Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2006, Az. IV ZB 18/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3117

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[X.] [X.] vom 14. Juni 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: nein _____________________

ZPO § 233 Fc Ist die Frist zur Berufungsbegründung richtig errechnet und deren Eintragung im [X.] des Anwaltsbüros in der Handakte als erledigt notiert, muss der Anwalt die Eintragung im [X.] nicht noch persönlich ü-berprüfen.
[X.], Beschluss vom 14. Juni 2006 - [X.] - [X.]

LG Leipzig - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] am 14. Juni 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 10. Zivilsenats des [X.] vom 3. März 2005 aufgehoben. Den Klägern wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ge-währt. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden hat. Streitwert: 106.885,07 •

Gründe: 1 [X.] Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 106.885,07 •. Das [X.] hat die Klage ab-- 3 -

gewiesen. Gegen das am 2. Dezember 2004 zugestellte Urteil wurde rechtzeitig Berufung eingelegt. Begründet wurde sie jedoch erst mit ei-nem am 7. Februar 2005 eingegangenen Schriftsatz, in dem zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die am 2. Februar 2005 abgelaufene Frist zur Berufungsbegründung beantragt wurde.
Die Kläger haben vorgetragen, in der Kanzlei ihres [X.] habe die erfahrene und bewährte [X.] nach Zu-stellung des landgerichtlichen Urteils die Berufungs- und die Berufungs-begründungsfrist sowie die jeweils dazugehörigen [X.] zutreffend errechnet und auf einem an die [X.] gehefteten Zettel no-tiert. Diese Fristen seien zugleich in den [X.] eingetragen worden mit Ausnahme der Berufungsbegründungsfrist, deren Eintragung aus unerklärlichen Gründen unterblieben sei. Auf dem Zettel, der an die [X.] in der Handakte geheftet war, sei jedoch die am 2. Februar 2005 ablaufende Berufungsbegründungsfrist zum Zeichen ih-rer Eintragung in den [X.] mit einem Haken und dem Zusatz "not." versehen worden. Diesen Sachverhalt hat die [X.] an Eides statt versichert. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat weiter vorgetragen, er sei vom 24. bis 28. Januar 2005 in [X.] gewesen; da die [X.] zur Berufungsbegründung am 26. Januar 2005 ablief, habe er die Berufung schon vor seinem [X.] begründet und den Entwurf der Berufungsbegründung den Klägern zur Stellungnahme bis zum 31. Januar 2005 mit dem Hinweis übersandt, dass die Endfassung am 2. Februar 2005 bei Gericht sein müsse. Am 1. Februar sei die Antwort der Kläger in seiner Kanzlei eingegangen. Dass die Endfassung dann nicht am 2. Februar an das Berufungsgericht gefaxt worden sei, habe einzig daran gelegen, dass diese Frist nicht im Fristenbuch eingetragen 2 - 4 -

gewesen sei. Das Fristversäumnis sei wegen der Aufarbeitung des ur-laubsbedingten [X.] erst am 7. Februar 2005 aufgefallen.
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Kläger als unzuläs-sig verworfen. Dagegen haben die Kläger rechtzeitig Rechtsbeschwerde eingelegt. 3 I[X.] [X.] ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung zulässig. 4 1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob dem [X.] ein Verschulden bei der Überwachung seiner [X.] vorzuwerfen sei. Jedenfalls habe er seine Pflicht zur ei-genverantwortlichen Prüfung der richtigen Eintragung des [X.] in Bezug auf die Berufungsbegründungsfrist verletzt. Die Handakte habe ihm aufgrund der zum 26. Januar 2005 notierten [X.] nach seiner Rückkehr aus dem [X.] am Montag, dem 31. Januar 2005, vorgelegen. Wenn er die Bearbeitung bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am Mittwoch, dem 2. Februar 2005, habe zurückstellen wollen, habe er die Eintragung dieser Frist durch seine [X.] im Fristenkalen-der kontrollieren müssen. Hätte er dies getan, wäre ihm aufgefallen, dass das Ende der Berufungsbegründungsfrist überhaupt nicht im Kalen-der eingetragen war. Dadurch hätte die Fristversäumnis vermieden wer-den können. 5 - 5 -

