Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2015, Az. VIII ZR 330/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 963

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:091215UVIIIZR330.12.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 330/12
Verkündet am:

9. Dezember 2015

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider, [X.] und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 3. Zivil-kammer des [X.] vom 1. Juli 2011 -
auch im Kostenpunkt -
aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 27. Januar 2010 abgeändert, soweit bezüglich der auf Leistung gerichteten Widerklage und der auf den [X.] gerichteten [X.] zum Nach-teil der Beklagten erkannt worden ist. Im Übrigen werden die Rechtsmittel mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die weiter-gehende Widerklage unbegründet ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

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Tatbestand:
Die Beklagte bezog ab August 2004 von der Klägerin, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen, leitungsgebunden Erdgas, wobei eine nach [X.] gestaffelte sogenannte Bestpreisabrechnung erfolgte.
Die Klägerin änderte nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung [X.] zum 1. Januar 2005, 1. Oktober 2005, 1. Januar 2006, 1. Oktober 2006, 1.
Januar 2007, 1. April 2007, 1. Januar 2008, 1. Juli 2008 und 1. Oktober 2008 den Arbeitspreis. Die Beklagte widersprach den Gaspreiserhöhungen mit Schreiben vom 21. Januar 2005, 4. November 2005, 31. Januar 2006, 29.
September 2006 und 8. Februar 2009.
Die Klägerin übermittelte der Beklagten [X.] 15.

wei-ligen Preiserhöhungen ergebenden Entgelte nicht.
Mit der Klage macht die Klägerin die rückständigen Beträge aus den ge-l-tend. Mit der Widerklage will die Beklagte zum einen festgestellt wissen, dass die Preisbestimmungen, welche die Klägerin für die [X.] ab dem 13. Januar 2006 bis zum 14. Januar 2009 vorgenommen hat, für die Beklagte insoweit nicht verbindlich sind, als die danach geforderten Grund-
und Arbeitspreise hö-her sind als
die zum 1. Januar 2005 geforderten Preise; zum anderen nimmt sie auf den [X.] erfolgten [X.] zu Unrecht gezahlt haben will.

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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abge-wiesen. Die Berufung der Beklagten gegen diese Entscheidung ist vom [X.] zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten mit der sie die Abweisung der Klage errei-chen will und ihr Widerklagebegehren weiterverfolgt.
Der [X.] hat das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 31. Juli 2013 gemäß § 148 ZPO analog im Hinblick auf das beim Gerichtshof der Euro-päischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) damals aufgrund des Vorlagebe-schlusses des [X.]s gemäß Art. 267 AEUV im Verfahren [X.] [X.] Verfahren [X.]/11 ausgesetzt. In diesem Verfahren ist am 23. Okto-ber 2014 die Entscheidung des Gerichtshofs ergangen ([X.]/11 und
[X.]/11, [X.], 849 -
Schulz und [X.]).

