Bundessozialgericht, Urteil vom 24.10.2018, Az. B 6 KA 28/17 R

6. Senat | REWIS RS 2018, 2484

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Kassenärztliche Vereinigung - Honorarverteilung - Bemessung des Regelleistungsvolumens - Halbierung des Versorgungsauftrags eines Vertragsarzt mit weit unterdurchschnittlicher Fallzahl zwecks Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten - Halbierung der im entsprechenden Vorjahresquartal ermittelten Fallzahl - Unvereinbarkeit mit Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit


Leitsatz

Die Kassenärztliche Vereinigung darf die auf der Grundlage der Abrechnung eines Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal ermittelte Fallzahl als Grundlage der Bemessung des Regelleistungsvolumens nicht allein deshalb halbieren, weil der Arzt seinen Versorgungsauftrag halbiert hat.

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden die Urteile des [X.] vom 26. Oktober 2016 und des [X.] vom 14. Oktober 2015 aufgehoben, soweit sie die Fallzahl für das [X.] im Quartal III/2013 zum Gegenstand haben. Der Bescheid der Beklagten vom 10. April 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2014 wird geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, der Bemessung des [X.]s des [X.] für das Quartal III/2013 eine Fallzahl von 270 zugrunde zu legen.

Der Kläger trägt 9/10 und die Beklagte 1/10 der Kosten des gesamten Verfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Festlegung von Fallzahlen, die der Bemessung des Regelleistungsvolumens ([X.]) im Quartal III/2013 zugrunde zu legen sind.

2

Der Kläger ist seit dem [X.] im Bezirk der beklagten [X.] ([X.]) als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum Quartal IV/2012 reduzierte er seinen vollen Versorgungsauftrag um die Hälfte. Der verbleibende halbe [X.] wurde durch einen anderen Arzt nachbesetzt. Sowohl im Jahr vor der Reduzierung des [X.] als auch danach betrug die Zahl der vom Kläger behandelten gesetzlich Versicherten ungefähr ein Drittel der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe. Für die [X.]/2012 bis III/2013 wies die Beklagte dem Kläger [X.] zu, bei deren Berechnung sie - im Hinblick auf die Reduzierung des [X.] - von der halben Fallzahl des [X.] im entsprechenden Vorjahresquartal (also etwa ein Sechstel des [X.]) ausging. Im Quartal III/2012 betrug die [X.]-relevante Fallzahl des [X.] 270. Der Berechnung des [X.] für das Quartal III/2013 legte die Beklagte eine Fallzahl von 135 zugrunde.

3

Der Kläger legte Widerspruch gegen die [X.]-Zuweisung ab dem Quartal I/2013 ein und beantragte, der Berechnung seines [X.] anstelle der halbierten Fallzahlen die tatsächlichen Fallzahlen aus dem entsprechenden Quartal des Vorjahres zugrunde zu legen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.4.2013 und Widerspruchsbescheid vom 7.11.2014 ab.

4

Klage und Berufung des [X.] sind ohne Erfolg geblieben. Das [X.] hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei der Ermittlung des [X.] habe die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag ab dem Quartal IV/2012 um die Hälfte reduziert habe. Dass die Reduzierung des [X.] in die Bemessung des [X.] einzustellen sei, folge bereits aus § 85 Abs 3 [X.] [offenbar gemeint: § 95 Abs 3 [X.]], in dem normiert sei, dass die Zulassung neben der Mitgliedschaft in der [X.] auch eine Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang des aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen [X.] bedinge. Im Einklang hiermit bestimme § 3 Abs 7 des Honorarverteilungsmaßstabs der [X.] Baden-Württemberg (in der Beschlussfassung der Vertreterversammlung vom [X.] - im Folgenden: [X.] 2013), dass bei der Ermittlung des [X.] eines Arztes der Umfang sowie der Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen sei. Reduziere der Vertragsarzt seinen Versorgungsauftrag, sei er nur noch in diesem reduzierten Umfang zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und damit auch nur noch zur Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im reduzierten Umfang berechtigt. Dem Kläger werde nicht die Möglichkeit genommen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der [X.] bezogen auf einen halben Versorgungsauftrag zu erreichen. Die unterdurchschnittlichen Fallzahlen gründeten in einer bewussten Entscheidung des [X.] und damit einem ihm zuzurechnenden unternehmerischen Verhalten. Der Kläger könne eine Erhöhung des [X.] auch nicht mit Erfolg unter Hinweis auf die im [X.] 2013 getroffenen Sonderregelungen für neu gegründete Praxen geltend machen. Auch die Voraussetzungen für eine Erhöhung des [X.] aus [X.] nach § 13 [X.] 2013 seien nicht erfüllt. Die Versorgungssituation sei durch die Reduzierung des [X.] des [X.] bereits deshalb nicht tangiert, weil der zurückgegebene halbe Versorgungsauftrag von einem anderen Arzt wahrgenommen werde.

