Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2005, Az. XI ZB 41/04

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3732

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS [X.] ZB 41/04
vom 3. Mai 2005

in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]

am 3. Mai 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den [X.] des [X.] vom 15. November 2004 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert beträgt 942.954,57 •.

Gründe:
[X.]

Die Klägerin wendet sich mit einer Vollstreckungsgegenklage ge-gen die Zwangsvollstreckung aus zwei notariellen Urkunden und begehrt die Feststellung, daß aus sechs von ihr erteilten Bürgschaften keine [X.] bestehen sowie die Herausgabe der betreffenden [X.]. Das [X.] hat die Klage teilweise abgewiesen. Das Ur-teil ist den [X.]n der Klägerin am 13. August 2004 zu-gestellt worden.
- 3 - Erst am 28. September 2004 hat die Klägerin eine auf den 7. September 2004 datierte Berufungsschrift eingereicht und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Be-rufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, die verfristete Einreichung der Berufungsschrift beruhe auf einem Versehen der gut ausgebildeten und stets zuverlässigen Angestellten [X.]ihres [X.]n. Ihr [X.]r habe am 7. September 2004 den [X.] unterschrieben, bevor er die Kanzlei verlassen habe, um nach [X.]zu fliegen. Er habe zuvor die Rechtsanwaltsgehilfin [X.]mündlich angewiesen, den [X.] noch am selben Tag an das [X.] zu faxen und sodann in die normale Geschäftspost zu geben. Noch in seinem [X.] habe Frau [X.]sowohl im Computer als auch im Terminska-lender die Berufungsfrist als erledigt gestrichen. Auf seinen Anruf am 8. September 2004 habe Frau [X.]bestätigt, daß die Berufungs-angelegenheit der Klägerin erledigt sei. Tatsächlich habe Frau [X.]den [X.] in einer parallel kopierten Akte abgelegt und weder das Fax abgesandt noch den Schriftsatz in die normale Ge-schäftspost gegeben.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag als unbe-gründet zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Berufungsfrist sei durch ein Verschulden des [X.]n der [X.] worden, das diese sich zurechnen lassen müsse. Ein Prozeßbe-vollmächtigter habe sicherzustellen, daß Fristen erst mit Erledigung der fristwahrenden Handlung gelöscht würden. Bei Übermittlung per Telefax dürften Notfristen erst nach Kontrolle des [X.] im [X.] - lender gestrichen werden. Hiergegen habe Frau [X.]

verstoßen, da sie die Berufungsfrist im Computer und im Kalender als erledigt gestri-chen habe, obwohl weder die Telefaxübermittlung stattgefunden hatte noch der Schriftsatz zur normalen Geschäftspost gegeben worden war. Da der [X.] selbst Augenzeuge der Löschung der Be-rufungsfrist im Computer und im Kalender gewesen sei, entlaste ihn nicht, daß Frau [X.]eine gut ausgebildete und als zuverlässig er-probte Fachkraft sei.

I[X.]

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbe-schwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden [X.] gewahrt sein müssen (vgl. Senat, Beschluß vom 9. November 2004 - [X.] ZB 6/03, [X.], 72 f. m.w.Nachw. zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Kläge-rin ist eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht erfor-derlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs vor noch verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschut-zes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. [X.] 77, 275, 284; [X.] NJW 2003, 281).
- 5 - Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde weicht die angegrif-fene Entscheidung von der Rechtsprechung des [X.] zum Verschulden eines [X.]n bei Vorliegen einer konkreten [X.] nicht ab. Allerdings ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Re-gelungen für die Fristwahrung nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Frist-wahrung sichergestellt hätte (vgl. Senatsbeschluß vom 26. September 1995 - [X.] ZB 13/95, NJW 1996, 130; [X.], Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 935 m.w.Nachw. und vom 29. Juli 2004 - [X.], [X.]-Report 2005, 44, 45 f.). Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des [X.] aber dann, wenn die [X.] nicht die bestehende Organisation außer [X.] setzt, son-dern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während [X.] ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. Besteht die [X.] nur darin, die sofortige Übermittlung per Telefax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen ([X.], [X.] vom 23. Oktober 2003 - [X.], [X.], 367, 369). So liegt der Fall hier.

Der [X.] der Klägerin hat der Angestellten [X.]

lediglich konkret aufgetragen, die von ihm in ihrer Gegenwart unterzeichnete Berufungsschrift per Telefax an das [X.] zu senden und in die normale Geschäftspost zu geben. Diese [X.] machte eine Kontrolle der Faxübermittlung anhand des (ausge-druckten) [X.] ebenso wenig entbehrlich wie eine (allgemeine) Anweisung, Fristen im [X.] erst dann mit einem [X.] 6 - vermerk zu versehen, wenn die fristwahrende Handlung tatsächlich er-folgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist ([X.], Beschluß vom 9. September 1997 - [X.], NJW 1997, 3446, 3447 m.w.Nachw.). Daß in der Kanzlei des [X.]n der Klägerin eine allgemeine Anweisung an die Angestellten existierte, eine Frist erst nach Kontrolle des Faxsende-berichts bzw. Ablage des versandfertigen fristwahrenden Schriftsatzes im [X.] zu streichen, ist nicht vorgetragen. Das Verhalten der Angestellten [X.] , die die Berufungsfrist im Beisein des [X.] der Klägerin bereits mit Unterzeichnung der [X.] gelöscht hat, spricht eher gegen die Existenz einer solchen Anweisung. Selbst wenn sie existiert haben sollte, läßt sich ein [X.] des [X.]n der Klägerin nicht verneinen. Er hätte nämlich das weisungswidrige Verhalten der Angestellten [X.]beanstanden und die sofortige Löschung der Berufungsfrist im Fristenka-lender unterbinden müssen. Es entlastet ihn auch nicht, daß er am [X.] Tag anrief und nachfragte, ob die [X.] der Klägerin er-ledigt sei. Dieser Anruf war als wirksame Fristenkontrolle nicht geeignet und die Auskunft der Angestellten nicht hinreichend zuverlässig (vgl. [X.] vom 4. Oktober 2000 - [X.] ZB 9/00, [X.]R ZPO § 233 [X.] 6), weil eine zuverlässige Fristenkontrolle mit Wissen des [X.]n zuvor außer [X.] gesetzt worden war. - 7 - Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] [X.] Joeres

Wassermann

Ellenberger

Meta

XI ZB 41/04

03.05.2005

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2005, Az. XI ZB 41/04 (REWIS RS 2005, 3732)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3732

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