Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2019, Az. 9 AZR 273/18

9. Senat | REWIS RS 2019, 3307

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Gegenstand

Ausschlussklausel - "Altvertrag" - ergänzende Vertragsauslegung


Leitsatz

Eine vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes als Allgemeine Geschäftsbedingung vereinbarte arbeitsvertragliche Ausschlussfrist, die sich ohne Einschränkung auf "alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" bezieht, ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einschränkend dahingehend auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich Haftungsansprüche iSv. § 202 Abs. 1 BGB und § 309 Nr. 7 BGB nicht erfasst.

Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 6. April 2018 - 11 [X.]/17 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld für das [X.].

2

Der Kläger ist bei der [X.] seit dem 6. März 1997 als Techniker beschäftigt. Im „Anstellungsvertrag“ vom 6. März 1997 heißt es ua.:

        

„3.     

Vergütung

                 

…       

        

        

Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird im betriebsüblichen Rahmen gezahlt.

                 

…       

        

9.    

Verfallfrist

                 

Die Parteien vereinbaren, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis binnen drei Monaten nach Fälligkeit verfallen. Der Verfall tritt nicht ein, wenn solche Ansprüche innerhalb dieses Zeitraumes schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.“

3

Der Bruttomonatsverdienst des [X.] betrug im [X.] 3.234,10 Euro. Die Beklagte zahlte allen Beschäftigten in den Jahren 1997 bis 2003 mit der Vergütung für Juni ein Urlaubsgeld iHv. 50 % und in den Jahren 1998 bis 2000 mit der Vergütung für November ein Weihnachtsgeld iHv. 60 % des [X.].

4

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 3. August 2016 verlangt der Kläger mit der vorliegenden Klage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - für das [X.] die Zahlung eines [X.]. 50 % und eines Weihnachtsgeldes iHv. 60 % des ihm zustehenden [X.]. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aufgrund betrieblicher Übung zur Zahlung verpflichtet. Das von der [X.] an ihn gezahlte [X.] iHv. 3.234,10 Euro sei sittenwidrig. Ihm habe im [X.] nach § 612 Abs. 2 BGB als übliche Vergütung ein [X.] iHv. 5.505,19 Euro zugestanden. Auf dieser Basis sei das Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2015 zu berechnen. Die Ansprüche seien nicht nach Ziff. 9 des Arbeitsvertrags verfallen. Die [X.] sei unwirksam, weil sie auch Ansprüche erfasse, für die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Ausschlussfristen nicht vereinbart werden durften.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Weihnachtsgeld für das [X.] 3.303,11 Euro brutto nebst Zinsen iHv. von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17. August 2016 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Urlaubsgeld für das [X.] 2.752,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17. August 2016 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt vertreten, die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2015 seien nach Ziff. 9 des Arbeitsvertrags verfallen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der in der Revisionsinstanz noch streitgegenständlichen Ansprüche und insoweit abgewiesen, als der Kläger Entgeltdifferenzen für den Zeitraum von Juli 2013 bis September 2016 wegen behaupteter sittenwidriger Vergütung geltend machte. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger weiterhin die Verurteilung der [X.] zur Zahlung eines Urlaubs- und Weihnachtsgelds für das [X.].

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die [X.] ist nicht verpflichtet, an den Kläger ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld für das [X.] zu zahlen. Die Ansprüche des [X.] sind - soweit entstanden - nach Ziff. 9 des Arbeitsvertrags verfallen. Ihm steht deshalb auch kein Zinsanspruch zu.

9

I. Die [X.] war verpflichtet, an den Kläger für das [X.] ein Urlaubsgeld iHv. 1.617,05 Euro brutto und ein Weihnachtsgeld iHv. 1.940,46 Euro brutto zu zahlen. Ein weitergehender Zahlungsanspruch des [X.] bestand nicht.

1. Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass die [X.] durch die von ihr in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen Ansprüche des [X.] aus betrieblicher Übung (vgl. zu den Anspruchsvoraussetzungen [X.] 25. Juni 2019 - 9 [X.] - Rn. 31 [X.]) auf jährliche Zahlung eines Urlaubsgeldes iHv. 50 % und eines Weihnachtsgeldes iHv. 60 % des ihm zustehenden [X.] begründet hat, die sie nicht einseitig einschränken konnte.

a) Dem tatsächlichen Verhalten der [X.]n war aus Sicht der Arbeitnehmer der Wille zu entnehmen, beide Leistungen auch in Zukunft als allein den Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzende, zu unterschiedlichen Terminen fällig werdende saisonale Sonderzahlungen (vgl. [X.] 15. April 2003 - 9 [X.] - zu I 1 b aa der Gründe, [X.]E 106, 22) zu erbringen. Aus der [X.] der [X.]n ergab sich zudem, dass sie das Urlaubsgeld dem Grund und der Höhe nach unabhängig von der Urlaubsgewährung leisten werde (vgl. [X.] 12. Dezember 2018 - 4 [X.] - Rn. 43, [X.]E 164, 345). Allein die Bezeichnung als „Urlaubsgeld“ ließ nicht auf eine Akzessorietät zum Erholungsurlaub schließen (vgl. [X.] 15. April 2003 - 9 [X.] - zu I 1 b aa der Gründe, [X.]E 106, 22). Aus dem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten der [X.]n, das von den Arbeitnehmern gemäß § 151 [X.] durch Entgegennahme der Leistung stillschweigend angenommen wurde (§ 151 [X.]), sind vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen erwachsen.

b) Die [X.] leistete die Zahlungen nicht aufgrund einer bestehenden oder vermeintlichen Rechtspflicht. Ziff. 3 des Arbeitsvertrags verpflichtet die [X.] nicht zur Zahlung eines Urlaubs- und [X.].

aa) Nach den bindenden Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) war Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien im [X.] der im Jahr 1997 geschlossene Arbeitsvertrag vom 6. März 1997, bei dessen Bestimmungen es sich um [X.] iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 [X.] handelt. Deren Auslegung unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle ([X.] 11. Oktober 2017 - 5 [X.] - Rn. 26).

bb) Ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab (vgl. [X.] 24. Mai 2018 - 6 [X.] - Rn. 15 [X.]) musste ein verständiger Arbeitnehmer Ziff. 3 des [X.] allein als klarstellenden Hinweis darauf verstehen, er werde im Hinblick auf die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu den im Betrieb üblichen Bedingungen beschäftigt. Zwar kann mit der vertraglichen Abrede, eine Sonderzahlung werde „gezahlt“, ein vertraglicher Entgeltanspruch des Arbeitnehmers begründet werden (vgl. [X.] 20. Februar 2013 - 10 [X.] - Rn. 17 [X.]). Dieser Auslegung steht vorliegend jedoch der Wortlaut von Ziff. 3 des Arbeitsvertrags im Übrigen entgegen. Die Formulierung, die Zahlung erfolge „im betriebsüblichen Rahmen“, wäre überflüssig, wenn durch die Klausel selbst ein vertraglicher Anspruch hätte begründet werden sollen.

c) Das [X.] hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die [X.] die Zahlung des [X.] in den Jahren 1998 bis 2000 und des [X.] in den Jahren 1997 bis 2003 nicht unter einen immanenten Freiwilligkeitsvorbehalt stellte, der der Entstehung einer anspruchsbegründenden betrieblichen Übung entgegenstünde (vgl. [X.] 15. Mai 2012 - 3 [X.] - Rn. 61, [X.]E 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 [X.] - Rn. 14; 18. März 2009 - 10 [X.] - Rn. 17 ff.). Es fehlt vorliegend bereits an einem Erklärungsverhalten der [X.]n, das auf ihren Willen hätte schließen lassen, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nur unter dem Vorbehalt einer in jedem Kalenderjahr aufs Neue zu treffenden Entscheidung zu zahlen. Auch Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthält keinen dem Entstehen einer betrieblichen Übung entgegenstehenden Freiwilligkeitsvorbehalt. Liegen die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung vor, genügt die Formulierung Urlaubs- und Weihnachtsgeld würden „im betriebsüblichen Rahmen gezahlt“ nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung für die Zukunft auszuschließen.

2. Die Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes war auf Grundlage des von der [X.]n iHv. 3.234,10 Euro geschuldeten [X.] im [X.] zu bemessen. Danach ergab sich für das [X.] ein Urlaubsgeldanspruch iHv. 1.617,05 Euro brutto und ein Weihnachtsgeldanspruch iHv. 1.940,46 Euro brutto. Der Entstehung eines höheren Anspruchs auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld steht die präjudizielle Wirkung (vgl. hierzu im Einzelnen [X.] 21. Mai 2019 - 9 [X.] - Rn. 28; 15. November 2018 - 6 [X.] - Rn. 31, [X.]E 164, 168) des - insoweit - rechtskräftigen Berufungsurteils über die vom Kläger geltend gemachten [X.] für das [X.] entgegen (§ 322 Abs. 1 ZPO).

