Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2002, Az. IX ZR 235/01

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 4193

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:7. März 2002Preuß,[X.] Urkundsbeamtin der [X.] dem [X.]:ja[X.]Z:[X.] §§ 56, 244Wird der beklagte Rechtsanwalt in einem Anwaltsprozeß unfähig, seine Selbst-vertretung fortzuführen, so ist die hierdurch bewirkte [X.] jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten. Ist die Unterbre-chung in den Vorinstanzen eingetreten, kann grundsätzlich der [X.] noch im Revisionsverfahren als neue Tatsache vorgetragen wer-den.[X.], Urteil vom 7. März 2002 - [X.]/01 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch [X.] [X.] und die [X.], Kirchhof, Dr. Fischer und Raebel[X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 29. Mrz 2001 wird auf Kosten des [X.].Von Rechts [X.]:Am 13. Dezember 1997 verstarb der [X.] des [X.]n. Er war Mitge-sellschafter und Gescfts[X.]er der Klrin, die der [X.] seit dem 1. Juni1993 im Rahmen eines Dauermandates auûerhalb gerichtlicher Verfahren an-waltlich vertrat. Nach dem Tod seines [X.]es zog der [X.] die zugunstender Klrin bestehenden Lebensversicherungen im Gesamtbetrag von562.194 DM ein, leitete hiervon aber nur 280.000 DM an die Klrin weiter.[X.] den Differenzbetrag in Gesamthöhe von 28.937,20 DM sind un-streitig. Auf den Rest von 253.256,80 DM nebst Zinsen hat die Klrin [X.], der sich in den Tatsacheninstanzen selbst vertrat, in Anspruch ge-nommen. Das [X.] hat der Klage am 10. Mrz 2000 in Höhe von221.704,80 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie wegen der Au[X.]echnung des- 3 -[X.]n mit restlichem Beratungshonorar aus dem Dauermandat vom 1. Juni1993 in [X.] 31.552 DM abgewiesen.Gegen das [X.]surteil, welches dem [X.]n am 9. Juni 2000zugestellt worden ist, hat er am 7. Juli 2000 Berufung eingelegt, das [X.] jedoch nicht bis zum 7. August 2000 [X.]. Auf Hinweis des [X.] vom 24. August 2000, [X.] eine Berufungsbegrrt nichteingegangen sei, hat der [X.] in der Anlage des von ihm gezeichnetenSchriftsatzes vom 31. August 2000 zwei Kopien einer [X.], die selbst weder unterzeichnet noch anwaltlichbeglaubigt waren. Auf weiteren Hinweis des [X.]es, der dem [X.] nach seinem Vorbringen am 18. Dezember 2000 zugegangen ist, [X.]seine Berufung nur als unselbstige Berufung zu behandeln sei, hat er [X.] Januar 2001 beantragt, ihm wegen der [X.]en [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewren.Die Klrin hat ihre gleichfalls eingelegte Berufung gegen das [X.] [X.]s zurckgenommen. Das [X.] hat daraufhin unterAblehnung des [X.] vom 12. Januar 2001 die [X.] [X.]n verworfen.Hiergegen wendet sich die Revision des [X.]n, mit der er weiterhindie Abweisung der Klage [X.]:I.Über die Revision des [X.]n ist, obwohl die Klrin im [X.] vor dem [X.] nicht vertreten war, nicht durch Versmnisurteil,sondern durch streitiges Urteil (unechtes Versmnisurteil) zu entscheiden.Denn die Revision erweist sich bereits auf der Grundlage des vom Berufungs-gericht festgestellten Sachverhalts auch unter Bercksichtigung ihres [X.] als un[X.] (vgl. [X.], Urt. v. 10. Februar 1993 - [X.]/91, NJW 1993, 1788; v. 12. Juli 2001 - [X.], [X.], 376, 377).II.Das [X.] hat angenommen, der [X.] [X.]n vom 12. Januar 2001 sei erst nach Ablauf der [X.] eingegangen. Mit dem Schriftsatz vom 31. August 2000 sei noch [X.] Wiedereinsetzung in die [X.]e [X.] beantragtworden; auch Angaben zum [X.] seien dort nur unzurei-chend enthalten gewesen.[X.] Revision wiederholt demr die Ansicht, der Schriftsatz [X.] vom 31. August 2000 sei nach den [X.] 5 -zungsantrag zu werten. [X.] Angaben zum [X.] [X.] nicht bedurft. Die anliegenden einfachen Abschriften der Berufungsbegrn-dung seien hier auch zur Nachholung der [X.]en [X.] gen-gend gewesen. Mindestens sei danach zu prfen, ob das [X.] [X.] § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO von Amts wegentte gewren mssen und ein etwa in dieser Hinsicht bestehendes Ermes-sen aust habe.Der [X.] lût unter [X.] rztlichen Attestes im Revisi-onsverfahren sch[X.]lich vortragen, er sei von April 2000, [X.] jedochseit Zustellung des landgerichtlichen Urteils, bis zum September 2000 (partiell)gescfts- und prozeûunfig gewesen. Falls danach das [X.]surteilrhaupt wirksam zugestellt worden sei, sei [X.] das weitere Verfahrenunterbrochen worden, so [X.] eine [X.] nicht habe [X.] werden k.