Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2005, Az. AnwZ (B) 19/04

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2005, 4273

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[X.][X.] ([X.]) 19/04
vom 4. April 2005 in dem Verfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]GHZ: nein [X.]GHR: ja

[X.]RAO § 43 c Abs. 1 Satz 2

Zur Verfassungsmäßigkeit der [X.]estimmung, das Führen von Fachanwaltsbe-zeichnungen auf zwei Fachgebiete zu beschränken.

[X.]GH, [X.]eschluß vom 4. April 2005 - [X.]([X.]) 19/04 - [X.]
- 2 -

Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. Ot-ten sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, [X.] und [X.] am 4. April 2005 beschlossen:

Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]e-schluß des zweiten Senats des [X.] vom 11. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren ent-standenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstat-ten.

Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 14.000 Euro festgesetzt.

Gründe:
[X.]

Der Antragsteller ist seit 1999 Fachanwalt für Familienrecht und seit 2002 auch Fachanwalt für Arbeitsrecht. Schon 1998 war ihm die [X.]efugnis ver-liehen worden, die Fachanwaltsbezeichnung für Strafrecht zu führen. Diese [X.]efugnis hat die Antragsgegnerin 2002 widerrufen, nachdem der Antragsteller im Hinblick auf den angestrebten Fachanwalt für Arbeitsrecht auf das Führen - 3 -

dieser [X.]ezeichnung verzichtet hatte. In der Folge hat der Antragsteller [X.], ihm die [X.]efugnis, die Fachanwaltsbezeichnung für Strafrecht zu führen, erneut zu erteilen. Die Antragsgegnerin hat dies mit [X.]escheid vom 23. Juli 2003 unter Hinweis auf § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO, der das Führen der [X.] auf zwei Rechtsgebiete beschränkt, abgelehnt. Den da-gegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner vom [X.] zugelassenen sofortigen [X.]eschwerde. Der [X.] hält die [X.]eschränkung in § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO für verfassungswidrig, weil sie gegen Art 12 Abs. 1 GG verstoße.
I[X.]
Die zugelassene [X.]eschwerde ist zulässig (§ 223 Abs. 3 [X.]RAO), hat [X.] keinen Erfolg.

Nach § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO darf die [X.]efugnis, eine Fachanwalts-bezeichnung zu führen, nur für zwei Rechtsgebiete verliehen werden. (Eine [X.]eschränkung auf höchstens zwei Fachgebiete findet sich schon in den von einer Kommission der [X.] im Februar 1930 erlassenen Richtlinien für die [X.] erster Fachanwaltschaften, - [X.]eschlüsse des gemischten Ausschusses vom 8. Februar 1930 [X.] Anw[X.]l. 1930, 50) Da der Antragsteller bereits zwei Fachanwaltsbezeichnungen führt, stand der Verleihung einer weiteren [X.] die Regelung des § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO entgegen.

Die [X.]estimmung des § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO ist entgegen der [X.] des Antragstellers nicht verfassungswidrig: - 4 -

Mit der Einrichtung der Fachanwaltschaft, die nunmehr in § 43 c [X.]RAO und in der von der Satzungsversammlung aufgrund der Ermächtigung des § 59 b Abs. 2 Nr. 2 a [X.]RAO erlassenen Fachanwaltsordnung ihre Rechtsgrundlage gefunden hat, steht der Anwaltschaft ein Mittel zur Verfügung, besondere in einem formalisierten Verfahren nachgewiesene Kenntnisse und Erfahrungen auf einem bestimmten Gebiet der Öffentlichkeit kundzutun. Dem in dieser [X.] qualifizierten Rechtsanwalt, dem die Fachanwaltsbezeichnung verliehen worden ist, steht damit eine zulässige Werbemöglichkeit zur Verfügung, um neue Mandanten auf sich aufmerksam zu machen. Tatsächlich wird die [X.] von der [X.] [X.]evölkerung auch als Qualifikati-onsmerkmal verstanden; Fachanwälte verfügen nach empirischen Untersu-chungen gegenüber den anderen Anwälten im Durchschnitt über höhere Um-sätze und Einkommen (Nachweise bei [X.]/Prütting-[X.], [X.]RAO 2. Aufl. § 43 [X.]. 10; [X.]/[X.], Anwaltliche [X.]erufsordnung 2. Aufl. Einführung [X.] [X.]. 49 f.). Da die Regelung des § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO den Rechtsanwalt - trotz formaler Erfüllung der Kriterien für die Verleihung [X.] weiteren Fachanwaltsbezeichnung - daran hindert, das rechtsuchende [X.] auf diese Qualifikation hinzuweisen, greift sie in das Recht des Anwalts, die Öffentlichkeit in der von ihm gewünschten Weise werbend über die von ihm ausgeübte Tätigkeit zu unterrichten, und damit in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete [X.]erufsausübungsfreiheit ein. Denn zu der Freiheit der [X.]e-rufsausübung gehört nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der [X.]erufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Sie umfaßt daher auch die Außendarstellung von selbständig [X.]erufstätigen ein-schließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste (vgl. [X.]VerfGE 85, 248, 256; 94, 372, 389; [X.]VerfG WRP 2000, 720, 721 = NJW 2000, 3195). - 5 -

