Bundessozialgericht, Urteil vom 24.10.2019, Az. B 9 SB 1/18 R

9. Senat | REWIS RS 2019, 2264

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Schwerbehindertenrecht - Merkzeichen Bl - Blindheit - Versorgungsmedizinische Grundsätze - Trennung nach Organ- und Funktionseinheiten - Funktionssystem des Sehens - Störung des visuellen Erkennens - keine Berücksichtigung von gnostischen Störungen - Unterschied zum Blindheitsbegriff für Landesblindengeld - verschiedene Zielrichtungen - Verfassungsrecht - Gleichheit - Einheit der Rechtsordnung - Zurückverweisung


Leitsatz

Der Nachteilsausgleich Blindheit ist beschränkt auf Störungen des Sehapparats und erfasst keine gnostischen - neuropsychologischen - Störungen des visuellen Erkennens.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. November 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die [X.]eteiligten streiten über das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs [X.]lindheit bei der Klägerin, also die Zuerkennung des Merkzeichens [X.]l.

2

Die 2007 geborene Klägerin leidet seit ihrer [X.]eburt an der Stoffwechselerkrankung Nichtketotische Hyperglycinämie ([X.]) mit zentralnervöser-epileptogener [X.]eteiligung. [X.]ei ihr besteht seit jeher Pflegebedürftigkeit nach der [X.] (jetzt Pflegegrad 5) bei einem anerkannten [X.]rad der [X.]ehinderung ([X.]d[X.]) von 100 und der Feststellung der [X.], [X.], [X.] und a[X.]. Der Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens [X.]l vom 10.10.2012 führte zur zusätzlichen Anerkennung des [X.], war im Übrigen aber erfolglos, weil sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen kein Anhalt für eine [X.]lindheit nach der Anlage zu § 2 der [X.] ([X.]) ergebe. Visuelle Reize würden von der Klägerin, wenn auch verlangsamt, "wahrgenommen" im Sinne einer visuellen Agnosie (Störung des Erkennens). Nach den Vorgaben der [X.] liege bei gnostischen Störungen keine [X.]lindheit vor ([X.]escheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 25.9.2013).

3

Im Klageverfahren hat der augenärztliche Sachverständige Dr. S. in seinem [X.]utachten vom 23.11.2016 ausgeführt, bei der Erkrankung der Klägerin handele es sich weitgehend um eine gnostische Störung, da sie keinerlei Reaktion auf visuelle Reize zeige. Eine Erhebung der Sehschärfe und der [X.]esichtsfeldfunktion sei bei der Klägerin aufgrund der fehlenden Reaktion auf visuelle Reize und der fehlenden Kommunikationsfähigkeit nicht möglich. Eine Orientierungsfähigkeit der Klägerin sei nicht gegeben. Ob eine Rindenblindheit vorliege, könne nur mit bildgebender Diagnostik festgestellt werden. Dies sei aber entbehrlich, da die Voraussetzungen des Merkzeichens [X.]l auch bei einer gnostischen Störung erfüllt seien. Das S[X.] hat den [X.]eklagten daraufhin verurteilt, bei der Klägerin ab dem 10.10.2012 das Merkzeichen [X.]l festzustellen (Urteil vom [X.]). Die [X.]erufung des [X.]eklagten ist erfolglos geblieben. Angesichts der neueren Rechtsprechung des [X.]S[X.] (Urteil vom 11.8.2015 - [X.] 9 [X.]L 1/14 R) komme es für [X.]lindheit bei cerebralen Schäden nicht mehr darauf an, dass eine spezifische Störung des Sehvermögens vorliege. Zwar fehle der Klägerin das Augenlicht nicht vollständig, auch habe sich nicht beweisen lassen, dass ihre Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht beidäugig mehr als 1/50 betrage. Es lägen jedoch andere Störungen des Sehvermögens von einem vergleichbaren Schweregrad vor. Die Klägerin sei nicht zu einer differenzierten Sinneswahrnehmung im Stande. Aufgrund der Stoffwechselstörung und der täglichen Krampfanfälle sei davon auszugehen, dass das [X.]ehirn visuelle Sinneseindrücke bisher gar nicht habe verarbeiten können. Hiermit stehe auch die Schilderung der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin im Einklang, wonach diese kein Interesse an einer optischen Sinneswahrnehmung zeige. [X.]ei diesen [X.]efunden sei davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Schwerstschädigung nie eine wirkliche Sehleistung erreicht habe (Urteil vom 22.11.2017).

4

Mit seiner Revision rügt der [X.]eklagte einen Verstoß gegen Teil A Nr 6 [X.]uchst c) [X.]. Eine Unfähigkeit zur Sinneswahrnehmung, welche aus einer visuellen Agnosie oder anderen gnostischen Störungen resultiere, dürfe danach nicht als [X.]lindheit aufgefasst werden. Die neuere Rechtsprechung des [X.]S[X.] (Urteil vom 11.8.2015 - [X.] 9 [X.]L 1/14 R) sei zum [X.]ayerischen Landesblindengeld ergangen und gelte nur für diejenigen Fälle, in denen aufgrund hirnorganischer [X.]eeinträchtigungen [X.]eweisschwierigkeiten beständen, weil z[X.] eine Mitwirkung des Patienten nicht möglich oder klärende Untersuchungen unzumutbar seien. Der Klägerin fehle das Augenlicht hingegen unstreitig nicht vollständig, es liege lediglich eine gnostische Störung vor. In der Rechtsordnung setze "[X.]lindheit" dagegen überall und einheitlich zumindest auch eine den [X.] betreffende organische Störung voraus. Jedenfalls sei Teil A Nr 6 [X.]uchst c) [X.] verbindlich für Leistungen nach den [X.] und nicht etwa seien diese vorgreiflich für die Feststellung gesundheitlicher Merkmale als Voraussetzung der Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen.