[X.] nach § 547 ZPO a.[X.] statthafte Revision ist wirksameingelegt. Das gilt selbst dann, wenn das Verfahren unterbrochen war; § 249Abs. 2 ZPO steht nicht entgegen (vgl. [X.], Urt. v. 16. Januar 1997 - [X.], [X.], 486). Das Berufungsurteil ist jedoch im Ergebnis revisions-rechtlich nicht zu beanstanden.- 6 -1. [X.] verstet eingegangen. Eine Verfah-rensunterbrechung vor oder nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils [X.] der [X.] nicht festzustellen.a) [X.] eine Wiedereinsetzung des [X.]n in die [X.]e [X.] (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F., §§ 233, 234, 236 ZPO)wre kein Raum, wenn das Verfahren, wie die Revision vortrt, bereits [X.] [X.] nach Zustellung des landgerichtlichen Urteilsunterbrochen worden wre. Infolge vorheriger Unterbrechung wre schon [X.] des landgerichtlichen Urteils unwirksam gewesen ([X.]Z 111, 104,107). Bei [X.] der Lauf der Berufungs[X.]ist aufge-rt; die volle [X.]ist tte nach Beendigung der Unterbrechung von neuem be-gonnen (§ 249 Abs. 1 ZPO).Die Gescfts- und Prozeûunfigkeit einer Partei kann sich auf die[X.]ung eines bestimmten Rechtsstreites beschrken ([X.]Z 143, 122, 125a.E.), wie es die Revision hier im Hinblick auf die besonderen [X.] [X.]n behauptet. Durch den (partiellen) Verlust seiner [X.] wird der Anwalt im Sinne des § 244 ZPO unfig, die [X.] fortzu[X.]en ([X.]Z 30, 112, 118); das gilt auch [X.] einen Rechtsan-walt, der sich nach § 78 Abs. 4 ZPO in den Tatsacheninstanzen selbst vertritt(vgl. [X.]Z 111, 104, 107).b) Wird der beklagte Rechtsanwalt in einem [X.] unfig, sei-ne Selbstvertretung fortzu[X.]en, so ist die hierdurch bewirkte Verfahrensun-terbrechung entsprechend § 56 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amtswegen zu beachten (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl. § 244 Rn. 22; [X.] 7 -sielak/[X.], ZPO 2. Aufl. § 239 Rn. 1; allgemeine Ansicht). Ist die Unterbre-chung in den Vorinstanzen eingetreten, kann der [X.] trotzder Grenzen, die § 561 ZPO a.F. den tatschlichen Grundlagen von Revisi-onsangriffen zieht, noch im Revisionsverfahren als neue Tatsache vorgetragenwerden (vgl. [X.], Urt. v. 10. Oktober 1985 - [X.], [X.], 58, 59).c) Der [X.] hat sich zur Sttzung seines Vorbringens auf das Attesteiner Internistin vom 28. November 2001 bezogen, in dem bescheinigt wird, ersei ab April 2000 im Zusammenhang mit dem Verdacht eines Ttungsdeliktsgegen seinen [X.] in einen Blockadezustand mit nervlicher Überbelastungverfallen, der aus rztlicher Sicht [X.] den [X.]raum April bis September 2000Prozeûunfigkeit bewirkt habe. An der Richtigkeit dieses Attestes bestehenerhebliche Zweifel.Die ausstellende Ärztin hat keine facrztliche Qualifikation [X.] die Be-urteilung des beschriebenen [X.]. Der Tod des [X.]es lag [X.] des angegebenen Blockadezustandes mehr als zwei Jahre zurck. [X.] war in der Lage, in erster Instanz seine Forderungen, mit denen ersich gegen die Klage verteidigt, in geordneter Weise vorzutragen. Er hat auchdie Berufungs[X.]ist gewahrt und auf den Hinweis des [X.]s, [X.] diein seinem weiteren Schriftsatz vom 23. August 2000 erwte [X.] nicht eingegangen sei, bereits zwei Tage sterreagiert und einfache Abschriften eines Begrsschriftsatzes vom3. August rsandt. Das spricht nicht [X.] eine Blockade im Sinnezwanghafter Unttigkeit.Der [X.] hat sich auch selbst in der Berufungsinstanz nicht aufzeitweilige Prozeûunfigkeit berufen, obwohl er sein Schreiben an den [X.] 8 -ralstaatsanwalt des [X.] vom 4. Januar 2001 damit einleitete,jetzt erkennen zu mssen, [X.] der Tod des [X.]es seine objektive Hand-lungsfigkeit erheblich beeintrchtigt habe, was sich erst in letzter [X.].Mangels rer facrztlicher Befunde aus der [X.] von April bis [X.] 2000 sieht der [X.] auch keine Mlichkeit, von Amts wegen mitsachverstiger Hilfe noch zuverlssigere [X.] die Prozeûf-higkeit des [X.]n in der genannten [X.]spanne zu gewinnen.d) Die materielle Beweislast [X.] die Prozeûunfigkeit eines [X.] Grund der Verfahrensunterbrechung [X.] § 244 ZPO trifft den [X.], der nach § 249 Abs. 1 ZPO damit einer Verwerfung des [X.]s wegen [X.]er Begrs[X.]ist entgehen will (vgl. [X.] ZPO§ 244 Nr. 1 m. Anm. Leipold).2. Eine Wiedereinsetzung des [X.]n in die abgelaufene Berufungs-begrs[X.]ist hat das Berufungsgericht zutreffend abgelehnt.a) Das Revisionsgericht hat [X.]en der Parteien [X.]