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat teilweise Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Das Amtsgericht habe zu Recht der Klage stattgegeben und die [X.] abgewiesen.
Der Gasliefervertrag zwischen den Parteien sei durch tatsächlichen [X.] zustande gekommen. Innerhalb dieses Vertragsverhältnisses sei die [X.] als Tarifkundin anzusehen, weil die Klägerin die Beklagte zu den öffent-5
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lich bekannt gemachten Preisen
und Bedingungen beliefert habe. Der Umstand, dass innerhalb dieser Tarife eine Preisstaffelung entsprechend der individuellen Verbrauchsmenge -
eine sogenannte Bestpreisabrechnung -
erfolgt sei, ändere daran nichts.
Die von der Klägerin ab 2005 vorgenommenen Preisänderungen, die diese auf der Grundlage des nach § 4 Abs. 2 [X.] beziehungsweise nach §
5 Abs.
2 [X.] bestehenden Preisanpassungsrechts vorgenommen habe, entsprächen der Billigkeit (§ 315 BGB).
Bezüglich etwaiger vor dem 1. Januar 2005
vorgenommener [X.] sei eine Billigkeitsprüfung nicht vorzunehmen, da der bei [X.] vereinbarte Preis einer gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich sei. So-weit die Klägerin im streitgegenständlichen [X.]raum von 2005 bis 2007 [X.] vorgenommen habe, habe die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass die Klägerin Preiserhöhungen nur im Umfang ihrer eigenen Bezugskostensteigerungen sowie Senkungen der eigenen [X.] in vollem Umfang an ihre Kunden weitergegeben habe. Deshalb seien die Preisanpassungen aus Billigkeitsgründen nicht zu beanstanden. Ab dem [X.] sei das Verlangen der Beklagten nach einer gerichtlichen Billigkeitskon-trolle gemäß § 315 BGB rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), da ab diesem Jahr Wettbewerb auf dem Gasmarkt für Endverbraucher geherrscht habe und es der Beklagten daher bei jeder Gaspreiserhöhung frei gestanden habe, den Liefer-vertrag mit der Klägerin zu kündigen und zu einem anderen Anbieter zu [X.].
Aus den genannten Gründen könne auch die Widerklage, die -
wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt habe -
hinsichtlich des Feststellungsbegeh-11
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rens bezüglich der Jahre 2005 bis 2007 wegen fehlenden Feststellungsinteres-ses bereits zum Teil unzulässig sei, in der Sache keinen Erfolg haben.

II.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält in weiten Teilen rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision insoweit zurückzuweisen ist.
So hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch aus §
433 Abs.
2 BGB zusteht. Die auf (negative) Feststellung gerichtete Widerklage ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in vollem Umfang zulässig; sie ist jedoch unbegründet, soweit das Feststellungsbegehren die [X.]sjahre 2005 bis 2007 betrifft. Hinsichtlich des übrigen Gegenstands der Widerklage kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch für das [X.]sjahr 2008 darauf an, ob die Klägerin bei den in diesem Jahr erfolgten Preisanpassungen lediglich (Bezugs-)Kostensteigerungen an die Beklagten weitergegeben hat.
A. Zur Klage:
1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den Energieliefervertrag der Parteien zutreffend als [X.]vertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag) eingeordnet und die Beklagte deshalb als Tarifkun-din angesehen.

