Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.11.2021, Az. B 9 SB 34/21 B

9. Senat | REWIS RS 2021, 986

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Schwerbehindertenrecht - Merkzeichen B - Begleitperson - inzidente Prüfung des Merkzeichens G - erhebliche Gehbehinderung - völkerrechtsfreundliche Auslegung - Reichweite der UN-Behindertenrechtskonvention - Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - Auseinandersetzung mit Bedeutungsgehalt und Sachgründen der zugrunde liegenden Regelungen - Beweiswürdigung - tatsachengerichtliche Aufgabe - Divergenz - Verkennung der Rechtsprechung des BSG - kein Verfahrensfehler wegen Überraschungsentscheidung - rechtliches Gehör - Bezeichnung eines Verfahrensmangels - Tatsachendarstellung - sozialgerichtliches Verfahren - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 14. April 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In der [X.]auptsache begehrt die 1969 geborene Klägerin die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des [X.] (ständige [X.]egleitung). Anders als zuvor das [X.] (Urteil vom 17.3.2020) hat das L[X.] diesen Anspruch mit Urteil vom 14.4.2021 verneint, weil nach Teil [X.] 2b der Anlage zu § 2 zur [X.] ([X.]) für die [X.]eurteilung, ob die Voraussetzungen des [X.] vorliegen, die Feststellung der [X.], [X.] oder [X.] erforderten. Die Voraussetzungen der Merkzeichen [X.] oder [X.] behaupte die Klägerin selbst nicht, die Feststellung der Voraussetzungen des [X.] sei hingegen nicht Gegenstand der Antragstellung. Ohne Zuerkennung des [X.] komme aber die Zuerkennung des [X.] nicht in [X.]etracht. Auch in materieller [X.]insicht seien jedoch die Voraussetzungen weder des [X.] noch diejenigen des [X.] zu bejahen. Für die Feststellung, dass die Klägerin in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung aufgrund anderer Erkrankungen als den in Teil [X.] 1 [X.]uchst d bis f der Anlage zu § 2 [X.] genannten Regelfällen dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis mit gleich schweren Auswirkungen auf die [X.] gleichzustellen sei ([X.]inweis auf [X.][X.] Urteil vom [X.] - [X.] S[X.] 1/14 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.]), gebe der Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte. Denn die Klägerin sei weder stark im physischen Gehvermögen eingeschränkt, noch leide sie an erheblichen Orientierungsstörungen. Vielmehr berufe sie sich vorrangig auf das formale Kriterium ihres festgestellten Grades der [X.]ehinderung (Gd[X.]) von 70, den sie mit einer Sehstörung verbinde. Allerdings sei die Feststellung einer derartigen Sehstörung, welchen Ausmaßes auch immer, weder in [X.]estandskraft erwachsen noch belastbar zu belegen. Dies gelte auch für die Annahme einer "psychischen Sehstörung". Diese sei ebenfalls nicht zu belegen, schon gar nicht in einem Ausmaß, dass sie die Feststellung eines Gd[X.] von 70 rechtfertige. Ebenso wenig lasse sich die Notwendigkeit ständiger [X.]egleitung der Klägerin entsprechend Teil [X.] 2 der Anlage zu § 2 der [X.], auch durch einen [X.]lindenführhund, feststellen. [X.]ierzu verweise Teil [X.] 2c der Anlage zu § 2 der [X.] im [X.]inblick auf Sehbehinderungen auf die Voraussetzungen, bei denen die Annahme einer erheblichen [X.]eeinträchtigung der [X.]ewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt sei. Dies sei bei der Klägerin aber nicht der Fall. Zudem stelle Teil [X.] 2c der Anlage zu § 2 der [X.] auf die Erforderlichkeit einer ständigen [X.]egleitung durch eine Person ab und nicht durch einen [X.]und, wobei eine solche Möglichkeit allerdings in § 228 Abs 6 [X.] 2 [X.][X.] IX Erwähnung finde.

2

Mit ihrer [X.]eschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] und macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrensmängel geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre [X.]egründung vom 5.5., 22.6. und [X.] genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ordnungsgemäß dargetan worden (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

4

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche [X.]edeutung (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G), wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der [X.]eschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter [X.]erücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein [X.]eschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog [X.]reitenwirkung) darlegen (vgl zum Ganzen [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 40/18 [X.] - juris Rd[X.] 4; [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] 5 R 401/16 [X.] - juris Rd[X.] 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht.

