Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2010, Az. 4 AZR 1023/08

4. Senat | REWIS RS 2010, 5068

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Gegenstand

Zum Zustandekommen eines Firmentarifvertrags - Zugang der Annahmeerklärung in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform - Wach- und Sicherheitsgewerbe Hamburg


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2008 - 3 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] des [X.] gegen die Beklagte und in diesem Zusammenhang über das wirksame Zustandekommen eines Haustarifvertrages sowie die Weitergeltung tariflicher Regelungen nach einem Betriebsübergang.

2

Der Kläger, Mitglied der [X.] ([X.]), war zunächst bei der Rechtsvorgängerin der [X.], der [X.] Flug- und Industriesicherheit Service- und [X.] ([X.]), auf Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 16. Juni 2006 beschäftigt. In dessen § 17 Satz 1 heißt es, dass „zusätzliche, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien betreffende Regelungen … dem zwischen den Tarifparteien abgeschlossenen Tarifvertrag zu entnehmen“ sind. Das Arbeitsverhältnis des [X.] ging infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB zum 1. April 2007 auf die Beklagte über. Der Kläger ist in der [X.] Niederlassung der [X.] am dortigen Flughafen als Luftsicherheitsassistent tätig und übt dabei Tätigkeiten iSd. §§ 8, 9 Luftsicherheitsgesetz aus.

3

Deren Betrieb wird ua. vom fachlichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten [X.] für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in [X.] vom 18. August 2006 ([X.]) und des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in [X.] vom 18. August 2006 ([X.]) erfasst.

4

Bereits am 21. Februar 2007 hatten für die [X.] die hierzu bevollmächtigten [X.]ssekretäre R und S eine „Vereinbarung zur Anwendung der Tarifverträge für die Beschäftigten der [X.] Flug- und Industriesicherheit Service- und [X.] auf die Beschäftigten der [X.] Deutschland Flug- und Industriesicherheit Service GmbH“ (nachfolgend: Anwendungsvereinbarung) zwischen der [X.], Landesbezirk [X.], und der [X.] unterzeichnet, demzufolge „die Wirkung der bisher geltenden Haustarifverträge“ bei der [X.] erhalten werden sollte. Zu unmittelbaren Verhandlungen war es zwischen der [X.] und der [X.] nicht gekommen. In der Vereinbarung heißt es ua.:

        

§ 1 Anwendung von Tarifverträgen         

        

(1)     

Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die derzeit für die [X.] Flug- und Industriesicherheit Service- und [X.], [X.], geltenden Tarifverträge inhaltsgleich für die [X.] Deutschland Flug- und Industriesicherheit Service GmbH, [X.], Anwendung finden, als wäre diese zum Zeitpunkt des Abschlusses Tarifvertragspartei gewesen.

                 

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Tarifverträge:

                 

  -  

Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der [X.] GmbH vom 23. Januar 2004, in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom 6. September 2004

                 

  -  

Entgeltrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der [X.] GmbH, in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrages vom 6. September 2004.

                 

...     

        

(2)     

… Für die [X.] Deutschland Flug- und Industriesicherheit Service GmbH sind die in Absatz 1 für anwendbar erklärten Tarifverträge künftig wie ein separates, eigenständiges Tarifwerk zu behandeln.

        

§ 2 Inkrafttreten, Schlussbestimmungen           

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag tritt zum 01.02.2007 in [X.].

                 

…“    

5

Die [X.] sandte die von ihr unterzeichnete Vereinbarung an die Beklagte. Ob von dieser ein unterzeichnetes Exemplar der Anwendungsvereinbarung an die [X.] zurückgesandt worden und dieser zugegangen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls erhielt der Bundesvorstand der [X.] am 13. März 2007 eine von der [X.] überarbeitete Fassung der Vereinbarung vom 21. Februar 2007, in der es nunmehr in der Überschrift „Tarifvertrag zur Anerkennung ...“ hieß und ein Inkrafttreten zum 1. April 2007 vorgesehen war. Diese geänderte Fassung unterzeichnete die [X.] nicht. Am 18. April 2007 übermittelte die Beklagte der [X.] ein von den Geschäftsführern unterzeichnetes Exemplar der Anwendungsvereinbarung per Fax.