5

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Entgegen der Auffassung des [X.] existiere keine rechtliche Grundlage für die Halbierung der Fallzahlen des [X.], auf deren Grundlage das [X.] berechnet werde. § 95 Abs 3 [X.] lege lediglich fest, dass ein Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag in entsprechendem Umfang zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt sei, nicht jedoch, dass seine [X.]-Fallzahlen zu halbieren seien. Auch § 3 Abs 7 [X.] 2013 sei eine entsprechende Regelung nicht zu entnehmen. Nach § 95 Abs 3 SGB V sei er verpflichtet, im Umfang seines halben [X.] an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Dieser Verpflichtung könne er mit dem zugewiesenen [X.] nicht mehr in dem gebotenen Umfang nachkommen.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 26.10.2016 und des [X.] vom 14.10.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.4.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7.11.2014 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die für die Bemessung des [X.] im Quartal III/2013 maßgebende Fallzahl unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu festzusetzen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das [X.] des [X.] sei in den ersten vier Quartalen nach der Reduzierung seines [X.] (IV/2012 bis III/2013) zu Recht auf der Grundlage der halbierten Fallzahlen des jeweiligen [X.] (IV/2011 bis III/2012) berechnet worden. Gemäß § 95 Abs 3 [X.] sei der Kläger nach der Abgabe des hälftigen Versorgungauftrags nur noch im Umfang des verbliebenen hälftigen [X.] zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet. Daraus folge unter Berücksichtigung der in § 3 Abs 7 [X.] 2013 getroffenen Regelung, dass die [X.]-relevanten Fallzahlen auch nur noch zur Hälfte in die Bemessung des [X.] einzustellen seien. Die unternehmerische Entscheidung des [X.], auf die Hälfte seiner Zulassung zu verzichten, dürfe nicht nachträglich abrechnungstechnisch dahin korrigiert werden, dass ihm die kompletten [X.] zugestanden würden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Möglichkeit habe, zumindest den - bezogen auf seinen hälftigen Versorgungsauftrag - durchschnittlichen Umsatz der [X.] in absehbarer Zeit zu erreichen. Damit werde den Anforderungen der Rechtsprechung des [X.] hinreichend Rechnung getragen. Ausschlaggebend sei, dass der Kläger im vorliegenden Fall bewusst und freiwillig auf die Hälfte seiner Zulassung verzichtet habe. Außerdem habe er durch die Veräußerung des hälftigen [X.] einen finanziellen Vorteil erzielt.

9

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seine Revision ausdrücklich auf das Quartal III/2013 beschränkt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist, soweit er diese aufrechterhalten hat, begründet. Die Beklagte war nicht berechtigt, die der Bemessung des [X.] zugrunde zu legende Fallzahl im Hinblick auf die Reduzierung des [X.] zu halbieren. Maßgebend für die Bemessung des [X.] im Quartal [X.]I/2013 sind die tatsächlichen [X.]-relevanten Fallzahlen des [X.] im Quartal [X.]I/2012.

