Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.03.2015, Az. B 6 KA 48/14 B

6. Senat | REWIS RS 2015, 13496

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsmittelbefugnis einer Krankenkasse wie auch der Krankenkassenverbände im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung - Bemessung des Gegenstandswerts


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 12. September 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5313,25 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Höhe der Aufwendungen, die der in einem Widerspruchsverfahren um einen Richtgrößenregress erfolgreichen Widerspruchsführerin zu erstatten sind.

2

Die Prüfungsstelle setzte gegen die als Fachärztin für Nervenheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene [X.]lägerin wegen Überschreitung des [X.] bezogen auf die verordneten Arzneimittel einen Regress in Höhe von 38 648,32 Euro fest. Dagegen legten sowohl die [X.]lägerin als auch die zu 2. und zu 3. beigeladenen [X.]rankenkassen Widerspruch ein. Dem Widerspruch der [X.]lägerin half der Beklagte insoweit ab, als er anstelle des [X.] eine Beratung festsetzte. Die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und zu 3. wies der Beklagte zurück. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wurde für notwendig erklärt.

3

Unter Zugrundelegung eines [X.] von 435 141,60 Euro und einer 2,5-fachen Geschäftsgebühr beantragte die [X.]lägerin gegenüber dem Beklagten die Erstattung von Aufwendungen für die anwaltliche Vertretung im Widerspruchsverfahren in Höhe von 8234,80 Euro. Der Beklagte setzte die der [X.]lägerin zu erstattenden Aufwendungen auf 2341,92 Euro fest und ging dabei von einer 2-fachen Geschäftsgebühr sowie einem Gegenstandswert von 43 684,32 Euro aus. Bei der Höhe des [X.] berücksichtigte er neben der Regressforderung aus dem Bescheid der Prüfungsstelle in Höhe von 38 648 Euro den Umstand, dass auch die Beigeladenen zu 2. und zu 3. Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt hatten. Da deren Widerspruchsbegründungen keine Festlegungen zur Höhe der Regressforderungen enthielten, werde der Gegenstandswert in Höhe der Regressforderung aus dem angefochtenen Bescheid der Prüfungsstelle zuzüglich des [X.] von 5000 Euro festgesetzt. Das teilweise Unterliegen der [X.]lägerin wegen der Festsetzung der Beratung berücksichtigte der Beklagte nicht und führte zur Begründung aus, dass der Anteil des Unterliegens als geringfügig zu bewerten sei.

4

Die dagegen gerichtete [X.]lage war ohne Erfolg. Auf die Berufung der [X.]lägerin änderte das [X.] die Entscheidung ab und verurteilte den Beklagten mit der Begründung zur Erstattung weiterer [X.]osten in Höhe von 579,63 Euro, dass der von der [X.]lägerin geltend gemachte [X.] von 2,5 den Rahmen des Angemessenen nicht überschreite.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der [X.]lägerin, zu deren Begründung sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 [X.]).

6

II. Die Beschwerde der [X.]lägerin hat keinen Erfolg. Soweit ihr Vorbringen den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G genügt, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet.

7

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.]. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl [X.] [X.] 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]3 mwN; [X.]-1500 § 160 [X.] Rd[X.] ). Die [X.]lärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB [X.]-1500 § 146 [X.]; [X.] 3-2500 § 75 [X.]; [X.] 3-1500 § 160a [X.]; vgl auch [X.]-4100 § 111 [X.] S 2 f; s auch [X.]-2500 § 240 [X.]3 S 151 f mwN). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl [X.]-1500 § 153 [X.] Rd[X.]3; [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.]6 RdNr 4 f; [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.]).