II. Die Ansprüche des [X.] auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld für das [X.] sind - soweit entstanden - nach Ziff. 9 des Arbeitsvertrags erloschen.

1. Die streitgegenständlichen Ansprüche sind vom Anwendungsbereich der Klausel erfas[X.] Ziff. 9 des Arbeitsvertrags bezieht sich ohne Einschränkung auf „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. [X.] 17. Oktober 2017 -  9 [X.]  - Rn. 12; 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 39, [X.]E 144, 306).

2. Die Wirksamkeit von Ziff. 9 des Arbeitsvertrags ist seit dem 1. Januar 2003 anhand des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit diesem Zeitpunkt geltenden Fassung zu beurteilen. Die Regelungen der §§ 305 ff. [X.] zur Gestaltung der Schuldverhältnisse durch [X.], mit denen die früher für Arbeitsverträge nach § 23 Abs. 1 [X.] geltende Bereichsausnahme aufgehoben wurde, sind anzuwenden, obwohl der Arbeitsvertrag der Parteien bereits im Jahr 1997 geschlossen wurde. Die Übergangsfrist des Art. 229 § 5 Satz 2 EG[X.] ist am 31. Dezember 2002 abgelaufen (vgl. [X.] 23. August 2017 - 10 [X.] - Rn. 13; 21. Februar 2017 - 3 [X.] - Rn. 18, [X.]E 158, 154).

3. Die Ausschlussfristenregelung ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 [X.] und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben ([X.] 27. Januar 2016 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 154, 93). Die Klausel befindet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle, sondern ist in einer mit „[X.]“ überschriebenen eigenen Ziffer enthalten.

4. Ziff. 9 des Arbeitsvertrags ist einer einheitlichen [X.] zu unterziehen. Die Klausel ist nicht teilbar. Sie erfasst inhaltlich und sprachlich ohne weitere Differenzierung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - Rn. 31 ff. , [X.]E 163, 282; 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 24, [X.]E 156, 150).

5. Einer uneingeschränkten [X.] nach § 307 Abs. 1 und 2 [X.] sowie nach §§ 308 und 309 steht § 307 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht entgegen. Ziff. 9 des Arbeitsvertrags stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung dar (§ 307 Abs. 3 Satz 1 [X.]), denn gesetzlich bleiben Ansprüche abgesehen von einer Verwirkung (§ 242 [X.]) erhalten und sind nur im Rahmen des Verjährungsrechts geltend zu machen. Die Klausel entspricht auch nicht einer tariflichen Bestimmung oder anderen Norm iSd. § 310 Abs. 4 Satz 3 [X.], die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar Anwendung finden kann (vgl. [X.] 28. November 2007 - 5 [X.] - Rn. 24).

6. Die Ausschlussfristenregelung verstößt nicht gegen § 276 Abs. 3 [X.], denn durch die Klausel wird die Haftung des Schuldners nicht im Voraus erlassen (vgl. [X.] 30. Oktober 2008 - 8 [X.] - Rn. 16).

7. Ziff. 9 des Arbeitsvertrags ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 [X.] gemäß § 134 [X.] nichtig. Dies folgt aus einer ergänzenden Vertragsauslegung.

a) Nach § 202 Abs. 1 [X.] in der seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Fassung kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 [X.]. Das Verbot des § 202 Abs. 1 [X.] gilt für alle Schadensersatzansprüche aus Delikt und Vertrag (vgl. [X.] 16. Mai 2007 - 8 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 122, 304). Das Gesetz bezweckt mit § 202 Abs. 1 [X.] in Ergänzung von § 276 Abs. 3 [X.] einen umfassenden Schutz gegen im Voraus vereinbarte Einschränkungen von Haftungsansprüchen aus vorsätzlichen Schädigungen. § 202 Abs. 1 [X.] erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen ([X.] Rspr. vgl. [X.] 19. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 46 [X.], [X.]E 165, 19). Infolge des gesetzlichen Verbots kann eine Haftung aus vorsätzlich begangener Vertragspflichtverletzung oder unerlaubter Handlung nicht mehr durch vertragliche Ausschlussfristen ausgeschlossen werden (vgl. [X.] 16. Mai 2007 - 8 [X.] - aaO). Gemäß Art. 229 § 5 EG[X.] gilt dies seit 1. Januar 2003 auch für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart wurden.

