Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2020, Az. XIII ZB 54/19

XIII. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11718

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:070420BXIIIZB54.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XIII ZB 54/19
vom
7. April 2020
in der [X.]sache
-
2
-
Der XIII. Zivilsenat des [X.] hat am 7. April 2020
durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richterin Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, die
Richter Prof.
Dr.
[X.] und Dr.
Tolkmitt sowie
die Richterin Dr.
Linder
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 6.
Zivilkammer des Landgerichts Landshut
vom 15.
Oktober 2018
aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 21. August 2018 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland
auferlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000

Gründe:
I.
Der Betroffene, ein [X.] -
nach eigenen Angaben syri-scher
-
Staatsangehöriger, beabsichtigte
am 24. Juli 2018 aus [X.] kommend über den [X.] ohne gültige Ausweispapiere in das [X.] einzureisen. Die beteiligte Behörde verweigerte ihm mit Bescheid vom 25.
Juli 2018 gemäß Art. 14 Schengener
Grenzkodex in Verbindung mit 1
-
3
-
§
15 [X.]
die Einreise. Einen
am selben Tag gestellten
Antrag der beteilig-ten Behörde auf vorläufige Anordnung von [X.] lehnte das [X.] ab, nachdem der Betroffene im
Verlauf
seiner persönlichen Anhörung erklärt hatte, Asyl beantragen zu wollen. Nach erneuter Befragung zu den Beweggründen seiner
Einreise gelangte die beteiligte Behörde zu der [X.], dass kein Asylgesuch des Betroffenen vorliege. Auf ihren Antrag vom 26.
Juli 2018 ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom selben Tag
im Wege einer einstweiligen Anordnung Haft zur Sicherung der Zurückweisung bis zum 27.
Juli 2018 an. Eine
für den 26. Juli 2018 geplante Zurückweisung scheiterte, da der Betroffene auf dem Weg zum Flugzeug seinen Kopf gegen einen Tür-rahmen stieß und sich anschließend zu Boden fallen ließ. In der Folge
ordnete das Amtsgericht auf Antrag der beteiligten
Behörde mit Beschluss vom 27. Juli 2018 Haft zur Sicherung der Zurückweisung des Betroffenen bis zum 23.
August 2018 an.
Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 14. August 2018 hat
das Amts-gericht mit Beschluss vom 21. August 2018 die Verlängerung der [X.] bis zum 4. Oktober 2018
angeordnet. Die hiergegen vom Betroffenen eingelegte
Beschwerde, mit der er nach Ablauf des [X.] noch die Feststellung der Verletzung seiner Rechte begehrt, hat
das Landgericht durch
Beschluss vom 15. Oktober 2018 zurückgewiesen.
Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt,
verfolgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Die Anordnung des Amtsge-richts, die [X.] des Betroffenen bis zum 4. Oktober 2018 zu [X.], hat den Betroffenen -
entgegen der Auffassung des Beschwerdege-richts
-
in seinen
Rechten verletzt.
1.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Belang -
im [X.] ausgeführt: Das Amtsgericht habe die [X.] zu Recht bis 2
3
4
-
4
-
zum 4.
Oktober 2018 verlängert. Der Haftantrag sei zulässig gewesen. Er
habe umfassende und ausreichende Angaben zur Erforderlichkeit der Freiheitsent-ziehung und ihrer erforderlichen Dauer enthalten.
2.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Haftantrag war unzulässig.
a)
Die Anordnung von [X.] ist nach § 15 Abs. 5 Satz
1, § 106 Abs. 2 [X.] nur zulässig, wenn der Haftantrag der beteiligten Behörde den in § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG bestimmten gesetzlichen Anforde-rungen an die Begründung entspricht ([X.], Beschlüsse vom 20. September 2017 -
V [X.], NVwZ 2018, 349 Rn. 6, und
vom 12. April 2018 -
V [X.], [X.] 2018, 335 Rn. 6). Wird von der beteiligten Behörde für die [X.] des Betroffenen mit Sicherheitsbegleitung ein län-gerer Zeitraum als sechs Wochen für erforderlich gehalten, bedarf es einer auf den konkreten Fall bezogenen Begründung, die den benötigten Zeitraum und die daraus folgende notwendige Haftdauer
erklärt, etwa durch Angaben zu Terminen und zur Frequenz nutzbarer Flugverbindungen und zur
Buchungslage sowie zur
Anzahl erforderlicher Begleitpersonen
und zur insoweit bestehenden
Personalsituation (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. September 2018 -
V [X.], [X.] 2019, 23 Rn.
11,
vom 4. Juli 2019 -
V [X.]/18,
juris Rn. 8, und vom 12. Februar 2020 -
XIII ZB 16/19, juris Rn. 10).

