Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2016, Az. III ZR 286/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2979

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:031116UIIIZR286.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

III ZR 286/15

Verkündet am:

3. November 2016

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 125 Satz 1, § 126 Abs. 2 Satz 1, § 242 Ca; [X.] § 2 Abs. 3 Satz 1

a)
Zur Anwendbarkeit des § 242 [X.] bei formnichtiger Honorarvereinbarung für eine über das zahnmedizinisch notwendige Maß hinausgehende zahnärztliche Versorgung.

b)
Bei einem formnichtigen Heil-
und Kostenplan steht der Schutzzweck des § 2 Abs. 3 Satz
1 [X.], den Zahlungspflichtigen über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten zuverlässig zu informieren und ihn von einer unüberlegten und übereilten Honorarvereinbarung abzuhalten, Ansprüchen des behandelnden Zahnarztes aus Geschäftsführung ohne Auf-trag oder ungerechtfertigter Bereicherung entgegen.

[X.], Urteil vom 3. November 2016 -
III ZR 286/15 -
LG [X.]

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2016 durch [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin Pohl

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 27. August 2015 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

D[X.] hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin ist Zahnärztin. Sie nimmt die gesetzlich krankenversicherte Beklagte auf Zahlung des Eigenanteils für zahnprothetische Leistungen in [X.].

Nachdem d[X.] sich am 3. September 2012 erstmals in der Praxis der Klägerin zur Zahnbehandlung vorgestellt hatte, erstellte diese unter dem 13.
September 2012 zwei Heil-
und Kostenpläne. Ein Plan hatte die Erbringung reiner kassenzahnärztlicher Leistungen (ohne Eigenanteil) zum Gegenstand, 1
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während der andere Plan zusätzliche, zahnmedizinisch nicht notwendige Arbei-ten (mehrflächige Keramikverblendung sowie eine keramikverblendete Krone mit Geschiebe als Halterung) vorsah und in der Anlage einen voraussichtlichen [X.], die von einer Pra-xismitarbeiterin darauf hingewiesen wurde, dass sie ihr Einverständnis zu der Behandlung schriftlich erklären müsse, nahm beide Pläne mit nach Hause und reichte schließlich den einen Eigenanteil ausweisenden Heil-
und Kostenplan
bei ihrer Krankenversicherung zur Genehmigung ein. Den mit dem Genehmi-gungsvermerk versehenen
Plan gab sie sodann an die Klägerin zurück, ohne jedoch die in dem [X.] und der beigefügten Anlage vorgesehene Un-terschrift zu leisten. Die fehlende Unterschrift wurde von
den Praxismitarbeitern
nicht bemerkt. Ab dem 21. November 2012 erbrachte die Klägerin die verein-barten zahnprothetischen Leistungen und verlangte
mit Rechnung vom 31. [X.] einen auf d[X.] entfallenden Eigenanteil in Höhe von . D[X.] leistete trotz Mahnung keine Zahlungen.
Daraufhin hat die Klägerin den Betrag gerichtlich geltend gemacht.
Im Prozess hat
sich
d[X.]
darauf berufen, dass hinsichtlich
eines
von ihr zu tragenden
Eigenan-teils keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden sei.

n-sen sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Anwalts-
und Mahnkosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

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Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt, die Klägerin könne die begehrte Bezahlung der privatärztlichen Zahnarzt-leistungen nicht verlangen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte ([X.]) müssten über das zahnmedizinisch notwendige Maß hin-ausgehende Leistungen und ihre Vergütung in einem Heil-
und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung liege hier nicht vor, da keine der [X.]en den maßgeblichen Heil-
und Kostenplan vom 13. September 2012 unterschrieben habe. Dies habe dessen Nichtigkeit nach § 125 Satz 1 i.V.m. § 126 [X.] zur Folge. Der Beklagten sei es nach dem Grundsatz von [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) nicht verwehrt, sich auf diesen Formmangel zu berufen. Die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung führe nicht zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis. Es habe sich nicht um einen Notfall gehan-delt, so dass die Klägerin mit der Behandlung bis zur Leistung der Unterschrift hätte zuwarten können. Bereicherungsrechtliche Ansprüche seien ebenfalls ausgeschlossen. Die Formvorschriften in den Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte hätten den Zweck, den Zahlungspflichtigen wegen der Risiken einer Honorarvereinbarung vor einer übereilten Bindung zu schützen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn man einem Zahnarzt, der eine formunwirksame Honorarvereinbarung abgeschlossen habe, die Möglichkeit eröffnete, über das Bereicherungsrecht wirtschaftlich zu demselben Ergebnis zu gelangen. Außer-4
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dem habe die Klägerin nicht ohne Rechtsgrund geleistet. [X.] sei nur die Honorarvereinbarung, nicht jedoch der Behandlungsvertrag.