A. Bezogen auf die Frage, welche Fallzahl für die Bemessung des [X.] im Quartal [X.]I/2013 zugrunde zu legen ist, ist die [X.]lage zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Festsetzung des [X.] für das Quartal [X.]I/2013 und des Honorars für das Quartal [X.]I/2013 Gegenstand weiterer Bescheide ist. Nach ständiger Rechtsprechung können Bemessungsgrundlagen für die Honorarfestsetzung in einem besonderen Verwaltungsverfahren geklärt werden ([X.] vom 2.8.2017 - [X.] [X.] 7/17 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.] 58; [X.] vom 21.10.1998 - [X.] [X.] 71/97 R - [X.], 52 = [X.] 3-2500 § 85 [X.] = Juris Rd[X.] 14; [X.] vom 21.10.1998 - [X.] [X.] 65/97 R - [X.] 3-2500 § 85 [X.] 27 = Juris Rd[X.] 17). Auch die Zuweisung des [X.] ist gesondert anfechtbar ([X.] vom 15.8.2012 - [X.] [X.] 38/11 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] 1 Rd[X.] 10, mwN). Darüber hinausgehend haben die Beteiligten - wie der [X.] hiermit klarstellt - auch die Möglichkeit, Bemessungsgrundlagen für die Höhe des [X.] in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu klären. Jedenfalls wenn die Beklagte wie vorliegend einen entsprechenden Bescheid mit dem Ziel erlässt, solche Bemessungsgrundlagen nicht nur für ein einzelnes Quartal festzusetzen, muss der davon betroffene Arzt die Möglichkeit haben, gegen eine aus seiner Sicht unrichtige Festlegung zur Bildung des [X.] vorzugehen. Voraussetzung ist dann aber, dass bezogen auf die streitbefangenen Quartale weder über die Festsetzung des [X.] noch über die Festsetzung des Honorars bereits bestandskräftig entschieden worden ist; anderenfalls ist für die gesonderte Feststellung von Bemessungsgrundlagen kein Raum mehr (zu den Folgen der Bestandskraft des [X.] vgl bereits [X.] vom 15.8.2012 - [X.] [X.] 38/11 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] 1 = NZ[X.]013, 197, Rd[X.] 10).

Die genannten Voraussetzungen liegen hier bezogen auf das Quartal [X.]I/2013 vor. Von der eröffneten Möglichkeit, Grundlagen für die Bemessung des [X.] zu klären, hat die Beklagte hier Gebrauch gemacht und ein gesondertes Verwaltungsverfahren zu der Frage durchgeführt, ob das [X.] im Hinblick auf die Reduzierung des [X.] des [X.] unter Heranziehung der halbierten oder der tatsächlichen Fallzahlen des entsprechenden Vorjahresquartals zu bemessen ist. Die Bescheide zur [X.]- und zur Honorarfestsetzung sind - soweit sie das Quartal [X.]I/2013 betreffen - bisher auch nicht bestandskräftig geworden; das [X.]lageverfahren, das die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zum Gegenstand hat ([X.] - [X.]0 [X.] 1297/15), ruht. Die Bescheide, die die Festsetzung des [X.] und des Honorars für das Quartal [X.]I/2013 zum Gegenstand haben, sind nicht nach § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden (vgl [X.] vom 21.10.1998 - [X.] [X.] 71/97 R - [X.], 52 = [X.] 3-2500 § 85 [X.] = Juris Rd[X.] 14; [X.] vom 21.10.1998 - [X.] [X.] 65/97 R - [X.] 3-2500 § 85 [X.] 27 = Juris Rd[X.] 17).

Dem Umstand, dass die genannten Voraussetzungen bezogen auf die Quartale I/2013 und [X.]/2013 nicht erfüllt sind und dass die Beklagte für die nachfolgenden Quartale ab IV/2013 keine Halbierung der Fallzahl mehr vorgenommen hat, hat der [X.]läger mit der Beschränkung der Revision auf das Quartal [X.]I/2013 Rechnung getragen.

B. Die [X.]lage ist bezogen auf die der [X.]-Festsetzung im Quartal [X.]I/2013 zugrunde zu legende Fallzahl auch begründet.