5

Der [X.]eklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-[X.]remen vom 22. November 2017 sowie des [X.] vom 27. April 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.]eklagten ist iS der Aufhebung des [X.]erufungsurteils und Zurü[X.]kverweisung der Sa[X.]he an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 S[X.][X.]). Ob die Klägerin einen Anspru[X.]h auf Zuerkennung der gesundheitli[X.]hen Merkmale für das [X.] hat, kann der Senat mangels ausrei[X.]hender Feststellungen des [X.] ni[X.]ht abs[X.]hließend beurteilen.

9

1. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Anfe[X.]htungs- und Verpfli[X.]htungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 S[X.][X.]; s zur insoweit statthaften Klageart Senatsurteil vom 17.4.2013 - [X.] [X.] 3/12 R - juris Rd[X.]4 mwN) die Verpfli[X.]htung des beklagten [X.], unter Abänderung des [X.]es[X.]heids vom [X.] in der [X.]estalt des Widerspru[X.]hsbes[X.]heids vom [X.] (§ 95 S[X.][X.]) mit Wirkung ab dem 10.10.2012 die gesundheitli[X.]hen Voraussetzungen für die Inanspru[X.]hnahme des Na[X.]hteilsausglei[X.]hs [X.]heit festzustellen (zum Unters[X.]hied von Merkzei[X.]hen und Na[X.]hteilsausglei[X.]h s Senatsurteil vom 16.2.2012 - [X.] [X.] 2/11 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] Rd[X.]). Maßgebli[X.]h ist der Sa[X.]h- und Streitstand im Zeitpunkt der (letzten) mündli[X.]hen Verhandlung des Re[X.]htsstreits dur[X.]h die Tatsa[X.]hengeri[X.]hte, hier des [X.] (22.11.2017), und für die Verpfli[X.]htungsklage die Re[X.]htslage im Zeitpunkt der Revisionsents[X.]heidung (vgl Senatsurteile vom 18.9.2003 - [X.] [X.] 3/02 R - [X.], 205, 206 = [X.] 4-3250 § 69 [X.] = juris RdNr 13 und vom 7.11.2001 - [X.] [X.] 1/01 R - juris Rd[X.]3, jeweils mwN).

2. Der Senat kann ni[X.]ht ents[X.]heiden, ob die Klägerin einen Anspru[X.]h auf Feststellung der gesundheitli[X.]hen Voraussetzungen für die Inanspru[X.]hnahme des Na[X.]hteilsausglei[X.]hs [X.]heit hat. Re[X.]htsgrundlage für die Feststellung der gesundheitli[X.]hen Merkmale als Voraussetzung für die Inanspru[X.]hnahme des Na[X.]hteilsausglei[X.]hs [X.]heit sind § 152 Abs 1 und 4 [X.] idF des [X.] ([X.] 3234) und die hierzu ergangenen versorgungsmedizinis[X.]hen Vors[X.]hriften (dazu a und b), die auss[X.]hließli[X.]h ophthalmologis[X.]he Erkrankungen unter Auss[X.]hluss neurologis[X.]her Störungen erfassen (dazu [X.]). Ein Verstoß gegen höherrangiges Re[X.]ht folgt daraus ni[X.]ht (dazu 3.). Die bisherigen Tatsa[X.]henfeststellungen des [X.] lassen keine abs[X.]hließende Ents[X.]heidung darüber zu, ob die Klägerin einen Anspru[X.]h auf Zuerkennung des [X.] ab Antragstellung hat (dazu 4.).

a) Na[X.]h § 152 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 [X.] (idF des [X.] und Selbstbestimmung von Mens[X.]hen mit [X.]ehinderungen - [X.]undesteilhabegesetz <[X.]T[X.][X.]> vom 23.12.2016, [X.] 3234; bis zum 31.12.2017 inhaltsglei[X.]h § 69 Abs 1 und 4 [X.] idF des [X.]esetzes vom 23.4.2004, [X.] 606) stellen die zuständigen [X.]ehörden neben einer [X.]ehinderung au[X.]h weitere gesundheitli[X.]he Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspru[X.]hnahme von Na[X.]hteilsausglei[X.]hen für behinderte Mens[X.]hen sind (s zur Zuständigkeit des [X.]sozialamts in [X.] § 152 Abs 1 Satz 1 und Satz 7 [X.] iVm [X.] und 4. [X.]es[X.]hluss der [X.]regierung vom [X.], [X.]). Zu diesen Merkmalen gehören diejenigen für den Na[X.]hteilsausglei[X.]h [X.]heit na[X.]h [X.] der [X.] (idF vom 10.12.2008, [X.] 2412; zuletzt geändert dur[X.]h die Fünfte Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 11.10.2012, [X.] 2122), für die in dem S[X.]hwerbehindertenausweis das [X.] einzutragen ist (§ 3 Abs 1 [X.] S[X.]hwbAwV idF vom 27.12.2003, [X.] 3022 iVm § 153 Abs 2 [X.]; bis zum 31.12.2017 § 70 Abs 2 [X.]). Diese Feststellung zieht insbesondere die [X.]ewährung von [X.]engeld na[X.]h den [X.]blindengeldgesetzen na[X.]h si[X.]h, hier also na[X.]h dem [X.] (vgl § 1 Abs 7 [X.][X.]eld[X.] [X.]), wenn die [X.]heit oder die Sehstörung dur[X.]h einen Feststellungsbes[X.]heid na[X.]h § 69 Abs 1 Satz 1 [X.] (bzw jetzt § 152 Abs 1 Satz 1 [X.]) na[X.]hgewiesen ist.

