Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.01.2012, Az. VI ZR 143/11

6. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9638

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Gegenstand

Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Einziehung abgetretener Mietwagenforderungen als erlaubnisfreie Rechtsdienstleistung des Mietwagenunternehmers


Leitsatz

1. Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.

2. Etwas anderes gilt, wenn die Haftung dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 13. April 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 4. November 2009. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.

2

Die Geschädigte mietete bei der Klägerin für die [X.] Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. In diesem Zusammenhang unterzeichneten die [X.] am 5./9. November 2009 eine von der Klägerin vorformulierte Erklärung "Abtretung und Zahlungsanweisung" mit folgendem Wortlaut:

"Hiermit trete ich die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, Halter und deren/dessen Haftpflichtversicherung aus dem oben genannten Schadensereignis erfüllungshalber an die … (Klägerin) ab.

Ich weise die Versicherung und gegebenenfalls den regulierenden Rechtsanwalt an, den sich aus der Fahrzeuganmietung ergebenden Schadensbetrag unmittelbar an die oben genannte Autovermietung zu zahlen und bitte darum, die Zahlungsbereitschaft kurzfristig dorthin zu bestätigen.

Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenkosten befreit, wenn die Versicherung nicht in angemessener Zeit/Höhe leistet. Zahlungen werden mit den Ansprüchen der Geschädigten verrechnet."

3

Die Klägerin übersandte das Original ihrer Rechnung über einen Betrag von 1.246,41 € an die Zedentin und eine Kopie an die Beklagte, die auf den Rechnungsbetrag 575 € erstattete. Mit der Klage macht die Klägerin die Differenz aus einem von ihr als berechtigt angenommenen Mindestbetrag von 1.147,40 € ("Normaltarif/[X.]" unter Heranziehung des [X.] unter Hinzurechnung eines Zuschlages für unfallbedingte Zusatzleistungen in Höhe von 262 €) und der gezahlten 575 €, mithin 572,40 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.

4

Das Amtsgericht ([X.], Urteil vom 5. November 2010 - 8 C 1039/10, juris) hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist ([X.], Urteil vom 13. April 2011 - 4 S 278/10), hat die Aktivlegitimation der Klägerin verneint, weil die Abtretung gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3 und 5 [X.] unwirksam sei. Die Abtretung sei auf eine Tätigkeit der Klägerin gerichtet, die eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 [X.] darstelle. Für die Erbringung einer fremden Angelegenheit spreche, dass die Forderung lediglich erfüllungshalber abgetreten worden sei. Es sei schon in der Abtretungserklärung angelegt gewesen, dass sich die Klägerin primär an den Schädiger habe halten sollen, wodurch der geschädigten Kundin Rechtsangelegenheiten abgenommen worden seien. Eine Nebenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 [X.] liege nicht vor. Die Befassung mit höchst streitigen Einzelfragen des Schadensersatzrechts gehöre nicht zum Berufs- und [X.] eines Autovermieters, der die damit in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen regelmäßig nicht selbst beurteilen könne.

II.

6

Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Abtretung ist nicht nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3 und 5 [X.] nichtig. Die von der Klägerin aufgrund der Abtretungsvereinbarung ausgeübte Tätigkeit ist jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 [X.] erlaubt.

7

1. Es kann offenbleiben, ob es sich bei der Einziehung der an die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten - wie vom Berufungsgericht angenommen - um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] handelt oder - wie die Revision meint - eine eigene Rechtsangelegenheit der Klägerin vorliegt. Auch wenn man vom Vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgeht, ist diese jedenfalls nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] erlaubt. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder [X.] des Handelnden gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Danach sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfüllt.