5

Die Klägerin hält die Fragen für grundsätzlich bedeutsam,

        

"ob schon aus Art. 19 Abs. 4 GG der Klägerin ein Anspruch zusteht, dass nach deutlichem Ablauf des gesetzlichen Zeitraum das L[X.] entweder die [X.]ehörde verpflichtet entsprechend zu bescheiden, was nur unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung möglich ist oder selbst eine Entscheidung vornimmt",

        

"ob der Klägerin ein Rechtsmittel zusteht, wenn das L[X.] als letzte Tatsacheninstanz unter Verkennung der Rechtslage und entgegen der [X.] nicht an den Maßstäben der Rechtslage, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, entscheidet und die Revision nicht zulässt",

        

"kann ein Tatsachengericht die Voraussetzungen des Merkzeichens 'G' inzident mitfeststellen bei der Entscheidung über das Merkzeichen '[X.]', inhaltlich unmittelbar damit verbunden ist, da bei beiden es auf eine [X.]eeinträchtigung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hier konkret der Nutzung des öffentlichen Verkehrs ankommt".

6

Unabhängig davon, ob es sich bei den von der Klägerin gestellten Fragen überhaupt um hinreichend klar formulierte Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G handelt (vgl hierzu [X.][X.] [X.]eschluss vom 23.12.2015 - [X.] KR 51/15 [X.] - juris Rd[X.] 11 mwN), verfehlt ihr Vortrag die oben genannten Anforderungen an eine Grundsatzrüge. Zwar können prinzipiell auch prozessuale Fragen grundsätzliche [X.]edeutung haben und eine Rechtsfortbildung im Verfahrensrecht erfordern. Dies darf aber nicht zur Umgehung von § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.]G führen, soweit dieser die Nachprüfbarkeit von [X.] einschränkt (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 25.6.2013 - [X.] KR 83/11 [X.] - juris Rd[X.] 14). Ob dies hier der Fall ist, kann jedoch offenbleiben. Denn die Klägerin hat bereits die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellungen nicht aufgezeigt. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich z[X.] unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das [X.][X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon ein oder mehrere Entscheidungen des [X.][X.] ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur [X.]eurteilung der von der [X.]eschwerde als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Rechtsfrage ergeben (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 24/18 [X.] - juris Rd[X.] 6 mwN). Deshalb muss in der [X.]eschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des [X.][X.] zu den jeweils geltend gemachten Problemkreisen substantiiert vorgetragen werden, dass das [X.][X.] hierzu noch keine Entscheidung getroffen oder die schon vorliegenden Urteile die maßgebende Frage von grundsätzlicher [X.]edeutung noch nicht beantwortet hat (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 14.9.2017 - [X.] 5 R 258/17 [X.] - juris Rd[X.] 10). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Die Klägerin zielt mit ihren Fragen im [X.] ihres Vorbringens auf die Art und Weise von [X.]eweisführung und -würdigung des L[X.] bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung des [X.] ab. Dies gehört jedoch zu den Aufgaben des Tatsachengerichts (vgl [X.][X.] Urteil vom 16.12.2014 - [X.] S[X.] 2/13 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] 8 Rd[X.] 11 mwN) und kann insoweit gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.]G im [X.] nicht überprüft werden (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 1/18 [X.] - juris Rd[X.] 6). Darüber hinaus fehlt es an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den rechtlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des [X.] und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des [X.][X.] (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 24/18 [X.] - juris Rd[X.] 7; [X.][X.] Urteil vom 10.12.2003 - [X.] S[X.] 4/02 R - juris Rd[X.] 22; [X.][X.] Urteil vom 12.11.1996 - 9 RVs 5/95 - [X.][X.]E 79, 223, 231 = [X.] 3-1300 § 48 [X.] 57 S 135 - juris 28). Insoweit hätte es insbesondere einer Auseinandersetzung mit dem [X.]edeutungsgehalt der infrage stehenden Regelung in Teil [X.] 2 der Anlage zu § 2 zur [X.] und der Erörterung der Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung bedurft. Allein die Darstellung der eigenen - vom L[X.] abweichenden - Rechtansicht reicht hier nicht.

7

Ungeachtet dessen hat die Klägerin ihre in diesem Rahmen geäußerte Kritik an der angeblichen Nichtbeachtung der UN-[X.]ehindertenrechtskonvention ([X.]) durch die Entscheidung des L[X.] nicht hinreichend dargetan. Die [X.] ist als [X.] zur Auslegung des Gesetzesrechts heranzuziehen. Sie geht aber hinsichtlich des unmittelbar zu berücksichtigenden Diskriminierungsverbots in Art 5 Abs 2 [X.] nicht über das in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG enthaltene [X.]enachteiligungsverbot hinaus ([X.][X.] Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.][X.]E 110, 194 = [X.] 4-1100 Art 3 [X.] 69, Rd[X.] 15; [X.][X.] [X.]eschluss vom 21.12.2017 - [X.] S[X.] 61/17 [X.] - juris Rd[X.] 10). [X.]iermit und mit den Inhalten der [X.] setzt sich die Klägerin aber nicht substantiiert auseinander.

