Bundessozialgericht, Urteil vom 20.12.2018, Az. B 3 KR 2/17 R

3. Senat | REWIS RS 2018, 95

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Gegenstand

Krankenversicherung - Heilmittelversorgung - in Einzelpraxis tätiger Leistungserbringer (hier: Ergotherapeutin) - Erweiterung der Zulassung um eine Fachkraft, die ausschließlich Hausbesuche durchführen soll - Fehlen eines zusätzlichen Behandlungsraums


Leitsatz

Die Erweiterung der Zulassung eines in Einzelpraxis tätigen Heilmittelerbringers um eine Fachkraft darf nicht mangels eines dafür vorzuhaltenden zusätzlichen Behandlungsraums abgelehnt werden, wenn die Fachkraft ausschließlich Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden erbringen soll.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13. Mai 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verpflichtungsausspruch aufgehoben und stattdessen festgestellt wird, dass die Beklagte einer Zulassungserweiterung nicht entgegenhalten darf, dass die Klägerin Leistungen der Ergotherapie durch eine für sie tätige Fachkraft erbringen möchte, die die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine zur Führung der Berufsbezeichnung Ergotherapeut/in berechtigende Erlaubnis besitzt und die im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden ausschließlich im Rahmen von Hausbesuchen tätig wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erweiterung einer Zulassung im Bereich der Ergotherapie.

2

Die Klägerin ist Ergotherapeutin und betreibt seit 2011 eine zugelassene Einzelpraxis zur Erbringung von ergotherapeutischen Leistungen der Krankenversicherung allein durch sie persönlich. Die Praxis hat eine Gesamtnutzfläche von 46 qm und umfasst einen Behandlungsraum von 21,5 qm sowie einen weiteren Raum von 9,2 qm. Den Antrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Zulassung zum Einsatz eines freien Mitarbeiters/einer freien Mitarbeiterin, der/die im Umfang von 20 Wochenstunden ausschließlich Hausbesuche durchführen solle, lehnte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Krankenkassen-Landesverband ab (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 3.12.2013): Nach den einschlägigen Zulassungsempfehlungen sei zusätzlich zur [X.] von mindestens 30 qm für jede zusätzlich gleichzeitig tätige Fachkraft ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm vorzuhalten. Eine reine "Hausbesuchstätigkeit" sei zulassungsrechtlich nicht vorgesehen. Dies ergebe sich auch aus der Einbindung der Leistungserbringer in den Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen.

3

Das [X.] hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, weil eine Zulassung nebenbestimmungsfeindlich und in den Praxisräumen der Klägerin eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung durch eine weitere Fachkraft nicht gewährleistet sei (Urteil vom 3.6.2015).

4

Auf die Berufung der Klägerin hat das L[X.] dieses Urteil aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß zur Zulassungserweiterung verpflichtet: Die Zulassung sei nicht nur an eine bestimmte Person, sondern auch an bestimmte Räumlichkeiten gebunden. Anforderungen an die Größe der Räumlichkeiten zur Gewährleistung einer zweckmäßigen Leistungserbringung seien zwar grundsätzlich mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar. Die Forderung der Beklagten nach einem weiteren Therapieraum von 12 qm für jede "zusätzliche gleichzeitig tätige Fachkraft" greife hier jedoch nicht, denn die Klägerin beabsichtige, die weitere Fachkraft ausschließlich mit Hausbesuchen zu beauftragen, sodass diese Person in den Praxisräumen gar nicht tätig wäre. Einem Heilmittelerbringer könne aber nicht das Bereithalten eines [X.] abverlangt werden, der nie benutzt werde. Lediglich der Zugelassene selbst bzw die fachliche Leitung der Praxis müsse grundsätzlich ganztägig als Behandler in der Praxis zur Verfügung stehen. Die begehrte Zulassungserweiterung einschließlich der Beschränkung auf Hausbesuche sei keine Nebenbestimmung iS von § 32 Abs 1 [X.]B X, sondern eine zulässige Bestimmung des Inhalts der Zulassung (Urteil vom 13.5.2016).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 32 Abs 1 [X.]B X sowie § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 [X.]B V iVm Art 12 GG. Das Begehren der Klägerin nach einer auf Hausbesuche beschränkten Zulassung stehe im Widerspruch zu § 124 [X.]B V. Wegen der Nebenbestimmungsfeindlichkeit von Zulassungen könne die Tätigkeit der avisierten weiteren Fachkraft innerhalb der Praxisräume von den Zulassungsgremien nicht verhindert werden. Nur in den konkreten Praxisräumen seien die besten Voraussetzungen zur Heilmitteltherapie gegeben, sodass grundsätzlich in diesen Räumen eine Behandlung möglich sein müsse. Das sei hier nach den räumlichen Verhältnissen aber nicht gewährleistet. Die Einstellung von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen nur für Hausbesuche berge zudem die Gefahr der Auslagerung von Praxistätigkeiten, was mit einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung unvereinbar sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 13. Mai 2016 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2015 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13. Mai 2016 zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass unter Aufhebung des Verpflichtungsausspruchs des [X.] stattdessen festgestellt wird, dass die Beklagte einer Zulassungserweiterung nicht entgegenhalten darf, dass sie (die Klägerin) Leistungen der Ergotherapie durch eine für sie tätige Fachkraft erbringen möchte, die die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine zur Führung der Berufsbezeichnung Ergotherapeut/in berechtigende Erlaubnis besitzt und im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden ausschließlich im Rahmen von Hausbesuchen tätig wird.