8

a) Die Frage, ob die Einziehung erfüllungshalber abgetretener Schadensersatzforderungen von Kunden zum Berufs- oder [X.] des Autovermieters gehört, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Nach der auch vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung besteht das Berufs- oder [X.] eines Mietwagenunternehmens in der Vermietung von Kraftfahrzeugen und beinhaltet schon mangels ausreichender Rechtskenntnisse des durchschnittlichen Autovermieters nicht die Befassung mit komplexen Rechtsfragen des Schadensersatzrechts (vgl. [X.], [X.], 131, 132; [X.], Urteil vom 16. Februar 2011 - 5 S 82/10, juris Rn. 16; [X.], [X.] 2011, 1676, 1679 f.; [X.], [X.] 2009, 114 f.; Urteil vom 3. März 2011 - 29 C 74/11-46, juris Rn. 14; [X.], [X.] 2010, 369; [X.], Urteil vom 29. Juli 2010 - 44 C 198/10, juris Rn. 43 f.; [X.], NJW-RR 2011, 323 f.; [X.], [X.] 2011, 193; [X.], NJW 2011, 3061, 3063). Eine andere Auffassung verweist darauf, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen zu den üblichen Nebenleistungen von Mietwagenunternehmen gehöre und es durchaus in einem sachlichen Zusammenhang zu der Vermietungstätigkeit stehe, wenn der Autovermieter die Berechtigung der abgerechneten Mietwagenkosten der gegnerischen Versicherung gegenüber nachweise; eine vertiefte rechtliche Prüfung sei hierbei nicht anzustellen (vgl. etwa O[X.], [X.], 556, 557 f.; [X.], Urteil vom 2. Juni 2010 - 25 [X.]/09, BeckRS 2011, 15284; [X.], NJW 2011, 1457 f.; Urteil vom 4. Mai 2011 - 9 S 334/10, juris Rn. 23; [X.], Urteil vom 12. Januar 2011 - 2 S 163/10, juris; [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 - 26 O 359/09, [X.].Nr. 94266; [X.], Urteil vom 27. Januar 2011 - 12 O 425/10, [X.].Nr. 94291; [X.], [X.]-2011, 13, 14; [X.], Urteil vom 5. November 2010 - 8 C 1039/10, juris Rn. 29; [X.], Urteil vom 25. Februar 2011 - 30 C 5629/10, juris Rn. 56; [X.], Urteil vom 26. April 2011 - 3 C 582/10, [X.].[X.]; [X.], Verkehrsrecht aktuell 2010, 168, 170; Eversloh, [X.], 2008, S. 46 f.; [X.] in [X.]/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl., § 5 [X.] Rn. 23; Kleine-Cosack, [X.], 2. Aufl., § 5 Rn. 65; [X.], 179, 183 f.; [X.], Rechtsdienstleistungen, 2008, Rn. 256; [X.]-2010, 2, 3; SVR 2011, 8, 10 f.). Einschränkend sieht eine dritte Meinung die Forderungseinziehung durch Mietwagenunternehmen nur dann als erlaubte Nebenleistung an, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten im Streit steht, wegen der darüber hinausgehenden Komplexität der Rechtslage hingegen nicht, wenn die Haftung dem Grunde nach bzw. die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen, wie z.B. Schmerzensgeldansprüche (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 - 26 O 359/09, aaO; [X.]/[X.] in [X.]/Lamm/[X.], [X.], 2009, § 5 Rn. 38; Finzel, Komm[X.], 2008, § 5 Rn. 6 f.; Krenzler/Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2010, § 5 Rn. 70 f.; [X.]/[X.], Rechtsdienstleistungsgesetz, 2009, § 5 Rn. 37 f.; Buschbell/Buschbell, [X.] Straßenverkehrsrecht, 3. Aufl., § 38 Rn. 15 f.; [X.] in 44. [X.] 2006, [X.], 201; [X.], 2008, S. 26; [X.] in Kilian/[X.]/vom [X.], [X.], 2008, § 7 Rn. 232 ff.; [X.], 6, 10 f.; [X.]/Deckenbrock, [X.], 41, 43; [X.], SVR 2011, 70).

