Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.06.2011, Az. B 4 AS 82/11 B

4. Senat | REWIS RS 2011, 6086

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Ablauf der Berufungsfrist - Einlieferungsbeleg - Verfahrensmangel - Verletzung des rechtlichen Gehörs - verhindertes Vorbringen


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 15. April 2011 zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zuvor benannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Im Streit stehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] II.

2

Der Beklagte hat die Bewilligung von [X.] für den Kläger und seine Angehörigen wegen ausreichender Bedarfsdeckung durch Einkommen abgelehnt. Das [X.] hat durch Gerichtsbescheid vom 20.10.2010 die hiergegen gerichtete Klage des [X.] abgewiesen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am [X.] (Datum [X.]) zugestellt worden. Die Berufung des [X.] gegen den Gerichtsbescheid ist am 29.11.2010 beim [X.] eingegangen. Auf dem Briefumschlag ist ein Poststempel aufgebracht, der das Datum "27.11.2010" und die Uhrzeit "16:00 Uhr" ausweist. Der 13. Senat des [X.] hat daraufhin nach Anhörung der Beteiligten, unter Hinweis auf die Unzulässigkeit der Berufung, durch Beschluss vom 17.2.2011 die Entscheidung über die Berufung des [X.] dem Berichterstatter übertragen. Aufgrund mündlicher Verhandlung hat dieser unter Mitwirkung [X.] die Berufung durch Urteil vom 15.4.2011 als unzulässig verworfen. Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen.

3

Mit seiner Beschwerde hiergegen sowie dem Antrag, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens [X.] zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, macht der Kläger geltend: Er habe die Berufungsschrift am 26.11.2010 per Einschreiben zur Post aufgegeben. Zum Beweis hat er einen [X.] beigefügt. Zudem bemängelt er, nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] geladen worden zu sein. Zudem verweist er auf medizinische Unterlagen aus dem Jahre 1999.

4

Der Antrag des [X.] auf Bewilligung von [X.] und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 [X.] iVm § 114 ZPO kann [X.] nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

5

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des [X.] sowie des [X.] keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.]), wenn das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]).

6

Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ist nicht gegeben.

7

Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das [X.] hat ein Prozessurteil verkündet und die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art stellt sich hierbei nicht.

8

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) sind nicht gegeben.

9

Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, einen Verfahrensfehler des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) darzulegen. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Es ist nicht erkennbar, dass das [X.] bei seiner Entscheidung durch [X.] gehandelt haben könnte.

Die Berufung ist ausweislich des Eingangsstempels nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist (§ 151 Abs 1 [X.]) beim [X.] eingegangen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am [X.] zugestellt worden. Die Berufungsfrist lief mithin am Freitag, den 26.11.2010 - 24:00 Uhr ab. Der von dem Kläger vorgelegte [X.] vermag die Richtigkeit des [X.] beim [X.] am 29.11.2010 nicht zu entkräften. Der [X.] weist zwar das Datum des 26.11.2010 aus. Abgesehen davon, dass Adressat und Anschrift handschriftlich nachgetragen sind, sodass keineswegs der Nachweis erbracht ist, dass es sich bei der eingelieferten Sendung um die Berufungsschrift des [X.] gehandelt hat, mag sie zwar am 26.11.2010 abgesandt worden sein, dieses besagt jedoch nicht, dass sie auch noch an diesem Tage bei dem [X.] eingegangen sei. Dieses gilt um so mehr, als die Uhrzeit der Einlieferung mit 17:32 Uhr ausgewiesen ist.

Dem Kläger ist auch nicht unter Hinweis auf die Einlieferung am [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 [X.] zu gewähren. Er konnte nicht davon ausgehen, dass die am [X.] um 17:32 Uhr aufgegebene Postsendung das [X.] bis 24:00 Uhr desselben Tages erreichen werde.

Soweit der Kläger ferner vorbringt, nicht ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen worden zu sein, weil sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet gewesen sei, verkennt er, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten im Ermessen des Gerichts steht (§ 111 Abs 1 [X.]) und für eine ordnungsgemäße Ladung nach § 110 [X.] nicht erforderlich ist.

Es ist insoweit auch nicht erkennbar, dass das [X.] den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör durch die [X.] des persönlichen Erscheinens verletzt haben könnte. Wird ein Gehörsverstoß gerügt, muss vorgetragen werden, welchen erheblichen Vortrag das Gericht nicht zur Kenntnis genommen hat oder welches Vorbringen von ihm verhindert worden ist und inwiefern das Urteil darauf beruhen kann (vgl [X.] SozR 1500 § 160a [X.]6; [X.]E 69, 280, 284 = [X.]-4100 § 128a [X.]). Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Rüge ist darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles Zumutbare getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl [X.] vom 5.10.1998 - B 13 [X.] B; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 62 RdNr 11c). Zumindest Letzteres war hier nicht der Fall. Der Kläger hat sich bis zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] nicht zu dem Hinweis der möglichen Unzulässigkeit der Berufung geäußert. Das [X.] hatte mithin keine Veranlassung, ihn persönlich hierzu zu hören.

Da dem Kläger [X.] nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a [X.] iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Die Nichtzulassungsbeschwerde war ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem [X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 [X.]) vertreten war (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 4 AS 82/11 B

01.06.2011

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Lüneburg, 20. Oktober 2010, Az: S 25 AS 595/10, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 151 Abs 1 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.06.2011, Az. B 4 AS 82/11 B (REWIS RS 2011, 6086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6086

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