6

Der Kläger wird von der [X.] nach der [X.] 3 des [X.] für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der [X.] ([X.]) mit einem Stundenentgelt von 8,02 Euro brutto vergütet. Mit Schreiben vom 6. August 2007 machte der Kläger für die Monate April und Mai 2007 ein höheres Entgelt nach der [X.] VIII 2 des § 2 [X.] iHv. 8,30 Euro brutto je Stunde sowie die weiteren Entgeltbestandteile nach dem [X.] geltend, die er auf der Grundlage dieser Stundenvergütung berechnete. Die Beklagte reagierte hierauf nicht.

7

Mit der am 31. August 2007 der [X.] zugestellten Klage hat der Kläger die [X.] für die Monate April bis Juni 2007 in der bei Geltung des [X.] zwischen den Parteien unstreitigen Höhe von 339,98 Euro brutto verlangt. Die Anwendungsvereinbarung sei nicht wirksam zustande gekommen. Selbst im Falle ihrer Geltung würde aufgrund der dann bestehenden Tarifkonkurrenz der [X.] vorgehen, da er speziellere Regelungen zur Tätigkeit von Sicherheitspersonal an Verkehrsflughäfen enthalte.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 339,98 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, infolge des Betriebsübergangs seien die [X.] der [X.] nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Bestandteil des Arbeitsvertrages der Parteien geworden und verdrängten als speziellere Regelung den allgemeinverbindlichen [X.]. Die allgemeinverbindlichen Tarifverträge seien auch keine Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages iSd. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, da dieser bereits bei der Rechtsvorgängerin gegolten habe. Es sei weder Sinn der Allgemeinverbindlicherklärung noch Zweck des § 613a Abs. 1 BGB, dass ein vor einem Betriebsübergang allgemeinerer, verdrängter Flächentarifvertrag wieder auflebe, weil der speziellere Tarifvertrag nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch vertraglicher Inhalt des Arbeitsverhältnisses sei. Zudem gelte der [X.] zwischen den Parteien aufgrund der Anwendungsvereinbarung zwischen der [X.] und der [X.].

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] der Klage stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von der [X.] die Zahlung einer Vergütung auf Grundlage der [X.] VI[X.] des § 2 [X.] verlangen. Der [X.] gilt nach § 5 [X.]bs. 4 [X.] für das zwischen den Parteien bestehende [X.]rbeitsverhältnis. Demgegenüber gelten die Rechtsnormen des [X.] mangels wirksamer [X.]nwendungsvereinbarung nicht kraft beiderseitiger Tarifbindung nach § 3 [X.]bs. 1, § 4 [X.]bs. 1 [X.] in dem zwischen den Parteien bestehenden [X.]rbeitsverhältnis. Schon deshalb kommt eine Verdrängung des allgemeinverbindlichen [X.] nach den Grundsätzen zur [X.]uflösung einer Tarifkonkurrenz nicht in Betracht. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der von der Revision angeführten Transformation vormaliger tariflicher Regelungen in das [X.]rbeitsverhältnis, weil § 613a [X.]bs. 1 Satz 2 BGB nach § 613a [X.]bs. 1 Satz 3 BGB vorliegend nicht gilt.

I. Die Rechtsnormen des allgemeinverbindlichen [X.] gelten nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich für das [X.]rbeitsverhältnis des [X.]. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.

II. Der nach § 5 [X.]bs. 4 [X.] unmittelbar und zwingend geltende [X.] wird nicht durch den [X.] iVm. der [X.]nwendungsvereinbarung als speziellerer Tarifvertrag verdrängt. Die hierfür vorausgesetzte Tarifkonkurrenz wäre nur dann gegeben, wenn die betreffenden Tarifverträge normativ für das jeweilige [X.]rbeitsverhältnis gelten würde (s. nur [X.] 29. [X.]ugust 2007 - 4 [X.] - Rn. 20, [X.]E 124, 34). Daran fehlt es hier, weil die [X.]nwendungsvereinbarung zwischen der [X.] und der [X.] [X.] nicht wirksam zustande gekommen ist.

