Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2004, Az. IX ZB 587/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4249

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[X.][X.] 587/02
vom 4. März 2004 in dem Entschädigungsrechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]
am 4. März 2004 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 18. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens wer-den dem Kläger auferlegt.

Gründe:

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision (§ 219 Abs. 2 [X.]) liegt nicht vor.

1. Die in der Beschwerdebegründung bezeichnete Frage zur Auslegung von § 779 BGB bei fehlender Ungewißheit der Vergleichsparteien über das [X.] ("unechter Vergleich") stellt sich nicht. Denn dem Berufungsurteil ist eine solche Grundlage für den Abschluß des [X.] tatbestandlich nicht zu entnehmen. Insbesondere ist of-fen, ob der Beklagte ein hierdurch erweitertes Irrtumsrisiko hätte übernehmen wollen. Das Berufungsgericht hat die Wirksamkeit des Vergleiches im übrigen auch nicht bejaht, weil die Parteien nur innerhalb des Vergleichsgegenstandes von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind, sondern weil es an der - 3 - zweiten Voraussetzung des § 779 BGB - der streitverursachenden Unkennt-nis - fehlt. Die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Rechtsfrage, daß es für die Anwendung von § 779 BGB nicht genügt, wenn es bei Kenntnis der Sachlage (so wie sie sich nach der weiteren Aufklärung in diesem Rechtsstreit darstellt) zwischen den Parteien möglicherweise zu einem anderen Vergleich gekommen wäre, ist auch durch die zitierte Entscheidung des [X.] ([X.], 140, 142) zutref-fend im Sinne des Berufungsurteils geklärt.

2. Die freilich mißverständlich formulierte [X.]e Würdigung des Berufungsgerichts, daß der Vergleich des Jahres 1964 auf keiner Geschäfts-grundlage aufbaue, die ein psychisches Leiden des Erblassers, wie nach jetzi-gem Erkenntnisstand naheliegend, ausschließe, entzieht sich einer revisions-rechtlichen Überprüfung. [X.] Verfahrensrügen hiergegen erhebt die Beschwerde nicht. Eine Abweichung des Berufungsurteils von Ent-scheidungen des [X.] liegt insoweit nicht vor. Auch für § 219 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gilt der allgemeine enge Divergenzbegriff. Eine Abweichung in diesem Sinne setzt voraus, daß die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als eine Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentschei-dung aufgestellten und diesen tragenden Rechtssatz nicht deckt (vgl. letzthin etwa [X.], 42, 45; [X.], [X.]. v. 27. März 2003 - [X.], [X.], 987, 989 m.w.[X.]). Daran fehlt es.

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für die rechtlichen Anforderungen an eine Geschäftsgrundlage (vgl. jetzt § 313 BGB) erfordert das Berufungsurteil gleichfalls keine Entscheidung des [X.]. Selbst wenn das Berufungsgericht in diesem Punkt unabsichtlich von der [X.] [X.] des [X.] abgewichen wäre, der es hat folgen wollen, würde ein solcher Rechtsfehler die Zulassung der Revision nach § 219 Abs. 2 Nr. 3 [X.] nicht rechtfertigen (vgl. [X.], [X.]. v. 27. März 1963 - [X.], [X.] 1963, 424 m.w.[X.] zu § 219 Abs. 2 Nr. 2 [X.] a.F. = § 219 Abs. 2 Nr. 3 [X.] n.F.). Vorliegend ist bereits nicht erkennbar, daß das Berufungsur-teil auf einem rechtsfehlerhaften Verständnis des Begriffs der [X.] beruht.

Soweit sich der Kläger auf § 242 BGB beruft, fällt ihm außerdem zur Last, daß der Erblasser bis zu seinem Ableben Ende 1994 mit dem Verlangen nach Abänderung des Vergleichs nicht hervorgetreten ist, obwohl er nach der zweiten Depression im Jahre 1979 und der anschließenden Behandlung durch Prof. Dr. K. in [X.]mit der Möglichkeit eines phasenhaft verlaufenden psychasthenischen Verfolgungssyndroms rechnen mußte, welches in dieser Eigenart bei der Bemessung der Entschädigungsrente 1964 noch nicht erkannt worden war. Dieser Umstand kann einer Anpassung des Vergleichs aus dem Jahre 1964 unter [X.] vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkten entge-genstehen (vgl. [X.], Urt. v. 20. Februar 1975 - [X.] ZR 142/73, LM [X.] § 177 Nr. 7 = [X.] 1975, 153, 154 m.w.[X.]; [X.]. v. 20. Januar 2000 - [X.] ZB 34/99, [X.]R [X.] § 177 Geschäftsgrundlage 1). Dies gilt nicht nur dann, wie die Be-schwerde meint, wenn infolge des [X.]ablaufs die Ermittlung der [X.] erschwert wird. In dieser Hinsicht ist aber ohnehin - entgegen den Ausführungen der Beschwerde - daran zu erinnern, daß der Kläger eine erhöhte Kapitalentschädigung und Rente für die [X.] ab 1. Januar 1943 be-gehrt, mithin auch für die [X.] vor 1964 von den Tatsacheninstanzen im Er-folgsfalle zusätzliche Feststellungen hätten getroffen werden müssen. - 5 - 3. Endlich kann, soweit die Beschwerde rügt, daß das Berufungsgericht § 206 Abs. 2, § 35 [X.] verletzt habe, ein solcher Rechtsfehler die Zulassung der Revision nach § 219 Abs. 2 Nr. 3 [X.] gleichfalls nicht rechtfertigen.