II.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.

Die Klägerin hat gegen d[X.] einen vertraglichen Anspruch aus §
611 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit dem genehmigten Heil-
und Kostenplan vom 13. September 2012 auf Zahlung eines Eigenanteils an den zahnärztlichen

1.
Nach den nicht beanstandeten Feststellungen der Vorinstanzen ist zwi-schen den [X.]en ein zahnärztlicher Behandlungsvertrag -
jedenfalls konklu-dent -
zustande gekommen, indem die Klägerin die Behandlung der Beklagten übernommen und auf der Grundlage des ausgewählten Heil-
und [X.] im November und Dezember 2012 durchgeführt hat (vgl. [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., § 630a Rn. 6).

2.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die [X.] keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen haben, da der der [X.] zugrunde liegende Heil-
und Kostenplan nicht der Form des § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] genügt und deshalb nach § 125 Satz 1 i.V.m. § 126 Abs. 2 Satz 1 [X.] nichtig ist.

Gegenstand der Eigenanteilsrechnung der Klägerin vom 31. Dezember 2012 sind zahnärztliche Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch 6
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notwendigen Versorgung hinausgingen und darauf beruhten, dass die Klägerin eine ästhetisch ansprechendere Lösung wünschte. Solche Leistungen darf der Zahnarzt nur berechnen, wenn sie auf
Verlangen des -
über die fehlende [X.] aufgeklärten -
Zahlungspflichtigen erbracht (§ 1 Abs. 2 Satz 2 [X.]) und zuvor in einem Heil-
und Kostenplan einschließlich der Vergütung schriftlich vereinbart worden sind (§ 2 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Dabei handelt es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Schriftform im Sinne des § 126 [X.] ([X.], Medizinrecht, 2. Aufl., § 2 [X.] Rn. 8, 22; siehe
auch [X.], [X.], 431;
[X.] in [X.]/[X.]/[X.], Abrechnung von Arzt-
und Krankenhausleistun-gen, 3. Aufl., § 2 [X.] Rn. 30 jeweils zu der
Formvorschrift des §
2 Abs. 2 Satz
1 [X.]). Dementsprechend muss der Heil-
und Kostenplan von beiden [X.]en eigenhändig unterschrieben werden (§ 126 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Daran fehlt es hier. Die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen
Form
hat
gemäß §
125 Satz 1 [X.]
die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge.

3.
Die Berufung der Beklagten auf die Formunwirksamkeit des Heil-
und [X.] verstößt jedoch gegen [X.] und Glauben (§ 242 [X.]).

a) Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts ist nur ausnahmsweise we-gen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich. Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer [X.] gelassen werden. Ausnahmen sind deshalb nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der [X.]en und den gesamten Umständen mit [X.] und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Dabei sind aber strenge Maßstäbe anzulegen. Das Ergebnis darf die betroffene [X.] nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlechthin untragbar sein
(z.B. [X.], Urteil vom 22. Oktober 2015 -
IX ZR 100/13, NJW 2016, 1391 Rn. 15 mwN). Von der Rechtsprechung sind bislang insbesondere zwei Fall-11
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gruppen als Ausnahmen anerkannt worden: die Fälle der
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hier nicht vorliegen-den -
Existenzgefährdung des einen Teils und die Fälle einer besonders schwe-ren [X.]epflichtverletzung des anderen Teils (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 20. September 1984 -
III ZR 47/83, [X.]Z 92, 164,
172 und vom 13. Okto-ber 2005 -
III [X.], NJW 2005, 3633, 3636; [X.], Urteile vom 14. Juni 1996 -
V [X.], NJW 1996, 2503, 2504; vom 24. April 1998 -
V [X.], [X.]Z 138, 339, 348
und vom 16. Juli 2004 -
V [X.], NJW 2004, 3330, 3331 f; MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 125
Rn. 57 ff; [X.]/[X.],
[X.], 75. Aufl., § 125 Rn. 22, 27 ff; jeweils mwN; siehe
auch BeckOGK/Hecht, [X.], §
125 Rn. 110 ff [Stand: 1. September 2016], der in den vorgenannten [X.] eine Korrektur der Rechtsfolge des §
125 Satz 1 [X.] im Wege der teleolo-gischen Reduktion vornehmen will). Eine besonders schwere [X.]epflichtver-letzung kommt regelmäßig dann in Betracht, wenn eine [X.] in schwerwie-gender Weise gegen das Verbot des [X.] verstoßen hat, etwa dadurch, dass sie die Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflich-tung verweigert, nachdem sie über längere [X.] die Vorteile aus der formun-wirksamen Vereinbarung in Anspruch genommen hat ([X.], Urteile vom 14.
Juni 1996 aaO und vom 16. Juli 2004 aaO; MüKo[X.]/[X.] aaO Rn. 60; [X.]/[X.] aaO Rn. 30, 33).

b) Diese strengen Kriterien für die Annahme eines Verstoßes gegen [X.] und Glauben durch die Berufung der Beklagten auf die [X.]keit des Heil-
und [X.] sind hier erfüllt. Die Voraussetzungen einer besonders schweren [X.]epflichtpflichtverletzung liegen vor. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, hat sich die über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten umfassend
aufgeklärte Beklagte bewusst für die teurere [X.] entschieden. Dementsprechend hat sie allein den einen erheblichen Eigen-13
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anteil ausweisenden Heil-
und Kostenplan bei ihrer Krankenversicherung einge-reicht und nach Genehmigung in der Praxis der Klägerin vorgelegt, um auf die-ser Basis die zahnprothetische Versorgung vornehmen zu lassen. Erstmals nach Abschluss der Behandlung, nachdem d[X.] sämtliche Vorteile aus der zahnärztlichen Versorgung gemäß dem Heil-
und Kostenplan in Anspruch genommen hatte, hat sie sich auf die Nichteinhaltung der Schriftform berufen. Es kommt hinzu, dass das Unterschriftserfordernis aus dem ausgehändigten Heil-
und Kostenplan klar ersichtlich ist
und die aus [X.] stammende, [X.] seit 1994 in Deutschland
lebende Beklagte die erbetene Unterschriftsleis-tung lediglich deshalb (zunächst) zurückgestellt hatte, weil sie den -
ihr bereits verständlich erläuterten -
Heil-
und Kostenplan (angeblich) nochmals überset-zen lassen wollte. Nach alledem ist das Verhalten
der Beklagten als in hohem Maße widersprüchlich und treuwidrig zu werten, so dass sie sich auf den mit der Formvorschrift des § 2 Abs. 3 [X.] verfolgten Zweck (Schutz des Patienten vor einer übereilten Bindung, Information des Zahlungspflichtigen über die ge-planten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten) und die [X.]keit der Vergütungsvereinbarung nicht berufen kann (zum [X.], 3 [X.] siehe die Begründung zur [X.] zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte, [X.]. 566/11 S. 42 f; [X.] aaO § 2 [X.] Rn. 8, 20).