Die Definition der gesundheitli[X.]hen Merkmale [X.]heit und ho[X.]hgradiger Sehbehinderung ergab si[X.]h zunä[X.]hst aus dem in § 69 Abs 1 Satz 5 [X.] in der bis zum 14.1.2015 geltenden Fassung (vom [X.], [X.] 1114) in [X.]ezug genommenen versorgungsre[X.]htli[X.]hen [X.]ewertungssystem, [X.] ursprüngli[X.]h die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinis[X.]hen Wissens[X.]haft gewonnenen "Anhaltspunkte für die ärztli[X.]he [X.]uta[X.]htertätigkeit im [X.] Ents[X.]hädigungsre[X.]ht und na[X.]h dem S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht" ([X.]) waren. Diese sind seit dem 1.1.2009 abgelöst dur[X.]h die auf der [X.]rundlage des § 30 Abs 16 (ursprüngli[X.]h Abs 17) [X.] erlassenen [X.] ([X.] 2412; zuletzt geändert dur[X.]h Art 18 [X.]esetz vom 17.7.2017, [X.] 2541). Zwis[X.]henzeitli[X.]hen [X.]edenken an der Ermä[X.]htigung des Verordnungsgebers insbesondere zum Erlass von Vorgaben für die [X.]eurteilung von Na[X.]hteilsausglei[X.]hen (vgl [X.] Urteil vom [X.] [X.] 231/07 - juris Rd[X.]3 ff mit [X.]erkung von [X.], jurisPR-[X.] 24/2009, [X.] 4) hat der [X.]esetzgeber mit [X.]esetz vom 7.1.2015 ([X.]I 15) Re[X.]hnung getragen dur[X.]h S[X.]haffung einer eigenständigen Ermä[X.]htigungsgrundlage in § 70 Abs 2 [X.] (vgl hierzu Senatsurteil vom 16.3.2016 - [X.] [X.] 1/15 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] RdNr 13). Diese befindet si[X.]h nunmehr seit dem 1.1.2018 in § 153 Abs 2 [X.] ([X.]esetz vom 23.12.2016, [X.] 3234). Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Re[X.]htsverordnung verbleibt es na[X.]h § 241 Abs 5 [X.] (idF vom 23.12.2016, [X.] 3234) bei der entspre[X.]henden Anwendung der bisher erlassenen Re[X.]htsverordnungen und damit bei der bisherigen Re[X.]htslage im [X.]esetzesrang (bis 31.12.2017 § 159 Abs 7 [X.]; vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 1/17 R - [X.], 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.] mwN; s hierzu au[X.]h [X.]T-Dru[X.]ks 18/2953 und 18/3190 [X.]).

b) Die [X.]rundsätze für die Feststellung der gesundheitli[X.]hen Merkmale für die Inanspru[X.]hnahme des Na[X.]hteilsausglei[X.]hs der [X.]heit werden dana[X.]h in den "Versorgungsmedizinis[X.]hen [X.]rundsätzen" der [X.] in Teil [X.]), b) und [X.]) verbindli[X.]h festgelegt. Na[X.]h Teil [X.]) ist blind ein behinderter Mens[X.]h, dem das Augenli[X.]ht vollständig fehlt. Als blind ist au[X.]h ein behinderter Mens[X.]h anzusehen, dessen Sehs[X.]härfe auf keinem Auge und au[X.]h ni[X.]ht beidäugig mehr als 0,02 (1/50) beträgt oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem sol[X.]hen S[X.]hweregrad vorliegen, dass sie dieser [X.]eeinträ[X.]htigung der Sehs[X.]härfe glei[X.]hzustellen sind. Eine glei[X.]hzusetzende Sehbehinderung liegt na[X.]h den Ri[X.]htlinien der Deuts[X.]hen Ophthalmologis[X.]hen [X.]esells[X.]haft ([X.]) vor bei bestimmten Einengungen des [X.]esi[X.]htsfeldes, großen Skotomen sowie homonymen, bitemporalen und binasalen [X.]emianopsien ([X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst b) [X.]) bis gg). [X.] ist s[X.]hließli[X.]h au[X.]h ein behinderter Mens[X.]h mit einem na[X.]hgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit), ni[X.]ht aber mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostis[X.]hen Störungen ([X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst [X.]).

[X.]) [X.]heit iS des Teil [X.]) bis [X.]) [X.] ist dana[X.]h bes[X.]hränkt auf Störungen des Sehapparates. [X.]nostis[X.]he - neuropsy[X.]hologis[X.]he - Störungen des visuellen Erkennens führen ni[X.]ht zur [X.]heit. Dies ergibt si[X.]h aus Wortlaut und Systematik (dazu [X.]), Entstehungsges[X.]hi[X.]hte sowie aus Sinn und Zwe[X.]k der [X.] (dazu [X.]). Der [X.]egriff der [X.]heit im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht brau[X.]ht ni[X.]ht zwangsläufig de[X.]kungsglei[X.]h zu sein mit dem der [X.]heit in anderen [X.]esetzen (dazu [X.][X.]).

[X.]) Teil [X.]) bis [X.]) [X.] bes[X.]hreiben s[X.]hon dur[X.]h ihre wörtli[X.]he [X.]ezugnahme auf die Ri[X.]htlinien der [X.] Defekte im Funktionssystem des optis[X.]hen Apparates bzw in der Verarbeitung optis[X.]her Reize in der Sehrinde. Andere [X.]erebrale Störungen wie eine "visuelle Agnosie oder andere gnostis[X.]he Störungen" genügen ni[X.]ht ([X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst [X.]) "ni[X.]ht aber mit ..."; vgl S[X.]haumberg in [X.], [X.]-Rehabilitation und Teilhabe behinderter Mens[X.]hen, Stand 1.11.2018, § 152 RdNr 150 ff, 154). Die Differenzierung in Teil [X.]) bis [X.]) [X.] folgt damit der Ordnung der Versorgungsmedizinis[X.]hen [X.]rundsätze na[X.]h Organ- und Funktionseinheiten unter medizinis[X.]hen [X.]esi[X.]htspunkten. Dadur[X.]h unters[X.]heiden si[X.]h die [X.]ewertungen na[X.]h der [X.] von den landesre[X.]htli[X.]hen Vors[X.]hriften zum [X.]engeld, die keine [X.]ezugnahme auf die ophthalmologis[X.]hen [X.]rundsätze enthalten. Zwar s[X.]hließen einige [X.]blindengeldgesetze ebenfalls dezidiert gnostis[X.]he Störungen aus oder erfassen nur Störungen des zentralen visuellen Systems (§ 1 Abs 3 [X.] L[X.]I[X.][X.] M-V und § 2 Abs 1 L[X.]I[X.][X.] [X.]E), während andere Regelungen diese Eins[X.]hränkungen ni[X.]ht enthalten. Dies gilt au[X.]h für die allgemeine Ums[X.]hreibung der blindengeldrelevanten Störungen des Sehvermögens in Art 1 Abs 2 Satz 1 [X.]ayeris[X.]hes [X.]engeldgesetz ([X.]ay[X.][X.]). Na[X.]h dessen Wortlaut haben jedo[X.]h weitergehende Differenzierungen zu den Störungen des Sehvermögens - im [X.]egensatz zur [X.] - keinen normativen Nieders[X.]hlag gefunden (vgl Senatsurteil vom 11.8.2015 - [X.] [X.] 1/14 R - [X.] 119, 224 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], RdNr 19 ff; hieran anknüpfend Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 1/17 R - in [X.], 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], RdNr 13).