1. Das Zustandekommen eines Tarifvertrages als privatrechtlicher Vertrag richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts. Es bedarf übereinstimmender Willenserklärungen - [X.]ntrag und [X.]nnahme - auf [X.]bschluss eines Tarifvertrages. Darüber hinaus stellt § 1 [X.]bs. 2 [X.] für Tarifverträge ein Schriftformerfordernis iSd. § 126 BGB auf. Tarifverträge müssen schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet werden. Werden über einen Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden angefertigt, reicht es aus, wenn jede Seite das für die andere Seite bestimmte Exemplar unterzeichnet, § 126 [X.]bs. 2 BGB. Wird der [X.]ntrag auf [X.]bschluss eines Tarifvertrages gegenüber einem [X.]bwesenden erklärt, ist dessen [X.]nnahmeerklärung erforderlich. Diese ist wie der [X.]ntrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist für einen Vertrag die Schriftform vorgesehen, wird die [X.]nnahmeerklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 [X.]bs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform zugeht. Es reicht nicht aus, dass der Empfänger des [X.]ntrages die dem Schriftformerfordernis unterliegende Vertragsurkunde unterzeichnet und den anderen Teil hierüber in anderer Form, die die Voraussetzungen nach § 126 BGB nicht wahrt, in Kenntnis setzt ([X.] 30. Mai 1962 - [X.]/61 - zu [X.] der Gründe, NJW 1962, 1388; 30. Juli 1997 - [X.] - zu [X.] b bb der Gründe mwN, NJW 1997, 3169; s. auch [X.] 16. Oktober 1991 - 2 [X.] - zu [X.], Ez[X.] BetrVG 1972 § 102 Nr. 83). Eine Übermittlung der Vertragsurkunde durch Telefax genügt nicht dem gesetzlichen Schriftformerfordernis des § 126 BGB (zum Tarifvertrag s. nur [X.] in: Däubler [X.] 2. [X.]ufl. § 1 Rn. 143; [X.]/Thüsing [X.] 7. [X.]ufl. § 1 Rn. 312). Ein anderes kann sich nur dann ergeben, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine [X.]nnahmeerklärung entbehrlich ist. Sind die Formvorschriften nicht gewahrt, ist der Tarifvertrag nach § 125 [X.]bs. 1 BGB nichtig.

2. Danach ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.]nwendungsvereinbarung nicht als Tarifvertrag iSd. § 1 [X.]bs. 1 [X.] wirksam zustande gekommen ist, weil der [X.] [X.] kein von der [X.] unterzeichnetes Exemplar in der erforderlichen Form zugegangen ist und hiervon auch nicht nach § 151 Satz 1 BGB abgesehen werden kann.

a) Das [X.] hat in zutreffender [X.]nwendung des § 293 ZPO ermittelt, ob die [X.]nwendungsvereinbarung zwischen der [X.] und der [X.] [X.] wirksam zustande gekommen ist. Die Grundsätze des § 293 ZPO sind auch auf tarifliche Normen anzuwenden. Ergibt sich aus dem Vortrag der Parteien im Rechtsstreit, dass tarifliche Normen bestehen könnten, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sind, so muss das Gericht diesem Vortrag nach Maßgabe des § 293 ZPO nachgehen. Seine [X.]ufgabe ist es, diese Normen zu ermitteln und zu prüfen, ob sie das der Entscheidung unterliegende [X.]rbeitsverhältnis betreffen. Zur tatrichterlichen Ermittlungspflicht gehört auch die Prüfung der Wirksamkeit der Norm ([X.] 8. November 2006 - 4 [X.] - Rn. 29 mwN, [X.]E 120, 84; 9. [X.]ugust 1995 - 6 [X.] 1047/94 - zu [X.] b der Gründe, [X.]E 80, 316). Das sieht auch die Revision so, die sich lediglich gegen das Ergebnis der Ermittlungen des [X.]s wendet.