. Das gilt auch [X.] die [X.]age, ob eine vorinstanzliche Prozeûerkl-rung als Antrag auf Wiedereinsetzung in die abgelaufene [X.] zu verstehen ist (vgl. [X.], [X.]. v. 27. November 1996 - [X.], NJW 1997, 1312, 1313). Ein solcher Antrag kann auch hilfsweise ge-stellt werden ([X.], [X.]. v. 27. November 1996, aaO; v. 16. Mrz 2000- VII ZB 36/99, [X.], 2280).- 9 -b) In seinem Schriftsatz vom 31. August 2000 hat der [X.] nur [X.]: "Es (ist) hier unverstlich, warum die [X.]03.08.2000 dem Gericht nicht vorliegt. Diese ist ordnungs[X.] [X.] mit der Post weggeschickt worden. Anliegend werden zwei Kopiender [X.] 03.08.2000 diesem Schreiben beigeft." DieseMitteilte [X.] die ster ausdrcklich beantragte [X.].Alle Tatsachen, die [X.] die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein [X.], mssen grundstzlich innerhalb der zweiwchigen Antrags[X.]ist vorgetra-gen werden (§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Nur erkennbar unklareoder erzungsrftige Angaben, deren Aufklrung nach § 139 ZPO ge-boten ist, rfen nach [X.]istablauf erltert oder vervollstigt werden (vgl.[X.], [X.]. v. 27. Februar 1997 - [X.], NJW 1997, 1708, 1709; v.7. Oktober 1997 - [X.], NJW-RR 1998, 778, 779; v. 5. Februar 1998- VII ZB 8/97, NJW 1998, 1498; v. 6. Mai 1999 - [X.], [X.], [X.], 2284; st. [X.].). In dem Schriftsatz des [X.]n vom31. August 2000 ist ohne jede Substantiierung nur mitgeteilt worden, die Beru-fungsbegrsei "ordnungs[X.] am 3. August 2000 mit der Post wegge-schickt worden". Was damit konkret gemeint war, [X.] sich ohne das stereVorbringen in dem Schriftsatz vom 12. Januar 2001 nebst anliegender eides-stattlicher Versicherung auch nicht ansatzweise feststellen. Denn erst dortbrachte der [X.] die notwendigen tatschlichen Ar die Post-aufgabe des [X.]: perslicher Einwurf in [X.] bezeichneten, [X.] genutzten Briefkasten, [X.] mit sichtbarer Adressierung an das Berufungsge-richt, ausreichende [X.]ankierung des Briefumschlages mit [X.] der Ansicht der Revision decken sich hiernach die [X.], die das Berufungsgericht bei Prfung des Schriftsatzes vom31. August 2000 an die Darlegung eines [X.]es gestellthat, mit der [X.]echung des [X.].c) Mit Recht hat das Berufungsgericht auch eine Wiedereinsetzung [X.] in die [X.]e [X.] von Amts wegen nach§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht in Betracht gezogen, weil es dazu keine hinrei-chende Veranlassung hatte. Denn eine solche Wiedereinsetzung des [X.] in die [X.]e [X.], welche die Revision zu [X.] gibt, tte gleichfalls vorausgesetzt, [X.] ein [X.][X.]istgerecht akten- oder offenkundig war (vgl. [X.], Urt. v. 5. Mai 1993 - [X.]/92, NJW-RR 1993, 1091, 1092 m.w.N.). Daran fehlte es, weil das [X.] dem Schriftsatz des [X.]n vom 31. August 2000 inso-weit r keine anderen Erkenntnisquellen verfte.d) Der Wiedereinsetzungsantrag des [X.]n vom 12. Januar 2001war selbst dann nach § 234 ZPO verstet, wenn man zu seinen Gunsten un-terstellt, das Hindernis sei erst am 18. Dezember 2000 im Sinne des § [X.]. 2 ZPO behoben worden. Denn [X.] aus der Mitteilung des Kam-mergerichts vom 7. Dezember 2000, die der [X.] am 18. Dezember 2000erhalten haben will, hat er erkennen mssen und tatschlich auch erkannt, [X.]die [X.] [X.] worden war. Ob der [X.] diesen- 11 -Umstand schon aus der Mitteilung des [X.]s vom 24. August 2000entnehmen muûte, wie das Berufungsgericht angenommen hat, spielt [X.] Ergebnis keine Rolle mehr.[X.] Stodolkowitz Kirchhof Fischer Raebel

Meta

IX ZR 235/01

07.03.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2002, Az. IX ZR 235/01 (REWIS RS 2002, 4193)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 4193

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