8

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

[X.]ie zulässige Revision der Beklagten ist in der Sache im Wesentlichen unbegründet; allerdings war der Urteilsspruch des [X.] in einen Feststellungstenor zu ändern.

1. [X.]ie Beklagte kann nicht verpflichtet werden, die Zulassung der Klägerin bereits jetzt um eine zusätzliche Fachkraft zu erweitern, ohne dass diese Fachkraft persönlich benannt ist. [X.]enn die Zulassung erfolgt grundsätzlich personen- und praxisbezogen (vgl [X.]-2500 § 124 [X.] Rd[X.]8). [X.]as Vorliegen der Voraussetzungen einer Zulassung nach § 124 Abs 2 [X.]B V muss vor ihrer Erteilung - jedenfalls (wie hier) beim erstmals neu vorgesehenen Einsatz von ergotherapeutischen Hilfskräften - grundsätzlich bezogen auf die konkret tätig werdenden Personen und die konkrete Praxisausstattung geprüft werden. [X.]as gilt nicht nur für den die Praxis betreibenden Zulassungsinhaber selbst. Vielmehr müssen für alle in der Praxis zur Erbringung von Heilmitteln tätigen Personen die Voraussetzungen nach § 124 Abs 2 S 1 [X.] nachgewiesen sein. [X.]ie Beklagte als für die Erteilung der Zulassung zuständige Institution muss insoweit die Möglichkeit haben, im Vorfeld zu prüfen, ob die zur Leistungserbringung vorgesehene Person die erforderliche Ausbildung und eine zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt. [X.]ies lässt sich auch § 124 Abs 2 S 2 [X.]B V entnehmen. [X.]a die Klägerin der Beklagten eine solche konkrete Person (noch) nicht benannt hat, kam mangels "Entscheidungsreife" als sachgerechter Antrag - neben dem Begehren auf Aufhebung der angefochtenen abschlägigen Entscheidung der Beklagten - nur ein Feststellungsantrag in Betracht bzw bezogen auf die Urteilsformel nur ein Feststellungstenor.

2. Im Umfang der im Revisionsverfahren hilfsweise beantragten Feststellung, dass eine Zulassungserweiterung für eine zusätzliche Fachkraft, die in dem vorgesehenen Umfang ausschließlich Hausbesuche erbringt, nicht mangels eines weiteren [X.] abgelehnt werden darf, ist die Klage zulässig (hierzu a) und begründet (hierzu b). [X.]eshalb ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

a) [X.]er Wechsel von der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage stellt nach § 99 Abs 3 [X.] [X.] bei materiell unverändert gebliebenem Klagegrund keine im Revisionsverfahren nach § 168 S 1 [X.] ausgeschlossene Klageänderung dar. Vielmehr hätte bereits im Berufungsverfahren erwogen werden können, insoweit auf eine entsprechende Antragstellung hinzuwirken (vgl § 106 Abs 1 [X.]).