2. Mit dieser Rechtsauffassung weicht das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des [X.] ab. Danach hat der Rechtsanwalt zwar die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ei-genverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Handakten zur Bearbeitung wegen einer fristgebundenen Prozesshandlung wie hier vorgelegt wer-den. Diese Pflicht erstreckt sich auch darauf, ob das (zutreffend errech-nete) Fristende im [X.] notiert worden ist. Dabei kann sich der Rechtsanwalt jedoch grundsätzlich auf eine Prüfung des Erledi-gungsvermerks in der Handakte beschränken. Ist die Erledigung der Ein-tragung im [X.] wie hier ordnungsgemäß in der Handakte ver-merkt und drängen sich insoweit keine Zweifel auf, braucht er nicht noch zu überprüfen, ob das Fristende auch tatsächlich im [X.] ein-getragen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 22. September 1971 - [X.] - VersR 1971, 1125 unter 1; Urteil vom 1. Juli 1976 - [X.] - [X.], 1154 unter II; Beschlüsse vom 14. Oktober 1987 - [X.] - unter [X.] a und b, dokumentiert in juris; vom 22. Januar 1997 - [X.] - [X.], 598 unter 1; vom 21. April 2004 - [X.] 243/03 - FamRZ 2004, 1183 unter [X.] und 2; vom 1. Dezember 2004 - [X.] 164/03 - FamRZ 2005, 435 unter [X.]; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 233 Rdn. 23 zum Stichwort Fristenbehandlung; [X.], NJW 2005, 2042, 2046). Wollte man dem Berufungsgericht folgen, würde die zulässige Einschaltung von Bürokräften in die Fristenüberwachung weitgehend sinnlos, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht hervorhebt. 6 7 3. Eine andere Rechtsauffassung ist auch dem Beschluss des [X.] vom 5. November 2002 ([X.]/02 - NJW 2003, 437 unter [X.] b) nicht zu entnehmen, auf den sich das Berufungsgericht - 6 -

stützt. Soweit es dort heißt, dass dem Rechtsanwalt bei ordnungsgemä-ßer Erfüllung seiner Prüfungspflicht der Widerspruch zwischen dem von ihm persönlich bestimmten und in den Handakten notierten und dem im [X.] festgehaltenen Fristende offenkundig geworden wäre, ergibt sich aus der Entscheidung nicht, dass sich in den Handakten ne-ben dem vom Rechtsanwalt errechneten Fristende ein Vermerk befunden hätte, wonach die neue Frist auch im Fristenbuch notiert sei. Anders als im vorliegenden Fall kann es auch dann liegen, wenn der Rechtsanwalt die zur [X.] vorgelegte Akte nicht auf den Ablauf der Hauptfrist und deren Eintragung im Fristenbuch prüft, sondern mehrere Tage bis kurz vor dem Ende der Hauptfrist unbearbeitet lässt (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 1999 - [X.] - NJW 1999, 2680 unter [X.]). Hier fiel der Ablauf der [X.] in die [X.]szeit; der Prozessbevollmächtigte der Kläger hatte die Berufungsbegründung deshalb schon vor Antritt seines [X.]s entworfen und den Klägern zur Stellungnahme mit dem Hinweis zugesandt, der Schriftsatz müsse in der Endfassung am 2. Februar 2005 bei Gericht sein. Darin kommt zum Ausdruck, dass er den Ablauf der [X.] überprüft hatte, der ausweislich der Handakte auch im Fristenbuch vermerkt war.
II[X.] [X.] ist auch begründet. Die Bedenken des Berufungsgerichts gegen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand greifen nicht durch. Es sind auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein sonstiges Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Kläger er-kennbar, insbesondere bei der [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Februar 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 1815 unter [X.] a-c) oder bei der Überwachung der [X.]. Der Pro-zessbevollmächtigte der Kläger hat ergänzend vorgetragen und [X.] - 7 -

stattlich versichert, etwa zweimal pro Woche prüfe jeder in seiner Kanzlei tätige Anwalt stichprobenartig nach, ob die in den Handakten als notiert abgehakten Fristen auch tatsächlich im Fristenbuch eingetragen seien; Beanstandungen hätten sich bisher nie ergeben. Es fehlt danach jeder Anhalt dafür, dass die [X.] die Erledigung in der Handakte etwa auch in anderen Fällen vor oder nicht in unmittelbarem Zusammen-hang mit der Eintragung im Fristenbuch vermerkt hätte (dazu vgl. [X.], Beschluss vom 5. Februar 2003 aaO unter [X.] d).
Mithin haben die Kläger glaubhaft gemacht, dass die Frist zur [X.]sbegründung ohne eigenes oder ihnen nach § 85 Abs. 2 ZPO zu-zurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten versäumt worden ist. Daher war ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen 9 - 8 -

die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Damit wird der angegriffene Beschluss des Berufungsgerichts, soweit darin die [X.] als unzulässig verworfen wird, gegenstandslos.
Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.11.2004 - 5 O 3776/04 - [X.], Entscheidung vom 03.03.2005 - 10 U 2308/04 -

Meta

IV ZB 18/05

14.06.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2006, Az. IV ZB 18/05 (REWIS RS 2006, 3117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3117

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