b) Das [X.] hat - kurz zusammengefasst - angenommen, aufgrund der Zeugenaussage des Geschäftsführers der [X.] könne davon ausgegangen werden, dass dieser die ihm zugesandten Texte der [X.]nwendungsvereinbarung vor der Übermittelung eines geänderten Entwurfes am 13. März 2007 unterzeichnet und einen davon an sein Sekretariat mit der Maßgabe übergeben habe, diesen dem Vertragspartner zuzusenden. [X.]n eine Kontrolle dieser [X.]nweisung habe er sich nicht jedoch erinnern können. Es könne daher schon nicht festgestellt werden, ob das von der [X.] gegengezeichnete Exemplar überhaupt abgesandt worden sei. Nach der [X.]ussage des [X.] könne nicht davon ausgegangen werden, die [X.] [X.] habe ein unterzeichnetes Exemplar erhalten. [X.]uch ein Verzicht der [X.] [X.] auf die [X.]nnahmeerklärung oder eine entsprechende Verkehrssitte, beim [X.]bschluss von Tarifverträgen sei eine [X.]nnahmeerklärung nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich, liege nicht vor. Dagegen spreche auch, dass es vorliegend nicht zu gemeinsamen Tarifvertragsverhandlungen zwischen der [X.] und der [X.] gekommen sei.

c) Diese Würdigung des [X.]s ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das [X.] hat vorliegend von der zulässigen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Wirksamkeit der tariflichen Regelungen im Rahmen eines Strengbeweises durch Zeugeneinvernahme zu ermitteln (dazu [X.] 10. Juli 1975 - II ZR 174/74 - zu II 2 a der Gründe, NJW 1975, 2142; [X.][X.] ZPO 22. [X.]ufl. § 293 Rn. 43 mwN). Diese Ermittlung kann in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Bestimmungen der Beweiserhebung eingehalten worden sind ([X.] 10. Juli 1975 - II ZR 174/74 - aaO; PG/Laumen ZPO 2. [X.]ufl. § 293 Rn. 13).

Die Beweiswürdigung obliegt grundsätzlich dem Gericht der Tatsacheninstanz. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung - genauer: die Würdigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme - ist durch das Revisionsgericht nur beschränkt auf die Wahrung der Voraussetzungen und Grenzen von § 286 ZPO überprüfbar. Danach kann der Senat nur überprüfen, ob das [X.] den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt, es alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei sowie frei von Verstößen gegen die Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze ist und ob sie rechtlich möglich ist (st. Rspr., s. nur [X.] 16. Januar 2008 - 7 [X.] 603/06 - Rn. 20, [X.]E 125, 248; 12. März 1997 - 5 [X.] 766/95 - zu [X.] b der Gründe, [X.]E 85, 237). Soweit der Gesetzgeber verlangt, dass sich die richterliche Überzeugungsbildung auf „den gesamten Inhalt der Verhandlung“ bezieht, also die Beweiswürdigung vollständig sein muss, folgt daraus nicht die Verpflichtung des Tatsachengerichts, zu jeder Einzelausführung eines Zeugen Stellung nehmen zu müssen. Es reicht aus, wenn insgesamt widerspruchsfrei und umfassend zum gesamten Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen worden ist (so schon [X.] 28. Februar 1973 - 4 [X.] 190/72 - [X.] §§ 22, 23 Nr. 66).

bb) Die von der Revision gegen die Würdigung des [X.]s erhobenen [X.] sind ohne Erfolg.

(1) Der Einwand der [X.], das [X.] habe die von ihr in der Berufungsinstanz dargestellte Vorgeschichte der [X.]nwendungsvereinbarung nicht berücksichtigt, aus der sich ein Verzicht seitens der [X.] auf eine [X.]nnahmeerklärung iSd. § 151 BGB ergebe, ist ohne Erfolg. [X.]us der von der [X.] vorgelegten E-Mail vom 7. Februar 2007 an sie ergibt sich lediglich, dass der [X.]ssekretär S mit dem Entwurf der [X.]nwendungsvereinbarung einverstanden war, ihn aber noch an den [X.] zur [X.]bstimmung weiterleiten wollte. Hieraus lässt sich ebenso wenig wie aus der weiteren Korrespondenz zwischen den beiden Genannten, wonach die Vereinbarung entsprechend gefertigt werde, ableiten, es solle auf eine [X.]nnahmeerklärung verzichtet werden. Deshalb konnte das [X.] diesen Vortrag bei seiner Würdigung ohne Verstoß gegen § 286 ZPO unberücksichtigt lassen.