1. Gesetzliche Grundlage der hier anzuwendenden Verteilungsregelungen ist § 87b Abs 1 [X.] in der Fassung des [X.] in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]) vom 22.12.2011 ([X.] 2983). Nach dieser Vorschrift verteilt die [X.] die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der [X.]rankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Nach § 87b Abs 2 [X.] [X.] hat der Verteilungsmaßstab Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs 3 [X.] oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine [X.]alkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden.

Mit der Neufassung des § 87b [X.] durch das [X.] ist der Gesetzgeber in wesentlichen Punkten zur Verteilungssystematik aus der [X.] vor Inkrafttreten der Änderungen durch das [X.] der gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]) zum 1.1.2004 zurückgekehrt und hat die bundesgesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Implementation von [X.], weitgehend zurückgenommen ([X.] vom 2.8.2017 - [X.] [X.] 16/16 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] 11 Rd[X.] 27). Die [X.]en dürfen - im Benehmen mit den Verbänden der [X.]rankenkassen - seit 2012 die Honorarverteilung wieder weitgehend nach eigenen Präferenzen gestalten, wobei nach § 87b Abs 4 [X.] und 3 [X.] Vorgaben der [X.] ([X.]) zu beachten sind (vgl [X.] vom 8.8.2018 - [X.] [X.] 26/17 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für [X.]). Bis die [X.]en von dieser Befugnis Gebrauch gemacht hatten, galten die Vorschriften über arzt- und praxisbezogene [X.] fort (§ 87b Abs 1 S 3 [X.]). Im Bereich der Beklagten galten [X.] auch noch in dem hier streitbefangenen Quartal [X.]I/2013 und darüber hinaus.

Die Beklagte war danach im Quartal [X.]I/2013 zwar nicht mehr verpflichtet, die - weiterhin vorgeschriebene - Leistungsbegrenzung gerade über [X.] zu realisieren. Sie war dazu jedoch berechtigt. In den ersten Quartalen nach der Neufassung des § 87b [X.] dürfte dazu im Übrigen praktisch kaum eine Alternative bestanden haben, weil die [X.] zunächst die nach § 87b Abs 4 [X.] iVm Abs 2 [X.] bis 3 [X.] erforderlichen Vorgaben zu beschließen hatte (vgl [X.] vom 2.8.2017 - [X.] [X.] 16/16 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] 11 Rd[X.]).

2. Auch nach der Erweiterung der Gestaltungsspielräume der Gesamtvertragspartner bei der Ausgestaltung der Honorarverteilung seit der Neufassung des § 87b [X.] durch das [X.] bleibt der aus Art 12 iVm Art 3 Abs 1 GG abgeleitete Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten ist es mit diesem Grundsatz nicht zu vereinbaren, die der [X.]-Bemessung zugrunde zu legende Fallzahl, die sich an der Abrechnung des Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres orientiert, nur deshalb zu halbieren, weil der Arzt seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt hat. Weil die Bildung des [X.] aus Fallzahl und arztgruppenbezogenem [X.] keinen unmittelbaren Bezug zum Umfang des [X.] aufweist, sondern sich ausschließlich an Art und Umfang der tatsächlichen ausgeübten ärztlichen Tätigkeit orientiert, erweist sich der Umfang des [X.] auch nicht als geeignetes sachliches Unterscheidungskriterium.