b)
Diesen Maßstäben
genügt der Haftantrag der beteiligten Behörde nicht. Soweit diese
ausführt, dass eine Verlängerung der [X.] von sechs Wochen erforderlich
sei, um die weiteren innerdienstlichen Voraus-setzungen zur Durchführung der Zurückweisung vorzubereiten, weil
Planung und Organisation der Rückführung aufgrund der -
wegen der Sommer-
und Fe-rienzeit
-
zu verzeichnenden Knappheit an Rückführungskräften und verfügba-ren Sitzplätzen "einiger
Zeit"
bedürften, handelt es sich um pauschale
Angaben, die den erforderlichen Bezug zum konkreten Fall nicht erkennen lassen.
Den Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, welche notwendigen Maßnahmen für 5
6
7
-
5
-
die Zurückweisung bereits erfolgt sind,
welche innerhalb des für erforderlich gehaltenen Verlängerungszeitraums noch durchzuführen sind und welchen Zeitraum diese
voraussichtlich in Anspruch nehmen
werden.
Insbesondere
las-sen die Ausführungen nicht mit der gebotenen Deutlichkeit erkennen, weshalb
Rückführungspersonal und Passagierplatz für den Betroffenen erst innerhalb einer Frist
von weiteren sechs Wochen zur Verfügung stehen würden; der bloße Hinweis auf ein nicht näher bezeichnetes Ende der Sommer-
und Ferienzeit genügt dafür nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen der beteiligten Behörde der Rückführung nach [X.] keine formalen oder rechtlichen Hürden entgegenstanden und für den Betroffenen
bereits [X.] von vier Wochen angeordnet war, in denen
Maßnahmen zur [X.] bereits unternommen werden konnten.
c)
Dieser Begründungsmangel
ist nicht geheilt worden. Mängel des [X.] können zwar behoben werden, wenn
die Behörde von sich aus [X.] auf richterlichen Hinweis ihre Darlegungen ergänzt und dadurch die Lücken in ihrem Haftantrag schließt oder indem der Haftrichter selbst die Vorausset-zungen zur Durchführbarkeit der Zurückweisung des Ausländers und zu der dafür erforderlichen Haftdauer in seiner Entscheidung feststellt (vgl. [X.], [X.] vom 16. Juli 2014 -
V [X.], juris Rn. 21 ff.). Zwingende weitere Vo-raussetzung für eine Heilung ist in einem solchen Fall
jedoch, dass der Be-troffene zu den ergänzenden Angaben persönlich angehört wird (vgl. [X.], [X.] vom 11.
Februar 2016 -
V [X.], juris Rn. 9; Beschluss vom 25. Ja-nuar 2018 -
V
ZB 201/17, juris Rn. 8). Es kann
offen bleiben, ob die ergänzen-den Ausführungen der beteiligten Behörde im Beschwerdeverfahren für die [X.] der erforderlichen Haftdauer ausreichend sind.
Der Betroffene ist hierzu jedenfalls
nicht persönlich angehört
worden.
8
-
6
-
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
81 Abs.
1 Satz
1 und
2, §
83 Abs.
2 FamFG. Die Festsetzung des [X.] folgt aus §
36 Abs.
2 und
3 GNotKG.
Meier-Beck
Schmidt-Räntsch
[X.]

Tolkmitt
Linder

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.08.2018 -
1 [X.] (B) -

LG Landshut, Entscheidung vom 15.10.2018 -
64 [X.] sowie 64 [X.]/18 -

9

Meta

XIII ZB 54/19

07.04.2020

Bundesgerichtshof XIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2020, Az. XIII ZB 54/19 (REWIS RS 2020, 11718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11718

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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V ZB 118/17

V ZB 162/17

V ZB 4/17

XIII ZB 16/19

V ZB 80/13

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