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Vertrauen der Klägerin auf das Zustandekommen einer wirksamen Honorarvereinbarung auch schutz-würdig.

aa) Die [X.], die an dem
formnichtigen
Rechtsgeschäft festhalten will, muss auf die Formgültigkeit vertraut haben.
Daher ist § 242 [X.] unanwendbar, wenn beide [X.]en den Formmangel kannten. Auch grobfahrlässige Unkennt-14
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nis des Formmangels verdient keinen Schutz ([X.]/[X.] aaO § 125 Rn. 25). Sofern beide Vertragsparteien den Formmangel nicht kannten, kann sich regelmäßig auch derjenige Vertragspartner auf die [X.]keit des Rechtsgeschäfts berufen, der diese objektiv verursacht hat (MüKo[X.]/[X.] aaO §
125 Rn. 61 mwN).

bb) Diese Grundsätze stehen der Berufung der Klägerin auf § 242 [X.] nicht entgegen. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führte lediglich ein schlichtes Büroversehen der Praxismitarbeiter der Klägerin dazu, dass die fehlende Unterzeichnung des Heil-
und [X.] unentdeckt blieb. Weder kannten
die Klägerin
beziehungsweise ihre
Mitarbeiter (ggf. Wissenszu-rechnung gemäß § 166 [X.])
den Formmangel noch blieb er ihnen
infolge gro-ber Fahrlässigkeit verborgen, während d[X.]
-
in Kenntnis des Unter-schriftserfordernisses -
den nicht unterschriebenen, jedoch inzwischen von der Krankenversicherung
genehmigten Heil-
und Kostenplan in der Praxis der Klä-gerin vorlegte, um diese
nunmehr
zu der in Aussicht genommenen zahnprothe-tischen Versorgung zu veranlassen.

cc) Soweit d[X.] offenbar meint, bereits das festgestellte Bürover-sehen begründe den Vorwurf grober Fahrlässigkeit,
verkennt sie deren Maß-stab. Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht
schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen
Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss eine auch subjek-tiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen, die das in § 276 Abs. 2 [X.] bestimmte Maß erheblich überschreitet (st. Rspr.; vgl. nur Senats-urteil vom 10. Oktober 2013 -
III ZR 345/13, NJW-RR 2014, 90 Rn. 26;
[X.], 16
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-

Urteile vom 8. Juli 1992 -
IV ZR 223/91, [X.]Z 119, 147, 149; vom 29. Januar 2003 -
IV ZR 173/01, [X.], 1118, 1119; vom 12. Juli 2005 -
VI [X.], [X.], 1271; vom 11. Juli 2007 -
XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 Rn. 15 und vom 17. Februar 2009 -
VI [X.], NJW-RR 2009, 812 Rn. 10;
Pa-landt/[X.] aaO § 277 Rn. 5; jeweils
mwN).
Dass die Mitarbeiter der Klä-gerin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei Entgegennahme des bereits ge-nehmigten Heil-
und [X.] nach diesen Maßgaben in besonders schwe-rem Maße verletzt haben, ist weder festgestellt noch von der Beklagten vorge-tragen oder sonst ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Praxismitarbeiter den Formmangel infolge (einfacher) Fahrlässigkeit
nicht
kannten, führt entge-gen der Revisionserwiderung nicht
zur
Bejahung grober Fahrlässigkeit
auf [X.] der Klägerin.

d) Die Anwendbarkeit des § 242 [X.] scheidet auch nicht deshalb aus, weil bei
Berücksichtigung des Formmangels (§ 126 Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. §
2
Abs. 3 [X.])
der Klägerin
ein Schadensersatzanspruch wegen culpa in con-trahendo (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 [X.]),
ein Aufwendungsersatzan-spruch nach §§ 683, 670 [X.] oder ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] zustünde.

