Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2022, Az. VIa ZR 230/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 6141

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Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] - 2. Zivilsenat - vom 20. Januar 2022 durch Beschluss gemäß § 552 Abs. 1 und 2 ZPO auf Kosten des [X.] als unzulässig zu verwerfen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 6.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger erwarb im Mai 2012 von einem Fahrzeughändler einen gebrauchten [X.] 2.0 [X.] zum Preis von 30.300 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs [X.] ausgestattet. Der Motor verfügte über eine Software, die erkannte, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand den [X.] (NEFZ) durchlief. In diesem Fall schaltete sie in einen Betriebsmodus, der aufgrund einer höheren Abgasrückführungsrate die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerts für Stickoxidemissionen gewährleistete. Im normalen Fahrbetrieb wurde dagegen ein Betriebsmodus aktiviert, der infolge einer geringeren Abgasrückführungsrate zu einem den Grenzwert überschreitenden Stickoxidausstoß führte.

3

Das [X.] wertete die Software als unzulässige Abschalteinrichtung und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen. Die Beklagte entwickelte ein Software-Update, das ein die Abgasrückführung temperaturabhängig [X.] [X.] enthält. [X.] unterrichtete sie den Kläger von der Betroffenheit seines Fahrzeugs und dem zu installierenden Software-Update. Der Kläger ließ das Software-Update aufspielen.

4

Mit der im Jahr 2020 beim [X.] eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 13.393,26 € nebst [X.] um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in Anspruch genommen (Klageantrag zu 1), die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt (Klageantrag zu 2) und den Ersatz von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.003,40 € nebst [X.] verlangt (Klageantrag zu 3). Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die zunächst erhobene Einrede der Verjährung hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] fallen gelassen.

5

Das [X.] hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 5.795,34 € nebst [X.] um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie zur Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,94 € nebst [X.] verurteilt.

6

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist, und die Einrede der Verjährung wieder aufgegriffen. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

7

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

II.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:

9

Der Schadensersatzanspruch des [X.] aus § 826 BGB wegen Inverkehrbringens des mit der sogenannten "Umschaltlogik" ausgestatteten Fahrzeugs sei verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 begonnen und mit dem Schluss des Jahres 2019 geendet. Auf den Beginn der Verjährung habe es keinen Einfluss, ob die Beklagte mit dem Software-Update ein unzulässiges [X.] implementiert habe. Dieser Umstand begründe keinen eigenständigen Anspruch aus § 826 BGB mit einem eigenen Verjährungslauf. Da der Schaden in dem Abschluss des [X.] liegen solle und dem Kläger zu jenem Zeitpunkt das damals noch nicht entwickelte Software-Update unbekannt gewesen sei, könne dieses ihn nicht zum Abschluss des Kaufvertrags bewogen haben und sei daher für den geltend gemachten Schaden nicht kausal. Es könne daher dahinstehen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Einbau eines [X.]s für sich genommen keine Haftung des Fahrzeugherstellers aus § 826 BGB begründe.

Dem Kläger stünden im vorliegenden Fall eines [X.] keine Ansprüche nach § 852 Satz 1 BGB zu. Ansprüche auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten seien ebenfalls verjährt.

III.

Die Revision des [X.] hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die Revision wird gemäß § 552 Abs. 1 und 2 ZPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen sein. Das Rechtsmittel ist zwar uneingeschränkt statthaft, weil das Berufungsgericht die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einschränkungslos zugelassen und durch den Verweis auf den ungeklärten Anwendungsbereich des § 852 BGB in den Entscheidungsgründen lediglich den Anlass für die Revisionszulassung mitgeteilt hat. Die Revision ist jedoch nicht in der gesetzlichen Form des § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO begründet worden (§ 552 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und konkret darlegt, warum die Begründung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein soll ([X.], Urteil vom 20. Mai 2011 - [X.], [X.], 543 Rn. 6; Beschluss vom 29. Juli 2014 - [X.], [X.], 1121 Rn. 4; [X.], Urteil vom 20. März 2019 - 4 AZR 595/17, juris Rn. 10). Hierdurch soll der Revisionskläger dazu angehalten werden, die angegriffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern auch in der konkreten Begründung zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (zu § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO vgl. [X.], Beschluss vom 20. Juni 2022 - [X.], juris Rn. 8 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