8

Ist ein Berufungsurteil auf mehrere Gründe gestützt, kann sich aus einer Grundsatzrüge eine [X.]lärungsbedürftigkeit nur ergeben, wenn alle Begründungen mit einer Grundsatz-, Divergenz- oder Verfahrensrüge angegriffen werden (vgl [X.] Beschluss vom 29.8.2005 - B 6 [X.]/05 B - Juris Rd[X.] mwN; [X.] Beschluss vom [X.] - B 6 [X.]/13 B - RdNr 20; [X.] Beschluss vom 13.8.2014 - B 6 [X.]/14 B - RdNr 8). Daran fehlt es hier.

9

Das [X.] hat sich zur Begründung seiner Auffassung, nach der der Gegenstandswert im Hinblick auf die Einlegung des Widerspruchs auch durch die zu 2. und zu 3. beigeladenen [X.]rankenkassen um 5000 Euro zu erhöhen sei, auf zwei voneinander unabhängige Gründe gestützt:

Zum einen hat das [X.] die Bewertung mit 5000 Euro im [X.] an die Begründung des angefochtenen Bescheides damit begründet, dass das Widerspruchsbegehren der Beigeladenen zu 2. und zu 3. unspezifisch und nicht auf eine hinreichend bestimmte höhere [X.] gerichtet gewesen sei. Zum anderen hat das [X.] dargelegt, dass der objektive Wert des Begehrens der Beigeladenen zu 2. und zu 3. nur auf den Anteil beschränkt sei, "der ihnen jeweils an der Regresssumme zustände, auch wenn ihr Widerspruch bei Erfolg nicht nur sie selbst beträfe." Der konkrete Anteil der Widerspruchsführer könne nicht ohne größeren Aufwand ermittelt werden. Dass es sich dabei nicht um die alleinige, sondern nur um eine selbständige weitere Begründung für die Bewertung des Begehrens der Beigeladenen zu 2. und zu 3. in Höhe des [X.] nach § 52 Abs 2 G[X.]G handelt, bringt das [X.] auf [X.] des Urteils mit Formulierungen wie "Zudem …" und "ist ferner auch Folge des Umstands" eindeutig zum Ausdruck.

Die von der [X.]lägerin formulierte Rechtsfrage

        

"Ist es zulässig, bei der Ermittlung des [X.] im Rahmen der [X.]ostenhöhenentscheidung nach § 63 [X.]B X nur auf die widerspruchsführende [X.]rankenkasse abzustellen, während in den Auswirkungen eines erfolgreichen Widerspruchs der [X.]rankenkassen dieser sich auf alle [X.]rankenkassen auswirkt?"

                 

zielt allein auf die zuletzt genannte, zusätzliche Begründung, auf die sich das [X.] nur ergänzend mit seiner Entscheidung gestützt hat. Im Ergebnis kommt es deshalb für die Entscheidung in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die formulierte Rechtsfrage nicht an. Damit fehlt insoweit die erforderliche Entscheidungserheblichkeit.

