Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2015, Az. AnwZ (Brfg) 19/15

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2015, 297

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Gegenstand

Hinweispflicht als Berufspflicht des Rechtsanwalts: Irreführende Gestaltung des Briefkopfs durch Nebeneinander der Namen des Anwalts und einer Diplom-Wirtschaftsjuristin


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs [X.] vom 26. Februar 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen einen durch die [X.]eklagte ausgesprochenen "belehrenden Hinweis" vom 22. Mai 2014. Darin wird die Gestaltung des [X.] seiner Geschäftspapiere insoweit beanstandet, als dort neben dem Namen des [X.] unter anderem der Name einer Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) aufgeführt ist, ohne dass durch Zusätze klargestellt wird, dass kein Fall der gemeinschaftlichen [X.]erufsausübung vorliegt. Die nach durchgeführtem Widerspruchsverfahren gegen die [X.]eanstandung erhobene Klage hat der [X.] abgewiesen. Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 42 Abs. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind auf der Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 1, 4 [X.] ergangene belehrende Hinweise namentlich dann, wenn sie wie der angefochtene [X.]escheid ein Handlungsgebot oder ein Handlungsverbot aussprechen, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die dementsprechend mit der Anfechtungsklage angegriffen werden können (vgl. [X.], Urteile vom 27. Oktober 2014 - [X.] ([X.]) 67/13, NJW 2015, 72 Rn. 7; vom 23. April 2012 - [X.] ([X.]) 35/11, [X.], 3039 Rn. 5; jeweils mwN).

3

2. Ein [X.] (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 VwGO) ist nicht gegeben.

4

a) Der durch den Kläger der Sache nach geltend gemachte [X.] der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

5

aa) Entgegen der Auffassung des [X.] stellt die Verwendung eines gemeinsamen [X.] ein werbendes Verhalten dar, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rechtsanwalts zu gewinnen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 12. Juli 2012 - [X.] ([X.]) 37/11, [X.]Z 194, 79 Rn. 18; [X.]eschluss vom 23. September 2002 - [X.] ([X.]) 67/01, [X.], 346; jeweils mwN). Sie unterliegt damit den anwaltliche Werbemaßnahmen einschränkenden [X.]estimmungen der §§ 43b, 59b Abs. 2 Nr. 3 [X.] [X.]. §§ 8 ff. [X.], wobei im Lichte der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten [X.]erufsausübungsfreiheit im Einzelfall nicht die Gestattung der Anwaltswerbung, sondern deren [X.]eschränkung einer besonderen Rechtfertigung bedarf ([X.], Urteile vom 12. Juli 2012 - [X.] ([X.]) 37/11, aaO; vom 1. März 2001 - [X.], [X.]Z 147, 71, 74 f.).

6

bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der [X.] die Ausgestaltung des durch den Kläger verwendeten [X.]riefkopfes mit Recht als irreführend angesehen. Im angefochtenen Urteil wird maßgebend darauf abgestellt, dass durch den verwendeten [X.]riefkopf der Eindruck erweckt wird, es bestehe zwischen dem Kläger und der Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) eine berufliche Zusammenarbeit in Form einer Sozietät. Dies trifft jedoch - was der Kläger auch im Zulassungsantrag nicht in Abrede stellt - gerade nicht zu. Es hätte ihm deshalb oblegen, einen klarstellenden Hinweis auf diesen Umstand aufzunehmen (§ 8 Satz 2 [X.]).

7

b) Eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

8

aa) Der [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 24. September 2015 - [X.] ([X.]) 31/15 Rn. 11 mwN). Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen [X.]edeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie zu ihrer [X.]edeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihrer Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des [X.]erufungsgerichts erforderlich ist.

9

bb) [X.] nach einem klarstellenden Hinweis auf die tatsächlichen Verhältnisse in der Kanzlei des [X.] findet seine Grundlage in der eindeutigen und insoweit keiner anderweitigen Interpretation zugänglichen Regelung des § 8 Satz 2 [X.]. Verfassungsrechtliche [X.]edenken gegen die Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall hegt der Senat nicht. Diese beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 59b Abs. 2 Nr. 3 [X.] und wird von der Rechtsprechung sowie der herrschenden Kommentarliteratur der Rechtsanwendung zugrunde gelegt (vgl. [X.]ormann in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 2. Aufl., § 8 [X.]/§ 59a [X.] Rn. 1, 5, 8 mwN). Sie dient dem Schutz der Rechtsuchenden vor Irreführung, mithin einem wichtigen [X.]elang des Gemeinwohls, der die - überaus geringfügige - [X.]eeinträchtigung der [X.]erufsausübungsfreiheit des [X.] (Art. 12 Abs. 1 GG) rechtfertigt (vgl. auch [X.], [X.]eschluss vom 24. September 2015 - [X.] ([X.]) 31/15 Rn. 12).

Der Hinweis des [X.] auf den [X.]eschluss des [X.] vom 16. Mai 2013 (II Z[X.] 7/11, [X.], 2674) geht schon deswegen fehl, weil vorliegend nicht die verfassungsrechtliche [X.]eurteilung des § 59a Abs. 1 [X.], sondern die Notwendigkeit zutreffender Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse in Frage steht (vgl. auch Träger in [X.]/[X.], 9. Aufl., § 8 [X.] Rn. 8; [X.]Prütting, [X.], 4. Aufl., § 8 [X.] Rn. 2). Zudem sind Gegenstand der genannten Entscheidung die [X.]erufe des Arztes und des Apothekers, die sich in mehrfacher Hinsicht von dem des [X.] (FH) unterscheiden (vgl. unter anderem zur strafbewehrten eigenständigen Schweigepflicht, zu den strafprozessualen Schutzvorschriften und zur [X.]erufsaufsicht [X.], [X.]eschluss vom 16. Mai 2013 - II Z[X.] 7/11, aaO Rn. 60, 66 ff.).

3. [X.] beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 [X.], § 52 Abs. 2 GKG.

Limperg                      König                    Remmert

                [X.]raeuer                      Kau

Meta

AnwZ (Brfg) 19/15

18.12.2015

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Koblenz, 26. Februar 2015, Az: 1 AGH 6/14 (2/4), Urteil

§ 8 S 2 RABerufsO, § 59b Abs 2 Nr 3 BRAO, Art 12 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2015, Az. AnwZ (Brfg) 19/15 (REWIS RS 2015, 297)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 297

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II ZB 7/11

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