Die Berücksichtigung des Formmangels muss -
wie unter 3a) ausge-führt
-
zu einem untragbaren Ergebnis führen. Das ist nicht der Fall, wenn der bei einem nichtigen Vertrag bestehende Rechtsschutz
(insbesondere Ansprü-che aus culpa in contrahendo, Geschäftsführung ohne Auftrag oder § 812 [X.])
die berechtigen Interessen der schutzbedürftigen [X.] ausreichend sichert ([X.]/[X.] aaO § 125 Rn. 26; MüKo[X.]/[X.] aaO § 125 Rn. 68; siehe
auch Senatsurteil vom 13. Oktober 2005
-
III [X.], NJW 2005, 3633, 3635).
Daran fehlt es hier.
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aa) Ein etwaiger Schadensersatzanspruch
nach § 280 Abs. 1 i.V.m. §
311 Abs. 2 [X.] (vorvertragliche [X.] hinsichtlich des Unterbleibens der Unterschrift)
würde zu keinem angemessenen Ausgleich füh-ren. Denn in diesem
Fall
könnte die Klägerin
lediglich das negative Interesse ersetzt verlangen, das heißt sie wäre so zu stellen,
wie sie stehen würde, wenn sie nicht auf die Gültigkeit der Honorarvereinbarung vertraut hätte (vgl. Pa-landt/[X.]
aaO Vorbem. vor § 249 Rn. 17). Dann
wäre
die aufwändigere Zahnbehandlung (mit Eigenanteil der Beklagten) unterblieben, so dass der Klä-gerin auch kein auf das Erfüllungsinteresse (Honorarzahlung für die medizinisch nicht notwendigen Zusatzleistungen) gerichteter Schadensersatzanspruch zu-stünde.

bb) Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 [X.]) beziehungsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt.
1 [X.]) steht der Schutzzweck der Formvorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] entgegen. Die Notwendigkeit der
Vereinbarung eines schriftlichen Heil-
und [X.] soll dem Bedürfnis des Zahlungspflichtigen nach Information
über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten
und
damit der Transparenz und
dem Patientenschutz auch bei so genannten Verlangensleistungen Rechnung tragen (Begründung zur [X.] zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte, [X.]. 566/11 S. 42 f; [X.], Medizinrecht, 2. Aufl., § 2 [X.] Rn. 20). Wie § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] (dazu [X.] aaO Rn. 8) bezweckt auch § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.], den [X.] wegen der Risiken einer Honorarvereinbarung vor einer un-überlegten und übereilten Bindung zu schützen. Dieser Schutzzweck würde unterlaufen, wenn dem Zahnarzt bei einer formnichtigen Honorarvereinbarung ein
entsprechender
Bereicherungsanspruch oder
Aufwendungsersatzanspruch 20
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-

12

-

nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag zustünde (siehe
auch Senatsurteile vom 19. Februar 1998 -
III ZR 169/97, [X.]Z 138, 91, 99
und
vom 17. Oktober 2002 -
III ZR 58/02, [X.], 3772
zur Rechtslage bei [X.] und
vom 13. Oktober 2005 -
III [X.], NJW 2005, 3633, 3635 zur Rechtslage bei unwirksamer Vereinbarung von Zusatzleistungen im
Rahmen eines Heimvertrags).
Dabei spielt
es
keine Rolle, ob der Patient -
wie im Streitfall -
mündlich umfassend über etwaige [X.]salternativen und deren Kosten aufgeklärt worden ist. Zwingende Formvorschriften gelten vielmehr auch dann, wenn ihr Zweck im Einzelfall auf andere Weise erreicht wird ([X.]/[X.] aaO § 125 Rn. 1
mwN).

cc) Selbst bei Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag beziehungsweise der bereicherungsrechtlichen Bestimmungen käme
ein diesbezüglicher Anspruch der Klägerin nicht in Betracht. Denn die Klägerin hat ihre Leistungen auf der Grundlage eines konkludent abgeschlos-sen (wirksamen) [X.] erbracht. Ohne schriftlichen Heil-
und kostenplan ist lediglich die Honorarforderung nicht durchsetzbar ([X.] aaO § 2 [X.] Rn. 22). § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] verbieten, wenn die dort genannten Kriterien nicht erfüllt sind, lediglich die Abrechnung von Leis-tungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen (siehe auch
Senatsurteil
vom 19. Februar 1998 aaO
zum Vorliegen eines Rechtsgrundes bei unwirksamer Wahlleistungsvereinba-rung).

III.

Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

22
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13

-

Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückweisen kann (§ 563 Abs.
3 ZPO).

[X.]
[X.]
Remmert

[X.]

Pohl
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.01.2015 -
391 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 27.08.2015 -
9 [X.]/15 -

24

Meta

III ZR 286/15

03.11.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2016, Az. III ZR 286/15 (REWIS RS 2016, 2979)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2979

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 286/15

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