[X.]) An der begehrten Feststellung iS von § 55 Abs 1 [X.] [X.] hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse. [X.]ie Klägerin benötigt für den Einsatz einer freien Mitarbeiterin eine Zulassungserweiterung, denn sie verfügt bisher lediglich über eine ausschließlich sie selbst zur persönlichen Leistungserbringung berechtigende Zulassung. [X.]ie Klägerin ist nicht auf die - zwar grundsätzlich vorrangige - Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu verweisen, denn sie kann unternehmerische Entscheidungen in diesem Zusammenhang zumutbar erst treffen, wenn die [X.] grundsätzlich geklärt ist. [X.]er Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung zur freien Mitarbeit mit einer bestimmten Fachkraft ist bei noch ungeklärter [X.] nicht zumutbar (vgl zum Feststellungsinteresse im Leistungserbringungsrecht für Heilmittel allgemein zB [X.]-2500 § 125 [X.] Rd[X.] f), und es ist zudem zu erwarten, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt ist (vgl dazu zB [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 55 Rd[X.]9c mwN).

[X.]) Bei der Feststellung, dass die Beklagte einer Zulassungserweiterung nicht entgegenhalten darf, dass die Klägerin auf Hausbesuche beschränkte Leistungen der Ergotherapie durch eine für sie tätige Fachkraft in dem genannten Umfang erbringen möchte, handelt es sich auch nicht um eine dem [X.] zwischen den Beteiligten zuzuordnende Entscheidung, die mit vertraglichen Mitteln zu klären wäre. [X.]ie Beklagte ist vielmehr befugt, einseitig durch Verwaltungsakt über die Berechtigung der Klägerin zu entscheiden, auf Hausbesuche im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden beschränkte Leistungen durch eine freie Mitarbeiterin zu erbringen. Es geht dabei nämlich nicht lediglich - wie beim Streit über den Inhalt einer [X.] bezüglich bestimmter, zusätzliche Qualifikationen erfordernde Leistungen - um Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die in Rahmenverträgen nach § 125 Abs 2 S 1 [X.]B V zu regeln sind (vgl dazu ausführlich [X.]-2500 § 124 [X.] Rd[X.]0 f, 14; sowie [X.], 286 = [X.]-2500 § 125 [X.], Rd[X.]3 unter Hinweis auf [X.]-2500 § 125 [X.] Rd[X.]1). Es geht vielmehr um die Frage, ob die Klägerin auch dann noch über eine die zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistende Praxisausstattung iS von § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V verfügt, wenn sie eine weitere Fachkraft im Rahmen von Hausbesuchen einsetzt. [X.]ass die Beklagte hierüber einseitig durch Verwaltungsakt entscheiden darf, ergibt sich aus § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V.

[X.]) Vor diesem Hintergrund steht der begehrten Feststellung - entgegen der Ansicht der Beklagten und des [X.] - auch § 32 Abs 1 [X.]B X nicht entgegen. [X.]anach darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Ein Ausschlussgrund ist insoweit nicht erkennbar. [X.]ie Beschränkung auf Hausbesuche soll nämlich gerade sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung in Bezug auf die Anforderungen an eine hinreichende ergotherapeutische Praxisausstattung nach § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V erfüllt werden bzw erfüllt bleiben. Es handelt sich daher bei einer entsprechenden Zulassungsbeschränkung um eine § 32 Abs 1 [X.]B X nicht entgegenstehende Bestimmung des Inhalts der Zulassung.

b) [X.]as [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die von der Klägerin begehrte Zulassungserweiterung für die zusätzliche Tätigkeit einer in freier Mitarbeit eingesetzten Fachkraft, die ausschließlich Hausbesuche in dem vorgesehenen Umfang erbringt, nicht mangels eines fehlenden [X.] abgelehnt werden darf (im Übrigen zur Möglichkeit des Einsatzes freier Mitarbeiter bei der Heilmittelabgabe vgl B[X.] [X.]-2500 § 124 [X.]). [X.]enn selbst die Zulassungsempfehlungen des [X.] verlangen einen zusätzlichen Behandlungsraum für jede neben dem Zulassungsinhaber tätige Fachkraft lediglich dann, wenn diese zeitgleich in der Praxis tätig wird (hierzu [X.]). [X.]ie [X.] Voraussetzungen der Zulassung von Heilmittelerbringern dürfen den [X.] nicht über die gesetzlichen Anforderungen hinaus unverhältnismäßig einschränken (hierzu [X.]). Eine andere Auslegung in Bezug auf die Anforderungen an die Praxisausstattung scheidet daher sowohl im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung aus (hierzu [X.]) als auch im Hinblick auf die durch Art 12 Abs 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit (hierzu [X.]).