a) Im Grundsatz zutreffend weist das [X.] darauf hin, dass § 87b Abs 2 [X.] [X.] mit der Vorgabe, nach der die Honorarverteilung eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit verhindern soll, ua an den Versorgungsauftrag des Vertragsarztes bzw des [X.] nach § 95 Abs 3 [X.] anknüpft. Nach § 95 Abs 3 [X.] [X.] bewirkt die Zulassung, dass der Vertragsarzt "an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt oder verpflichtet ist". Dem entsprechend darf der Umfang des [X.] bei der Honorarverteilung nicht vollkommen unberücksichtigt bleiben. Deshalb hat der [X.] Regelungen zu Strukturzuschlägen im Bereich der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen gebilligt, die bewirken, dass ein Psychotherapeut, der einen halben Versorgungsauftrag wahrnimmt, von diesen Zuschlägen in gleicher Weise profitiert wie ein Psychotherapeut, der seinen vollen Versorgungsauftrag erfüllt ([X.] vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 37/17 R - Rd[X.] 62 - [X.] 4-2500 § 87 [X.] 35 auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Dadurch dass die Zuschläge bei einer hälftigen Zulassung bereits beim Erreichen der Hälfte der Punktzahl eingreifen, die bei Psychotherapeuten mit voller Zulassung gefordert werden, ist die erforderliche Gleichbehandlung nicht verletzt, sondern erst hergestellt worden. Auch die in § 14 [X.] von der Beklagten getroffene Regelung, die die Fallzahlzuwachsbegrenzungen eines Arztes mit vollem Versorgungsauftrag davon abhängig macht, dass der Arzt die durchschnittliche Fallzahl seiner Fachgruppe überschreitet, während die Fallzahlzuwachsbegrenzung bei Ärzten mit halbem Versorgungsauftrag bereits bei der Hälfte der durchschnittlichen Fallzahl eingreift, begegnet ersichtlich keinen Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG, weil maßgeblicher Anknüpfungspunkt hier die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe sind. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn Ärzten mit halbem Versorgungsauftrag ein entsprechend geringerer Zuwachs zugebilligt wird als Ärzten mit vollem Versorgungsauftrag. Dasselbe gilt für die in § 10 Abs 1 S 3 [X.] getroffene Regelung, nach der bei Vertragsärzten mit anteiligem Versorgungsauftrag für die fallzahlbedingte Abstaffelung, die bei Überschreitung der durchschnittlichen [X.]-Fallzahl der [X.] um mehr als 200 % eingreift, entsprechend geringere durchschnittliche Fallzahlen zugrunde zu legen sind.

b) Die hier bedeutsame Frage, ob die für die [X.]-Bemessung maßgebende Fallzahl im Hinblick auf die Halbierung des [X.] ebenfalls halbiert werden darf, unterscheidet sich von den [X.], in denen der [X.] eine Orientierung der Vergütung am Umfang des [X.] gebilligt hat, grundlegend, weil die Ermittlung des [X.] aus der Fallzahl und dem arztgruppenspezifischen [X.] keinerlei Bezug zum Umfang des [X.] des Arztes aufweist. Deshalb sind Änderungen im Umfang des [X.] auch kein geeignetes Anknüpfungskriterium für eine Änderung der Fallzahl bei der Bildung des [X.].

Der im Bezirk der Beklagten geltende § 9 [X.] bestimmt, dass sich das [X.] aus der Multiplikation des zum jeweiligen [X.]punkt gültigen arztgruppenspezifischen [X.]s mit der Fallzahl des Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal ergibt. Ausschlaggebend für die Frage, welche Fallzahl der Bemessung des [X.] zugrunde zu legen ist, ist der tatsächliche Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit des einzelnen Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal. Daran ändert sich durch eine Reduzierung des [X.] nichts. Je höher die Fallzahl des Arztes ist, desto höher ist im Grundsatz (vorbehaltlich der ebenfalls im [X.] geregelten fallzahlbedingten Abstaffelungen und Fallzahlzuwachsbegrenzungen) auch das [X.] des Arztes im Folgejahr. Eine solche Berücksichtigung der in einem vergangenen [X.]raum abgerechneten Leistungen im Rahmen von [X.] hat der [X.] in ständiger Rechtsprechung gebilligt, und zwar sowohl in Gestalt von individualbezogenen [X.] ([X.]/[X.], [X.], Stand 10/2018, [X.] § 85 Rd[X.] 252 mwN) als auch in der hier praktizierten Form von [X.], die sich von [X.] ua dadurch unterscheiden, dass neben den individuellen Behandlungsfallzahlen arztgruppenspezifische "Fallpunktzahlen" bzw [X.]e in die Berechnung der praxisindividuellen Grenzwerte einfließen (vgl [X.] [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 43/08 R - [X.] 106, 56 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 54, Rd[X.] 15; [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 32/12 R - [X.] 113, 298 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 76, Rd[X.] 38).