[X.]) Der Auss[X.]hluss gnostis[X.]her Störungen aus dem Kreis blindheitsrelevanter Störungen entspri[X.]ht dem Zwe[X.]k der [X.] wie er seit jeher in der Entstehungsges[X.]hi[X.]hte zum Ausdru[X.]k kommt. Die VersMedV enthält eine verbindli[X.]he Normgebung für versorgungsärztli[X.]he [X.]uta[X.]hten hinsi[X.]htli[X.]h einer sa[X.]hgere[X.]hten, einwandfreien und bei glei[X.]hen Sa[X.]hverhalten einheitli[X.]hen [X.]ewertung der vers[X.]hiedensten Auswirkungen von [X.]esundheitsstörungen unter besonderer [X.]erü[X.]ksi[X.]htigung einer sa[X.]hgere[X.]hten Relation untereinander. Die in der [X.] vorgenommene Trennung na[X.]h Organ- und Funktionseinheiten dient der Verwirkli[X.]hung dieser Zielsetzung (§ 1 VersMedV; vgl Einleitung zur VersMedV, [X.]erausgeber [X.] <[X.]MAS> Stand Januar 2009, [X.]). Die bes[X.]hriebene Struktur geht entstehungsges[X.]hi[X.]htli[X.]h auf die älteste [X.]eguta[X.]htungsri[X.]htlinie aus dem Jahre 1916 zurü[X.]k, die bereits den Namen "Anhaltspunkte" trug. Die zunä[X.]hst nur "das Versorgungswesen" betreffenden Anhaltspunkte galten ab 1974 au[X.]h für die [X.]eguta[X.]htung na[X.]h dem S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht und gingen 1983 in die [X.] über (vgl Einleitung zur VersMedV, [X.]O, Stand Januar 2009, S 3).

Die Strukturierung na[X.]h Organ- und Funktionseinheiten in der VersMedV stimmt dementspre[X.]hend mit dem [X.]iegen des S[X.]hwerbehindertenre[X.]hts überein, Mens[X.]hen mit [X.]ehinderungen eine glei[X.]hbere[X.]htigte Teilhabe dur[X.]h mögli[X.]hst zielgenauen und weitgehenden Ausglei[X.]h ihrer Funktionsbeeinträ[X.]htigungen zu ermögli[X.]hen (vgl § 1 Satz 1 [X.]). Zu diesem Zwe[X.]k werden [X.]ehinderungen getrennt na[X.]h Organ- und Funktionseinheiten erfasst und ans[X.]hließend einzeln und sodann insgesamt in ihren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der [X.]esells[X.]haft bewertet (§ 152 Abs 1 Satz 5 und Abs 3 [X.]; vgl z[X.] Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 4/08 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] RdNr 18). An diesem zielgeri[X.]hteten [X.]ehinderungsausglei[X.]h orientieren si[X.]h die gesundheitli[X.]hen Voraussetzungen für die Inanspru[X.]hnahme von Na[X.]hteilsausglei[X.]hen (vgl § 152 Abs 4 [X.], § 209 Abs 1 [X.], bis 31.12.2017 § 126 [X.]).

Zum Ausglei[X.]h der vers[X.]hiedenen [X.]ehinderungen enthält das S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht ua eine Vielzahl von Na[X.]hteilsausglei[X.]hen (Senatsurteil vom 24.4.2008 - [X.]/9a [X.] 8/06 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] RdNr 17), um eine volle, wirksame und glei[X.]hbere[X.]htigte Teilhabe iS der §§ 1, 2 Abs 1 [X.] dur[X.]h unters[X.]hiedli[X.]he st[X.]tli[X.]he Vergünstigungen zu fördern. So wird z[X.] die Kontaktpflege und Teilnahme am kulturellen Leben unterstützt dur[X.]h die Feststellung der Merkzei[X.]hen [X.] ([X.]ilflosigkeit) und [X.] (Eins[X.]hränkung der [X.]ewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) sowie a[X.] (außergewöhnli[X.]he [X.]ehbehinderung) ua mit einer kostenlosen bzw vergünstigten [X.]eförderung im öffentli[X.]hen Nahverkehr (§ 228 [X.]). Ebenso fördern die Merkzei[X.]hen [X.]L ([X.]ehörlosigkeit) oder [X.] ([X.]efreiung von der Rundfunkgebührenpfli[X.]ht) den behinderten Mens[X.]hen. Das Merkzei[X.]hen [X.] trägt dem Erfordernis einer ständigen [X.]egleitung dur[X.]h die unentgeltli[X.]he [X.]eförderung einer [X.]egleitperson Re[X.]hnung (vgl Teil D [X.]; § 3 S[X.]hwbAwV). [X.]iervon ausgehend ist eine [X.]lei[X.]hsetzung aller Funktionssysteme und au[X.]h Sinnesorgane ni[X.]ht angezeigt und stattdessen jeweils berei[X.]hsspezifis[X.]h das Ausmaß der [X.]ehinderung wägend und wertend zu ermitteln (vgl Senatsurteil vom 23.6.1993 - 9/9a RVs 1/91 - [X.] 72, 285, 291 = [X.] 3-3870 § 4 [X.] 35).

