Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2010, Az. II ZR 69/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7252

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/09 vom 26. April 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja HGB §§ 161, 105; BGB § 705 Die actio pro socio hat ihre Grundlage im [X.]sverhältnis und ist Aus-fluss des Mitgliedschaftsrechts des [X.]ers. Die Ausübung der Klagebe-fugnis unterliegt daher der gesellschafterlichen [X.]epflicht und kann sich unter diesem Blickwinkel nach den konkreten [X.]sverhältnissen, zu denen auch das Verhalten des sich auf die Befugnis berufenden [X.]ers ge-hört, als rechtsmissbräuchlich darstellen. [X.], Beschluss vom 26. April 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der II. Zivilsenat des [X.] hat am 26. April 2010 durch [X.] und [X.] Strohn, [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Beschwerde des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 12. Februar 2009 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 735.726,40 • Gründe: Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit seinem nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO in das Protokoll aufgenommenen Urteil hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) mehrfach in entschei-dungserheblicher Weise verletzt. 1 1. Der Beklagte hat vorgebracht, die Geltendmachung des Anspruchs der [X.] auf Rückgewähr vom Beklagten vorgenommener Entnahmen durch die Klägerin 2 - 3 - im Wege der actio pro socio verstoße gegen [X.] und Glauben (§ 242 BGB), weil ihm bei Feststellung der Jahresabschlüsse der [X.] bis 2005/2006 [X.] in Höhe der entnom-menen Gelder zustünden und die Klägerin die Feststellung der betreffenden Jahresabschlüsse aus sachfremden Erwägungen blockiere. In diesem Zusam-menhang hat der Beklagte in beiden Vorinstanzen - wie die [X.] im Einzelnen ausführt - umfangreich unter Beweisantritt zu der aus seiner Sicht spätestens seit der Überarbeitung im Oktober 2007 bestehenden Feststellungsreife der aufgestellten Jahresabschlüsse vorgetragen. Dem ist die Klägerin ebenfalls unter Beweisantritt entgegengetreten. Mit diesem als "dolo petit"-Einrede zu verstehenden Parteivorbringen hat sich das Berufungsgericht nicht inhaltlich auseinandergesetzt. Der lapidare, nicht weiter ausgeführte [X.] im Berufungsurteil, "angesichts verbleibender Unklarheiten" sei nicht er-sichtlich, wieso die Klägerin bestimmte Jahresabschlüsse billigen müsste, zeigt, dass das Berufungsgericht den unter Beweis gestellten Sachvortrag des [X.] nicht in der durch Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis genommen hat. Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Der Umstand, dass die Klägerin im Wege der actio pro socio einen Anspruch der [X.] geltend macht, steht dem an ein Verhalten der Klägerin anknüpfenden Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen. Unabhängig davon, ob man die Befugnis des [X.]ers, Sozialansprüche der [X.] im eigenen Namen ge-richtlich geltend zu machen und auf Leistung an die [X.] zu klagen, dogmatisch als eigenen materiell-rechtlichen Anspruch des [X.]ers oder als Form der Prozessstandschaft einordnet (zum Streitstand vgl. nur Staub/[X.], HGB 5. Aufl. § 105 Rdn. 265 m.w.Nachw.), findet die actio pro socio ihre Grundlage im [X.]sverhältnis und ist Ausfluss des Mitglied-schaftsrechts des [X.]ers ([X.], [X.].Urt. v. 23. März 1992 3 - 4 - - [X.], [X.], 758, 760). Die Ausübung der Klagebefugnis unterliegt daher der gesellschafterlichen [X.]epflicht und kann sich unter diesem Blick-winkel nach den konkreten [X.]sverhältnissen, zu denen auch das [X.] des sich auf die Befugnis berufenden [X.]ers gehört, als rechts-missbräuchlich darstellen ([X.] 25, 47, 50; [X.], [X.].Beschl. v. 2. Juni 2008 - [X.], [X.], 1453, 1454). 2. Das Berufungsgericht geht in seinem Protokollurteil davon aus, dass Entnahmen zur Begleichung von Steuern "nicht streitgegenständlich" seien. Dabei ist ihm entgangen, dass die von der Klägerin vorgetragene Aufstellung zur Konkretisierung der einzelnen der Klageforderung zugrunde liegenden [X.] sowie die hierzu vorgelegten Kontenblätter des Privatkontos des [X.] Entnahmen ausweisen, welche [X.] und datumsmäßig den vom Beklagten in der Berufungsbegründung behaupteten und unter Beweis gestell-ten Steuerzahlungen im Zeitraum vom 30. August 2005 bis 28. August 2007 in einer Gesamthöhe von 197.248,04 • entsprechen, die nach dem Vortrag des Beklagten jeweils aus Entnahmen beglichen wurden. Diese Fehlleistung des Berufungsgerichts lässt nur den Schluss zu, dass - möglicherweise auch hier bedingt durch die der Komplexität des Falles wenig gerecht werdenden Verfah-rensweise nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO - das Sachvorbringen des Beklagten aus dem Blick geraten und demzufolge entgegen Art. 103 Abs. 1 GG übergan-gen worden ist. 4 Diese Verletzung rechtlichen Gehörs ist ebenfalls [X.], weil die Frage des Bestehens eines Steuerentnahmerechts nicht hätte of-fen bleiben dürfen. Das Berufungsgericht hätte vielmehr prüfen müssen, ob der Beklagte auch ohne entsprechende Regelung im [X.]svertrag berech-tigt war, Beträge in Höhe der von ihm zu zahlenden Ertragssteuern aus dem [X.]svermögen zu entnehmen ([X.] 132, 263, 277). 5 - 5 - 6 3. Für das wieder eröffnete Berufungsverfahren weist der [X.]at auf Fol-gendes hin: 7 Die Beschwerde beanstandet zu Recht, dass sich das Berufungsgericht in seinen Ausführungen zur Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil hinsicht-lich der vom Beklagten benannten Zeugin [X.]

auf die Mitteilung [X.] hat, dass die Zeugin angesichts ihrer Verschwiegenheitspflicht keine Angaben zur Sache machen konnte, ohne sich damit auseinanderzusetzen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht bereit war, als Gesell-schafterin der Komplementär-GmbH gemeinsam mit dem Beklagten auf eine Entbindungserklärung durch den Notgeschäftsführer der GmbH hinzuwirken. Einer solchen Erörterung hätte es aber bedurft, weil der Tatrichter nach § 286 ZPO nicht nur das Ergebnis der Beweisaufnahme, sondern den gesamten Inhalt der Verhandlung zu würdigen hat, wozu auch die Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen einer Partei und damit auch die Vorenthaltung von Beweismit-teln gehören. Eine verfahrensfehlerfreie tatrichterliche Beurteilung verlangt [X.] auch die Würdigung der Umstände, unter denen eine nicht [X.] es ablehnt, einen Zeugen von der Pflicht zur Verschwiegenheit zu ent- - 6 - binden ([X.], Urt. v. 26. September 1996 - [X.], NJW-RR 1996, 1534; v. 27. Januar 1988 - [X.], [X.], 794, 797; v. 20. April 1983 - [X.], [X.] 1983, 735). [X.]Strohn

Reichart

Drescher [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 29.05.2008 - 4 [X.] 6607/07 - [X.], Entscheidung vom 12.02.2009 - 23 U 3741/08 -

Meta

II ZR 69/09

26.04.2010

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2010, Az. II ZR 69/09 (REWIS RS 2010, 7252)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7252

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