8

2. Eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in [X.]etracht, wenn das L[X.] einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des [X.][X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des L[X.] nicht den Kriterien entspricht, die das [X.][X.] aufgestellt hat, sondern erst, wenn das L[X.] diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht.

9

[X.]ezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies, dass die [X.]eschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des L[X.] enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die höchstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (vgl zum Ganzen [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 1/18 [X.] - juris Rd[X.] 7 mwN). Diesen [X.] wird die [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin macht geltend, das [X.]erufungsgericht habe die Rechtsprechung des [X.][X.] in dem Urteil vom [X.] ([X.] S[X.] 1/14 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.]) und in dem [X.]eschluss (nicht - wie von der Klägerin benannt - "Urteil") vom 8.3.2018 ([X.] S[X.]3/17 [X.]) verkannt, weil es weder eine Feststellung dahingehend getroffen habe, ob die dissoziative Sehstörung die Orientierungsfähigkeit beeinträchtige oder ob eine psychische Störung vorliege, die die Nutzung eines [X.]lindenführhundes erforderlich mache oder eine ständige [X.]egleitung durch einen Menschen. Mit diesem und ihrem weiteren diesbezüglichen Vorbringen hat sie eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G nicht dargetan. Denn die Klägerin benennt bereits keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das L[X.] von einem abstrakten Rechtssatz in den von ihr zitierten Entscheidungen des [X.][X.] abgewichen ist. Vielmehr wendet sie sich mit ihrem Vorbringen gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dies reicht - wie erwähnt - zur Darlegung einer Divergenz nicht aus.

3. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G vorliege, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur [X.]ezeichnung des [X.] zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig dargetan werden ([X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 1/18 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des L[X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer [X.]eeinflussung des Urteils besteht ([X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 31/20 [X.] - juris Rd[X.] 4). Gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung der Klägerin ebenfalls nicht gerecht.

a) Die Klägerin behauptet in ihrer [X.]eschwerdebegründung Aufklärungsmängel sowie weitere durch das L[X.] angeblich begangene Verfahrensfehler. Sie versäumt es jedoch, zuvor den vom L[X.] festgestellten Sachverhalt und den gesamten Verfahrensgang darzustellen. "[X.]ezeichnet" iS des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G ist ein Verfahrensmangel nur dann, wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird ([X.][X.] [X.]eschluss vom 30.10.2020 - [X.] S[X.] 17/20 [X.] - juris Rd[X.] 7 mwN). Dies wird aber erst dann erkennbar, wenn zuvor diese Tatsachen im Zusammenhang mit dem Verfahrensgang dargestellt und einer rechtlichen Wertung unterzogen werden ([X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 1/18 [X.] - juris Rd[X.] 10). Es ist nicht Aufgabe des [X.][X.] als [X.]eschwerdegericht, aus einer gewissen Gemengelage unter [X.]eranziehung von Verwaltungs- und Prozessakten das herauszusuchen, was möglicherweise - bei wohlwollender Auslegung - zur [X.]egründung der [X.]eschwerde geeignet sein könnte ([X.][X.] [X.]eschluss vom 28.2.2017 - [X.] S[X.] 88/16 [X.] - juris Rd[X.] 5 mwN).

b) Abgesehen davon genügt die [X.]eschwerdebegründung der Klägerin aber auch im Weiteren nicht den [X.] im [X.]inblick auf die von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel.

aa) Die Klägerin rügt, das L[X.] habe aufgrund der von ihr behaupteten Divergenz zu der oben genannten Rechtsprechung des [X.][X.] eine Überraschungsentscheidung getroffen, worin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege, weil das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht habe. Gegenstand der Ausführungen des angegriffenen Urteils des L[X.] sei nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des [X.], sondern der zwischen den [X.]eteiligten weder streitige noch infrage gestellte Gd[X.] von 70.

Soweit die Klägerin mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das L[X.] insbesondere darin sieht, dass dieses sich nicht hinreichend mit den aus ihrer Sicht maßgeblichen Kriterien für die Zuerkennung der Voraussetzungen des von ihr begehrten [X.] auseinandergesetzt habe, genügt ihr Vorbringen nicht den Darlegungserfordernissen einer Gehörsrüge. Zunächst ergibt sich aus den von der Klägerin in [X.]ezug genommenen Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils sehr wohl, dass das [X.]erufungsgericht das Vorliegen der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des [X.] in ihrem Fall geprüft hat. Dass diese Prüfung nicht ihrer Rechtsansicht gefolgt ist und zu einer aus ihrer Sicht falschen Entscheidung des L[X.] geführt hat, vermag einen Gehörsverstoß nach § 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG aber nicht zu begründen.

