Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2006, Az. AnwZ (B) 80/05

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2006, 1166

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[X.][X.] ([X.]) 80/05 vom 25. Oktober 2006 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja [X.]GHZ: nein [X.]GHR: ja [X.] § 5 a) Auch nach der Änderung des § 5 [X.] durch [X.]eschluss der [X.] vom 7. November 2002 genügt eine persönliche und weisungsfreie Fallbear-beitung als in einem ständigen Dienstverhältnis stehender Rechtsanwalt (sog. Syndikusanwalt) allein nicht zum Nachweis der erforderlichen praktischen Erfah-rung; es bedarf zusätzlich der [X.]earbeitung einer erheblichen Anzahl nicht unbe-deutender Mandate außerhalb des Anstellungsverhältnisses (Fortführung von [X.], [X.]eschl. v. 13. Januar 2003, [X.] ([X.]) 25/02, [X.], 883, und v. 6. März 2006, [X.] ([X.]) 37/05, [X.], 1516). b) Eine im Sinn von § 5 [X.] persönliche Fallbearbeitung als Rechtsanwalt liegt nicht vor, wenn sich ein Syndikusanwalt auf ein Wirken im Hintergrund beschränkt und weder eigene Schriftsätze anfertigt noch selbst an Gerichtsverhandlungen teil-nimmt (Ergänzung v. [X.]. v. 6. März 2006, [X.] ([X.]) 37/05, [X.], 1516). [X.]GH, [X.]eschl. v. 25. Oktober 2006 - [X.] ([X.]) 80/05 - [X.] - 2 - wegen Gestattung der Führung der Fachanwaltsbezeichnung Fachanwalt für Versi-cherungsrecht - 3 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. [X.], den Vorsitzenden Richter [X.]asdorf, [X.] Ernemann und [X.], den Rechtsanwalt [X.] und die Rechtsanwältinnen [X.] und [X.] am 25. Oktober 2006 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 2. Senats des [X.] vom 15. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert wird auf 12.500 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit 1997 wieder zur Rechtsanwaltschaft bei dem Amts- und Landgericht O. zugelassen. Er ist seit 1987 bei