Als Folge dieser Systematik setzt das [X.] Störungen des Sehapparats im organis[X.]hen Sinn voraus. Für gnostis[X.]he - neuropsy[X.]hologis[X.]he - Störungen des visuellen Erkennens, die s[X.]hwerpunktmäßig anderen Funktionsberei[X.]hen zuzuordnen sind, stehen im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht - wie hier au[X.]h zuerkannt - dagegen andere Na[X.]hteilsausglei[X.]he passgenau zur Verfügung, um die glei[X.]hbere[X.]htigte Teilhabe am Leben in der [X.]esells[X.]haft zu fördern. Die visuelle Agnosie zählt zu den [X.]irns[X.]häden mit herdbedingten Ausfällen und ist - wie bei der Klägerin anerkannt - entspre[X.]hend den Vorgaben in Teil [X.] 3.1.1 [X.] mit einem [X.]d[X.] von 100 zu bewerten unter Zuerkennung der Merkzei[X.]hen a[X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] (vgl [X.]/S[X.]hillings, Versorgungsmedizinis[X.]he [X.]rundsätze, [X.]age zu § 2 der [X.], [X.]: 6 [X.]heit und ho[X.]hgradige Sehbehinderung zu 2. visuelle Agnosie - Rindenblindheit - apallis[X.]hes Syndrom, [X.] mwN zum Ärztli[X.]hen Sa[X.]hverständigenbeirat). Die genannten Merkzei[X.]hen führen jedenfalls in Teilen zu verglei[X.]hbaren abgabenre[X.]htli[X.]hen Vergünstigungen und Vorteilen bei der [X.]eförderung im öffentli[X.]hen Nahverkehr wie beim [X.] (vgl § 228 [X.], § 3a Abs 1 Kraftfahrsteuergesetz ). Damit erhält ein behinderter Mens[X.]h mit gnostis[X.]hen Störungen ohne Störungen des Sehapparats über die Zuerkennung der genannten Merkzei[X.]hen im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht wirkungsglei[X.]he Vergünstigungen wie bei der Zuerkennung des [X.], sodass eine volle, wirksame und glei[X.]hbere[X.]htigte Teilhabe na[X.]h den §§ 1 und 2 Abs 1 [X.] im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht errei[X.]ht wird.

Klargestellt werden soll dieses Ergebnis dur[X.]h den Entwurf des [X.]MAS zur Se[X.]hsten Verordnung zur Änderung der VersMedV na[X.]h den Empfehlungen des Ärztli[X.]hen Sa[X.]hverständigenbeirats Versorgungsmedizin auf der [X.]asis des aktuellen Standes der medizinis[X.]hen Wissens[X.]haft (§ 3 VersMedV). Er ordnet eine Störung des visuellen Erkennens insbesondere einer visuellen Agnosie als spezifis[X.]he mentale Funktionsstörung den neuropsy[X.]hologis[X.]hen Störungen zu ([X.]earbeitungsstand [X.], [X.], 16 und 67 f, abrufbar unter: https://www.der-paritaetis[X.]he.de/fa[X.]hinfos/se[X.]hste-verordnung-zur-aenderung-der-versorgungsmedizin-verordnung-versmedv/; vgl au[X.]h [X.] jurisPR-[X.] 9/2019 [X.] 4; zum aktuellen medizinis[X.]hen Erkenntnisstand vgl Senatsurteil vom 25.10.2012 - [X.] [X.] 2/12 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] Rd[X.]7 mwN).

Soweit in der Praxis der Na[X.]hweis von [X.]heit na[X.]h den [X.]blindengeldgesetzen (vgl z[X.] § 1 Abs 7 L[X.][X.]eld[X.] [X.]) und der [X.]enhilfe na[X.]h § 72 S[X.][X.] XII au[X.]h über die Zuerkennung des [X.] im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht erfolgt (vgl Senatsurteil vom [X.] - juris RdNr 11 mwN; [X.]S[X.] Urteil vom 7.5.1986 - 9a RVs 54/85 - [X.] 3100 § 35 [X.] [X.]7; [X.]Verw[X.] Urteil vom 27.2.1992 - [X.] 48.88 - [X.]Verw[X.]E 90, 65, 69 mwN), entbindet dies die für diese Leistungen zuständigen [X.]ehörden im Falle einer fehlenden bzw abgelehnten Statusents[X.]heidung ni[X.]ht ohne Weiteres von ihrer Amtsermittlungspfli[X.]ht na[X.]h § 20 S[X.][X.] X (vgl [X.]lüggel in [X.]/Voelzke, jurisPK-S[X.][X.] XII, 2. Aufl 2014, § 72 S[X.][X.] XII, Rd[X.]3; s au[X.]h zur Feststellung des [X.] und dessen [X.]edeutung für die [X.]ewährung von [X.]blindengeld: [X.], [X.]ehindertenre[X.]ht 2018, 63, 64).