Ein Verzicht der [X.] [X.] auf die [X.]nnahmeerklärung ergibt sich nicht - wie die Revision meint - aus dem Umstand, dass sich die Parteien der [X.]nwendungsvereinbarung über den Inhalt einig gewesen seien. Denn bis zur Übersendung der unterzeichneten [X.]nwendungsvereinbarung an die Beklagte war es - wie es auch das [X.] festgestellt und gewürdigt hat - nicht zu unmittelbaren Verhandlungen zwischen ihr und der [X.] [X.] gekommen. Deshalb konnte nicht ohne weitere, hier nicht ersichtliche Umstände von einer „Einigkeit“ über die [X.]nwendungsvereinbarung zwischen der [X.] [X.] und der [X.] ausgegangen werden. Zugleich trifft der weitere Einwand der Revision nicht zu, das [X.] habe die „Vorgeschichte“ rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen. Das gilt auch für die weitere Rüge, das Berufungsgericht hätte gesondert würdigen müssen, dass es sich vorliegend „lediglich“ um einen [X.] gehandelt habe. Das [X.] ist angesichts des Umstands der nicht unmittelbar zwischen den Tarifvertragsparteien erfolgten Verhandlungen davon ausgegangen, dass gerade in einem solchen Fall ein erkennbares Interesse an der Kenntnis von der [X.]nnahme durch den anderen Teil besteht. Diese [X.]nnahme konnte das [X.] treffen, ohne zwischen verschiedenartigen Tarifverträgen unterscheiden zu müssen.

(2) Ohne Rechtsfehler konnte das [X.] auch die [X.]ussage des [X.], er sei davon ausgegangen, dass „wir ein original unterschriebenes Exemplar zurückerhalten“, als in sich widerspruchsfrei dahingehend würdigen, ein Verzicht auf eine Rücksendung seitens der [X.] [X.] könne nicht angenommen werden. Die von dem Zeugen geschilderte [X.]nnahme, durch die Übersendung des weiteren Entwurfs vom 12. März 2007 sei er davon ausgegangen, dass das von ihm mit „unterschriebene Exemplar damit vom Tisch war“, steht seiner nachfolgenden Bitte um Übermittelung des ursprünglichen Exemplars zur Vervollständigung seiner Unterlagen nicht entgegen.

(3) Das [X.] konnte in den Entscheidungsgründen auch das Flugblatt der [X.] [X.] aus dem Monat Mai des Jahres 2007 unberücksichtigt lassen. Zwar wurde in diesem die [X.]uffassung vertreten, die [X.]nwendungsvereinbarung sei mangels ordnungsgemäßer Vertretung unwirksam, wie es auch der Kläger erstinstanzlich geltend gemacht hat. Diese Rechtsauffassung steht aber nicht im Widerspruch zum späteren Vortrag des [X.] und der [X.]nnahme des [X.]s, es fehle an der erforderlichen [X.]nnahmeerklärung. Beide angeführten [X.] schließen sich nicht aus. Die [X.] [X.] war nicht gehalten, ihren Mitgliedern in dem Flugblatt alle möglichen [X.] mitzuteilen. Deshalb ist der Rückschluss, die [X.] [X.] sei zum damaligen Zeitpunkt von einer wirksamen [X.]nnahmeerklärung ausgegangen, nicht geboten.