[X.]) [X.]er [X.] (vgl § 217a [X.]B V) hat in der "Zulassungsempfehlung nach § 124 Abs. 4 [X.]B V für Heilmittelerbringer" (in der zur [X.] der Beklagten geltenden Fassung vom [X.] - mit Wirkung ab 1.3.2012 und insoweit inhaltlich unverändert in der aktuellen, ab 1.12.2018 geltenden Fassung vom 26.11.2018) die Anforderungen an eine die zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistende Praxisausstattung iS von § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V konkretisiert. [X.]anach muss die [X.] mindestens in einem Raum 12 qm umfassen, und für jede - neben dem Zulassungsinhaber selbst - "zusätzliche gleichzeitig tätige Fachkraft" ist ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm erforderlich (Teil 2, Abschnitt [X.] Ergotherapie, 2. Praxisausstattung idF vom [X.] sowie idF vom 26.11.2018).

[X.]as Kriterium "zusätzlich und gleichzeitig" im Sinne der Zulassungsempfehlungen bedeutet der Sache nach, dass die weitere Fachkraft zur gleichen Zeit in der gleichen Praxis Heilmittel erbringt. Inzwischen stellt die aktuelle Fassung der Zulassungsempfehlung insoweit ausdrücklich klar, dass die Vorhaltung weiterer Behandlungsräume für zusätzlich gleichzeitig tätige Therapeuten nicht erforderlich ist, wenn sich die Arbeitszeiten der Therapeuten nicht überschneiden (vgl Teil 1, 8.9 der Zulassungsempfehlung idF vom 26.11.2018). Bei Hausbesuchen findet ebenfalls keine gleichzeitige Leistungserbringung in der Praxis statt, selbst wenn sich die Arbeitszeiten überschneiden.

[X.]) [X.]ie Zulassung von Heilmittelerbringern (§ 124 Abs 5 [X.]B V) bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats (so zuletzt ausdrücklich [X.]-2500 § 124 [X.], insbesondere Rd[X.]8; vgl zur Raumhöhe auch B[X.]E 78, 125 = [X.]-2500 § 124 [X.]) neben der Person des Heilmittelerbringers auch auf das konkrete Unternehmen und die jeweilige Betriebsstätte. Sie ist also nicht nur personen-, sondern auch praxisbezogen, denn sie setzt nach § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V eine Praxisausstattung voraus, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet. [X.]iese ausdrückliche gesetzliche Normierung zeigt, dass den sachlichen, [X.] Voraussetzungen an die Ausstattung der Praxisräume bei der Zulassungsentscheidung durch die Behörde nicht weniger Gewicht zukommt, als den in § 124 Abs 2 S 1 [X.] aufgestellten persönlichen Voraussetzungen.

Untergesetzliche Regelungen, wie die einseitig vom [X.] gemäß § 124 Abs 4 S 1 [X.]B V erlassenen Zulassungsempfehlungen oder vertragliche Vereinbarungen, wie Rahmenempfehlungen zur Versorgung mit Heilmitteln nach § 125 Abs 1 [X.]B V oder weitere Verträge nach § 125 Abs 2 [X.]B V sind an diesen gesetzlichen Vorgaben zu messen (vgl hierzu bereits B[X.] [X.]-2500 § 124 [X.] S 39 f). Sie dürfen daher einen gesetzlich gegebenen [X.] nicht unverhältnismäßig einschränken, sondern die gesetzlichen Vorgaben lediglich konkretisieren. [X.]eshalb dienen die Zulassungsempfehlungen des [X.] nach § 124 Abs 4 [X.]B V ausschließlich der einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs 2 [X.]B V. Anforderungen an die Praxisausstattung, die im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung iS des § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V nicht erforderlich sind, sind von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckt.