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Das Berufungsgericht ist in rechtsfehlerfreier Anwendung der Rechtspre-chung des [X.]s (zuletzt: Urteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], ZIP
2015, 2226 Rn. 17 ff., zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt, und [X.], juris Rn. 20 f.; jeweils mwN) zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei den ab Aufnahme der Versorgung (2004) von der Klägerin abgerechneten [X.] um Allgemeine Tarife im Sinne von §
10 Abs.
1, § 11 Abs.
1 [X.] 1998 beziehungsweise um Allgemeine Preise im Sinne von § 36 Abs. 1, § 39 Abs. 1 [X.] 2005 gehandelt hat. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers die Versorgung zu den vorstehenden, von ihr öffentlich bekannt gemachten Bedin-gungen und Preisen im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften und nicht unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertrags-freiheit angeboten hat, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere steht es der Einordnung des Vertragsverhältnisses der Parteien als [X.]vertrag nicht entgegen, dass die Klägerin im Rahmen der Grundversorgung unter-schiedliche Tarife anbietet, wobei sich der jeweils zur Abrechnung kommende Preis nach dem für die individuelle Abnahmemenge kostengünstigsten [X.] richtet. Nach der Rechtsprechung des [X.]s steht es einem Ener-gieversorgungsunternehmen auch im Rahmen der Grundversorgung frei, ver-schiedene Tarife
anzubieten, und zwar auch solche, bei denen -
wie hier -
die Tarifeinstufung automatisch nach dem Prinzip der Bestpreisabrechnung erfolgt (st.
[X.]pr.; siehe nur [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.] und [X.]; jeweils aaO mwN).
2.
Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegan-gen, dass die Klägerin berechtigt ist, Steigerungen ihrer eigenen Bezugskosten während der Vertragslaufzeit an die Beklagte weiterzugeben und sie verpflichtet ist, bei der Preisbestimmung Kostensenkungen zu berücksichtigen.
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a) Allerdings ergibt sich das Recht der Klägerin, die Steigerung ihrer (Be-zugs-)Kosten im Rahmen der Grundversorgung an ihre Kunden weiterzugeben, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus § 4 Abs. 1 und 2
[X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] in der bis zum 29. Oktober 2014 geltenden Fassung vom 26. Oktober 2006 ([X.]; im Folgen-den: [X.] aF), sondern aus der gebotenen ergänzenden Auslegung des [X.] der Parteien.
Der [X.] hat in seiner früheren ständigen Rechtsprechung aus §
4 Abs.
1 und 2 [X.] beziehungsweise aus § 5 Abs. 2 [X.] aF ein nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) bestehendes Preisänderungsrecht des [X.] entnommen (vgl. nur [X.]surteile vom 13. Juni 2007 -
VIII ZR 36/06, [X.] 172, 315 Rn. 14 ff.; vom 19. November 2008 -
VIII ZR 138/07, [X.] 178, 362 Rn. 26; ebenso [X.], Urteil vom 29. April 2008 -
KZR 2/07, [X.] 176, 244 Rn. 26, 29). Wie aus dem auf Vorlage des [X.]s ergangenen Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 23. Oktober 2014 ([X.].
[X.]/11 und [X.]/11, [X.], 849 -
Schulz und [X.]) folgt, kann aus § 4 Abs. 1 und 2 [X.] beziehungsweise aus § 5 Abs. 2 [X.] aF ein Preisänderungsrecht nicht entnommen werden, weil eine solche Annahme nicht mit den Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Sätze 4 -
6 in [X.] mit Anhang A der [X.] 2003/55/[X.] (aufgehoben zum 3. März 2011 durch Art. 53 der [X.] 2009/73/[X.]) zu vereinbaren ist.
Wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils in den Urteilen vom 28.
Oktober 2015 ([X.], aaO Rn. 66 ff. und [X.], aaO Rn. 68 ff.) entschieden hat, ergibt sich jedoch aus der gebotenen und sich an dem ob-jektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Vertragsparteien auszurichten-den ergänzenden Auslegung (§§ 157, 133 BGB) eines -
wie hier -
auf unbe-stimmte Dauer angelegten [X.]s, dass der Grundversorger 20
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berechtigt ist, Steigerungen seiner (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, und er verpflichtet ist, bei [X.] ebenso zu berücksichtigen wie Kosten-erhöhungen.
Der Klägerin steht somit in ergänzender Auslegung des [X.] der Parteien ein Preisänderungsrecht in dem vorstehend beschriebenen Um-fang zu mit der Folge, dass der berechtigterweise erhöhte Preis zum vereinbar-ten Preis wird (vgl. [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 84, und [X.], aaO Rn. 86). Die Beurteilung der Wirksamkeit einer einseitigen Preisbestimmung des Grundversorgers während der [X.] konzentriert sich mithin auf die tatsächliche Frage, ob die vorgenannten Voraussetzungen eines Preisänderungsrechts erfüllt sind.
b) So verhält es sich hier, soweit es die [X.]sjahre 2005 bis 2007 betrifft. Nach den -
wenn auch unter dem im Rahmen der vorgenannten ergän-zenden Vertragsauslegung nicht maßgeblichen Blickwinkel der Billigkeit nach
§
315 BGB (vgl. [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn.
89, 100,
und [X.], aaO Rn.
91, 102) getroffenen -
Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Preiserhöhungen in den Jahren 2005 bis 2007 (jeweils zum 1. Januar 2005, 1. Oktober 2005, 1. Januar 2006 und 1. Oktober 2006) auf der Grundlage eines nach obigen Maßstäben wirksam bestehenden Preisänderungsrechts vorgenommen. Denn das Berufungsgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zu den genannten Terminen ausschließlich Steigerungen ihrer Bezugskosten an die Beklagte weitergegeben hat. Zudem hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Klägerin alle in diesem [X.]raum zu verzeichnende Kostensenkungen bei der Preisbemessung zu Gunsten der Beklagten berücksichtigt hat. [X.] 23
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gegen das Zustandekommen dieser tatrichterlichen Feststellungen hat die [X.] nicht erhoben. Der Klägerin steht daher das mit der Klage geforderte Restentgelt aus den Jahresrechnungen vom 13. Januar 2006 (für das Gasbe-zugsjahr 2005), vom 15. Januar 2007 (für das [X.]) und vom 15. Januar 2008 (für das [X.]), das hinsichtlich der geltend gemachten Gesamthöhe