Als [X.]erufsausübungsregelung ist sie deshalb nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfer-tigt ist und im übrigen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht ([X.]VerfGE 106, 216, 219; Senatsbeschlüsse vom 18. Februar 2005 - [X.]([X.]) 3/03; vom 16.10.2000 - [X.]([X.]) 65/99 = NJW 2001, 1138, 1139 = [X.]RAK-Mitt. 2001, 41 f.).

Die Einschränkung der Werbefreiheit durch die Regelung des § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO ist durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, hierfür geeignet und auch erforderlich.

Mit der [X.]eschränkung auf zwei Fachgebiete soll nach den Gesetzesma-terialien bei dem geforderten hohen Niveau der Kenntnisse eines Fachanwalts die Glaubwürdigkeit eines solchen Fachhinweises gewahrt werden ([X.]ericht der Abgeordneten [X.], [X.] ([X.]) und [X.], [X.]T-Drucks. 11/8307 S. 16, 19). Daß damit gerade der Anwalt betroffen ist, der die für den Erwerb einer weiteren Fachanwaltsbezeichnung geforderten formalen Kriterien erfüllt und die auf dem weiteren Fachgebiet vorausgesetzten Kenntnisse nach-gewiesen hat, bedarf allerdings näherer [X.]egründung:

Da die Fachanwaltsbezeichnung die besondere Qualifikation des Rechtsanwalts für das Fachgebiet ausweisen soll, kann dies von dem rechtsu-chenden Publikum nur dahin verstanden werden, daß der Fachanwalt über ei-nen vertieften Wissenstand auf seinem Fachgebiet nicht nur zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fachanwaltsbezeichnung, sondern auch bei seiner späteren Tä-tigkeit verfügt. Dem entsprechen die Regelungen des § 43 c Abs. 4 Satz 2 [X.]RAO und des § 15 [X.], nach denen der Fachanwalt zur Fortbildung ver-- 6 -

pflichtet ist und ein Verstoß gegen die Fortbildungspflicht zum Widerruf der Fachanwaltsbezeichnung führen kann. Die erforderliche Qualitätssicherung kann aber nicht allein durch die in § 15 [X.] vorgesehene 10stündige Fortbil-dungsveranstaltung im Jahr (bzw. eine wissenschaftliche Publikation) erreicht werden. Sie setzt vielmehr eine verstärkte Tätigkeit auf dem Fachgebiet und den damit verbundenen [X.] voraus. Es kann deshalb nicht dar-auf ankommen, daß ein Rechtsanwalt die formalen Voraussetzungen für den Erwerb von auch mehr als zwei Fachgebieten erfüllt, entscheidend ist vielmehr eine dauerhafte intensive [X.]efassung mit den Spezialgebieten auch nach der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung. Eine solche intensive [X.]etätigung [X.] aber angesichts des Umfangs und der Komplexität des modernen Rechts nur im begrenzten Umfang möglich. Letztlich folgt schon aus der Natur der Spezialisierung, daß sie nur für einige Tätigkeitsfelder zu leisten ist, die zudem bei den jeweiligen Fachanwaltschaften weit bemessen sind. Mit der [X.]e-schränkung der Fachanwaltsbezeichnung auf zwei Fachgebiete wird bezweckt, daß der Rechtsanwalt auf diesen Gebieten vertieft tätig wird und damit die Qualitätsvorstellungen der Öffentlichkeit erfüllt. Die Regelung dient daher der wahrheitsgemäßen Information der Rechtsuchenden, dem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant und damit der Funktionsfähigkeit der [X.] ([X.]/Prütting-[X.], aaO § 43 [X.]. 14; [X.], [X.]; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 16.10.2000 - [X.]([X.]) 65/99 = [X.]RAK-Mitt. 2001, 41 und 26.5.1997 - [X.]([X.]) 67/96 = NJW 1997, 2522, [X.] zu Tätigkeitsschwerpunkten). Auch im Schrifttum wird die Regelung im Gegensatz zu der zahlenmäßigen Festlegung der Tätigkeitsschwerpunkte nach § 7 Abs. 1 [X.] nicht angegriffen oder problematisiert (vgl. [X.]/[X.], [X.]RAO 6. Aufl. [X.]. 32; [X.]/Prütting-[X.], aaO [X.].14; [X.]/[X.]lumberg [X.]RAO 9. Aufl. § 43 [X.]. 13; [X.]/[X.] aaO - 7 -