[X.]) Vor diesem Hintergrund sind die Zulassungsempfehlungen - anders als die Beklagte meint - nicht so auszulegen, dass ein weiterer Therapieraum für jede Fachkraft vorzuhalten ist, unabhängig davon, welche Leistungen sie erbringt. Eine generelle Ablehnung der Zulassungserweiterung mit dem Argument, es dürfe nicht nach einzelnen Leistungen unterschieden werden, ist nicht statthaft. Unterscheidungen zwischen verschiedenen Leistungen sind - jedenfalls auf [X.] der [X.] - beispielsweise auch dann erforderlich, wenn [X.] nur für bestimmte Leistungen bestehen. Solche Unterschiede rechtfertigen es nicht, die Leistungserbringung generell nur unter den erhöhten Anforderungen zuzulassen.

Eine ergotherapeutische Fachkraft, die ausschließlich Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen erbringt, wird faktisch nicht (zeitgleich) in der Praxis tätig. Im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung iS des § 124 Abs 2 S 1 [X.] [X.]B V ist das Vorhalten eines weiteren [X.] für eine Fachkraft, die ausschließlich Hausbesuche erbringt, nicht erforderlich. Ein Zusammenhang zwischen der Anzahl und Größe der in der Praxis vorgehaltenen Behandlungsräume und der Qualität oder Wirtschaftlichkeit von Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen ist nicht erkennbar. Weder wirkt sich ein zusätzlicher Behandlungsraum erkennbar auf die Qualität der in der Praxis selbst erbrachten ergotherapeutischen Leistungen aus, noch auf die außerhalb der Praxis im Hausbesuch erbrachten Behandlungen.

[X.]ie von der Beklagten für ihre gegenteilige Position ins Feld geführte Gefahr einer unzweckmäßigen und unwirtschaftlichen Verlagerung der Leistungserbringung aus den Praxisräumen heraus auf Hausbesuche sieht der erkennende Senat nicht. Zum einen entscheidet nicht der Leistungserbringer selbst darüber, wo die Behandlung zu erbringen ist, vielmehr dürfen Hausbesuche ohnehin nur auf ausdrückliche ärztliche Verordnung erbracht werden (vgl § 3 Abs 1, § 11 der Heilmittel-Richtlinie des [X.]). [X.]arüber hinaus trägt gerade der von der Klägerin angestrebte Einsatz eines freien Mitarbeiters/einer freien Mitarbeiterin dem Umstand Rechnung, dass Anzahl und Umfang solcher Verordnungen im Vorfeld schwer zu kalkulieren sind. Sollten Hausbesuchsverordnungen nicht oder nur im geringen Umfang anfallen, läuft die erweiterte Zulassung sowieso ganz oder weitgehend ins Leere.

Im Hinblick auf die Sicherstellung einer wirksamen und wirtschaftlichen ambulanten Heilmittelversorgung bietet der von der Klägerin geplante Einsatz einer zusätzlichen Fachkraft für die Leistungserbringung im Rahmen von Hausbesuchen schließlich sogar Vorteile: Sowohl nach den Zulassungsempfehlungen des [X.], als auch nach den [X.] nach § 125 Abs 1 [X.]B V der Partner auf Bundesebene und nach dem zwischen der Beklagten und dem [X.] nach § 125 Abs 2 [X.]B V hat der Leistungserbringer bzw der fachliche Leiter als Behandler grundsätzlich ganztägig persönlich in seiner Praxis zur Verfügung zu stehen oder die Behandlung anderweitig sicherzustellen. [X.]iese Präsenzpflicht dient der ganztägigen Erreichbarkeit und Sicherstellung der Versorgung der Versicherten. Zwar sind Hausbesuche hiervon ausdrücklich ausgenommen; dennoch wird der Zweck weitergehend verwirklicht, wenn die Hausbesuche durch eine zusätzliche Fachkraft abgedeckt werden. Zudem sahen sich die Partner dieser Vereinbarung und der [X.] nach § 125 Abs 1 [X.]B V veranlasst, ausdrücklich zu regeln, dass vertragsärztlich verordnete Hausbesuche vom nächstliegenden Heilmittelerbringer nicht abgelehnt werden dürfen. [X.]as fördert nicht eine Verlagerung der Leistungserbringung auf Hausbesuche, sondern spricht eher dafür, dass die Gefahr einer Unterversorgung im Bereich der Hausbesuche gesehen wurde.