9

b) Die letztgenannte Auffassung ist richtig und führt im Streitfall dazu, dass eine erlaubte Tätigkeit der Klägerin vorliegt. Dies entspricht dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers und den Interessen der Beteiligten.

aa) Nach der früheren Rechtslage war eine rechtsberatende Tätigkeit gemäß Art. 1 § 5 Nr. 1 [X.] zulässig, wenn kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigten, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang standen. Zu dieser Vorschrift hat der [X.] entschieden, dass ihre Voraussetzungen bei einem gewerblichen Kraftfahrzeugvermieter nicht vorliegen, weil es seine Berufstätigkeit nicht erfordert, sich geschäftsmäßig mit der Regulierung von Schadensfällen seiner Kunden zu befassen, und deshalb kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Hauptberuf gegeben ist ([X.]surteile vom 18. April 1967 - [X.], [X.], 364, 368 und vom 26. April 1994 - [X.], [X.], 950, 952). Bereits im [X.]surteil vom 26. April 1994 ([X.], aaO) hat der [X.] allerdings darauf hingewiesen, dass ein solches Vorgehen branchenüblich geworden sei und von den [X.] sogar erwartet werde, dass sie unmittelbar mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers abrechneten und ihm gegenüber die Ansprüche des Geschädigten verfolgten und durchsetzten. Für die Einschaltung des [X.] in die Verfolgung und Durchsetzung der Schadensersatzansprüche eines durch einen Verkehrsunfall Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers spreche ein starkes praktisches Bedürfnis. Die Bindung des [X.]s an das Gesetz lasse es aber nicht zu, diesem Bedürfnis durch eine die gesetzgeberische Regelung "überholende" richterliche Gesetzesauslegung Rechnung zu tragen. Es müsse vielmehr dem Gesetzgeber überlassen bleiben, die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung zu überprüfen und gegebenenfalls das Gesetz zu ändern.

bb) Der Gesetzgeber hat diese Erwägungen in § 5 [X.] aufgegriffen, der als zentrale Erlaubnisnorm für alle wirtschaftlich tätigen Unternehmen den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend den Weg für eine neue, weitere Auslegung der zulässigen Nebentätigkeit durch die Rechtsprechung eröffnen sollte. Zwar sind auch nach jetzt geltendem Recht Rechtsdienstleistungen nur erlaubt, wenn es sich um eine Nebenleistung handelt und diese zum Berufs- und [X.] des Unternehmens gehört (§ 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Im Vordergrund muss also die allgemeine, nicht rechtliche Dienstleistung stehen; die Rechtsdienstleistung darf nicht ein solches Gewicht haben, dass für sie die volle Kompetenz eines Rechtsanwalts oder die besondere Sachkunde einer registrierten Person (vgl. §§ 10 ff. [X.]) erforderlich ist. Anders als nach Art. 1 § 5 [X.] erfordert die Zulässigkeit rechtsdienstleistender Nebenleistungen nach § 5 Abs. 1 [X.] aber nicht mehr einen unmittelbaren, unlösbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, sondern setzt lediglich voraus, dass die Rechtsdienstleistungen zu der jeweiligen Haupttätigkeit gehören. Entscheidend ist, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung besteht (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, [X.]. 623/06, [X.] ff. = BT-Drucks. 16/3655, [X.] ff.).

