Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2016, Az. VIII ZR 79/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6465

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:230816BVIIIZR79.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 79/15
vom

23. August 2016

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 103; ZPO § 321a
Da ein Gericht nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Parteivorbringen in den [X.] ausdrücklich oder jedenfalls mit einer bestimmten Intensität zu [X.], sind bei einer Anhörungsrüge die in § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr.
2, Abs. 2 Satz 5 ZPO aufgestellten Anforderungen an die substantiierte Darlegung einer Gehörsver-letzung nicht gewahrt, wenn die
Rüge sich auf eine wiederholende Darstellung oder Rechtfertigung des vermeintlich übergangenen Vorbringens beschränkt. In der Anhö-rungsrüge muss vielmehr zugleich anhand des angegriffenen Urteils näher heraus-gearbeitet werden, dass darin ein Rechtsstandpunkt eingenommen worden ist, bei dem das als übergangen gerügte Vorbringen schlechthin nicht unberücksichtigt blei-ben konnte und seine Nichtberücksichtigung sich deshalb nur damit erklären lässt, dass es nicht zur Kenntnis genommen worden ist.

[X.], Beschluss vom 23. August 2016 -
VIII ZR 79/15 -
LG [X.] (Oder)

[X.]

-
2
-

Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 23. August
2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, [X.]
Achilles und
Dr.
[X.], die Richterin Dr.
Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:

Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen das
Senatsurteil vom 6.
April 2016 wird auf ihre Kosten als unzulässig verwor-fen.

Gründe:
Die nach § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil sie bereits den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt.
1. § 321a ZPO eröffnet nach allgemeiner Auffassung ausschließlich die Möglichkeit, einen Verstoß gegen den in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten [X.] auf rechtliches Gehör geltend zu machen. Andere Rechtsverletzungen können nach §
321a ZPO nicht gerügt werden, so dass auf eine Anhörungsrüge hin nur zu prüfen
ist, ob das Gericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen hat, also seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, die Ausführungen der [X.] zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen
(zuletzt [X.], Beschluss vom 14.
April 2016 -
IX ZR 197/15, [X.], 1389 Rn. 13, 22 mwN).
In dem so gesteckten Rahmen ist eine Anhörungsrüge nur zulässig, wenn mit ihr eine neue und eigenständige Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch das erkennende Gericht gerügt wird; dabei ist
gemäß § 321a Abs. 1 1
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3
-