In der Sache hat der Senat indes Zweifel, ob der Auffassung des [X.] gefolgt werden kann, nach der es für die Ermittlung des [X.] auf die Auswirkungen allein bei der widerspruchsführenden [X.]rankenkasse ankommen soll. Gemäß § 106 Abs 5 Satz 3 [X.]B V (in der hier maßgebenden Fassung des [X.] der gesetzlichen [X.]rankenversicherung vom 14.11.2003, [X.] 2190) können neben den betroffenen Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen sowohl die einzelnen [X.]rankenkassen als auch die betroffenen [X.] sowie die [X.]assenärztlichen Vereinigungen gegen die Entscheidungen der Prüfungsstelle die Beschwerdeausschüsse anrufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hängt die Rechtsmittelbefugnis der [X.]rankenkasse wie auch der [X.] im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht davon ab, dass sie überhaupt finanziell betroffen sind ([X.]E 92, 283 = [X.] 4-2500 § 106 [X.], RdNr 22). Die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung stellt einen einheitlichen Vorgang dar, an dem die [X.]rankenkassen und ihre Verbände ein übergreifendes Interesse haben ([X.]E 60, 69, 71 = [X.] 2200 § 368n [X.], [X.], 139; [X.]-2500 § 106 [X.]8 S 98). Insofern gilt nichts anderes als für [X.](Z)[X.], die zur Anfechtung von Bescheiden der Prüfgremien bereits befugt sind, weil sie aufgrund ihrer Gesamtverantwortung für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung eine Betroffenheit in eigenen Rechten geltend machen können ([X.]E 79, 97, 99 f = [X.] 3-5545 § 23 [X.] S 3 f). Dementsprechend beschränkt sich die Wirkung des Widerspruchs, den eine [X.]rankenkasse oder ein [X.]rankenkassenverband eingelegt hat, grundsätzlich nicht auf einen Bruchteil am [X.], der der entsprechenden [X.]asse zugeordnet werden kann (zu Ausnahmen bei der Überprüfung anhand von Einzelfällen vgl [X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 22 mwN). Vielmehr wirkt der Widerspruch auch zugunsten der übrigen Beteiligten und verhindert insgesamt den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides ([X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 22; [X.]-2500 § 106 [X.]3 Rd[X.]0 mwN). Damit wäre es entgegen der Auffassung des [X.] kaum zu vereinbaren, wenn die Höhe des [X.] davon abhängig gemacht würde, mit welchem Anteil sich der Regress auf die widerspruchführenden [X.]rankenkassen auswirken könnte.

Die [X.]lägerin formuliert ferner die Rechtsfrage:

        

"Ist es bei der [X.]ostenhöheentscheidung nach § 63 [X.]B X zulässig, nach einer entsprechenden Anwendung von § 52 Abs. 2 G[X.]G gleich den Auffanggegenstandswert zu Grunde zu legen oder ist der Beschwerdeausschuss im Rahmen der Ermittlung des [X.] als Element der [X.]ostenhöheentscheidung verpflichtet, sich umfassend mit den seitens der [X.]rankenkassen übermittelten Daten hinsichtlich der Verordnungskosten auseinander zu setzen, um so den Gegenstandswert zu ermitteln, der bei der [X.]ostenhöheentscheidung zugrunde zu legen ist?"

Diese Frage ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Entgegen der der Beweisfrage zugrunde liegenden Annahme der [X.]lägerin kommt es für die Entscheidung im angestrebten Revisionsverfahren von vornherein nicht auf Ermittlungspflichten des beklagten [X.] zur Höhe des [X.] an, sondern allenfalls auf die Ermittlungspflichten des Gerichts. Dies folgt aus dem Umstand, dass der Beklagte den Gegenstandswert nicht bindend festsetzen kann, sondern dass es sich dabei nur um einen Berechnungsfaktor für die [X.]ostenfestsetzung handelt, der der uneingeschränkten gerichtlichen Prüfung unterliegt, sodass die angemessene Gebühr im Falle der Unbilligkeit der von dem Rechtsanwalt getroffenen Bestimmung vom Gericht bestimmt werden kann ([X.] [X.] 1300 § 63 [X.] f; [X.] Beschluss vom [X.] [X.]A 3/07 B - Juris Rd[X.]2). Ein Handlungsermessen steht der Behörde nicht zu ([X.] [X.] 1300 § 63 [X.]). Der Umstand, dass der Beklagte im [X.] des angefochtenen Bescheides gleichwohl eine gesonderte Festsetzung des [X.] vorgenommen hat (zur Rechtswidrigkeit vgl [X.] [X.] 1300 § 63 [X.] f; [X.] Beschluss vom [X.] [X.]A 3/07 B - Juris RdNr 20; Hellstab in von [X.]/[X.]/[X.], Die [X.]ostenfestsetzung, 20. Aufl 2011, RdNr [X.]), hat sich auf die Entscheidung des [X.] zur Höhe des [X.] erkennbar nicht ausgewirkt; vielmehr hat das [X.] diesen zu Recht als Element der [X.]ostenfestsetzung geprüft und dazu eigenständig Erwägungen angestellt.

