Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2022, Az. 2 ARs 405/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2022, 8646

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Gegenstand

Divergierende Rechtsprechung zweier BGH-Strafsenate zur Frage der Einziehung eines durch eine verjährte Straftat erlangten Wertes


Tenor

Die beabsichtigte Entscheidung des 3. Strafsenats widerspricht der Rechtsprechung des [X.], der an dieser festhält.

Gründe

1

1. Der 3. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:

„Die Einziehung des durch eine verjährte Straftat erlangten Wertes des [X.] nach § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB kann auch im subjektiven Verfahren angeordnet werden, wenn die Staatsanwaltschaft wegen der [X.] Anklage erhoben, das Gericht das Hauptverfahren insoweit eröffnet und die Einstellung des Verfahrens erst im Urteil ausgesprochen hat (§ 260 Abs. 3 StPO); eines Übergangs in das objektive Verfahren sowie eines Antrags der Staatsanwaltschaft nach § 435 Abs. 1 Satz 1 StPO und einer staatsanwaltschaftlichen Ermessensausübung im Sinne des § 435 Abs. 1 Satz 2 StPO bedarf es in einem solchen Fall nicht“.

2

Er hat daher mit Beschluss vom 10. August 2021 (3 [X.]) angefragt, ob der 1., 4. und 5. Strafsenat an ihrer anderslautenden Rechtsauffassung festhalten, ob Rechtsprechung des 2. und 6. Strafsenat dem entgegensteht und ob – sollte dies der Fall sein – daran festgehalten wird.

3

2. Der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats steht Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom 4. Juni 2019 – 2 StR 31/19, [X.], 65) entgegen; ohne weitere Nachweise ist er dort der gesetzlichen Konzeption (vgl. § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB; § 435 Abs. 1 Satz 1 StPO) und der bisherigen Rechtsprechung des 1., 4. und 5. Strafsenats (vgl. die Nachweise im [X.] vom 10. August 2021 – 3 [X.], Rn. 29 ff.) gefolgt. An dieser hält er fest.

4

Der Senat kann offenlassen, ob der Argumentation des anfragenden Senats im Hinblick auf Gesetzessystematik und reformgesetzgeberischen Willen in jeder Hinsicht zu folgen ist (kritisch insoweit [X.], [X.] 2022, 196, 197 f.).

5

Da im Revisionsverfahren bei zulässiger unbeschränkter Sachrüge die Einziehungsentscheidung materiell-rechtlich vollständig überprüft wird, greifen [X.] dort allenfalls dann, wenn auch die nach der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats insoweit einzustellende Anordnung des Wertes von Taterträgen aus der verjährten Straftat rechtsfehlerfrei ist.

6

Bedarf es in der vom anfragenden Strafsenat zugrunde gelegten Fallkonstellation keines Übergangs in das objektive Verfahren, muss (vgl. § 264 StPO) im subjektiven Verfahren über die Frage, ob der durch eine verjährte Straftat erlangte Wert des Tatertrages einzuziehen ist, entschieden werden. Entscheidet das mit der Sache befasste Gericht diese Frage nicht, kann diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen; die spätere Durchführung eines selbstständigen Einziehungsverfahrens nach § 435 StPO scheidet aus (vgl. auch [X.], [X.], 255, 256). Abgesehen von diesem mit der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats einhergehenden Rechtskraftproblem wandelt sich die ursprünglich im Ermessen stehende Entscheidung der Staatsanwaltschaft (vgl. § 435 Abs. 1 Satz 2 StPO) in eine Entscheidungsverpflichtung des Gerichts, ohne dass dieses von der gesetzlichen Grundkonzeption intendiert gewesen wäre.

Franke     

  

Appl     

  

Zeng

  

Grube     

  

Schmidt     

  

Meta

2 ARs 405/21

23.06.2022

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

nachgehend BGH, 12. Januar 2023, Az: 3 StR 474/19, Vorlagebeschluss

§ 260 Abs 3 StPO, § 435 Abs 1 S 1 StPO, § 435 Abs 1 S 2 StPO, § 76a Abs 2 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2022, Az. 2 ARs 405/21 (REWIS RS 2022, 8646)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8646


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 ARs 405/21

Bundesgerichtshof, 2 ARs 405/21, 23.06.2022.


Az. 5 ARs 28/21

Bundesgerichtshof, 5 ARs 28/21, 20.01.2022.


Az. 3 StR 474/19

Bundesgerichtshof, 3 StR 474/19, 12.01.2023.

Bundesgerichtshof, 3 StR 474/19, 10.08.2021.

Bundesgerichtshof, 3 StR 474/19, 30.03.2021.


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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 281/22

GSSt 1/23

Zitiert

3 StR 474/19

2 StR 31/19

Zitieren mit Quelle:
x

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