Das Berufungsgericht hat zu diesem [X.], der [X.]falls eine Rentenanpassung vom Jahre 1979 ab tragen könnte, wie im üb-rigen der Rechtsprechung des [X.] folgen wollen, die es zitiert ([X.], Urt. v. 8. Mai 1980 - [X.] ZR 34/79, [X.] 1980, 158, 159; ebenso seither noch Urt. v. 10. Mai 1990 - [X.] ZR 222/89, [X.]R [X.] § 206 Abs. 2 Vergleich 1 = LM [X.] § 206 Nr. 50). Danach gelten, wenn in einem Vergleich nur [X.] Leiden als verfolgungsbedingt anerkannt worden sind, andere zu die-ser [X.] schon vorhandene, die Leistungsfähigkeit des Verfolgten [X.] als verfolgungsunabhängig. Ihre spätere Verschlimmerung könn-te unter dieser Voraussetzung nicht zu einer Rentenanpassung führen.

Das Berufungsgericht hat [X.] festgestellt, daß zwischen der anerkannten vegetativen Dystonie und der hier nicht anerkannten endogenen Depression im Rahmen eines psychasthenischen Syndroms, möglicherweise einer Dysthymie, kein Zusammenhang bestehe, es sich mithin um zwei ver-schiedene Erkrankungen handelt. So ist auch die Darstellung der Beschwerde S. 7 unter [X.] 1. zu verstehen. Dagegen versucht die Beschwerde mit der weite-ren Behauptung, das psychische Leiden des Erblassers sei in dem Vergleich von 1964, wenn auch unter der falschen Bezeichnung einer vegetativen Dysto-nie, anerkannt worden (so auf [X.] unter [X.] 4. a.E.), an die Stelle der binden-den [X.]en Würdigung des Berufungsgerichts einen anderen Sachver-halt zu setzen. Das ist revisionsrechtlich unzulässig.
- 6 - Das Berufungsgericht hat des weiteren angenommen, daß die nach der ersten Phase der endogenen Depression 1959 verbliebenen Beschwerden und Ausfälle die Leistungsfähigkeit des Erblassers zur [X.] des [X.] auch beeinträchtigt haben ([X.] oben). Mit dem Bezug auf die [X.] hat es sich hierbei entgegen der Beschwerde (S. 7 unter [X.] 1.) er-sichtlich auch von dem entschädigungsrechtlichen Krankheitsbegriff ([X.], Urt. v. 6. November 1969 - [X.] ZR 137/67, [X.] 1970, 216, 218 m.w.[X.]; v. 13. Juli 1972 - [X.] ZR 103/70, [X.] 1972, 346, 347; v. 18. Januar 1973 - [X.] ZR 75/70, [X.] 1973, 171, 172) leiten lassen. Die tatsächliche Annahme des Berufungs-gerichts deckt sich mit dem Vorbringen des [X.] zu einem höheren Bewer-tungsrahmen der [X.] (vgl. S. 4 f der Beschwerde unter [X.], 3.), der nach dem hauptsächlichen Klageziel eine Anhebung der Entschädigung schon ab 1943 rechtfertigen soll. Auch der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 12. April 1999 S. 2 Mitte krankheitswertige psychische Beschwerden des Erblassers bereits zum [X.]punkt des Vergleichsabschlusses behauptet.

Im Berufungsurteil findet sich an anderer Stelle freilich auch die Feststel-lung, daß der Erblasser zwischen 1960 und 1979 - somit zur [X.] des [X.] - im Grundsatz psychisch unauffällig war ([X.] unten) und hierin kann möglicherweise ein gewisser Widerspruch in den [X.]en Annahmen gesehen werden, die dem Berufungsurteil zugrunde liegen. Dieser Widerspruch findet sich noch deutlicher in dem Vorbringen der Beschwerde selbst, die einerseits behauptet, die endogene Depression des Erblassers sei zur [X.] des [X.] vollständig abgeklungen gewesen, so daß entschädigungsrechtlich keine fortbestehende Krankheit vorgelegen habe, an-dererseits aber geltend macht, das psychische Verfolgungsleiden des [X.] habe mit Auswirkung auf seine Erwerbsfähigkeit seit 1943 bestanden und sei 1964 in ihrem Krankheitsbild dem Vergleich zutreffend zugrundegelegt, le-- 7 - diglich in ihrer medizinischen Eigenart und damit der weiteren Gewichtung ver-kannt worden. Für eine Zulassung der Revision nach § 219 Abs. 2 [X.] gibt der vorgenannte Umstand nichts her, weil er sich in der [X.]en Würdi-gung des Einzelfalls erschöpft.

4. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde schließlich die Verletzung des [X.] Gehörs durch Nichtberücksichtigung des nachgelassenen Schriftsatzes vom 27. Juni 2002 durch das Berufungsgericht.

Der behauptete Verfahrensfehler ist aus der Gerichtsakte nicht ersicht-lich. Ihm braucht auch nicht nachgegangen zu werden, weil das Berufungsurteil auf der - wie unterstellt - Außerachtlassung des Schriftsatzes nicht beruht.
[X.] [X.]
[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZB 587/02

04.03.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2004, Az. IX ZB 587/02 (REWIS RS 2004, 4249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4249

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