[X.][X.]) Der [X.]egriff der [X.]heit na[X.]h der [X.] brau[X.]ht ni[X.]ht zwangsläufig vollständig de[X.]kungsglei[X.]h mit dem der [X.]heit in anderen [X.]esetzen zu sein. Insbesondere wei[X.]ht die Ausgangslage maßgebli[X.]h von der na[X.]h Art 1 Abs 2 Satz 1 [X.]ay[X.][X.] ab, die den Senat veranlasst hat, seine Re[X.]htspre[X.]hung zur Unters[X.]heidung von Störungen beim Erkennen und [X.]enennen sowie zur spezifis[X.]hen Sehstörung als Voraussetzung der [X.]heit für einen [X.]engeldanspru[X.]h aufzugeben (vgl Urteil vom 11.8.2015 - [X.] [X.] 1/14 R - [X.] 119, 224 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], RdNr 19 ff). Eine inhaltli[X.]h vollständige Übereinstimmung der re[X.]htli[X.]hen Voraussetzungen für den [X.]egriff der [X.]heit in der mit den [X.] inhaltsglei[X.]hen [X.] einerseits und na[X.]h dem [X.]ay[X.][X.] andererseits, insbesondere zur visuellen Agnosie, besteht ni[X.]ht und hat das [X.]S[X.] bereits früher ni[X.]ht angenommen (vgl Urteil vom 20.7.2005 - [X.]a [X.] 1/05 R - [X.] 95, 76 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.] "dagegen"; vgl zur "Neuinterpretation des [X.]heitsbegriffs": [X.], [X.]ehindertenre[X.]ht 2018, 63, 64). Au[X.]h hat das [X.]S[X.] bereits mit Urteil vom [X.] (1 R[X.]/93 - [X.] 3-5920 § 1 [X.] ff) ents[X.]hieden, dass § 1 Abs 3 [X.] des [X.]esetzes Nr 761 (S[X.]rländis[X.]hes [X.]heitshilfegesetz) über die Regelungen der seinerzeitigen [X.] [X.]3 Abs 4 hinausgeht (vgl au[X.]h [X.], Die Entwi[X.]klung und [X.]edeutung der öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen [X.]engeldleistung als Sozialleistung, 2003, [X.]). Sofern in der Praxis bei der [X.]eurteilung von [X.]heit na[X.]h den jeweiligen [X.]blindengeldgesetzen und dem Feststellungsverfahren von [X.]ehinderungen na[X.]h der [X.] bisher von einem einheitli[X.]hen [X.]heitsbegriff ausgegangen worden sein sollte (vgl z[X.] [X.], [X.]ehindertenre[X.]ht 2018, 63, 64), wird außer A[X.]ht gelassen, dass au[X.]h bei der Auslegung gesetzli[X.]h einheitli[X.]her [X.]egriffe ni[X.]ht unberü[X.]ksi[X.]htigt bleiben kann, wel[X.]hem (unters[X.]hiedli[X.]hen) Ziel die jeweiligen [X.]esetze dienen (vgl Senatsurteil vom 23.6.1993 - 9/9a RVs 1/91 - [X.] 72, 285, 290 = [X.] 3-3870 § 4 [X.] 33 f).

Anders als die [X.] mit ihrem Ziel des umfassenden [X.]ehinderungsausglei[X.]hs verfolgen die [X.]blindengeldgesetze die engere Zielsetzung, laufende blindheitsspezifis[X.]he, au[X.]h immaterielle [X.]edürfnisse des [X.]en zu erfüllen. Dies soll ihm ermögli[X.]hen, si[X.]h trotz [X.]heit mit seiner zunehmend visualisierten Umgebung vertraut zu ma[X.]hen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen (vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 1/17 R - [X.], 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.]0 mwN). [X.]ereits das [X.]Verw[X.] hat hinsi[X.]htli[X.]h der [X.]enhilfe na[X.]h § 67 Abs 1 [X.]undessozialhilfegesetz (jetzt § 72 S[X.][X.] XII) ausgeführt, dass Aufwendungen, die einem [X.]en dur[X.]h Kontaktpflege und Teilhabe am kulturellen Leben entstehen, nur einen Teil dessen ausma[X.]hen, was ein [X.]er bedingt dur[X.]h sein Leiden im Verhältnis zu einem Sehenden vermehrt aufwenden muss (vgl [X.]Verw[X.] Urteil vom 4.11.1976 - V [X.] 7.76 - [X.]Verw[X.]E 51, 281, 286 f). [X.]erade zum Ausglei[X.]h dieses si[X.]h aus dem Ni[X.]ht-Sehen-Können ergebenden umfangrei[X.]hen Mehraufwands zur Teilhabe wird dem [X.]etroffenen - quasi zur Selbsthilfe - paus[X.]hal das [X.]engeld an die [X.]and gegeben (vgl [X.]Verf[X.] [X.]es[X.]hluss vom [X.] - 1 [X.]vR 1379/14 - juris Rd[X.]; Senatsurteil vom [X.], [X.]O, RdNr 18 mwN).

3. Der Senat hält den Auss[X.]hluss gnostis[X.]her Störungen aus dem Kreis der blindheitsrelevanten [X.]eeinträ[X.]htigungen in Teil [X.]) bis [X.]) [X.] für verfassungsre[X.]htli[X.]h unbedenkli[X.]h. Eine [X.]lei[X.]hstellung ophthalmologis[X.]her und neurologis[X.]her [X.]eeinträ[X.]htigungen bei den gesundheitli[X.]hen Merkmalen für die Inanspru[X.]hnahme des [X.] ist weder allgemein unter [X.]lei[X.]hbehandlungsgesi[X.]htspunkten (dazu unter a) no[X.]h aus [X.]ründen der Einheit der Re[X.]htsordnung (dazu unter b) geboten.

a) Das aus dem allgemeinen [X.]lei[X.]hbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 [X.][X.]) folgende [X.]ebot, wesentli[X.]h [X.]lei[X.]hes glei[X.]h und wesentli[X.]h Unglei[X.]hes unglei[X.]h zu behandeln, verwehrt dem [X.]esetzgeber ni[X.]ht jede Differenzierung. Er verletzt das allgemeine [X.]lei[X.]hheitsgrundre[X.]ht erst dann, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine [X.]ruppe von Normadressaten im Verglei[X.]h zu einer anderen [X.]ruppe anders behandelt, obwohl zwis[X.]hen beiden [X.]ruppen keine Unters[X.]hiede von sol[X.]her Art und sol[X.]hem [X.]ewi[X.]ht bestehen, dass sie die unglei[X.]he [X.]ehandlung re[X.]htfertigen könnten (vgl [X.]Verf[X.] [X.]es[X.]hluss vom 2.5.2018 - 1 [X.]vR 3042/14 - juris RdNr 18 mwN). Dana[X.]h ergeben si[X.]h je na[X.]h Regelungsgegenstand und [X.] unters[X.]hiedli[X.]he [X.]renzen für den [X.]esetzgeber, die vom Willkürverbot bis zu einer strengen [X.]indung an [X.] rei[X.]hen (vgl [X.]Verf[X.] [X.]es[X.]hluss vom 3.9.2009 - 1 [X.]vR 2539/07 - juris Rd[X.] mwN). [X.]ei der Ordnung von Masseners[X.]heinungen ist der [X.]esetzgeber bere[X.]htigt, generalisierende, typisierende und paus[X.]halierende Regelungen zu verwenden (vgl [X.]Verf[X.] [X.]es[X.]hluss vom 27.6.2018 - 1 [X.]vR 100/15 - juris RdNr 15 mwN). Dabei hat der [X.]esetzgeber insbesondere im [X.]erei[X.]h des Sozialre[X.]hts einen weitrei[X.]henden [X.]estaltungsspielraum (vgl zum [X.]blindengeld S[X.]hleswig-[X.]olstein: [X.]Verf[X.] [X.]es[X.]hluss vom [X.] - 1 [X.]vR 1379/14 - juris Rd[X.] mwN).