Versicherung angestellt und dort seit 1996 als Abteilungsleiter der [X.] ("Syndikusanwalt") tätig. 1 - 4 - Am 20. März 2004 beantragte er bei der Antragsgegnerin, ihm die [X.]" zu ge-statten. Dazu legte er neben einer [X.]escheinigung der DeutscheAnwaltAkade-mie ([X.]) vom 12. Februar 2004 über seine erfolgreiche Teilnahme an einem Fachlehrgang Versicherungsrecht in dem Zeitraum vom September bis [X.] 2003, den drei im Rahmen dieses Lehrgangs geschriebenen und mit [X.] bewerteten Klausuren eine Liste mit insgesamt 80 von ihm nach seinen Angaben innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung "persönlich und weisungsfrei" bearbeiteten gerichtlichen Verfahren und Fällen vor. Der Lehr-gang umfasste 18 Fortbildungstage mit 120 Zeitstunden Unterricht sowie [X.] Zeitstunden Klausur, die Liste 2 - 22 gerichtliche Verfahren aus dem [X.]ereich allgemeines Versicherungsvertrags-recht und [X.]esonderheiten der Prozessführung (§ 14a Abs. 1 Nr. 1 [X.]), - 13 gerichtliche Verfahren und 12 Fälle aus dem [X.]ereich Sachversicherungs-recht (§ 14a Abs. 1 Nr. 5 [X.]), - 7 gerichtliche Verfahren und 20 Fälle aus dem Recht der privaten Personenver-sicherung (§ 14a Abs. 1 Nr. 6 [X.]) und - 2 gerichtliche Verfahren und 4 Fälle aus dem Haftpflichtversicherungsrecht (§ 14a Abs. 1 Nr. 7 [X.]). Ferner reichte er Arbeitsproben für jeweils ein gerichtliches Verfahren aus den [X.]ereichen Sachversicherungsrecht, Recht der privaten Personenversi-cherung und Haftpflichtversicherungsrecht und ein außergerichtliches Verfahren aus dem [X.]ereich Sachversicherungsrecht ein. Die Fälle aus der [X.] der Antragsteller sämtlich im Rahmen seiner Tätigkeit bei Versi-cherung . Außerhalb dieser Tätigkeit bearbeitete er einen im weiteren Ver-fahren zusätzlich benannten Fall. 3 Die Antragsgegnerin hat den Antrag des Antragstellers am 9. Februar 2005 abgelehnt. Den gegen die Versagung gestellten Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.]zurückgewiesen 4 - 5 - ([X.]RAK-Mitt. 2005, 236 [Ls.]). Mit seiner von dem [X.] zugelas-senen sofortigen [X.]eschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter. Die [X.]eteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. I[X.] Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist zulässig (§ 223 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, § 42 Abs. 4 [X.]RAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. 5 1. Die Antragsgegnerin ist nach §§ 43c Abs. 1 Satz 1, 59b Abs. 2 Nr. 2 [X.]uchstabe a [X.]RAO i.V.m. § 1 Satz 2 [X.] verpflichtet, einem Rechtsanwalt die [X.]efugnis zu verleihen, die [X.]ezeichnung als Fachanwalt für das Versicherungs-recht zu führen, wenn er besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf diesem Gebiet erworben und nach Maßgabe von §§ 2, 4 und 5 [X.] nachgewiesen hat. Dass der Antragsteller besondere theoretische Kennt-nisse auf dem Gebiet des Versicherungsrechts erworben und ordnungsgemäß nachgewiesen hat, stellt die Antragsgegnerin nicht in Abrede. Hiervon geht auch der [X.] aus. Unbestritten ist ferner, dass der Antragsteller die für den Nachweis des Erwerbs besonderer praktischer Erfahrungen auf dem Gebiet des Versicherungsrechts notwendige Anzahl von [X.] in der erforderlichen Verteilung auf die einzelnen Teilbereiche dieses Fachan-waltsgebiets nachgewiesen hat. Ob dem Antragsteller die Führung der [X.] "Fachanwalt für Versicherungsrecht" zu gestatten ist, hängt deshalb allein davon ab, ob die [X.]earbeitung der von ihm nachgewiese-nen Fälle im Sinne von § 5 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] persönlich und weisungsfrei als Rechtsanwalt erfolgt ist. 6 2. Das hat der [X.] zutreffend verneint. 