b) Verstößt eine als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte Ausschlussfristenregelung gegen § 202 Abs. 1 [X.], führt dies zur Gesamtunwirksamkeit einer insoweit nicht teilbaren Klausel. Die Rechtsfolgen von § 306 [X.] kommen nicht nur zur Anwendung, wenn sich die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel aus den §§ 305 ff. [X.] selbst ergibt, sondern auch dann, wenn sie gegen sonstige Verbote verstößt ([X.] 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.]E 156, 150; 21. April 2016 - 8 [X.] - Rn. 42 ; 19. Juni 2012 - 9 [X.] - Rn. 21 [X.] ). § 306 Abs. 1 [X.] enthält eine kodifizierte Abweichung von der [X.] des § 139 [X.] und bestimmt, dass bei [X.] grundsätzlich der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle nach § 306 Abs. 2 [X.] das Gesetz ([X.] 19. Juni 2012 - 9 [X.] - aaO). Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen [X.] unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. [X.] 26. Januar 2017 - 6 [X.] - Rn. 34 f., [X.]E 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 [X.] nicht vorgesehen ([X.] 24. August 2017 - 8 [X.] - Rn. 32).

c) Ist der Gegenstand der unwirksamen Vereinbarung nicht gesetzlich geregelt, kommt es darauf an, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel eine sachgerechte Lösung darstellt. Andernfalls ist zu prüfen, ob nach den anerkannten Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung eine Ersatzregelung gefunden werden kann ([X.] 28. November 2007 - 5 [X.] - Rn. 27). Art. 229 § 5 EG[X.] schließt eine ergänzende Vertragsauslegung von Klauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart wurden, nicht aus (vgl. [X.] 20. April 2011 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.]E 137, 383). Sie kann - wie die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen insgesamt - auch durch das Revisionsgericht vorgenommen werden (vgl. [X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.] - Rn. 49, [X.]E 158, 154).

aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn ohne eine Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung zu erzielen i[X.] Der Wegfall der Klausel muss demnach den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt dessen Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist ([X.] 28. September 2017 - 8 [X.] - Rn. 38 [X.]). In diesem Fall tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre ([X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] - Rn. 33; 18. Mai 2011 - 5 [X.] - Rn. 18). Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in einer Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden ([X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.] - Rn. 49, [X.]E 158, 154; 21. August 2013 - 5 [X.] - Rn. 42; 12. Dezember 2012 - 4 [X.] - Rn. 33 [X.]).

bb) Die ergänzende Vertragsauslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn die ergänzende Vertragsauslegung schließt eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend ([X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.] - Rn. 49, [X.]E 158, 154; 21. August 2013 - 5 [X.] - Rn. 42; 12. Dezember 2012 - 4 [X.] - Rn. 33 [X.]). Es ist deshalb zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen bei Vertragsschluss die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre (vgl. [X.] 20. April 2011 - 5 [X.] - Rn. 12 ff. [X.], [X.]E 137, 383).

d) Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab kommt eine ergänzende Auslegung einer als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellten arbeitsvertraglichen [X.] regelmäßig nicht in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass der Regelungsplan der Parteien nicht vervollständigungsbedürftig ist (vgl. [X.] 28. November 2007 - 5 [X.] - Rn. 30; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu [X.] 8 b der Gründe; [X.]E 115, 19; 28. September 2005 - 5 [X.] - [X.]E 116, 66) und dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen wird (vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - Rn. 58 ff., [X.]E 163, 282; 19. Juni 2018 - 9 [X.] - Rn. 62, [X.]E 163, 72; 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 30, [X.]E 156, 150). Unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses scheidet eine ergänzende Auslegung ua. aus, wenn es der [X.] in der Hand hatte, eine wirksame Ausschlussfristenregelung zu formulieren (vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - aaO; 19. Juni 2018 - 9 [X.] - aaO; 24. August 2016 - 5 [X.] - aaO). Gleiches gilt, wenn die Ausschlussfrist zu kurz bemessen ist und deshalb den Arbeitnehmer iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] unangemessen benachteiligt (vgl. zu Altverträgen [X.] 28. November 2007 - 5 [X.] - Rn. 25; zu Neuverträgen vgl. 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu [X.] 7 b und c der Gründe, [X.]E 115, 19; 28. September 2005 - 5 [X.] - zu II 5 e der Gründe, [X.]E 116, 66). Zulässig ist eine ergänzende Vertragsauslegung demgegenüber, wenn eine vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vereinbarte vertragliche Ausschlussfristenregelung nur deshalb unwirksam ist, weil der Verwender eine Bestimmung dieses Gesetzes bei Vereinbarung der Klausel nicht berücksichtigen konnte. Andernfalls liefe die Anwendung der Anforderungen an die Vertragsformulierung auf einen vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Sachverhalt auf eine echte Rückwirkung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hinaus (vgl. ausführlich zu [X.] in Altverträgen [X.] 20. April 2011 - 5 [X.] - Rn. 12 ff. [X.], [X.]E 137, 383).

e) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die mit Ziff. 9 des Arbeitsvertrags vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vereinbarte global gefasste Ausschlussfristenregelung ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Haftungsansprüche iSv. § 202 Abs. 1 [X.] erstreckt.

aa) Eine § 202 Abs. 1 [X.] entsprechende gesetzliche Vorschrift existierte vor Inkrafttreten des [X.] nicht. § 225 [X.] aF ließ Vereinbarungen zur Erleichterung der Verjährung ausdrücklich zu. Dies konnte auch die Verjährung von Schadensersatzansprüchen aus vorsätzlichem Handeln betreffen. Damit war auch die Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche aus vorsätzlichen Pflichtverletzungen zulässig (vgl. [X.] 16. Mai 2007 - 8 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 122, 304). Der Berufung auf Vereinbarungen, die die Haftung wegen Vorsatz einschränkten, konnte nur der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengesetzt werden (vgl. [X.] Februar 1953 - I ZR 61/52 -; zu den Anforderungen vgl. [X.] 17. April 2019 - 5 [X.] - Rn. 29; 5. Juni 2003 - 6 [X.] - zu [X.] c aa der Gründe [X.]).

bb) Ohne eine ergänzende Auslegung des [X.] ist eine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung nicht zu erzielen. Dem Regelungsplan und den Interessen der Parteien wird durch einen Rückgriff auf die gesetzlichen Verjährungsfristen nicht hinreichend Rechnung getragen. Das Verjährungsrecht bildet ihren Regelungsplan nicht vollständig ab. Ausschlussfristen weichen hinsichtlich der Voraussetzungen ihrer Wahrung und ihrer Rechtsfolgen vom Verjährungsrecht ab, auch wenn durch sie - wie durch die Verjährungsvorschriften - Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit gewahrt werden sollen (vgl. [X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu [X.] 7 a der Gründe, [X.]E 115, 19). Ihre Zweckbestimmung ist mit der der Verjährungsvorschriften nicht deckungsgleich (vgl. [X.] 24. Juni 2015 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.]E 152, 75). Ausschlussfristen tragen über das Verjährungsrecht hinausgehend der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte Rechnung (vgl. [X.] 16. März 2016 - 4 [X.] - Rn. 37, [X.]E 154, 252; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu [X.] 5 der Gründe, [X.]E 115, 19). Der Anspruchsteller soll durch diese angehalten werden, die Begründetheit und die Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Zudem soll er vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden (vgl. [X.] 15. Dezember 2016 - 6 [X.] - Rn. 26). Dieser Regelungszweck würde verfehlt, entfiele die Ausschlussfrist ersatzlos, die nur deshalb unwirksam ist, weil der Verwender § 202 Abs. 1 [X.] bei Vereinbarung der Klausel nicht berücksichtigen konnte.

cc) Die durch die Unwirksamkeit der Vertragsklausel entstandene Lücke bedarf deshalb einer Vervollständigung. Es ist davon auszugehen, dass die Parteien Haftungsansprüche iSv. § 202 Abs. 1 [X.] aus dem Anwendungsbereich von Ziff. 9 des Arbeitsvertrags ausgenommen hätten, wenn ihnen die gesetzliche Regelung bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre. Es bedarf deshalb im Streitfall keiner Entscheidung, ob eine nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vereinbarte Ausschlussfristenregelung, die sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bezieht, einschränkend dahingehend ausgelegt werden kann, sie regele selten auftretende und von den Parteien nicht für regelungsbedürftig gehaltene Sonderfälle nicht unter Verstoß gegen das Gesetz und erfasse deshalb Haftungsansprüche nicht, die dem Anwendungsbereich von § 202 Abs. 1 [X.] unterfallen (vgl. zu „Neuverträgen“ [X.] 20. Juni 2013 - 8 [X.] - Rn. 21; 28. September 2005 - 5 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu III 2 der Gründe, [X.]E 115, 19; anders zu arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Ausschlussfristen in im sog. dritten Weg beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen [§ 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF] [X.] 26. September 2013 - 8 [X.] 1013/12 - Rn. 29 ff.; offen gelassen bei AGB [X.] 19. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 46, [X.]E 162, 19 und bei arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf § 23 Abs. 1 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des [X.] ([X.]) [X.] 28. Juni 2018 - 8 [X.] - Rn. 36).

