Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2005, Az. I ZR 45/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3916

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[X.] vom 21. April 2005 in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 21. April 2005 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] beschlossen:

Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der [X.] wird zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 17. März 2004 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren wird auf 250.000 • festgesetzt.

- 3 - Gründe:

[X.] Die Beklagte vertreibt in [X.] unter der Bezeichnung "[X.]" ein Arzneimittel, das die Klägerin in [X.] unter der Bezeichnung "[X.] Comprimidos" auf den Markt bringt. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze ihre Rechte an der Marke "[X.]", indem sie die [X.] des [X.] Präparats mit der Bezeichnung "[X.] PRO" überklebe, und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat die Beklagte Beschwerde eingelegt. Der Senat hat mit [X.]uß vom 16. Dezember 2004 die Revision zugelassen. Der [X.]uß ist dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gegen [X.] (§ 174 Abs. 1 ZPO) am [X.] 2004 zugestellt worden. Durch Verfügung vom 2. März 2005 ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, daß bislang eine Schrift zur Revisionsbegründung nicht zu den Akten gelangt sei. Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. März 2005 unter Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Weiter hat sie beantragt, ihr gegen die Versäumung der Frist für die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Zur Begründung des [X.] trägt sie vor, im Büro ih-res Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsinstanz sei versäumt worden, die [X.] einzutragen. In dessen Kanzlei sei die Eintragung aller gesetzlichen und richterlichen Fristen unter Einschluß der Fristen des seit - 4 - dem 1. Januar 2002 geltenden Revisionsrechts so organisiert, daß seine beiden Büroangestellten angewiesen seien, die Fristen selbständig zu berechnen, zu kontrollieren und in den [X.] einzutragen. Zudem werde von dem Prozeßbevollmächtigten die Eintragung in den [X.] - bei gesetzli-chen Fristen unter ausdrücklicher Nennung des Ablaufdatums - vorsorglich in jedem Einzelfall noch einmal mündlich angeordnet. Die Eintragung im Fristenka-lender werde sodann zusätzlich in den Handakten vermerkt. Darüber hinaus führe eine der Büroangestellten selbständig eine [X.], in der sie alle Fristen und Termine zusätzlich erfasse. Der Prozeßbevollmächtigte selbst führe unabhängig von seinem Sekretariat einen eigenen Termin- und [X.]. Ihr [X.] könne nicht ausschließen, daß im konkreten Fall die Eintragung der [X.] in den beiden [X.]n, der [X.] und der Handakte deshalb versäumt worden sei, weil er unter sehr großem Zeitdruck gestanden und die Zulassung der Revision mit der An-nahme der Revision nach altem Recht verwechselt habe, die ein weiteres Tä-tigwerden nicht erfordert hätte. Eine der beiden Büroangestellten habe sich in einer schweren persönlichen und familiären Krise befunden, die bereits zu in-nerbetrieblichen Störungen einschließlich anderer Fehler im [X.] geführt gehabt habe. Die andere Büroangestellte sei dadurch zusätzlich belastet gewesen.
I[X.] Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Sie ist erst am 10. März 2005 und daher nicht innerhalb der ge-setzlichen Frist von zwei Monaten seit Zustellung der der Nichtzulassungsbe-schwerde der Beklagten stattgebenden Entscheidung des Senats am 20. De-zember 2004 (§ 544 Abs. 6 Satz 3 i.V. mit § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO) begründet worden. - 5 - 1. Die Revision ist nicht schon zugleich mit der Begründung der [X.] begründet worden (vgl. dazu [X.], Urt. v. 7.7.2004 - IV ZR 140/03, NJW 2004, 2981). Die Beschwerdebegründung der Beklagten vom 2. August 2004 enthält nur die Darlegung der Zulassungsgründe und ge-nügt daher nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
2. Gegen die Versäumung der [X.] kann der [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Ihr hier-auf gerichteter Antrag ist zwar zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
a) Nach § 233 ZPO ist einer [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Die mit dem Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft gemachten [X.] schließen ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsinstanz bei der Versäumung der [X.] nicht aus. Die [X.] muß sich dieses nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher zurückzuweisen (vgl. [X.], [X.]. v. 18.10.1995 - [X.], NJW 1996, 319; [X.]. v. 4.11.2003 - [X.], NJW 2004, 688, 689).
b) Die [X.] (§ 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO), deren Lauf mit der Zustellung des [X.]usses zur Zulassung der Revision begann (§ 544 Abs. 6 Satz 3 ZPO), ist im [X.] des Rechtsanwalts der Beklagten nicht eingetragen worden. Deshalb wurde die Frist versäumt. Die Beklagte hat nicht dargelegt, daß das Unterbleiben der Eintragung nicht auf einem Verschul-den ihres Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsinstanz beruht.