Die Revision nimmt hin, dass das Berufungsgericht Ansprüche aus § 826 BGB für verjährt gehalten und Ansprüche aus § 852 BGB bei einem Gebrauchtwagenkauf verneint hat. Sie rügt ausschließlich, das Berufungsgericht habe verkannt, dass mit dem Einbau des als unzulässige Abschalteinrichtung zu wertenden [X.]s ein unverjährter Schadensersatzanspruch des [X.] aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1, Art. 46 der Richtlinie 2007/46/[X.] und Art. 5 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 entstanden sei.

Diese Beanstandung ist nicht geeignet, den tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts, aufgrund derer es einen Schadensersatzanspruch wegen des Software-Updates abgelehnt hat, die Grundlage zu entziehen. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Beklagte durch das in das Software-Update integrierte [X.] den Kläger sittenwidrig vorsätzlich geschädigt hat. Es hat einen darauf gestützten Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB mit der Begründung verneint, das im Jahr 2016 aufgespielte Software-Update könne den Kläger nicht zum Abschluss des als Schaden angeführten ungewollten [X.] veranlasst haben. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung demnach damit begründet, dass die vom Kläger angeführte weitere Schädigungshandlung für den von ihm geltend gemachten Schaden nicht kausal sei (vgl. dazu auch [X.], Urteil vom 22. Februar 2022 - [X.]/20, juris Rn. 18; Urteil vom 22. Februar 2022 - [X.], [X.], 852 Rn. 14). Diese Erwägung knüpft nicht an Besonderheiten eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB an. Sie gilt für jeglichen Schadensersatzanspruch, der auf das aufgespielte Software-Update mit dem [X.] gestützt wird, und damit insbesondere auch für den von der Revision angeführten Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB wegen Verletzung eines Schutzgesetzes. Auf den Gesichtspunkt der fehlenden Ursächlichkeit des Software-Updates für den bereits vorher eingetretenen Schaden geht die Revisionsbegründung jedoch nicht ein.

2. Im Übrigen ist der Senat einstimmig der Auffassung, dass die Revision des [X.] - selbst wenn sie, wie nicht, zulässig wäre - gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten des [X.] zurückzuweisen sein würde. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor. Insbesondere ist die Rechtsfrage des Anwendungsbereichs von § 852 BGB, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision veranlasst hat, durch die nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteile des [X.] vom 21. Februar 2022 ([X.], [X.], 731, zur [X.] bestimmt in [X.]Z; [X.], [X.], 742) höchstrichterlich geklärt. Das Rechtsmittel wäre aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Das Aufspielen eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Software-Updates wäre allenfalls geeignet, hierauf bezogene Schadensersatzansprüche zu begründen, nicht aber die vom Kläger im Rahmen des großen Schadensersatzes beanspruchte Befreiung von der mit dem ursprünglichen Kaufvertrag eingegangenen ungewollten Verpflichtung beziehungsweise den Ersatz für die in deren Erfüllung aufgewendeten Geldmittel (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2022 - [X.]/20, juris Rn. 18; Urteil vom 22. Februar 2022 - [X.], [X.], 852 Rn. 14).

[X.]     

      

Möhring     

      

Rensen

      

Wille     

      

Liepin     

      

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

VIa ZR 230/22

12.09.2022

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 20. Januar 2022, Az: 2 U 43/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2022, Az. VIa ZR 230/22 (REWIS RS 2022, 6141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6141

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

VI ZR 934/20

V ZR 250/10

IV ZR 371/13

4 AZR 595/17

VI ZR 265/20

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