Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2005, Az. IV ZB 11/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1745

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS IV ZB 11/05
vom 21. September 2005 in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.]

am 21. September 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivil-senats des [X.] vom
22. Februar 2005 wird auf Kosten des [X.] als unzu-lässig verworfen.

Wert: 72.808,40 • (Feststellungsabschlag von 20%)

Gründe:

[X.] Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass bei ihm [X.] eingetreten ist, und die Beklagte auf Zahlung rückständiger Versicherungsleistungen in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger durch seine zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte rechtzeitig Beru-fung eingelegt; der Ablauf der Frist zur Begründung des Rechtsmittels wurde in deren Büro - richtig - auf den 6. Dezember 2004 notiert. Auf [X.] verlängerte der Vorsitzende des Beru-fungssenats die Frist zur Berufungsbegründung "auf insgesamt zwei Mo-- 3 -

nate und vier Wochen"; sie endete nunmehr am 3. Januar 2005. Wegen Erkrankung ihrer Bürovorsteherin beauftragte die [X.] mit der Eintragung der neuen Frist eine Auszubildende im zweiten Lehrjahr. Diese löschte die bisherige Frist und trug den Ablauf der [X.] versehentlich auf den 10. Januar 2005 und die [X.] auf den 3. Januar 2005 ein. Vor Antritt ihres bis zum 4. Januar 2005 dauernden Weihnachtsurlaubs besprach die Prozessbevollmächtigte die anstehenden Fristen mit der Bürovorsteherin und ließ die auf den 3. Januar 2005 vermerkte [X.] im Kalender streichen, weil die [X.] zum damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen vorbereitet war. Nach [X.] reichte die Prozessbevollmächtigte die [X.] mit Datum vom 7. Januar 2005 bei Gericht ein. [X.] eines Hinweises des Vorsitzenden vom 28. Januar 2005, es sei beabsichtigt, das Rechtsmittel wegen Versäumung der Frist zur [X.] gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, beantragte die Prozessbevollmächtigte mit einem am 8. Februar 2005 eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Bei ihrer Auszubildenden handele es sich um eine zuverlässige Mitarbeiterin, die - stichprobenartig überprüft - regelmäßig mit der Berechnung und Eintragung von Fristen betraut sei, ohne dass ihr bis dahin ein Fehler [X.] sei.

Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel als unzulässig verwor-fen und dem Kläger die beantragte Wiedereinsetzung versagt. Das ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnende Verschulden seiner [X.] liege jedenfalls darin, dass diese die auf den 3. Januar 2005 eingetragene [X.] im Hinblick auf ihre Urlaubsabwesenheit habe streichen lassen. Der Sinn einer [X.] bestehe darin, die Einhaltung - 4 -

der [X.] zu sichern; bei Vorlage der Akten sei der Rechtsanwalt zur eigenverantwortlichen Fristenprüfung aufgefordert. Erst recht gelte dies, wenn zuvor eine Auszubildende mit der Notierung der Frist beauftragt worden sei. Hätte die Prozessbevollmächtigte vor Urlaubsantritt die Frist zum Zwecke der Eintragung einer geänderten [X.] geprüft, wäre ihr die unrichtige Berechnung der Frist zur Berufungsbegründung aufgefal-len.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde. Das Berufungsgericht habe die Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts bei der Notierung und Streichung von Fristen verkannt. Der gebotene [X.] sei gegenüber einer Bürovorsteherin und einer Auszubildenden gleich hoch, weil es sich in der Praxis eines Anwaltsbüros gar nicht [X.] lasse, dass auch ein Auszubildender Fristen notiere. Habe sich dieser in der Vergangenheit als zuverlässig erwiesen, dürfe sich der Rechtsanwalt auf die Richtigkeit der Fristeneintragung verlassen. Die Beibehaltung der [X.] sei entbehrlich gewesen, weil der [X.] im Wesentlichen fertig gestellt gewesen sei. Die [X.] sei nicht Selbstzweck, sondern diene allein dazu, den Rechtsanwalt auf die anstehende - hier bereits vorbereitete - Prozesshandlung hinzuwei-sen.

I[X.] Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die [X.] hat weder grundsätzliche Bedeutung (Nr. 1), noch erfordert die - 5 -

Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des [X.] (Nr. 2).

