Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.02.2014, Az. 30 W (pat) 39/12

30. Senat | REWIS RS 2014, 8122

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Fichtenzauber" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 71 968.5

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 6. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Fichtenzauber

3

ist am 6. November 2007 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der

4

"Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Öle für Körper- und Schönheitspflege, insbesondere für Massagen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;

5

Klasse 5: pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Öle für medizinische Zwecke; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; Heilmittel, soweit in Klasse 5 enthalten;

6

Klasse 35: Groß- und Einzelhandel mit Waren der Klassen 3 und 5;

7

Klasse 44: medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Betrieb von Thermalbädern; Betrieb eines medizinischen Wellness-Zentrums; Durchführung von Massagen"

8

angemeldet worden.

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Fichtenzauber weise in werbeüblich anpreisender Weise auf ein Produktmerkmal hin, dass nämlich die so bezeichneten Waren der Klassen 3 und 5 Fichtenduftaromen enthielten, die Dienstleistungen der Klasse 35 derartige Waren zum Gegenstand hätten und bei den Dienstleistungen der Klasse 44 Fichtenduftaromen, z. B. im Massageöl, eingesetzt werden würden.

Fichtenzauber auf Produkte hin, die in zauberhafter Weise Inhaltsstoffe der Fichte enthielten oder verwendeten, aber nicht auf einen bestimmten Hersteller. Zwischen dem Anmeldezeichen und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe ein enger beschreibender Bezug. Die Waren der Klassen 3 und 5 könnten Inhalts-, Aroma- oder Duftstoffe von Fichten oder diesen Stoffen nachgebildete künstliche Aromen oder Düfte enthalten. Die beanspruchten Handelsdienstleistungen hätten eine funktionelle Nähe zu derartigen Waren, mit denen Handel getrieben werde. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 weise Fichtenzauber anpreisend darauf hin, dass bei der Erbringung der Dienstleistungen in zauberhafter Weise die genannten Inhalts-, Aroma- oder Duftstoffe verwendet werden würden.

Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Marke könne von den angesprochenen Verkehrskreisen durchaus gleichzeitig als werbliche Anpreisung und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden. Bei einer "Fichte" handele es sich zunächst einmal um einen Nadelbaum. Als "Fichte" werde aber auch das entsprechende Holz bezeichnet. Um zu [X.] und/oder Duftstoffen zu gelangen, seien weitere Denkprozesse erforderlich. Der Markenbestandteil "Fichte" laute gerade nicht "[X.]". Auch "Zauber" verfüge über verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Alle diesbezüglichen Interpretationsversuche bewegten sich in einem leicht nebulösen Bereich. "Zauber" bedeute auch "Blödsinn", "Quatsch" oder "Unsinn". Es frage sich auch, was darunter zu verstehen sein solle, wenn ein Produkt "in zauberhafter Weise" einen Inhaltsstoff enthalte.

Sie beantragt sinngemäß,

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR Int. 2012, 914, 916, Rn. 23 - [X.] [X.]; [X.], 610 Rn. 42 - [X.]; [X.], 228, 229, Rn. 33 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2013, 731, 732, Rn. 11 - [X.]; [X.], 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.], 1044, 1045 Rn. 9 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die [X.] der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230, Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - [X.]; [X.] 2008, 710, Rn. 12 - [X.]; [X.], 949, Rn. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH [X.], 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.], 1044, 1045, Rn. 9 - [X.]; [X.], 270, Rn. 8 - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rn. 24 - SAT.2; BGH [X.], 935, Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826, Rn. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 18 - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor; BGH [X.], 270, 271, Rn. 11 - Link economy; [X.], 952, 953, Rn. 10 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH [X.], 1100, Rn. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855, Rn. 28 f. - [X.]).

Fichtenzauber jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Fichtenzauber ist lexikalisch nicht nachweisbar. Es besteht für die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise erkennbar aus den Elementen "Fichten" und "Zauber".

Das Wort "Fichte" bezeichnet "einen hochwachsenden Nadelbaum mit meist gleichmäßig um den Zweig angeordneten kurzen, einzelnen Nadeln und länglichen, hängenden Zapfen", eine "Rottanne" oder das "Holz der Fichte". "Zauber" beschreibt die "Handlung des [X.]", "Zauberkraft", eine "auf gleichsam magische Weise anziehende Ausstrahlung, Wirkung; Faszination" oder umgangssprachlich abwertend "etwas, was für übertrieben, unnötig, lästig gehalten wird". Mit dem Ausdruck "Entspannender [X.]" wird in einem Beitrag über "[X.] und ihre Wirkung" auf einen "Zauber", also eine besondere Wirkung, hingewiesen, den ein Aroma-Aufguss entfalten kann ([X.], Anlage 3 zum [X.]). Unter der Überschrift "Zauber der Düfte" berichtete der [X.] am 18. Dezember 2009 über "Wohlgerüche und ihre Geschichten" (Anlage 4 zum [X.]). Als Hinweis auf eine besondere Wirkung findet sich "-zauber" auch in der Themenangabe "Rosenzauber" in einer Abhandlung über "Aromatherapie, Aromapflege und Aromakultur", in der es um [X.]" als Pflanze, Symbol und Kulturgegenstand und die Herstellung und Verwendung von "Rosenöl" geht (vgl. [X.], Ausgabe 20-2001, Anlage 1 zum [X.]). Entsprechend findet das Adjektiv "zauberhaft" als Eigenschaftsversprechen in Verbindung mit einem Wertversprechen in der Sprache der Werbung Verwendung, z. B. "Ein zauberhafter Ideen-Sommer" oder "Ein zauberhafter Blickfang" (vgl. Wörterbuch der Werbesprache, 1. Auflage, [X.]). In zahlreichen Entscheidungen des [X.] sind Kombinationen von Bezeichnungen eines Gegenstands mit dem Wortbildungselement "-zauber" als werbemäßige Anpreisung dieses Gegenstands oder damit zusammenhängender Produkte angesehen worden (vgl. BPatG 30 W (pat) 62/10 - [X.]; 24 W (pat) 140/05 - [X.]; 25 W (pat) 72/09 - [X.]; 26 W (pat) 160/09 - Pfirsich-Zauber; 26 W (pat) 43/10 - Küchenzauber; 29 W (pat) 196/10 - Küchenzauber; [X.] (pat) 389/95 - Früchtezauber; 27 W (pat) 166/10 - Figurzauber).

Fichtenzauber als Werbeaussage produktbezogener Art auf die Verwendung von Fichtennadelöl (und eine damit verbundene besondere Wirkung) hinweisen kann.

Fichtenzauber anpreisend auf die Verwendung von Fichtennadelöl bei diesen Dienstleistungen hinweisen. So werden Massagen, Saunaaufgüsse und Bäder mit Fichtennadelöl angeboten, wie z. B. ein "Fichtenölbad" in der Gesundheitstherme "Wildbad Einöd". Auf der Internetseite [X.] heißt es z. B. "Ein Vollbad in Fichtennadelöl entspannt und erfrischt zugleich …" (vgl. die Anlagen zum Erinnerungsbeschluss).

Fichtenzauber in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden. Damit kann das Zeichen die Hauptfunktion einer Marke, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Bezeichnung ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen.

Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Meta

30 W (pat) 39/12

06.02.2014

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.02.2014, Az. 30 W (pat) 39/12 (REWIS RS 2014, 8122)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8122

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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