B. Zur Widerklage:
Die auf (Zwischen-)Feststellung (§ 256 Abs. 2 ZPO) gerichtete [X.] ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das sie teilweise als unzulässig angesehen hat, in vollem Umfang zulässig; allerdings ist sie hin-sichtlich des auf [X.] -
2007 bezogenen [X.]. Die darüber hinausgehende Widerklage kann mit den vom [X.] angestellten Erwägungen nicht als unbegründet angesehen wer-den.
1. Die Beklagte hat im Rahmen der von ihr erhobenen Feststellungswi-derklage Klägerin für die [X.] ab dem 13. Januar 2006 bis 14. Januar 2009 gegenüber der Beklagten bezüglich des an diese im Tarif der Vollversorgung gelieferten Erdgases erklärt hat, für die [X.] insoweit nicht verbindlich sind, als die da-nach geforderten Grund-
und Arbeitspreise höher sind als die zum 1. Januar

a) Das Berufungsgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts gebilligt, dem [X.] fehle es insoweit an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen besonderen rechtlichen Interesse, als die Widerklage die Fest-stellung der Unverbindlichkeit der zwischen dem 13. Januar 2006 und dem 25
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Dezember 2007 von der Klägerin vorgenommenen Preisbestimmungen zum Gegenstand habe; die [X.] sei insoweit unzulässig. Das Amtsgericht hat seine Auffassung damit begründet, dass bereits mit der von der Klägerin erhobenen Leistungsklage, mit der die Klägerin restliches Entgelt aus den [X.]sjahren 2005 bis 2007 geltend mache, rechtskräftig darüber ent-schieden werde, ob der Klägerin die Restforderungen aus den genannten [X.] zustünden. Ob die diesbezüglichen Rechnungen für die Beklagte verbind-lich seien, sei damit eine im Rahmen der Leistungsklage zu beantwortende [X.]; die Erwägungen hierzu [X.] als tragende Gründe der Entschei-dung in Rechtskraft.
b) Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht die Unverbindlichkeit der Rechnungen, sondern die Unverbindlichkeit der Preisbestimmungen, die in den Rechnungen Niederschlag gefunden haben, festgestellt wissen will, trifft die Ansicht der Vorinstanzen, die [X.] sei hinsichtlich des [X.] bis 2007 betreffenden [X.] unzulässig, auch bei korrekter Erfassung des
[X.] nicht zu. Die Feststellungswi-derklage ist vielmehr in vollem Umfang zulässig.
aa) Bei der von der Beklagten erhobenen [X.] han-delt es sich, weil sie während des Laufs des amtsgerichtlichen Verfahrens über die rechtshängige Leistungsklage der Klägerin und noch vor Schluss der münd-lichen Verhandlung erhoben worden ist, um eine [X.], deren in § 256 Abs. 2 ZPO normierte Zulässigkeitsvoraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.
Die Beklagte
hat mit der Frage der Verbindlichkeit der von der Klägerin im [X.]raum vom 13. Januar 2006 bis zum 14. Januar 2009 im Rahmen der Erdgaslieferung getroffenen Preisbestimmungen auch ein im rechtshängigen 29
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Prozess der Leistungsklage der Klägerin streitiges Rechtsverhältnis zum Ge-genstand ihres [X.] gemacht. Denn letzteres muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen -
hier den Gasliefervertrag -
bezie-hen, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht, insbesondere einen streitigen Teil des [X.] beschränken ([X.]surteil vom 19. November 2014 -