Der Auss[X.]hluss gnostis[X.]her Störungen bei den gesundheitli[X.]hen Voraussetzungen für die Inanspru[X.]hnahme des Na[X.]hteilsausglei[X.]hs [X.]heit stellt keine sa[X.]hwidrige [X.]ena[X.]hteiligung behinderter Mens[X.]hen mit mentalen [X.]eeinträ[X.]htigungen dar, weil diese im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht ebenfalls berü[X.]ksi[X.]htigt und daraus resultierende Teilhabebeeinträ[X.]htigungen ausgegli[X.]hen werden. Der umfassende [X.]ehindertenbegriff iS des § 2 Abs 1 Satz 1 [X.] bezieht alle körperli[X.]hen, geistigen und seelis[X.]hen [X.]eeinträ[X.]htigungen ein (vgl Senatsurteile vom 16.3.2016 - [X.] [X.] 1/15 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] Rd[X.] und vom 11.8.2015 - [X.] [X.] 1/14 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.]1 Rd[X.]1, jeweils mwN). Die [X.]etra[X.]htung na[X.]h Funktions- und Organeinheiten gewährleistet dabei die gebotene sa[X.]hangemessene [X.]ewertung einzelner und mehrerer [X.]ehinderungen in ihrer Relation zueinander. Die Zuordnung der gnostis[X.]hen Störungen zum Funktionssystem (funktionale Einheit) des [X.]ehirns und ni[X.]ht zum optis[X.]hen Apparat folgt medizinis[X.]hen [X.]egebenheiten. Sie ist deshalb ein na[X.]hvollziehbares Differenzierungskriterium für eine gesonderte [X.]ewertung dieser [X.]esundheitsstörungen in ihren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der [X.]esells[X.]haft entspre[X.]hend dem Finalitätsprinzip (dazu 2.[X.] [X.]; zur Finalität vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 4/08 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.] Rd[X.]0 und vom 11.12.2008 - [X.]/9a [X.] 4/07 R - juris Rd[X.]). Anders als die Klägerin meint, ist aus diesen [X.]ründen zuglei[X.]h dem besonderen [X.]lei[X.]hheitssatz des Art 3 Abs 3 Satz 2 [X.][X.] zum S[X.]hutz behinderter Mens[X.]hen [X.]enüge getan und das in Art 5 Abs 2 UN-[X.]ehindertenre[X.]htskonvention ([X.]RK) ausgespro[X.]hene und unmittelbar geltende Diskriminierungsverbot eingehalten, das im Wesentli[X.]hen dem Regelungsgehalt des Art 3 Abs 3 Satz 2 [X.][X.] entspri[X.]ht (vgl [X.]S[X.] Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.] 110, 194 = [X.] 4-1100 Art 3 [X.], Rd[X.]9 ff, 31 mwN).

b) Das enge [X.]egriffsverständnis von [X.]heit im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht läuft der Einheit der Re[X.]htsordnung ni[X.]ht zuwider (Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 [X.][X.]). Die Einheit der Re[X.]htsordnung kann zwar dur[X.]hbro[X.]hen und in der Folge insbesondere der [X.]lei[X.]hheitsgrundsatz verletzt sein, wenn der Normgeber vers[X.]hiedene Re[X.]htsberei[X.]he zu wertungswidersprü[X.]hli[X.]h ausdifferenziert. Unters[X.]hiedli[X.]he Regelungen in vers[X.]hiedenen [X.]erei[X.]hen tangieren dagegen solange ni[X.]ht die Einheit der Re[X.]htsordnung, wie der Normgeber mit den abwei[X.]henden Regelungen der Eigenart der vers[X.]hiedenen Regelungsberei[X.]he Re[X.]hnung trägt (vgl hierzu [X.]Verf[X.] [X.]es[X.]hluss vom 15.7.1969 - 1 [X.]vR 457/66 - [X.]Verf[X.]E 26, 327, 334 ff = juris Rd[X.]0 ff; [X.], Einheit der Re[X.]htsordnung, 1998, [X.]). Soweit der [X.]egriff der [X.]heit na[X.]h Teil [X.]) bis [X.]) von dem weiteren Verständnis von [X.]heit in den [X.]blindengeldgesetzen oder bei der [X.]enhilfe na[X.]h § 72 Abs 1 und 5 S[X.][X.] XII abwei[X.]ht, beruht die mangelnde De[X.]kungsglei[X.]hheit - unbes[X.]hadet der vers[X.]hiedenen [X.]esetzgebungskompetenzen (vgl etwa Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 1/17 R - [X.], 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], RdNr 15 mwN) - auf einer anderen Aufgabenstellung und Zielsetzung als im S[X.]hwerbehindertenre[X.]ht und der dort zur Verfügung stehenden [X.]andbreite von Na[X.]hteilsausglei[X.]hen (s hierzu bereits unter 2[X.] [X.][X.]).