dd) Die einschränkende Auslegung der vor Inkrafttreten von § 202 Abs. 1 [X.] vereinbarten Ausschlussfristenregelung stellt keinen Wertungswiderspruch zur Ablehnung der ergänzenden Vertragsauslegung zu kurz bemessener Ausschlussfristen (auch) in Altverträgen dar. Die nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geänderte Rechtsprechung des [X.], der zufolge eine vom Arbeitgeber gestellte einzelvertragliche Ausschlussfrist den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen benachteiligt, wenn sie die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, nimmt zwar auf § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] Bezug (vgl. [X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - zu II 5 der Gründe, [X.]E 116, 66), beruht aber im [X.] auf einer im Vergleich zur früheren Rechtsprechung abweichenden Bewertung der Ausschlussfristen. Vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen waren vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zwar nicht unmittelbar oder entsprechend anhand der Bestimmungen des [X.]es zu prüfen, weil der Gesetzgeber in § 23 Abs. 1 [X.] ausdrücklich geregelt hat, dass dieses Gesetz bei Verträgen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts keine Anwendung findet (vgl. [X.] 13. Dezember 2000 - 10 [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 96, 371). Ausschlussfristen unterlagen jedoch einer Überprüfung dahingehend, ob sie sittenwidrig sind (§ 138 [X.]) oder ob sie gegen [X.] und Glauben (§ 242 [X.]), gegen zwingendes Gesetzesrecht (§ 134 [X.]) bzw. gegen tragende Grundsätze des Arbeitsrechts verstoßen. Dies schloss die Prüfung ein, ob eine vom Arbeitgeber gestellte Ausschlussfrist den Arbeitnehmer wegen der Kürze der gesetzten Frist unangemessen benachteiligt (vgl. [X.] 13. Dezember 2000 - 10 [X.] 2 b bb der Gründe, aaO).

8. Es führt nicht zur Unwirksamkeit von Ziff. 9 des Arbeitsvertrags, dass die Ausschlussfristenregelung die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 [X.] nicht beachtet. Die vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vereinbarte Klausel ist ergänzend dahingehend auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich die in § 309 Nr. 7 [X.] genannten Haftungsansprüche nicht erfas[X.]

a) Nach § 309 [X.] ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen (§ 309 Nr. 7 Buch[X.] a [X.]) unwirksam. Ebenso unwirksam ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen (§ 309 Nr. 7 Buch[X.] b [X.]). Gemäß Art. 229 § 5 EG[X.] gelten die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 [X.] nach Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2002 auch für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart wurden.

b) § 309 [X.] entspricht im Wesentlichen § 11 [X.] (Schlewing in Clemenz/Kreft/[X.] AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 [X.] Rn. 1). Diese Bestimmung war nach § 23 Abs. 1 [X.] auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelungen nicht anzuwenden und deshalb bei Abschluss eines Arbeitsvertrags vor dem 1. Januar 2002 nicht zu beachten. Eine vertragliche Ausschlussfristenregelung, die - wie Ziff. 9 des Arbeitsvertrags - vor dem 1. Januar 2002 vereinbart wurde und nur deshalb unwirksam ist, weil der Verwender bei ihrer Vereinbarung die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 [X.] nicht berücksichtigen konnte, ist ergänzend dahingehend auszulegen, dass aus ihrem Anwendungsbereich Haftungsansprüche gegen den Verwender wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit iSv. § 309 Nr. 7 Buch[X.] a [X.] und wegen sonstiger Schäden iSv. § 309 Nr. 7 Buch[X.] b [X.] ausgenommen sind. Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung sind auch insoweit erfüllt, weil es der [X.] nicht in der Hand hatte, eine wirksame Ausschlussfristenregelung zu formulieren und dem Regelungsplan und den Interessen der Parteien durch einen Rückgriff auf die gesetzlichen Verjährungsfristen nicht hinreichend Rechnung getragen wird (vgl. Rn. 27 f.). Es kann deshalb dahinstehen, ob bei global gefassten Ausschlussfristen, die nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vereinbart wurden und wie Ziff. 9 des Arbeitsvertrags die Haftung wegen Vorsatzes nicht ausnehmen, ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 [X.] zur Unwirksamkeit der Klausel führt (vgl. [X.]. zur Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 [X.] bei der [X.] arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen , die nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vereinbart wurden und die Haftung wegen Vorsatzes aus ihrem Anwendungsbereich ausnehmen, [X.] 28. September 2017 - 8 [X.] - Rn. 66 ff.).