Die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen [X.] der Frist zur Berufungsbegründung war dem Kläger schon [X.] zu versagen, weil er die dafür vorgesehene Wiedereinsetzungsfrist nicht gewahrt hat. Die damit verbundenen Rechtsfragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt; auf weiteres kommt es nicht an.

1. Die Wiedereinsetzung muss innerhalb eines Monats beantragt werden, wenn die [X.] verhindert ist, die Frist zur Begründung der [X.] einzuhalten (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dabei beginnt die [X.] mit dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das ist nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachver-halts der Fall. Vielmehr ist das Hindernis behoben, sobald das Fortbe-stehen der Ursache der Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist ([X.], Beschlüsse vom 14. Juli 1988 - [X.]/87 - [X.]R ZPO § 234 Abs. 1 Fristbeginn 1; vom 31. Januar 1990 - [X.] 44/89 - VersR 1990, 543 unter 1 a; vom 18. Oktober 2000 - [X.]/00 - FamRZ 2001, 416 un-ter II 1 a; vom 16. September 2003 - [X.]/03 - [X.]-Report 2004, 57 unter [X.]). Die Frist zur Wiedereinsetzung läuft daher ab dem Zeit-punkt, zu dem der beauftragte Rechtsanwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die einge-tretene Säumnis hätte erkennen können ([X.], Beschlüsse vom 14. Juli 1988 aaO; vom 31. Januar 1990 aaO). Das war bei der [X.]n des [X.] spätestens am 7. Januar 2005 der Fall. Die Frist zur Wiedereinsetzung endete somit am 7. Februar 2005; der die Wieder-- 6 -

einsetzung beantragende Schriftsatz ist erst am 8. Februar 2005 - ver-spätet - bei Gericht eingegangen.

2. Ein Rechtsanwalt muss bei fristwahrenden Prozesshandlungen selbständig und in eigener Verantwortung prüfen, ob die betreffende Frist richtig ermittelt und eingetragen ist. Anlass dazu besteht jedenfalls dann, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der Rechtsmittelbegründung vorgelegt wird. Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Prozessbevollmächtigten des [X.] nach [X.] ge-schehen, als sie ausweislich des [X.] der [X.] die bereits zuvor im Wesentlichen entworfene Rechtsmittelbe-gründung am 7. Januar 2005 erneut bearbeitete. Sie hätte spätestens bei dieser Gelegenheit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die [X.] klären müssen; diese Aufgabe konnte sie - da über alltägliche, routinemäßige Büroarbeiten hinausgehend - nicht ihrem Per-sonal übertragen ([X.], Beschlüsse vom 12. November 1986 - [X.] - [X.], 463; vom 14. Juli 1988 aaO; vom 31. Januar 1990 aaO unter 1 b; vom 11. Dezember 1991 - [X.] 38/91 - [X.], 1153; vom 16. September 2003 aaO unter [X.]). Sie durfte sich daher nicht darauf verlassen, dass ihr Personal das Fristende richtig ermittelt und festgehalten hatte.

Hinzu treten die Umstände des Einzelfalles: Die [X.] hatte die Eintragung einer nicht auf einen bestimmten Tag, sondern auf "insgesamt zwei Monate und vier Wochen" verlängerten Frist einer Auszubildenden übertragen; eine spätere Kontrolle durch die Bürovorsteherin oder die Prozessbevollmächtigte selbst hat nicht [X.]. Die von der Auszubildenden - gleichfalls unrichtig - eingetragene - 7 -

[X.] hatte die Prozessbevollmächtigte streichen lassen, ohne eine neue [X.] einzutragen oder sich zumindest zu vergewissern, dass die notierte [X.] richtig berechnet war. Bei Vorlage der Akte bestand deshalb für die Prozessbevollmächtigte in besonderem Maße Veranlas-sung, die Berechnung und Eintragung der [X.] - erstmals - auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Bei pflichtgemäßer Fristenkontrolle wäre ihr sodann aufgefallen, dass die Frist zur Berufungsbegründung bereits ver-strichen war. Da sie die Fristenkontrolle - wie schon zuvor - unterlassen hat, war die Ursache für die Verhinderung spätestens seit dem 7. Januar 2005 nicht mehr unverschuldet.

3. Gründe, dem Kläger wegen Versäumung der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.

Terno [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZB 11/05

21.09.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2005, Az. IV ZB 11/05 (REWIS RS 2005, 1745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1745

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