7 - 6 - a) Die von dem Antragsteller nachgewiesenen [X.] können im Rahmen des § 5 [X.] nicht berücksichtigt werden, weil es sich hierbei nicht um eine im Sinne von § 5 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] in der hier maßgeblichen [X.] der [X.]eschlüsse der 5. Sitzung der 3. Satzungsversammlung bei der [X.]un-desrechtsanwaltskammer am 7. November 2005 in [X.]erlin ([X.]RAK-Mitt. 2006, 79) persönliche [X.]earbeitung handelt. Der Antragsteller hat nämlich in den von ihm benannten Fällen mit einer Ausnahme keinen eigenen Schriftsatz angefer-tigt (vgl. dazu [X.]/Scharmer, Anwaltliche [X.]erufsordnung, 3. Aufl., § 5 [X.] Rdn. 147) und auch nicht an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die Unterstützung der jeweils von seinem Arbeitgeber beauftragten Rechtsanwälte. Ein solches Wirken im Hintergrund mag zwar auch zur anwaltlichen Fallbearbeitung gehören und wird deshalb nicht von vornherein ganz unberücksichtigt bleiben können. Es kann aber ei-nem Rechtsanwalt die in § 5 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] geforderte praktische Er-fahrung in der unmittelbaren Wahrnehmung der Interessen seiner Mandanten gegenüber ihren Kontrahenten und [X.]ehörden oder Gerichten nicht vermitteln. [X.]eschränkt sich die Tätigkeit als Rechtsanwalt hierauf, genügt sie zum Erwerb der [X.]erechtigung, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen, nicht. 8 b) Unabhängig davon genügen die [X.] des Antragstellers auch deshalb nicht zum Erwerb der angestrebten Fachanwaltsbezeichnung, weil der Antragsteller sie nicht im Sinne von § 5 [X.] in der vorbezeichneten Fassung weisungsfrei bearbeitet hat. 9 aa) Das Erfordernis einer nicht nur persönlichen, sondern auch wei-sungsfreien [X.]earbeitung ist mit dem [X.]eschluss der 5. Sitzung der 2. Satzungs-versammlung bei der [X.]undesrechtsanwaltskammer am 7. November 2002 in [X.]erlin ([X.]RAK-Mitt. 2003, 67) anstelle des in der bis dahin geltenden Fassung 10 - 7 - des § 5 Satz 1 [X.] verlangten Erfordernisses einer selbständigen [X.]earbeitung eingeführt worden. Der [X.]egriff der persönlichen [X.]earbeitung mag in geringerem Maße als der [X.]egriff der selbständigen [X.]earbeitung auf eine Tätigkeit außer-halb eines Anstellungsverhältnisses hindeuten. Deshalb wird die Neufassung der Regelung teilweise als Ausdruck des Willens der Satzungsversammlung gewertet, dem ausschließlich als sog. Syndikus tätigen Rechtsanwalt den Weg zur Fachanwaltsbezeichnung zu ebnen (so: Kleine-Cosack, [X.]RAO, 4. Aufl., § 5 [X.] Rdn. 16; [X.]. Anw[X.]l. 2005, 593, 597; Grunewald, NJW 2004, 1146, 1150; Offermann-[X.]urckart, Fachanwalt werden und bleiben, Rdn. 235). Andere sehen dagegen in der Neufassung keine inhaltliche Änderung gegenüber dem bisheri-gen Rechtszustand ([X.]/Scharmer, aaO, § 5 [X.], Rdn. 144; [X.]Prütting, [X.]RAO 2. Aufl., § 5 [X.] Rdn. 3, 5; [X.], [X.], 1833, 1835). [X.]) Welche konkreten Erleichterungen den in ständigen Dienstverhält-nissen stehenden Rechtsanwälten mit der Änderung hätten zukommen sollen, lässt die neue Formulierung des § 5 Satz 1 [X.] nicht erkennen. Die [X.] lehnt sich im Gegenteil in der Diktion an die Rechtsprechung des Senats zur Auslegung des früheren Erfordernisses einer selbständigen [X.]earbeitung an. Eine solche [X.]earbeitung war nämlich nur anzunehmen, wenn sie weisungsfrei und unabhängig war (Senat, [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 25/99, [X.], 1645; [X.]eschl. v. 18. Juni 2001, [X.] ([X.]) 41/00, NJW 2001, 3130). Das nimmt die jetzt geltende Fassung des § 5 Satz 1 [X.] mit dem Erfordernis einer (persönlichen und) weisungsfreien [X.]earbeitung als Rechtsanwalt textlich auf. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass nach wie vor nicht jede praktische Erfahrung auf dem Gebiet ausreichen soll, für das die Fachanwaltsbezeichnung erstrebt wird, sondern nur die spezifische praktische Erfahrung als Rechtsanwalt (vgl. dazu unter Geltung der früheren Fassung: Senat, [X.]eschl. v. 21. Juni 1999, 11 - 8 - [X.] ([X.]) 81/98, [X.]RAK-Mitt. 1999, 230, 231). Damit hat die Änderung der [X.] aber inhaltlich nicht zu einer substantiellen Herabsetzung der prakti-schen Anforderungen an den Erwerb der [X.]erechtigung zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung geführt. Diese sind vielmehr im [X.] gleich geblieben. [X.]) Deshalb kann auch das Erfordernis einer weisungsfreien [X.]earbeitung als Rechtsanwalt im Sinne von § 5 Satz 1 [X.] jetzt geltender Fassung nicht allein durch eine unabhängige [X.]earbeitung von Fällen als Rechtsanwalt in ei-nem ständigen Dienstverhältnis (sog. Syndikusanwalt) erfüllt werden. Solche [X.] können dazu zwar berücksichtigt werden (Senat, [X.]eschl. v. 18. Juni 2001, [X.] ([X.]) 41/00 aaO; [X.]eschl. v. 13. Januar 2003, [X.] ([X.]) 25/02, [X.], 883, 884). Es bedarf aber nach wie vor zusätzlich noch der [X.]earbeitung einer erheblichen Anzahl nicht unbedeutender Mandate außerhalb des Anstellungsverhältnisses (Senat, [X.]eschl. v. 18. Juni 2001 und v. 13. Januar 2003 jeweils aaO; [X.]eschl. v. 6. März 2006, [X.] ([X.]) 37/05, [X.], 1516, 1517) und einer abschließenden [X.]ewertung und Gewichtung der von den [X.] jeweils vorgelegten Fälle aus beiden beruflichen [X.]ereichen. 12 [X.]) Daran hält der Senat auch unter [X.]erücksichtigung der geäußerten Kritik fest. Entgegen der in Rechtsprechung ([X.] [X.], 1659, 1660) und Schrifttum ([X.] 2003, 609, 611) teilweise geteilten Ansicht des Antragstellers lässt sich die in § 5 Satz 1 [X.] verlangte praktische Erfahrung im Rahmen einer persönlichen und weisungsfreien Fallbearbeitung als Rechtsanwalt mit einer weisungsfreien und unabhängigen Tätigkeit als Syn-dikusanwalt allein nicht darstellen. Der selbständige wie der bei einem anderen Rechtsanwalt angestellte Rechtsanwalt haben die ihnen übertragenen Mandate nämlich nicht nur unabhängig und weisungsfrei zu bearbeiten. Sie haben dabei vielmehr auch die wechselnde Perspektive des jeweiligen Mandanten [X.] - 9 - nehmen. Gerade das prägt die in § 5 Satz 1 [X.] geforderte praktische Erfah-rung. Eine solche Erfahrung lässt die Führung einer Fachanwaltsbezeichnung bei dem anwaltliche [X.]eratung und Vertretung suchenden Publikum auch erwar-ten. Sie kann aber bei einem Rechtsanwalt, der nur im Rahmen seines Anstel-lungsverhältnisses als Syndikusanwalt tätig wird, auch dann nicht vorausgesetzt werden, wenn er in der Fallbearbeitung weisungsfrei und unabhängig ist ([X.]. v. 6. März 2006, aaO; a. M. [X.] 2003, 609, 611). Er nimmt hierbei nach dem Zweck seiner Anstellung allein die Perspektive seines Arbeitgebers oder, bei einem Verbandssyndikus, die Perspektive der Mitglieder seines Arbeitgebers ein und muss deshalb zusätzlich praktische Erfahrung au-ßerhalb seines Anstellungsverhältnisses nachweisen. ee) Diesen Nachweis hat der Antragsteller nicht geführt. Er hat nur einen Fall außerhalb seines Anstellungsverhältnisses, dagegen sämtliche 80 Fälle der von ihm vorgelegten Fallliste als Syndikusanwalt der Versicherung, bei der er angestellt ist, bearbeitet. Das genügt für den Erwerb der [X.] nicht. 14 - 10 - II[X.] Den Gegenstandswert eines Verfahrens über die Erlaubnis, eine [X.] zu führen, bemisst der Senat mit 12.500 •. Veranlassung, im vorliegenden Fall hiervon abzuweichen, besteht nicht. 15 Hirsch [X.]asdorf Ernemann Schmidt-Räntsch Wüllrich Hauger [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 15.07.2005 - [X.] 6/05 -

Meta

AnwZ (B) 80/05

25.10.2006

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2006, Az. AnwZ (B) 80/05 (REWIS RS 2006, 1166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1166

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