9. Ziff. 9 des Arbeitsvertrags ist nicht deshalb unwirksam, weil die Klausel fordert Ansprüche „schriftlich“ geltend zu machen. § 309 Nr. 13 Buch[X.] b [X.] gilt erst seit dem 1. Oktober 2016 und findet zudem gemäß Art. 229 § 37 EG[X.] nur auf ein Schuldverhältnis Anwendung, das nach dem 30. September 2016 entstanden ist (vgl. [X.]/[X.] 8. Aufl. § 309 [X.] Rn. 14).

10. Die Ausschlussfristenregelung verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine arbeitsvertragliche [X.], die - wie Ziff. 9 des Arbeitsvertrags - eine Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von mindestens drei Monaten nach Fälligkeit verlangt, begegnet in [X.] Hinsicht keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. [X.]. [X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - zu II 5 der Gründe, [X.]E 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 115, 19; seither [X.] Rspr.).

11. Ziff. 9 des Arbeitsvertrags ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.] iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] unwirksam.

a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen. Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der [X.], wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern. Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen ([X.] Rspr., vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - Rn. 35 [X.], [X.]E 163, 282; [X.] 25. November 2015 - [X.]/14 - Rn. 17 [X.], [X.]Z 208, 52; 5. Oktober 2005 - [X.]/04 - Rn. 23). Für die Prüfung der Transparenz einer als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 [X.] vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen (vgl. [X.] 23. September 2010 - 8 [X.] 897/08 - Rn. 22; [X.] 25. Juni 2014 - [X.] - Rn. 38, [X.]Z 201, 363; 30. März 2010 - [X.]/09 - Rn. 30, [X.]Z 185, 133; 4. Februar 2009 - [X.]/08 - Rn. 15). Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 163, 282; [X.] JuS 2015, 385, 392; MüKo[X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 [X.] Rn. 3).

b) Hiervon ausgehend führt es nicht zur Intransparenz, sondern lediglich zur [X.] der im Arbeitsvertrag vom 6. März 1997 vereinbarten Ausschlussfristenregelung, dass diese entgegen § 3 Satz 1 [X.] auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.]) erfasst, der nach dem am 16. August 2014 in [X.] getretenen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns ([X.]) ab dem 1. Januar 2015 zu zahlen i[X.]

aa) Nach § 3 Satz 1 [X.] sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Die Vorschrift entzieht Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien (vgl. [X.] 17. Oktober 2017 - 9 [X.] - Rn. 20 f.; vgl. zu § 9 [X.] [X.] 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 156, 150), denn diese betreffen den zeitlichen Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung eines Rechts (vgl. [X.] 23. März 2011 - 5 [X.] 7/10 - Rn. 31, [X.]E 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu II der Gründe, [X.]E 115, 19). § 3 Satz 1 [X.] schränkt die Anwendung und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 [X.] nicht ein (vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - Rn. 61 ff., [X.]E 163, 282).

bb) Wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des [X.]es am 16. August 2014 geschlossen, führt die Änderung der Gesetzeslage durch das [X.] nicht nachträglich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 [X.] zur Gesamtunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung wegen Intransparenz, wenn sich ihr Anwendungsbereich entgegen § 3 Satz 1 [X.] ab dem 1. Januar 2015 auch auf den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erstreckt. Die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns in einem „Altvertrag“ hat für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 lediglich die [X.] der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 [X.] zur Folge (vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] - Rn. 45, [X.]E 163, 282).

c) Der Annahme, Ziff. 9 des Arbeitsvertrags sei intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.], weil die Klausel tarifliche Ansprüche und Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen erfasst, steht bereits entgegen, dass bei Vertragsschluss der Anwendungsbereich von § 4 Abs. 4 Satz 3 [X.] und § 77 Abs. 4 Satz 4 [X.] nicht eröffnet war.