c) Nach ihrem Vortrag zur allgemeinen Behandlung der Fristen im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten und zu den Gründen, aus denen dessen [X.] 6 - personal die Eintragung der [X.] unterlassen hat, kann ein für die Fristversäumung [X.] Verschulden ihres [X.] nicht ausgeschlossen werden. Denn dieser hat das [X.] über die Zustellung des [X.] vom 16. Dezember 2004 [X.] und zurückgegeben, obwohl das Datum der Zustellung nicht in den Handakten vermerkt war.
[X.]) Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gegen [X.] darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das [X.] unterzeichnet hat (vgl. § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO), bedarf es darüber eines be-sonderen Vermerks ([X.], [X.]. v. 17.9.2002 - VI ZR 419/01, NJW 2002, 3782 m.w.[X.]). Um sicherzustellen, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebliche Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] das [X.] über die Zustellung einer Entscheidung, mit der eine Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt, erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist ([X.], [X.]. v. 13.2.2003 - [X.], NJW 2003, 1528, 1529 m.w.[X.]).
[X.]) Dieses Sorgfaltsgebot hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten objektiv verletzt, als er am 20. Dezember 2004 das [X.] [X.] und zurückgegeben hat, ohne daß die [X.] no-tiert war. Nach dem Vortrag der Beklagten kann nicht davon ausgegangen wer-den, daß ihn insoweit kein Verschulden trifft.
Daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bei Unterzeichnung des [X.]ses die Handakten vorgelegt worden sind und er überprüft hat, ob die Frist bereits notiert worden war, kann nach dem Vorbringen der [X.] ausgeschlossen werden. Es ist zwar nicht erforderlich, daß das Emp-- 7 - fangsbekenntnis erst nach vollständiger Fristensicherung unterzeichnet und in den allgemeinen Geschäftsbetrieb des Rechtsanwalts und von dort an das zu-ständige Gericht zurückgegeben wird (vgl. [X.] NJW 2003, 1528, 1529). [X.] der Rechtsanwalt das [X.], bevor die Frist in den [X.] eingetragen und dies in den Handakten vermerkt ist, dann muß er aber durch konkrete Einzelanweisung die erforderlichen Eintragungen veranlas-sen (vgl. [X.] NJW 2003, 1528, 1529). Eine solche konkrete Einzelanweisung ist im vorliegenden Fall nicht erteilt worden. Ob eine Einzelanweisung entbehr-lich sein kann, wenn ausreichende organisatorische Maßnahmen getroffen [X.] sind, damit die erforderlichen Eintragungen nach der Unterzeichnung des [X.]ses nachgeholt werden (vgl. [X.], Urt. v. 5.5.1993 - [X.], NJW-RR 1993, 1213, 1214 f.), kann dahingestellt bleiben. Denn die Beklagte hat nicht hinreichend vorgetragen, welche organisatorischen Maß-nahmen im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten zur Fristensicherung im Zusam-menhang mit der Unterzeichnung eines [X.]ses bestanden haben. Ihrem Vortrag zur allgemeinen Behandlung der Fristen und deren Ein-tragung in die [X.], die Handakten und die [X.] läßt sich nicht entnehmen, ob diese Eintragungen vor oder nach der Unterzeichnung des [X.]ses durch den Rechtsanwalt erfolgen und durch welche organisatorischen Maßnahmen überprüft wird, ob die Fristensicherung im Ein-zelfall auch tatsächlich erfolgt, bevor das [X.] an das Gericht zurückgegeben wird. Werden die getroffenen organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung hinreichend vorgetragen und [X.] gemacht, so ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten zu vermuten (vgl. [X.] NJW 2004, 688, 689).
Dem Vortrag der Beklagten, ihr [X.] könne nicht aus-schließen, daß die Eintragung der [X.] nach Zustellung des [X.] vom 16. Dezember 2004 unterblieben sei, weil er die - 8 - Zulassung der Revision mit der Annahme der Revision nach altem Recht ver-wechselt und deshalb angenommen habe, ein weiteres Tätigwerden sei nicht erforderlich, kann nicht entnommen werden, daß die Fristversäumung auf einem unverschuldeten Irrtum des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten beruht. Der Umstand, daß ihr [X.] unter sehr großem Zeitdruck stand, weil er bis zum 23. Dezember 2004 noch verschiedene Arbeiten abzuschließen hatte, vermag den Irrtum nicht zu entschuldigen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter anführt, ihr [X.] in der [X.] sei möglicherweise durch die Vorkorrespondenz mit ihrem Bevollmächtig-ten in den Tatsacheninstanzen beeinflußt gewesen, weil dieser in seinem Schreiben vom 8. Dezember 2004 von der "Annahme der Nichtzulassungsbe-schwerde" gesprochen habe, kann darin gleichfalls kein Umstand gesehen wer-den, der den Irrtum als unverschuldet erscheinen lassen könnte.
d) Da somit nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht ausgeschlos-sen ist, daß die Fristversäumung auf einem Verschulden ihres [X.] in der Revisionsinstanz beruht, kann die beantragte [X.] nicht gewährt werden. Eine Wiedereinsetzung kommt schon dann nicht in Betracht, wenn ein Mitverschulden der [X.] oder ihres Prozeßbevollmächtig-ten (§ 85 Abs. 1 ZPO) Ursache für die Fristversäumung war ([X.], [X.]. v. 8.3.2001 - [X.], NJW-RR 2001, 1072 m.w.[X.]). - 9 - 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] Bornkamm [X.]

Büscher

[X.]

Meta

I ZR 45/04

21.04.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2005, Az. I ZR 45/04 (REWIS RS 2005, 3916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3916

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