4. Die bisherigen Tatsa[X.]henfeststellungen des [X.] lassen keine abs[X.]hließende Ents[X.]heidung darüber zu, ob die Klägerin einen Anspru[X.]h auf Zuerkennung des [X.] ab Antragstellung hat. Die Klägerin ist ni[X.]ht blind na[X.]h Teil [X.]) [X.] und gehört au[X.]h ni[X.]ht zum Personenkreis mit einer dieser Sehbeeinträ[X.]htigung glei[X.]hzusetzenden Sehbeeinträ[X.]htigung na[X.]h [X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst b) [X.]. Ob die Klägerin blind iS von [X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst [X.]) [X.] ist, kann mangels ausrei[X.]hender Tatsa[X.]henfeststellungen ni[X.]ht abs[X.]hließend beurteilt werden (dazu unter a). Das angefo[X.]htene Urteil des [X.] ist somit aufzuheben und die Sa[X.]he zur erneuten Verhandlung und Ents[X.]heidung an dieses [X.]eri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen, um die fehlenden Ermittlungen na[X.]hzuholen (dazu unter b).

a) Na[X.]h den Feststellungen des [X.] (§ 163 S[X.][X.]) ist die Klägerin weder blind no[X.]h sehbehindert (Teil [X.]) und b) [X.]). Eine Sehs[X.]härfenbeeinträ[X.]htigung iS von Teil [X.]) und b) [X.] ist ni[X.]ht bewiesen. [X.]ei fehlender Reaktion auf visuelle Reize und fehlender Kommunikationsfähigkeit kann bei der Klägerin weder eine Sehs[X.]härfe no[X.]h die [X.]esi[X.]htsfeldfunktion überprüft werden. Diese [X.]eweislosigkeit geht zu Lasten der Klägerin, da dieser als Anspru[X.]hsstellerin die Darlegungs- und [X.]eweislast obliegt (vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 1/17 R - [X.], 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], RdNr 13). Die Feststellungen des [X.] lassen keine abs[X.]hließende [X.]eurteilung zu, ob die Klägerin blind iS von [X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst [X.]) [X.] ist. Dana[X.]h ist blind au[X.]h ein behinderter Mens[X.]h mit einem na[X.]hgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit), ni[X.]ht aber mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostis[X.]hen Störungen. Diese spezielle Form der [X.]heit infolge beidseitiger Zerstörung der Sehzentren in den [X.]interhauptlappen des [X.]ehirns hatten die [X.] und in der Na[X.]hfolge die [X.] s[X.]hon länger anerkannt (vgl [X.]S[X.] Urteil vom [X.] - 1 R[X.]/93 - [X.] 3-5920 § 1 [X.]; [X.]/S[X.]hillings, Versorgungsmedizinis[X.]he [X.]rundsätze - [X.] zu § 2 [X.], 9. Aufl 2018, [X.]: 6. [X.]heit und ho[X.]hgradige Sehbehinderung, zu [X.] mwN). Eine zur Feststellung des Ausfalls der Sehrinde des [X.]ehirns erforderli[X.]he bildgebende Diagnostik hielt das [X.]erufungsgeri[X.]ht in Übereinstimmung mit dem Sa[X.]hverständigen Dr. S. jedo[X.]h für entbehrli[X.]h, ohne zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass ein behinderter Mens[X.]h mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostis[X.]hen Störungen ni[X.]ht blind ist, während ein behinderter Mens[X.]h mit einem na[X.]hgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit) immer als blind gilt.

b) Na[X.]h Aufhebung und Zurü[X.]kverweisung der Sa[X.]he wird das [X.] deshalb die fehlenden Feststellungen zur Rindenblindheit als einer weiteren mögli[X.]hen Störung des Sehorgans na[X.]hzuholen haben und sodann abs[X.]hließend über den Anspru[X.]h der Klägerin ents[X.]heiden. Die insoweit na[X.]h den Ausführungen des Sa[X.]hverständigen Dr. S. in [X.]etra[X.]ht kommende weitere bildgebende Diagnostik ers[X.]heint in diesem Zusammenhang ni[X.]ht von vornherein unzumutbar. Zwar hat der Senat im Zusammenhang mit seiner Re[X.]htspre[X.]hung zu Art 1 Abs 1 [X.]ay[X.][X.] die Diagnostik einer spezifis[X.]hen Sehstörung wegen ihrer nur unzurei[X.]henden Verlässli[X.]hkeit für unzumutbar gehalten (vgl Senatsurteil vom 11.8.2015 - [X.] [X.] 1/14 R - [X.] 119, 224 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.]3). Verglei[X.]hbare Umstände sind bei der Feststellbarkeit der [X.]heit na[X.]h [X.] Nr 6 [X.]u[X.]hst [X.]) [X.] ni[X.]ht gegeben. [X.]inweise auf parallele Unsi[X.]herheiten bei der Diagnostik einer Rindenblindheit bestehen ni[X.]ht. Denn in diesem Zusammenhang geht es ni[X.]ht um die Diagnostik einer auf eine ri[X.]hterli[X.]he Re[X.]htsfortbildung zurü[X.]kzuführenden spezifis[X.]hen Sehstörung, sondern um die Feststellung eines medizinis[X.]h eindeutig definierten Sa[X.]hverhalts. Diese Ermittlungen wird das [X.] nunmehr na[X.]hzuholen haben.

5. Das [X.] wird im wiedereröffneten [X.]erufungsverfahren au[X.]h über die Kosten des Revisionsverfahrens zu ents[X.]heiden haben.

Meta

B 9 SB 1/18 R

24.10.2019

Bundessozialgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Aurich, 27. April 2017, Az: S 4 SB 123/13, Urteil

Anlage Teil A Nr 6 Buchst c Halbs 2 VersMedV, Anlage Teil A Nr 6 Buchst c Halbs 1 VersMedV, Anlage Teil A Nr 6 Buchst a VersMedV, Anlage Teil A Nr 6 Buchst b VersMedV, § 2 VersMedV, § 3 VersMedV, § 152 Abs 4 SGB 9 2018, § 153 Abs 2 SGB 9 2018, § 1 SGB 9 2018, § 2 Abs 1 SGB 9 2018, § 2 Abs 2 SGB 9 2018, § 209 Abs 1 SGB 9 2018, § 241 Abs 5 SGB 9 2018, § 72 Abs 1 SGB 12, § 72 Abs 5 SGB 12, § 170 Abs 2 S 2 SGG, Art 1 Abs 2 S 1 BlindG BY, § 3 Abs 1 Nr 3 SchwbAwV, Art 1 UNBehRÜbk, Art 5 Abs 2 UNBehRÜbk, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 S 2 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.10.2019, Az. B 9 SB 1/18 R (REWIS RS 2019, 2264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2264

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1 BvR 1379/14

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