Auch wenn davon ausgegangen würde, dass mit der formulierten Rechtsfrage Ermittlungspflichten des Gerichts angesprochen werden sollten, wäre die Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt. Wie oben bereits ausgeführt, haben der Beklagte und - ihm folgend - das [X.] die Bewertung des Begehrens der Beigeladenen zu 2. und zu 3. im Widerspruchsverfahren in Höhe des [X.] (auch) damit begründet, dass der Begründung der Widersprüche der Beigeladenen kein bezifferbares Begehren entnommen werden könne. Das [X.] hat ausgeführt, dass das Vorbringen der Beigeladenen zu 2. zwar auch dahingehend interpretiert werden könne, dass jede Anerkennung von Praxisbesonderheiten ausgeschlossen sei. Deren Stellungnahme ende aber mit dem unspezifischen Fazit, dass weitere Maßnahmen sinnvoll seien. Die Einwände der Beigeladenen zu 1. seien von vornherein auf die [X.]ritik an der Anerkennung einzelner Praxisbesonderheiten beschränkt gewesen. Unter diesen Umständen hätte die [X.]lägerin zur Begründung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage darlegen müssen, welche weiteren Ermittlungen dazu beigetragen hätten, das Begehren der Beigeladenen zu 2. und zu 3. so zu konkretisieren, dass auf dieser Grundlage der Gegenstandswert ohne Rückgriff auf den [X.] nach § 52 Abs 2 G[X.]G hätte festgesetzt werden können.

Soweit die formulierte Beweisfrage auf Ermittlungspflichten des Gerichts bezogen wird, rügt die [X.]lägerin im Übrigen der Sache nach eine Verletzung des § 103 [X.]G (Amtsermittlungsgrundsatz) und damit einen Verfahrensfehler. Darauf kann die Revisionszulassung gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G jedoch nur gestützt werden, wenn der Verfahrensfehler sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] RdNr 4; [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]4, 24, 36). Daran fehlt es hier. Einen formellen Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene [X.]läger weder in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] noch vor dem [X.] gestellt (vgl dazu [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.]5 mwN). Im Übrigen würde zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags auch gehören, dass aufgezeigt wird, über welche Punkte im Einzelnen Beweis erhoben werden sollte (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] RdNr 6).

Die [X.]lägerin formuliert die weiteren Rechtsfragen:

        

"Hat das Widerspruchsvorbringen einer den Widerspruch einlegenden [X.]rankenkasse im Rahmen der Richtgrößenprüfung (§ 106 [X.]B V) Auswirkungen auf das Element des [X.] bei der [X.]ostenhöhenentscheidung oder ist der Betrag, der über der 25%-Grenze liegt als Gegenstandswert im Rahmen der [X.]ostenhöheentscheidung zu beachten?"

und     

        

"Ist im Falle des [X.], der im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zurückgewiesen wurde, das potenzielle Risiko des betroffenen Arztes als Gegenstandswert im Rahmen der [X.]ostenfestsetzung nach § 63 [X.]B X zu Grunde zu legen oder ist das Interesse der einzelnen den Widerspruch einlegenden [X.]rankenkasse zu beachten."

Soweit sich die Frage auf das Interesse der einzelnen den Widerspruch einlegenden [X.]rankenkasse - in Abgrenzung zu den Auswirkungen, die ein erfolgreicher Widerspruch einer [X.]rankenkasse auch für andere [X.]rankenkassen haben kann - bezieht, fehlt es aus den oben genannten Gründen an der [X.]lärungsfähigkeit. Bezogen auf die Frage, ob das Widerspruchsvorbringen einer den Widerspruch einlegenden [X.]rankenkasse oder das mit der Einlegung des Widerspruchs durch eine [X.]rankenkasse begründete "potenzielle Risiko" des Arztes bei der Bemessung des [X.] zu berücksichtigen ist, fehlt es an der [X.]lärungsbedürftigkeit, weil sich die Fragen aus den Rechtsvorschriften und aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lassen:

Gemäß § 3 Abs 1 Satz 2 [X.] werden die Gebühren der Rechtsanwälte in Verfahren, in denen das G[X.]G anzuwenden ist, nach dem Gegenstandswert berechnet. Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich auch der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs 1 Satz 1 [X.] im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Gemäß § 3 Abs 2, § 23 Abs 1 Satz 3 [X.] gilt dies entsprechend für die anwaltliche Tätigkeit außerhalb des gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Die Bestimmung des [X.] richtet sich also im gerichtlichen und im außergerichtlichen Verfahren nach denselben Regeln (vgl [X.] in [X.]/[X.]roiß, [X.], 6. Aufl 2013, § 23 Rd[X.]3). Da in einem entsprechenden gerichtlichen Verfahren um einen Richtgrößenregress gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G [X.]osten nach den Vorschriften des G[X.]G erhoben würden, ist für die Bemessung des [X.] im Widerspruchsverfahren § 52 G[X.]G entsprechend heranzuziehen. Nach § 52 Abs 1 G[X.]G ist der Streitwert in Verfahren der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderen bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des [X.]lägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Wenn der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, ist gemäß § 52 Abs 3 Satz 1 G[X.]G grundsätzlich deren Höhe maßgebend. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anknüpfungspunkte, ist gemäß § 52 Abs 2 G[X.]G ein Streitwert von 5000 Euro anzunehmen (sog [X.]).

Die Beteiligten sind zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass für die Bemessung des [X.] nicht allein auf die Einlegung des Widerspruchs durch die [X.]lägerin abzustellen ist, sondern dass die Einlegung der Widersprüche auch durch die Beigeladenen zu 2. und zu 3. zu berücksichtigen ist. Zwar sieht § 63 Abs 1 [X.]B X einen Erstattungsanspruch nur vor, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Der Senat hat jedoch in ständiger Rechtsprechung in [X.] und in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei erfolglosen Widersprüchen von [X.]rankenkassen die Voraussetzungen einer analogen Anwendung anerkannt (vgl [X.]E 96, 257 = [X.] 4-1300 § 63 [X.], Rd[X.]4; [X.]E 59, 216, 217 f = [X.] 1300 § 63 [X.] f; [X.] [X.] 1300 § 63 [X.]2 S 41 f; [X.]-1300 § 63 [X.] S 29 f), weil in diesen [X.]onstellationen eine planwidrige Regelungslücke und eine Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte besteht. Daraus folgt, dass der Widerspruch einer [X.]rankenkasse auch bei der Bemessung des [X.] nicht unberücksichtigt bleiben kann. Dies kann nicht nur für den Fall gelten, dass allein eine [X.]rankenkasse Widerspruch einlegt. Vielmehr muss bei der Einlegung des Widerspruchs sowohl durch den Arzt wie durch eine [X.]rankenkasse eine mögliche Erhöhung des Gegenstandswert durch die Einlegung des Widerspruchs auch durch die [X.]rankenkasse Berücksichtigung finden.