VIII ZR 79/14, [X.], 873 Rn. 24 mwN). Auch ist die im Rahmen der Feststellungswider-klage zu prüfende Frage der Verbindlichkeit der Preisbestimmungen als Vorfra-ge im Rahmen der Leistungsklage der Klägerin insoweit zu prüfen, als es um die Preisbestimmungen in den Jahren 2005 bis 2007 geht.
Entsprechendes gilt indes auch für das Verhältnis der von der Beklagten erhobenen [X.] zu der [X.], soweit sich das Feststellungsbegehren auf den [X.]raum vom 1. Januar 2008 bis zum 14.
Januar 2009 richtet. Mit der [X.] begehrt die Beklagte Rückzahlung bereits geleisteten, ihrer Ansicht nach überzahlten Entgelts für Gaslieferungen [X.]. Der Erfolg dieser auf § 812 BGB gestützten [X.] hängt entscheidend davon ab, ob die für das [X.] bereits gezahlten Entgelte mit Rechtsgrund geleistet wurden. Dies wiederum entscheidet sich im Wesentlichen danach, ob sich die Klägerin mit dem Verlangen der Zahlung von [X.] erhöhten Arbeitspreisen auf ein wirksames Preisänderungsrecht berufen kann, weil sie auch -
wozu es allerdings bislang an tatrichterlichen Feststellungen fehlt -
mit den [X.] erhöhten Preisen ausschließlich (Bezugs-)Kostensteigerungen unter Berücksichtigung von Kostensenkungen an die Beklagte weitergegeben hat.
[X.]) Angesichts dieser rechtlichen Ausgangssituation ist das von der [X.]n verfolgte [X.], eine der Rechtskraft fähige Entscheidung 32
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über die begehrte Feststellung zu erhalten, ausreichend,
um die Zulässigkeit der [X.] bejahen zu können. Insbesondere ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, das Ergebnis der begehrten Feststellung vor-greiflich für die über den Feststellungszeitraum hinausreichenden, künftigen Rechtsbeziehungen der Parteien aus dem [X.].
Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es für die Zuläs-sigkeit einer [X.] ausreichend, dass das inzidenter oh-nehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den [X.] Streitgegenstand hinaus Bedeutung erlangen kann ([X.], Urteile vom 17. Mai 1977 -
VI [X.], [X.] 69, 37, 42; vom 23. März 1982
-
KZR 5/81, [X.] 83, 251, 255; vom 7. März 2013 -
VII ZR 223/11, [X.], 544 Rn. 19; jeweils mwN; ebenso [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl. § 256 Rn. 26; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 256 Rn. 106). So verhält es sich hier.
Bei einem [X.] handelt es sich um ein Dauerschuld-verhältnis mit einer Vielzahl von Abrechnungsvorgängen, die jeweils aufeinan-der aufbauen ([X.]surteile vom 14. März 2012 -
VIII [X.], [X.] 192, 372 Rn. 31; vom 24. September 2014 -
VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn.
24). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass jeder auf der Grundlage ei-nes infolge ergänzender Vertragsauslegung bestehenden Preisänderungs-rechts berechtigterweise erhöhte Preis zu dem vereinbarten Preis wird (vgl. Se-natsurteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 84, und [X.], aaO Rn. 86), hat die Beklagte im Hinblick auf etwaige nach dem Fest-stellungszeitraum erfolgte Preisänderungen ein Interesse daran, über
die Ver-bindlichkeit der im Feststellungsbegehren genannten Preisbestimmungen der Klägerin eine der Rechtskraft fähige Entscheidung zu erlangen.