Die in der Vergangenheit abgerechnete Fallzahl als zulässiger Anknüpfungspunkt für die Bemessung eines [X.] darf indes nicht beliebig modifiziert werden. Art 3 Abs 1 GG fordert, dass Gleiches entsprechend seiner Eigenart gleichbehandelt wird ([X.] vom 6.11.2002 - [X.] [X.] 21/02 R - [X.] 90, 111, 117 = [X.] 3-2500 § 85 [X.] 49 S 421 = Juris Rd[X.] 24 mwN). Eine Halbierung der für die Berechnung von Begrenzungsregelungen maßgebenden Fallzahlen ohne sachlich legitimierenden Grund ist damit nicht vereinbar.

Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob mit dem [X.] angenommen werden kann, dass § 95 Abs 3 [X.] [X.] iVm § 3 Abs 7 [X.] eine Regelung zur Reduzierung der [X.]-relevanten Fallzahlen zu entnehmen ist, weil eine solche Regelung jedenfalls nicht wirksam wäre. Nach seinem Wortlaut bestimmt § 3 Abs 7 [X.] im Übrigen nur allgemein, dass bei der Ermittlung von [X.] eines Arztes der Umfang sowie der [X.]punkt der Aufnahme seiner Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen ist. Die nähere Ausgestaltung erfolgt in den nachfolgenden Bestimmungen, denen auch das [X.] ersichtlich keine Aussage zur Reduzierung der [X.]-relevanten Fallzahlen in Abhängigkeit vom Umfang des [X.] entnehmen konnte. Wenn die Regelung gleichwohl mit dem [X.] in dem Sinne zu interpretieren wäre, dass daraus eine Anpassung der [X.]-relevanten Fallzahl an den Versorgungsauftrag abzuleiten wäre, wäre eine solche Regelung mit dem aus Art 12 iVm Art 3 Abs 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht vereinbar. Der Umstand, dass der [X.]läger seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte reduziert hat, um ihn dem tatsächlichen Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit anzupassen, ist aus den og Gründen kein geeigneter sachlicher Anknüpfungspunkt für eine Abweichung von dem im hier maßgebenden [X.] geregelten Grundsatz, dass der Bemessung des [X.] die tatsächliche (volle) Fallzahl des Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres zugrunde gelegt wird: Ein Arzt mit vollem Versorgungsauftrag, dessen Fallzahl den Durchschnitt der Fachgruppe um mehr als die Hälfte unterschreitet, wird - wenn keine besonderen Umständen vorliegen - seine Verpflichtung, im Umfang seines [X.] an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, regelmäßig nicht mehr erfüllen. Dies kann Anlass sein, ihm die Zulassung teilweise - im Umfang eines halben [X.] - zu entziehen. Der Arzt ist aber keineswegs verpflichtet, ein solches [X.] abzuwarten. Er kann sich auch entscheiden, den Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zu erhöhen und seine Fallzahl soweit zu steigern, dass er seiner Verpflichtung aus § 95 Abs 3 [X.] [X.] wieder gerecht wird. Wenn er das [X.] aus familiären Gründen nicht möchte, gibt ihm § 19a Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte die Möglichkeit, seinen Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber den Zulassungsgremien auf die Hälfte zu beschränken. Mit dieser Entscheidung zur Reduzierung des [X.] ist in einer solchen [X.]onstellation typischerweise nicht die Entscheidung verbunden, den tatsächlichen Umfang der ärztlichen Tätigkeit weiter einzuschränken. Vielmehr geht es dem Arzt darum, den Umfang des [X.] den schon vorher bestehenden tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. So verhielt es sich auch bei dem [X.]läger, der auf seine weit unterdurchschnittliche Fallzahl mit einer Reduzierung seines [X.] reagiert hat. Einen sachlichen Grund, die Fallzahl, die der Bemessung des [X.] zugrunde gelegt wird, der Reduzierung des [X.] anzupassen, gibt es unter diesen Umständen nicht. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob der Reduzierung des [X.] eine Entziehung durch die Zulassungsgremien oder ein freiwilliger Verzicht des Arztes zugrunde liegt.