aa) § 4 [X.] regelt ausschließlich die Wirkung der Tarifnormen auf die [X.] und beschränkt insoweit gerade auch mit § 4 Abs. 4 Satz 3 [X.] deren Vertragsfreiheit ([X.] 30. März 1962 - 2 [X.] 101/61 - zu [X.] und 2 der Gründe, [X.]E 13, 57; offengelassen von [X.] 30. Januar 2019 - 5 [X.] 43/18 - Rn. 31 [X.], [X.]E 165, 205). Aus der Funktion von § 4 Abs. 4 Satz 3 [X.] folgt, dass entstandene Rechte durch die Bestimmung nicht geschützt werden, wenn der erzeugenden Rechtsnorm keine zwingende Wirkung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] (Tarifbindung) oder § 5 Abs. 4 [X.] (Allgemeinverbindlichkeit) zukommt (vgl. [X.]/Rieble [X.] 4. Aufl. § 4 Rn. 675). Gleiches gilt für den Anwendungsbereich von § 77 Abs. 4 Satz 4 [X.]. Der Gesetzgeber des [X.] wollte sich mit dieser Bestimmung - auch wenn sie sich abweichend von § 4 Abs. 4 Satz 3 [X.] nur auf die Rechte von Arbeitnehmern bezieht - an die tarifrechtliche Lage anlehnen und bestehende Unklarheiten beseitigen (vgl. [X.] [X.] 1972, [X.]. VI/1786 S. 47; [X.]/Rieble [X.] 4. Aufl. § 4 Rn. 724). Dementsprechend richtet sich § 77 Abs. 4 Satz 4 [X.] an die [X.], indem die Bestimmung vertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechten der Arbeitnehmer aus Betriebsvereinbarungen verbietet.

bb) Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirkten keine Kollektivnormen mit unmittelbarer und zwingender Wirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass die Parteien bei Vertragsschluss normativ an Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen gebunden waren. Auch dem [X.] sind keine Tatsachen zu entnehmen, die dies nahelegten. Ein Arbeitgeber ist nicht gehalten, Ausschlussklauseln im Hinblick auf die unmittelbare und zwingende Wirkung von Kollektivnormen einschränkend zu formulieren, wenn solche Bestimmungen bei Vertragsschluss auf das Arbeitsverhältnis nicht normativ einwirken.

12. Die Ansprüche des [X.] auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2015 sind nach Ziff. 9 des Arbeitsvertrags erloschen.

a) Der Kläger hat die Ansprüche nicht rechtzeitig im Sinne der vertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht. Die Ausschlussfrist wurde im Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche in Lauf gesetzt. Der Anspruch auf ein Urlaubsgeld für das [X.] wurde mit der Vergütung für Juni 2015 am 1. Juli 2015 fällig, der auf ein Weihnachtsgeld mit der Vergütung für November 2015 am 1. Dezember 2015 (§ 614 [X.]). Die Ansprüche waren zur Vermeidung ihres Verfalls innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Der Kläger hat seine Ansprüche erstmals mit Schreiben vom 3. August 2016 schriftlich geltend gemacht. Die in Ziff. 9 des Arbeitsvertrags gesetzte Frist zur schriftlichen Geltendmachung war zu diesem Zeitpunkt für beide Ansprüche bereits verstrichen.

b) Einem vollständigen Verfall der streitgegenständlichen Ansprüche steht § 3 Satz 1 [X.] nicht entgegen. Die durch betriebliche Übung begründeten Ansprüche des [X.] setzten lediglich den Bestand des Arbeitsverhältnisses voraus und nicht die Erbringung der Arbeitsleistung. Es handelte sich nicht um Entgelt iSv. § 3 Satz 1 [X.] (zum Entgeltbegriff des [X.]es und zur Abgrenzung zu sonstigen Zahlungen vgl. [X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] 699/16 - Rn. 23; 25. Mai 2016 - 5 [X.] 135/16 - Rn. 32, [X.]E 155, 202).

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    Weber    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Neumann-Redlin    

                 

Meta

9 AZR 273/18

24.09.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Lörrach, 28. Juni 2017, Az: 5 Ca 408/16, Urteil

§ 202 Abs 1 BGB, § 309 Nr 7 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 305 Abs 1 S 1 BGB, Art 229 § 5 BGBEG, § 3 S 1 MiLoG, § 4 Abs 4 S 3 TVG, § 77 Abs 4 S 4 BetrVG, § 306 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2019, Az. 9 AZR 273/18 (REWIS RS 2019, 3307)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 356 REWIS RS 2019, 3307

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

3 Ca 3267/22

7 Sa 347/20

11 Sa 214/20

4 Sa 571/19

19 U 187/19

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