§ 62 [X.]G konkretisiert den in Art 103 Abs 1 GG enthaltenen verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Vorschrift soll verhindern, dass die [X.]eteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder [X.]eweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (§ 128 Abs 2 [X.]G) und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen mit einbezogen wird. Das Gericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der [X.]eteiligten bescheiden. Art 103 Abs 1 GG schützt insbesondere nicht davor, dass ein Gericht die Rechtsansicht eines [X.]eteiligten nicht teilt (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 26/20 [X.] - juris Rd[X.] 11; [X.][X.] [X.]eschluss vom 19.2.2019 - [X.] V 2/18 [X.][X.] - juris Rd[X.] 15; [X.][X.] [X.]eschluss vom 28.2.2017 - [X.] S[X.] 88/16 [X.] - juris Rd[X.] 9; [X.] [X.]eschluss vom 4.9.2008 - 2 [X.]vR 2162/07 ua - juris Rd[X.] 13). Dies verkennt die Klägerin.

Unabhängig davon, dass die Klägerin - wie oben bereits aufgezeigt - die von ihr behauptete Divergenz nicht hinreichend bezeichnet hat, richtet sich ihr Vorbringen im [X.] gegen das Ergebnis der [X.]eweiswürdigung des L[X.], womit sie - wie oben ebenfalls schon ausgeführt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen kann. Im Übrigen hat das L[X.] insoweit aber genau das getan, was seine Aufgabe ist, nämlich ausgehend von einem bestimmten Rechtsstandpunkt eine [X.]eweiswürdigung anhand der festgestellten medizinischen Tatsachen vorzunehmen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des [X.] anhand der [X.] selbst zu beurteilen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 26.3.2019 - [X.] V 51/18 [X.] - juris Rd[X.] 10; [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.6.2016 - [X.] S[X.] 18/16 [X.] - juris Rd[X.] 6). Unerheblich für das [X.] ist, dass die Klägerin das Urteil des L[X.] für falsch hält (vgl stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 2.8.2018 - [X.] 10 ÜG 7/18 [X.] - juris Rd[X.] 12; [X.][X.] [X.]eschluss vom 18.12.2012 - [X.] 13 R 305/11 [X.] - juris Rd[X.] 7) .

bb) Schließlich erfüllt das Vorbringen der Klägerin zu angeblichen Aufklärungsmängeln des L[X.] und damit ihre Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]G) durch die Vorinstanz nicht die [X.] an eine Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein [X.][X.] [X.]eschluss vom 21.12.2017 - [X.] S[X.] 70/17 [X.] - juris Rd[X.] 3 mwN). Es fehlt bereits die [X.]ezeichnung eines prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrags iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G (vgl hierzu [X.][X.] [X.]eschluss vom 25.1.2021 - [X.] V 40/20 [X.] - juris Rd[X.] 5).

4. Das weitere Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom [X.] (beim [X.][X.] eingegangen per Telefax am selben Tag) ist aufgrund des Ablaufs der nach § 160a Abs 2 Satz 2 [X.]G bis zum 20.7.2021 verlängerten [X.]eschwerdebegründungsfrist unbeachtlich.

5. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 [X.]albsatz 2 [X.]G).

6. Die Verwerfung der danach nicht formgerechten begründeten und somit unzulässigen [X.]eschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 [X.]albsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.]G durch [X.]eschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

7. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 9 SB 34/21 B

18.11.2021

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 17. März 2020, Az: S 29 SB 358/16, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 62 SGG, § 229 Abs 2 SGB 9 2018, § 152 Abs 4 SGB 9 2018, § 2 VersMedV, Anlage Teil D Nr 2 VersMedV, § 3 Abs 2 SchwbAwV, Art 5 Abs 2 UNBehRÜbk, Art 3 Abs 3 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.11.2021, Az. B 9 SB 34/21 B (REWIS RS 2021, 986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 986

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 9 SB 24/17 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Schwerbehindertenrecht - GdB-Feststellung - Rückgriff auf Rentenbescheid über …


B 9 SB 4/21 R (Bundessozialgericht)

(Schwerbehindertenrecht - GdB-Feststellung - Versorgungsmedizinische Grundsätze - subjektiv erlebte Sehstörung - Notwendigkeit eines morphologischen Befunds …


B 9 SB 1/18 R (Bundessozialgericht)

Schwerbehindertenrecht - Merkzeichen Bl - Blindheit - Versorgungsmedizinische Grundsätze - Trennung nach Organ- und Funktionseinheiten …


B 9 SB 1/23 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde - spätere Begründung der Beschwerde mit …


B 9 SB 24/18 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Schwerbehindertenrecht - Merkzeichen B - Begleitperson - regelmäßiger …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.