[X.]RAO § 43 [X.]. 12; [X.], aaO S. 70 f. jeweils zu § 43 c). Die [X.]edenken, die gegen die Verfassungsmäßigkeit der zahlenmäßigen [X.]egrenzung der Tä-tigkeitsschwerpunkte in § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] teilweise erhoben worden sind (Kleine-Cosack, [X.]RAO 4. Aufl. [X.] [X.]. 3, 4; [X.]/Holl-Römermann, aaO [X.]erufsO 2. Aufl. § 7 [X.]. 45 f.; dagegen für Verfassungsmäßigkeit von § 7 [X.] [X.]/Prütting-[X.], aaO § 7 [X.] [X.]. 2; [X.]/[X.], aaO § 7 [X.] [X.]. 4), sind für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der [X.]e-schränkung nach § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO schon deshalb nicht erheblich, weil die Fallgestaltungen nicht vergleichbar sind. Die Voraussetzungen für die Angabe von Tätigkeitsschwerpunkten nach § 7 [X.] beruhen wesentlich auf einer Selbsteinschätzung der Anwälte, während die Qualifikation als Fachan-walt in einem formalisierten Verfahren überprüft wird. Im übrigen haben bisher weder der Senat noch das [X.]undesverfassungsgericht die [X.]egrenzung der Tä-tigkeitsschwerpunkte beanstandet (vgl. [X.]VerfG [X.]eschl. [X.] - 1 [X.]vR 1063/00 = [X.]RAK-Mitt. 2001, 225; [X.]eschl. v. 25.4.2001 - 1 [X.]vR 494/00 = Anw.[X.]l. 2001, 510; [X.]GH [X.]eschl. v. 26.5.1997 - [X.]/[X.] 67/96, NJW 1997, 2522, 2523 noch zur Rechtslage vor Erlaß der [X.]).

Die gesetzliche [X.]eschränkung zur Führung von [X.] auf zwei Fachgebiete ist auch zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet. Unerheblich ist, daß andere Mittel denkbar wären, mit denen eine Qualitätssicherung erreicht werden könnte, insofern hat der Gesetzgeber Ge-staltungsfreiheit. Es reicht aus, daß sich die vom Gesetzgeber gewählte Mög-lichkeit als geeignet zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels darstellt ([X.], Grundgesetz, 2. Aufl. Art. 12 [X.]. 118).
- 8 -

Die [X.]estimmung des § 43 c Abs. 1 Satz 3 [X.]RAO ist auch im übrigen verhältnismäßig. [X.]etroffen ist nur die Außendarstellung des Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt, der über Fachkenntnisse auf weiteren Gebieten verfügt, ist nicht - 9 -

gehindert, auch auf diesen Gebieten tätig zu werden. Ihm ist auch nicht ver-wehrt, auf andere Weise im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für eine sol-che Tätigkeit zu werben.

[X.][X.]asdorf

Ganter Otten

Schott [X.]

Meta

AnwZ (B) 19/04

04.04.2005

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2005, Az. AnwZ (B) 19/04 (REWIS RS 2005, 4273)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4273

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