[X.]ie von der Beklagten "befürchteten" Wettbewerbsvorteile von Praxen, die Hausbesuche ohne die Vorhaltung eines weiteren [X.] durch eine zusätzliche Fachkraft erbringen lassen, können dem Begehren der Klägerin nicht entgegenstehen. [X.]ie Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung wird nämlich allenfalls eher günstig beeinflusst, wenn vorhandene Ressourcen optimal genutzt werden.

[X.]er Senat hat schließlich nicht darüber zu entscheiden, ob Leistungserbringer zuzulassen wären, die über gar keine Behandlungsräume verfügen und ausschließlich Hausbesuche erbringen möchten oder die bei geringer Anzahl von Präsenzkräften und Behandlungsräumen gleich mehrere Fachkräfte ausschließlich für Hausbesuche einsetzen möchten. [X.]enn eine solche Konstellation besteht jedenfalls nicht, wenn - wie hier - eine für die Zulassungsinhaberin allein hinreichende Praxisausstattung vorhanden ist und der Umfang der auf Hausbesuche beschränkten Tätigkeit der weiteren Fachkraft auf 20 Wochenstunden begrenzt ist.

ee) Eine vom Vorstehenden abweichende Auslegung der Bestimmungen über die räumlichen Mindestanforderungen ergotherapeutischer Praxen scheidet auch unter Berücksichtigung von Art 12 Abs 1 GG aus. [X.]ie Berechtigung von Leistungserbringern, an der Versorgung der Versicherten der [X.] teilzunehmen und Leistungen im gesetzlich vorgesehenen Umfang und entsprechender Qualität zulasten der [X.] erbringen zu dürfen, steht unter dem Schutz der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG (vgl dazu nur [X.] 11, 30 = SozR [X.]5 zu § 368a RVO; [X.] 25, 236 = [X.] zu Art 3 GG; B[X.] [X.]-2500 § 124 [X.] Rd[X.]5). [X.]abei schränken Anforderungen an die Praxisräume als Regelungen zur Qualitätssicherung den Heilmittelerbringer zwar nicht schon in seiner Freiheit zur Berufswahl ein, sondern erst in seiner Berufsausübungsfreiheit. Nach der vom [X.] zur Berufsfreiheit entwickelten Stufentheorie ([X.] 7, 377, 404 ff ) ist der Rechtfertigungsbedarf nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit für [X.] geringer als für [X.] (vgl zum Ganzen zuletzt zB B[X.] Urteil vom 16.3.2017 - B 3 KR 14/16 R - Juris RdNr 31 mwN = [X.] 2017, 705). [X.] sind danach bereits zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden, das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist ([X.] 30, 292, 316 ff; 68, 272, 282 ff; 71, 183, 198 ff; 93, 362, 369 ff). Für die Forderung nach einem weiteren Therapieraum zum Einsatz einer ergotherapeutischen Fachkraft, die lediglich Leistungen im vorgesehen Umfang durch Hausbesuche erbringt, bestehen jedoch ausgehend von den obigen Erwägungen (siehe unter [X.]) keine erkennbaren hinreichenden Gemeinwohlgründe.

ff) [X.]ie Praxis der Klägerin ist nach den aufgezeigten Anforderungen der Zulassungsempfehlungen räumlich hinreichend ausgestattet. Ein weiterer Therapieraum in der erforderlichen Mindestgröße ist von der Klägerin für den Einsatz einer weiteren Fachkraft, die lediglich Hausbesuche erbringt, nicht vorzuhalten.

3. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 [X.] iVm § 154 Abs 2 VwGO; diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 [X.] iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 3 KR 2/17 R

20.12.2018

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Ulm, 3. Juni 2015, Az: S 13 KR 42/14, Urteil

§ 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB 5 vom 03.04.2003, § 124 Abs 4 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 124 Abs 5 SGB 5 vom 26.03.2007, § 125 Abs 1 SGB 5, § 125 Abs 2 SGB 5, Art 12 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.12.2018, Az. B 3 KR 2/17 R (REWIS RS 2018, 95)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 95

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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