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cc) Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist nicht etwa bereits mit den wechselseitigen Leistungsklagen über die Verbindlichkeit der im Feststel-lungszeitraum erfolgten Preisbestimmungen rechtskräftig entschieden. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] erwachsen bei einer
Leistungsklage nach § 322 ZPO lediglich die im Hinblick auf den -
aus Klagean-trag und zugrundeliegendem Lebenssachverhalt bestehenden -
prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) ausgesprochenen Rechtsfolgen in Rechtskraft, nicht jedoch die Elemente des Urteils, namentlich einzelne Tatsachen, präjudi-zielle Rechtsverhältnisse und
sonstige Vorfragen, aus welchen das Gericht die regelmäßig aus der Urteilsformel ersichtlichen Rechtsfolgen abgeleitet hat (st.
[X.]pr.; siehe nur [X.], Urteile vom 5. November 2009 -
IX ZR 239/07, [X.] 183, 77 Rn. 9; vom 26. Juni 2003 -
I [X.], NJW 2003, 3058 unter II 1; vom 25. Februar 1985 -
VIII ZR 116/84, [X.] 94, 29, 33; jeweils mwN).
c) Die somit in vollem Umfang zulässige [X.] ist [X.], soweit sie die [X.]sjahre 2005 bis 2007 betrifft, unbegründet, da die für diesen [X.]raum erfolgten Preisbestimmungen der Klägerin -
wie oben aus-geführt
-
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind.
2. Hinsichtlich der auf Leistung gerichteten Widerklage hat das [X.] -
ausgehend von einem seiner Ansicht nach bestehenden Preis-änderungsrecht der Klägerin aus § 5 Abs. 2 [X.] aF -
angenommen, dass es der Beklagten in dem [X.]sjahr 2008 nach [X.] (§ 242 BGB) verwehrt sei, auf der Grundlage von § 5 Abs. 2 [X.] aF geänderte Preise auf ihre Billigkeit nach § 315 BGB überprüfen zu lassen, weil ab diesem Jahr auf dem Gasmarkt Wettbewerb geherrscht habe mit der Folge, dass die Beklagte den Anbieter hätte wechseln können. Unabhängig davon, ob -
woge-gen erhebliche Bedenken bestehen -
die Beurteilung des Berufungsgerichts, in einer Wettbewerbssituation sei das Verlangen des [X.] nach einer ge-36
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richtlichen [X.] gemäß § 315 BGB rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), einer rechtlichen Überprüfung standhielte, trifft -
wie bereits ausgeführt -
die Prämisse
des Berufungsgerichts, die Klägerin sei gemäß §
5 Abs.
2
[X.] zur Preiserhöhung berechtigt gewesen, nicht zu; denn ein [X.] steht der Klägerin [X.] nur insoweit zu, als sie (auch) in diesem Jahr lediglich (Bezugs-)Kostensteigerungen unter Berücksichtigung von Kostensenkungen an die Beklagte weitergegeben hat. Hierzu hat das [X.] -
aus seiner Sicht
folgerichtig -
bislang keine Feststellungen getrof-fen. Dies wird nachzuholen sein. An diesen zu treffenden Feststellungen ent-scheidet sich auch der Erfolg der [X.], soweit diese das [X.]sjahr 2008 betrifft.

III.
Das Berufungsurteil kann daher hinsichtlich der Entscheidung zur
[X.] sowie zur [X.], soweit diese das [X.]sjahr 2008 betrifft, keinen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die im Umfang der Aufhebung nicht entscheidungsreife

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Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
[X.]
Ri[X.] [X.] ist
Dr. Schneider

wegen Urlaubs an der

Unterschrift gehindert.

[X.], 14.12.2015

[X.]

Kosziol

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.01.2010 -
2 C 1102/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.09.2012 -
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Meta

VIII ZR 330/12

09.12.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2015, Az. VIII ZR 330/12 (REWIS RS 2015, 963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 963

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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