cc) Nach diesen Grundsätzen soll nach dem Entwurf zum Rechtsdienstleistungsgesetz die Einziehung von Kundenforderungen, die einem Unternehmer, Arzt oder einer Werkstatt erfüllungshalber abgetreten wurden, grundsätzlich erlaubt sein, auch wenn sie eine rechtliche Prüfung erfordert, weil die Rechtsdienstleistung - die Einziehung der eigenen Vergütungsansprüche gegenüber einem Dritten - besonders eng mit der eigentlichen, den Vergütungsanspruch auslösenden Haupttätigkeit verbunden ist. Als ein Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit wird der Bereich der Unfallschadenregulierung, etwa bei der Geltendmachung von Mietwagenkosten, genannt, wobei häufig Streit über die Höhe der Mietwagenrechnung entstehe, insbesondere bei Zugrundelegung eines so genannten [X.]. Gerade die in einem Streitfall erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung durch den Unternehmer belege die in § 5 Abs. 1 [X.] geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung. Soweit die Rechtsprechung unter Geltung des Art. 1 § 5 [X.] ganz überwiegend daran festhalte, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur dann zulässig sei, wenn es diesem wesentlich darum gehe, die ihm durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, solle dies künftig nicht mehr gelten ([X.]. 623/06, [X.] = BT-Drucks. 16/3655, S. 53).

Allerdings hat der Regierungsentwurf hinsichtlich der Einziehung von Kundenforderungen durch Autovermieter danach differenziert, ob die betroffene Forderung dem Grunde oder lediglich der Höhe nach im Streit steht. Die Regulierung dem Grunde nach streitiger Schadensfälle soll keine nach § 5 Abs. 1 [X.] zulässige Nebenleistung der Vermietung eines Kraftfahrzeugs sein, weil die Klärung der [X.] für den Unfallgeschädigten von essentieller Bedeutung sei. Zudem gehöre die rechtliche Beurteilung von Verkehrsunfällen nicht zum Berufsbild des [X.], so dass es auch an dem erforderlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Hauptleistung fehle. Soweit ein Mietwagenunternehmen dem Unfallgeschädigten dagegen bei unstreitigem [X.] Hinweise zur Erstattungsfähigkeit der durch seine Beauftragung entstandenen Kosten erteile, soll die rechtliche Beratung des Unfallgeschädigten nach § 5 Abs. 1 [X.] zulässig sein ([X.]. 623/06, [X.] = BT-Drucks. 16/3655, S. 47).

dd) Diese Erwägungen sind bei der Auslegung der Norm zu berücksichtigen. Sie finden Niederschlag im Wortlaut des § 5 Abs. 1 [X.]. Eine andere Bewertung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb geboten, weil der im Regierungsentwurf des § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nach den Worten "zum Berufs- oder [X.]" enthaltene Satzteil "oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten" im Gesetzgebungsverfahren auf Empfehlung des Rechtsausschusses gestrichen worden ist. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung diente diese Änderung lediglich dazu, den [X.] zu straffen und möglicherweise unklare Tatbestandselemente zu vermeiden. Durch die Streichung der entbehrlichen Tatbestandselemente werde eine ausufernde Auslegung der Vorschrift, wonach rechtsdienstleistende Nebenpflichten von den Vertragsparteien willkürlich und ohne Zusammenhang mit der eigentlichen Haupttätigkeit vereinbart werden könnten, ausgeschlossen (BT-Drucks. 16/6634, [X.]). Durch die Änderung des Gesetzeswortlauts sind demnach nicht - wie das Berufungsgericht meint - die Anforderungen an erlaubnisfreie Rechtsdienstleistungen verschärft worden, sondern es sollte lediglich verhindert werden, dass die gesetzliche Erlaubnispflicht disponibel wird, indem die Möglichkeit besteht, eine an sich erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung als - dann erlaubnisfreie - Nebenleistung zu vereinbaren (vgl. [X.]/Deckenbrock, aaO; [X.], [X.]-2011, 3 f.).