Satz
1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 5 ZPO in substantiierter Weise darzulegen, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat ([X.], Beschlüsse vom 17. Februar 2015 -
XI [X.], juris Rn. 2; vom 12. Dezember 2012 -
V [X.], juris Rn. 2; jeweils mwN).
Denn eine sol-che Rechtsverletzung kann nicht schon darin gesehen werden, dass das Ge-richt
die Rechtslage abweichend von der Auffassung der Anhörungsrüge
beur-teilt hat ([X.], Beschlüsse vom 19. Mai 2008 -
VII ZR 159/07, juris Rn. 3; vom 20. November 2007 -
VI [X.], [X.], 923 Rn. 6).
Vielmehr muss zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hinzukommen, dass sich aus besonderen
Umständen
des Falles klar ergibt, dass das Gericht entschei-dungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat.
Zwar lässt
in Fällen, in denen das Gericht in seinen Entscheidungsgrün-den auf [X.] des [X.] zu einer Frage nicht eingeht, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, dieser Umstand
auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war
([X.], Beschluss vom 27. Mai 2016 -
1 BvR 1890/15, juris Rn. 15; [X.], Beschlüsse vom 23. Februar 2016 -
VII ZR 28/15, IHR 2016, 124 Rn. 7; vom 16. März 2011 -
VIII ZR 338/09, [X.], 300 Rn. 3; jeweils mwN). Da das Gericht aber nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich oder jedenfalls mit einer bestimmten Intensität zu befassen, erfordert die substantiierte Darlegung einer Gehörsver-letzung in einer Anhörungsrüge
unter anderem auch, dass die Rüge sich nicht auf eine wiederholende Darstellung oder Rechtfertigung des vermeintlich über-gangenen Vorbringens beschränkt. Sie muss
vielmehr zugleich anhand des angegriffenen Urteils näher
herausarbeiten, dass darin ein Rechtsstandpunkt eingenommen worden ist, bei dem das als übergangen gerügte Vorbringen 4
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4
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schlechthin nicht unberücksichtigt bleiben konnte und seine Nichtberücksichti-gung sich deshalb
nur damit erklären lässt, dass es
nicht zur
Kenntnis genom-men worden ist
(vgl. [X.], Beschluss vom 15. November
2012 -
V ZR 79/12,
juris
Rn. 3).
2. Hieran fehlt es
der Anhörungsrüge
im Streitfall. Sie beschränkt sich
in [X.] vielmehr darauf,
zu beanstanden, dass im Senatsurteil "ihr Sachvor-trag sowie die von ihr vorgelegten Beweise nicht hinreichend gewürdigt"
worden seien, und eine abweichende Rechtsanwendung
zu begehren.
a) Soweit die Anhörungsrüge beanstandet, der Senat habe übersehen, dass im vorliegenden Vertragsverhältnis keine
Regelungslücke
existiere, weil sich der Versorger seit dem Ende 2004 erhobenen Unbilligkeitseinwand der Beklagten zur Vermeidung einer Kostenunterdeckung bei Weiterbelieferung zum anfänglichen Preis kurzfristig durch Kündigung vom Vertrag hätte lösen können, nimmt sie ihrerseits nicht den in Randnummern 19 f., 33 des [X.] dargestellten Rechtsstandpunkt zur Kenntnis, nach dem die Annahme der Regelungslücke und ihrer Ausfüllung sich aus der Sicht der Vertragsparteien bei Vertragsschluss nach ganz anderen Kriterien beurteilt, als die Beklagte sie ihrer Rechtsposition zugrunde gelegt wissen will. Dass der Senat auch nach dem von ihm eingenommenen Rechtsstandpunkt das Vorliegen einer Rege-lungslücke und die Möglichkeiten ihrer Ausfüllung nur daran hätte messen [X.] und müssen, dass die Klägerin nach Erhebung des [X.] eine ihr zukommende Kündigungsmöglichkeit nicht wahrgenommen habe, zeigt weder die Anhörungsrüge auf noch ist dies sonst ersichtlich.
b) Soweit die Anhörungsrüge es als gehörsverletzend wertet, dass der Senat ohne Tatsachenvortrag des
Versorgers dessen unzumutbare Belastung [X.] und dem sich nach der "Dreijahreslösung"
ergeben-5
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den Preis
angenommen habe, weil dieser Preis nachweislich zu einer Unterde-ckung seiner Gasbezugskosten führen würde,
findet sich eine solche Aussage angesichts des
vom Senat schon im Ansatz
abweichend eingenommenen Rechtsstandpunktes jedenfalls mit der von der Anhörungsrüge suggerierten, diesem Rechtsstandpunkt jedoch grundlegend zuwider laufenden Zielrichtung im Senatsurteil nicht.
Dass der Senat nach diesem etwa in den Randnummern 19, 39 darge-stellten Rechtsstandpunkt, der entscheidend an eine hypothetische Willensbil-dung der Vertragsparteien bei Vertragsschluss anknüpft, auf
die als übergan-gen beanstandeten Veränderungen der
Vorlieferantenpreise als entscheidungs-tragend hätte eingehen müssen, zeigt die Anhörungsrüge nicht auf und er-schließt sich auch sonst nicht. Hiervon abgesehen übergeht die Anhörungsrü-ge, dass ausweislich der Randnummern 40 f. des [X.] dem Senat das Vorbringen der Beklagten zu den von ihr für relevant gehaltenen Preisänderun-gen nicht entgangen ist, der Senat ihm aber nach seinem abweichenden Rechtsstandpunkt keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat.
Gleiches gilt für den Einwand der Willkürlichkeit der vom Senat angewandten "Dreijahreslösung"
und des dabei erzielten Ergebnisses. Auch hiermit hat sich der Senat etwa in Randnummer 40 f. seines Urteils befasst, ihm nach seinem Rechtsstandpunkt aber keine Bedeutung beigemessen, ohne dass die Anhö-rungsrüge aufzeigt, dass der Senat auch auf der Grundlage seines Rechts-standpunktes nur zu dem von der Beklagten gewünschten Ergebnis hätte kommen können und müssen.
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3. Die Anhörungsrüge wäre im Übrigen aus den vorstehend unter 2 dar-gestellten Erwägungen zumindest auch unbegründet. Daraus ergibt sich zu-gleich, dass der Senat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO).
Dr.
Milger
Dr.
Achilles
Dr.
[X.]

Dr.
Fetzer
Kosziol

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.02.2014 -
24 [X.]/09 -

LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 09.03.2015 -
16 S 48/14 -

9

Meta

VIII ZR 79/15

23.08.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2016, Az. VIII ZR 79/15 (REWIS RS 2016, 6465)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6465

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