(4) Rechtlich fehl geht der Einwand der Revision, das Gericht habe nicht davon ausgehen dürfen, die Beklagte habe den [X.]ntrag der [X.] [X.] nicht „angenommen“. Das steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, der Geschäftsführer der [X.] habe die [X.]nwendungsvereinbarung unterzeichnet. „[X.]ngenommen“ bedeutet vorliegend nicht lediglich die Unterzeichnung des Schriftstücks, sondern beinhaltet auch den Zugang der gemäß § 147 BGB erforderlichen [X.]nnahmeerklärung beim anderen Teil in der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Daran fehlt es aber nach der Beweiswürdigung des [X.]s.

d) Ein anderes Ergebnis ergibt sich entgegen der [X.]uffassung der Revision nicht aus der Übermittlung der unterzeichneten [X.]nwendungsvereinbarung per Fax im Monat [X.]pril 2007. Diese [X.]nnahmeerklärung entspricht nicht dem gesetzlichen Formerfordernis nach § 1 [X.]bs. 2 [X.] iVm. § 126 BGB (oben unter 1). Ob sie die Rechtzeitigkeit der [X.]nnahmeerklärung dokumentieren kann, wie die Revision meint, ist unerheblich. Erforderlich ist ihr Zugang in der gesetzlich gebotenen Form des § 126 BGB. Ein solcher liegt nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.]s nicht vor und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht. Deshalb kann es auch dahinstehen, ob - wie es das [X.] in seiner Begründung ergänzend angenommen und die Revision gerügt hat - in der Übersendung eines nicht unterzeichneten Entwurfs am 13. März 2007 ein neuer [X.]ntrag iSd. § 150 [X.]bs. 2 BGB zu sehen ist oder ob dadurch lediglich die [X.]nnahmefrist nach § 147 [X.]bs. 2 BGB ihr Ende gefunden hat.

e) Die [X.] [X.] war auch nicht gehalten, auf den fehlenden Zugang hinzuweisen. § 149 BGB, auf den sich die Revision für ihre dahingehende [X.]nnahme stützt, behandelt den Fall der verspätet zugegangenen, aber rechtzeitig abgesandten [X.]nnahmeerklärung. Ein darüber hinausgehender allgemeiner Rechtsgedanke - wie es die Revision offensichtlich meint -, es sei auch im Fall der Übersendung eines neuen [X.] auf eine nicht zugegangene [X.]nnahmeerklärung hinsichtlich eines anderen Vertrages hinzuweisen, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Dies gilt noch mehr für die weitere von der Revision vertretene Rechtsauffassung, die [X.] könne sich in einem solchen Fall nicht auf den fehlenden Zugang der [X.]nnahmeerklärung zur [X.]nwendungsvereinbarung berufen. Hierfür bietet § 149 BGB ersichtlich keine Grundlage.

III. Die für eine Verdrängung der Rechtsnormen des [X.] vorausgesetzte Tarifkonkurrenz zwischen dem [X.] und dem [X.] ergibt sich vorliegend auch nicht aus einer etwaigen arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Regelungen des [X.]. Dabei kann es dahinstehen, ob der [X.] aufgrund der Regelung in § 17 Satz 1 des [X.]rbeitsvertrages vom 16. Juni 2006 überhaupt wirksam in Bezug genommen ist.

Selbst wenn eine hierfür ausreichende Bezugnahme vorliegen sollte, käme es bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme des [X.] und der kraft [X.]llgemeinverbindlichkeit normativ auf das [X.]rbeitsverhältnis einwirkenden Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe nicht zu einer Konkurrenz zweier Tarifverträge. Es handelte sich vielmehr um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einem kraft [X.]llgemeinverbindlichkeit normativ wirkenden Tarifvertrag. Deren Verhältnis wird durch § 4 [X.]bs. 3 [X.] bestimmt (s. nur [X.] 29. [X.]ugust 2007 - 4 [X.] - Rn. 20, [X.]E 124, 34). Ist der [X.]rbeitnehmer an einen Tarifvertrag gebunden, gilt im Verhältnis zu günstigeren vertraglichen Regelungen, auch wenn sie tarifvertragliche Bestimmungen zum Gegenstand des [X.]rbeitsvertrages machen, das tarifrechtliche Günstigkeitsprinzip gemäß § 4 [X.]bs. 3 [X.], im anderen Fall bleibt es - wie vorliegend - bei der unmittelbaren und zwingenden Wirkung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit ([X.] 27. Januar 2010 - 4 [X.] 549/08 ([X.]) - Rn. 99 mwN, NZ[X.] 2010, 645).