Danach ist für die Höhe des [X.] grundsätzlich die sich aus dem Antrag des [X.] für ihn ergebende Bedeutung der Sache maßgebend. Abzustellen ist auf das wirtschaftliche Interesse des [X.] an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen ([X.]-1930 § 6 [X.] RdNr 7; [X.]-1930 § 8 [X.]. Maßgebend ist dabei der Antrag bzw - im Widerspruchsverfahren - der Inhalt des Widerspruchs einschließlich des in der Widerspruchsbegründung zum Ausdruck kommenden Begehrens. Aus den oben genannten Gründen ist in der vorliegenden [X.]onstellation neben dem Begehren der [X.]lägerin zu berücksichtigen, dass auch die zu 2. und zu 3. beigeladenen [X.]rankenkassen Widerspruch gegen den Regressbescheid der Prüfungsstelle eingelegt haben. Entgegen der Auffassung der [X.]lägerin kommt es für die Bemessung des [X.] jedoch nicht auf das dadurch bedingte "potenzielle Risiko" des Vertragsarztes an. Ein solches Risiko ließe sich auch kaum zuverlässig ermitteln. Die [X.]lägerin weist insoweit zutreffend darauf hin, dass das Verbot der reformatio in peius nicht zugunsten des Arztes eingreift, wenn nicht nur er, sondern auch [X.]rankenkassen gegen den Bescheid der Prüfungsstelle Widerspruch einlegen (vgl [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.]; [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.]; [X.]E 53, 284, 287 = [X.] 5550 § 15 [X.] S 1, 3; [X.]-2500 § 106 [X.]7 Rd[X.]4) und dass der Beschwerdeausschuss die Wirtschaftlichkeit des Arztes zu prüfen hat, ohne an die Entscheidung der Prüfungsstelle gebunden zu sein. Daraus kann aber nicht folgen, dass im Falle der Widerspruchseinlegung durch die [X.]rankenkasse ein - wie auch immer zu bemessender - fiktiver Höchstbetrag eines [X.] für die Bemessung des [X.] maßgebend sein würde. Für eine solche an einem möglichen - theoretisch denkbaren - Risiko orientierte Bewertung bietet § 52 G[X.]G keinen Anknüpfungspunkt. Ausschlaggebend bleibt nach § 52 Abs 1 G[X.]G grundsätzlich der Inhalt des Antrags. Nach der gebotenen analogen Anwendung der Regelung auf das Widerspruchsverfahren muss deshalb auf das in dem Widerspruch und dessen Begründung zum Ausdruck kommende Begehren abgestellt werden. Ebenso wie im [X.]lageverfahren auf den Antrag des [X.]lägers und im Rechtsmittelverfahren auf den Antrag des Rechtsmittelführers (vgl [X.], [X.]ostengesetze, 45. Aufl 2015, § 52 G[X.]G Rd[X.]0) - und damit ggf auch die Anträge des Beklagten oder des Beigeladenen - abzustellen ist, ist im Widerspruchsverfahren also das Begehren des den Widerspruch einlegenden Arztes sowie der den Widerspruch einlegenden [X.]rankenkassen für die Bemessung des [X.] entscheidend. Soweit zum Ausdruck gebrachte Begehren keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des [X.] bietet, ist dieser entsprechend § 52 Abs 2 G[X.]G in Höhe des [X.] von 5000 Euro festzusetzen.

Wenn - wie im vorliegenden Verfahren - sowohl die [X.]lägerin als auch [X.]rankenkassen Widerspruch gegen den Bescheid der Prüfungsstelle eingelegt haben und allein der Wert des Widerspruchs des Arztes bezifferbar ist, während der Widerspruch der [X.]rankenkassen unter Zugrundelegung ihres Vorbringens keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Bewertung bietet, dann ist der sich aus dem Widerspruch des Arztes ergebende Wert um den [X.] zu erhöhen.

Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der [X.]läger die [X.]osten des von ihm erfolglos eingelegten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher [X.]osten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl [X.]E 96, 257 = [X.] 4-1300 § 63 [X.], Rd[X.]6).

Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 G[X.]G und entspricht der Differenz zwischen den von der [X.]lägerin geltend gemachten Aufwendungen (8234,80 Euro) und dem Betrag, der der [X.]lägerin nach der Entscheidung des [X.] zusteht (2921,55 Euro).

Meta

B 6 KA 48/14 B

25.03.2015

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Potsdam, 20. März 2013, Az: S 1 KA 70/11, Urteil

§ 106 SGB 5, § 63 Abs 1 SGB 10, § 164 Abs 2 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG, § 52 Abs 1 GKG, § 52 Abs 2 GKG, § 52 Abs 3 S 1 GKG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.03.2015, Az. B 6 KA 48/14 B (REWIS RS 2015, 13496)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13496

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