stützt. ZPO § 287 - 2 -
Die Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO ist nicht auf Folgeschäden einer Verletzung be-schränkt, sondern umfasst neben einer festgestellten oder unstreitigen Verletzung des Körpers im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB entstehende weiteren Körperschäden aus [X.]. [X.], Beschluss vom 14. Oktober 2008 - [X.] - [X.]

LG Paderborn - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], Wellner, Pauge und Zoll beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 28. November 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 178.687,24 • Gründe: [X.] Der Versicherungsnehmer des Beklagten nahm dem Versicherten [X.] der Klägerin am 23. Januar 1998 die Vorfahrt. [X.] prallte mit seinem Motorroller ge-gen die linke [X.], schleuderte über den PKW und stürzte zu Boden. Er zog sich außer Becken- und Rippenbrüchen auch [X.] beidseits zu. Die [X.]en streiten nur noch darum, ob durch den Unfall auch die bei [X.] festgestellten Rotatorenmanschettenrupturen verursacht worden sind. 1 Das [X.] hat das nach Einholung eines medizinischen Gutachten Dr. B. bejaht und der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat 2 - 4 - das [X.] nach Einholung eines Gutachtens Dr. [X.] die Kausalität für nicht bewiesen erachtet und die Klage abgewiesen. Die Klägerin möchte mit der Revision ihr Klageziel weiterverfolgen und hat deshalb Nichtzulassungsbe-schwerde eingelegt. I[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. 3 1. Das Berufungsgericht hat dadurch, dass es davon abgesehen hat, den gerichtlichen Sachverständigen [X.] zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden, den prozessualen Anspruch der Klägerin auf mündliche Befragung des Sach-verständigen verletzt (§§ 397, 402 ZPO). Auch wenn das Berufungsgericht die Frage nach der Verursachung der Rotatorenmanschettenrupturen durch den Unfall selbst für ausreichend geklärt erachtet hat, konnte die Klägerin verlan-gen, dass dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hielt, zur mündlichen Beantwortung vorgelegt werden. Zwar [X.] sie erst am Ende der Sitzung beantragt, den Sachverständigen [X.] anzuhö-ren. Dieser Antrag war aber nicht verspätet und nicht rechtsmissbräuchlich ge-stellt worden, denn die Klägerin hatte erst in der Anhörung des [X.] erfahren, dass dieser mit dem radiologischen Sachverständigen [X.] tele-foniert hatte und seine mündlichen Erläuterungen darauf gründete. Das [X.] war keine ordnungsgemäße Beweisaufnahme, weil die Klägerin 4 - 5 - ihrerseits keine Gelegenheit hatte, an den Sachverständigen [X.] die ihr wichtig erscheinenden Fragen zu richten. 5 Dass die Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgelaufen war, steht dem nicht entgegen. Diese war zur Stellungnahme zu dem Gutach-ten gesetzt worden, während sich der Bedarf der Klägerin zur Anhörung erst aus der telefonischen Besprechung des Sachverständigen [X.] mit dem Sachver-ständigen [X.] ergeben hat, die der Klägerin zuvor nicht ersichtlich bekannt war. Das Berufungsgericht hätte nach allem dem Antrag der Klägerin auf An-hörung des Sachverständigen [X.] stattgeben müssen (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2001 - 1 BvR 2075/98 - NJW-RR 2001, 1006), wie es ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats entspricht (vgl. Senat, Urteile vom 22. Mai 2001 - [X.] ZR 268/00 - [X.], 120; vom 29. Oktober 2002 - [X.] ZR 353/01 - [X.], 926; vom 27. Januar 2004 - [X.] ZR 150/02 - [X.], 1579; Beschlüsse vom 10. Mai 2005 - [X.] ZR 245/04 - [X.], 1555; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 121/05 - NJW-RR 2006, 1503; vom 22. Mai 2007 - [X.] ZR 233/06 - [X.], 1713; vom 25. September 2007 - [X.] ZR 157/06 - [X.], 1697). 6 2. Das Berufungsgericht wird in der neu eröffneten Instanz die weiteren [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde und insbesondere zu berücksichtigen haben, dass im vorliegenden Fall Verletzungen des Klägers infolge des Unfalls (mehrfache Brüche, aber auch Prellungen beider Schultern) zwischen den [X.] unstreitig sind. Damit aber sind Primärverletzungen, für welche die haf-tungsbegründende Kausalität nach § 286 ZPO festzustellen ist, vorhanden. Der [X.] zwischen dem Unfall und den Rupturen der [X.] kann auch dann nach dem Maßstab des § 287 Abs. 1 ZPO festzustellen sein, wenn sich der Tatrichter bezüglich der bei einem insgesamt zu ermittelnden Kausalverlauf möglichen Folgen eine Überzeugung bilden 7 - 6 - muss. Nur der Nachweis des [X.] (die haftungsbegründende Kau-salität) unterliegt den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Die Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO ist nicht auf Folgeschäden einer einzelnen Verletzung (hier: der Schultern) beschränkt, sondern umfasst auch die neben der festste-henden Körperverletzung (hier: "Überwurf" des [X.] u.a. mit Becken- und Rippen-bruch) im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB entstehenden weiteren Schäden aus der-selben Schädigungsursache (vgl. Senat, [X.] 58, 48, 55 f.; 60, 177, 183 f.; Urteile vom 2. Dezember 1975 - [X.] ZR 79/74 - [X.], 435, 437; vom 21. Oktober 1986 - [X.] ZR 15/85 - [X.], 310; vom 28. Januar 2003 - [X.] ZR 139/02 - [X.], 474, 475; vom 4. November 2003 - [X.] ZR 28/03 - [X.], 118; vom 12. Februar 2008 - [X.] ZR 221/06 - [X.], 644; vgl. [X.], HVBG-Info 2006, 473 = juris Rn. 44). Die förmliche Anhörung eines Privatsachverständigen ist nach der Recht-sprechung des erkennenden Senats freilich nicht veranlasst (vgl. Senat, Urteil vom 10. Oktober 2000 - [X.] ZR 10/00 - VersR 2001, 525), doch kann die [X.] den Privatsachverständigen jedenfalls zu ihrer Unterstützung in der mündlichen 8 - 7 - Verhandlung hinzuziehen und sich von ihm bei der Fragestellung beraten [X.], falls sie ihm nicht ohnehin ihr Fragerecht überträgt oder dieser als Nebe-nintervenient eigene Rechte ausübt (§ 67 ZPO). [X.] [X.]

[X.]

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.06.2006 - 2 [X.]/04 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 13 U 112/06 -

Meta

VI ZR 7/08

14.10.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 7/08 (REWIS RS 2008, 1507)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1507

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