ee) Nachdem im Streitfall die Haftung der Beklagten dem Grunde nach von Anfang an unstreitig war und die Beklagte die Mietwagenrechnung nach Übersendung einer Kopie der Rechnung durch die Klägerin teilweise erstattete und die geltend gemachte Forderung allein ihrer Höhe wegen angreift, liegt eine Fallgestaltung vor, in welcher der Forderungseinzug durch das Mietwagenunternehmen als Nebenleistung zum Berufs- oder [X.] der Klägerin gehört und auch bei Annahme einer Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 [X.] grundsätzlich erlaubt ist. Dies entspricht auch den Interessen der Beteiligten. Die an der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs interessierten Unfallgeschädigten gehen für den Vermieter erkennbar davon aus, dass die Mietwagenkosten von dem gegnerischen Haftpflichtversicherer, der ihnen gegenüber dem Grunde nach zu deren Übernahme verpflichtet ist, erstattet werden und sie mit der Schadensregulierung in keinem größeren Umfang behelligt werden, als unbedingt notwendig (vgl. [X.], Urteil vom 25. März 2009 - [X.], [X.], 1243 Rn. 14; O[X.], aaO). Demzufolge sind Direktabrechnungen von Autovermietern mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer weit verbreitet ([X.]surteil vom 26. April 1994 - [X.], aaO; O[X.], aaO; [X.], SVR 2011, 8, 10). Damit liegt es auch im Interesse des Vermieters, seine Tarife so zu gestalten, dass sie einerseits dem eigenen [X.] entsprechen, andererseits in der Abrechnung mit dem Haftpflichtversicherer durchgesetzt werden können. Dieses Interesse wird dadurch verstärkt, dass bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Unfall eine Aufklärungspflicht des Vermieters über mögliche Regulierungsschwierigkeiten mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer bestehen kann und dem Vermieter bei Verletzung der Aufklärungspflicht gegenüber dem Geschädigten unter Umständen nur der Betrag zusteht, der in einem Rechtsstreit mit dem Haftpflichtversicherer als nach § 249 Abs. 2 BGB erforderlich angesehen wird (vgl. [X.], Urteil vom 25. März 2009 - [X.], aaO, Rn. 13 ff. mwN).

Schon im Hinblick darauf muss sich der Autovermieter - auch rechtliche - Kenntnisse hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Rechnungen aneignen, wenn es sich um die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Unfall handelt. Es ist - auch im Streitfall - nicht ersichtlich, dass sich dann bei der nach einer Abtretung erfolgten Geltendmachung einer dem Grunde nach unstreitigen Forderung regelmäßig komplexe juristische Fragen stellten, die darüber hinausgehende Rechtskenntnisse erforderten. Die Höhe des Mietpreises ist nach § 287 ZPO von dem insoweit besonders frei gestellten Tatrichter zu schätzen, der dabei auf regelmäßig zu Grunde gelegte Listen oder Tabellen zurückgreifen kann (vgl. [X.]surteil vom 12. April 2011 - [X.], [X.], 769 Rn. 16 ff. mwN).

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Einziehung der Forderung auch nicht nach § 4 [X.] unzulässig. Nach § 4 [X.] dürfen Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Eine solche Gefährdung besteht bei der hier vorliegenden Einziehung einer Forderung nicht (vgl. [X.] SVR 2011, 8, 12).

2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Abtretung auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (vgl. [X.]surteil vom 7. Juni 2011 - [X.], [X.], 1008 Rn. 6 mwN). Dies ist der Fall, weil nur die Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurden und für die Klägerin auch hinreichend deutlich ist, unter welchen Umständen sie durch die Abtretung nicht von einer Verpflichtung zur Zahlung befreit wird. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich. Die - nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] erlaubte - Geschäftspraxis der Klägerin weicht auch nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

3. Da die Abtretung mithin wirksam ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil es - nach seiner rechtlichen Bewertung folgerichtig - keine Feststellungen zur von der Beklagten bestrittenen Anspruchshöhe getroffen hat (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Galke                                                  Wellner                                               Pauge

                           [X.]                                                    von [X.]

Meta

VI ZR 143/11

31.01.2012

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Stuttgart, 13. April 2011, Az: 4 S 278/10

§ 5 Abs 1 S 1 RDG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.01.2012, Az. VI ZR 143/11 (REWIS RS 2012, 9638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9638

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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