IV. Ein anderes Ergebnis ergibt sich entgegen der [X.]uffassung der Revision nicht aus der von ihr angenommenen Transformation der bei der Rechtsvorgängerin der [X.] bestehenden tariflichen Regelungen des [X.] und des [X.] infolge des Betriebsübergangs nach § 613a [X.]bs. 1 Satz 2 BGB.

Die Revision übersieht, dass es aufgrund der bei der [X.] geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträge nicht zu einer Transformation der vormaligen tariflichen Regelungen des [X.] nach § 613a [X.]bs. 1 Satz 2 BGB in das [X.]rbeitsverhältnis des [X.] gekommen ist. § 613a [X.]bs. 1 Satz 2 BGB gilt nach Satz 3 der Vorschrift nicht, wenn die [X.]rbeitsvertragsparteien nach dem Betriebsübergang an einen - gegebenenfalls anderen - Tarifvertrag normativ gebunden sind (vgl. [X.] 9. [X.]pril 2008 - 4 [X.] 164/07 - Rn. 19, Ez[X.] [X.] § 4 Gaststättengewerbe Nr. 3; 11. Mai 2005 - 4 [X.] 315/04 - zu I 2 [X.] der Gründe, [X.]E 114, 332). Dabei spielt das Günstigkeitsprinzip - anders als im Verhältnis zwischen übernommener individualvertraglicher Rechtsposition und beim Erwerber normativ geltendem Tarifvertrag - keine Rolle. Die vormaligen tariflichen Regelungen werden dann als solche bereits nicht mehr in das [X.]rbeitsverhältnis transformiert, sondern durch einen normativ geltenden Tarifvertrag abgelöst. Diese [X.]nordnung des [X.]blöseprinzips erfolgt unabhängig von dem sonst geltenden Günstigkeitsprinzip nach § 4 [X.]bs. 3 [X.] ([X.] 22. [X.]pril 2009 - 4 [X.] 100/08 - Rn. 64 mwN, [X.]P BGB § 613a Nr. 371 = Ez[X.] BGB 2002 § 613a Nr. 110; 23. Januar 2008 - 4 [X.] 602/06 - Rn. 34, [X.]P [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63 = Ez[X.] [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38).

Daher besteht entgegen der [X.]nnahme der Revision für die Regelungen des allgemeinverbindlichen [X.] im [X.]rbeitsverhältnis der Parteien kein doppelter Geltungsgrund in dem Sinne, dass dessen Tarifbestimmungen auch infolge einer Transformation gemäß § 613a [X.]bs. 1 Satz 2 BGB anzuwenden wären. Es gelten weder die tariflichen Regelungen des [X.] noch die des vormals verdrängten [X.] nach § 613a [X.]bs. 1 Satz 2 BGB weiter. Sie sind durch den bei der [X.] allein normativ geltenden allgemeinverbindlichen [X.] nach § 613a [X.]bs. 1 Satz 3 BGB abgelöst worden. Deshalb kommt es auch nicht zu einer „Konkurrenz“ von vormaligen tariflichen Regelungen, die nunmehr infolge der gesetzlich angeordneten Transformation im [X.]rbeitsverhältnis in besonderer Weise weitergelten, und von kraft [X.]llgemeinverbindlichkeit geltenden Tarifnormen.

V. Der [X.]nspruch ist auch nicht verfallen. Der Kläger hat die zweistufige [X.]usschlussfrist von jeweils drei Monaten nach § 6 [X.]bs. 1 und [X.]bs. 2 [X.] WSG nach den unangegriffenen [X.] des [X.]s gewahrt.

VI. Die Kosten der erfolglosen Revision hat die Beklagte nach § 97 [X.]bs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hardebusch    

        

    Werner Vorderwülbecke    

        

        

Meta

4 AZR 1023/08

07.07.2010

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 1. April 2008, Az: 21 Ca 385/07, Urteil

§ 1 Abs 2 TVG, § 5 Abs 4 TVG, § 4 Abs 3 TVG, § 126 BGB, § 130 Abs 1 S 1 BGB, § 151 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2010, Az. 4 AZR 1023/08 (REWIS RS 2010, 5068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5068

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

12 Sa 1151/15

12 Sa 1152/15

3 Sa 362/21

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