3. Der [X.] lässt ausdrücklich offen, ob eine Reduzierung der für die Bemessung der [X.]-relevanten Fallzahl ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit für den Fall geregelt werden könnte, dass der Arzt nicht nur seinen Versorgungsauftrag reduziert, sondern dass - wie hier - auch eine Nachbesetzung im Umfang des halben [X.] stattfindet. Für die Zulässigkeit einer solchen an die [X.] anknüpfenden Regelung könnte der Umstand sprechen, dass die Besetzung eines Vertragsarztsitzes im Wege der [X.] gemäß § 103 Abs 3a, Abs 4 [X.] nach ständiger Rechtsprechung die Fortführung einer Praxis voraussetzt; die isolierte Übertragung einer Zulassung ist ausgeschlossen (vgl [X.] [X.] vom 11.12.2013 - [X.] [X.] 49/12 R - [X.] 115, 57 = [X.] 4-2500 § 103 [X.] 13, Rd[X.] 31 ff, 34; zuletzt: [X.] vom 27.6.2018 - [X.] [X.] 46/17 R - zur Veröffentlichung für [X.] und [X.] vorgesehen, Rd[X.] 25 ff, jeweils mwN). Wie sich aus § 103 Abs 3a [X.], Abs 4 [X.] [X.] ergibt, gilt das auch bei hälftigem Verzicht oder hälftiger Entziehung der Zulassung. Wenn der Arzt seine Praxis nicht vollständig aufgibt, sondern seinen Versorgungsauftrag lediglich auf die Hälfte reduziert, wird die [X.]ontinuität des hälftigen Praxisbetriebs und die Fortsetzung der Tätigkeit des übernehmenden Arztes am bisherigen Praxisort vielfach nicht ohne Weiteres zu realisieren sein. Umso mehr wird die Erfüllung des Merkmals der "[X.]" in einer solchen [X.]onstellation regelmäßig davon abhängig sein, dass der Arzt, der die halbe Praxis übernimmt ("fortführt"), einen Teil des [X.] übernimmt (generell zur Bedeutung des [X.] bei der Praxisfortführung vgl [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 1/99 R - [X.] 85, 1 = [X.] 3-2500 § 103 [X.] 5 = Juris Rd[X.] 39), sodass die bisherige Praxis im Regelfall gerade nicht unverändert fortgeführt wird. Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, dass eine [X.] in ihrem [X.] einer durch die (halbe) [X.] typischerweise bedingten Aufteilung des [X.] auch bei der Bemessung des [X.] für den Arzt Rechnung tragen darf, der seinen Versorgungsauftrag reduziert hat. Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren kommt es darauf jedoch nicht an, weil der [X.] der Beklagten jedenfalls eine solche maßgeblich auf die [X.] im Umfang eines halben [X.] abstellende Regelung zur Reduzierung der [X.]-relevanten Fallzahl nicht enthält. Wenn eine solche eindeutige Bestimmung im [X.] fehlt, darf die [X.] die [X.]-relevante Fallzahl aber auch nicht einzelfallbezogen etwa mit Blick auf den vom abgebenden Arzt erzielten Verkaufserlös oder andere nicht normativ ableitbare übergeordnete Erwägungen reduzieren.

C. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 155 Abs 1 [X.] VwGO und berücksichtigt, dass der [X.]läger die Revision bezogen auf 11 von ursprünglich 12 streitbefangenen Quartalen zurückgenommen und allein bezogen auf das Quartal [X.]I/2013 obsiegt hat.

Meta

B 6 KA 28/17 R

24.10.2018

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Stuttgart, 14. Oktober 2015, Az: S 20 KA 6360/14, Urteil

§ 87b Abs 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 2 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 2 S 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 2 S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 4 S 2 SGB 5 vom 22.12.2011, § 87b Abs 4 S 3 SGB 5 vom 22.12.2011, § 95 Abs 3 S 1 SGB 5, § 19a Abs 2 Ärzte-ZV, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 GG, GKV-VStG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.10.2018, Az. B 6 KA 28/17 R (REWIS RS 2018, 2484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2484

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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