Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.02.2011, Az. V B 85/10

5. Senat | REWIS RS 2011, 9197

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Gegenstand

Urlaub als erheblicher Grund für eine Terminsänderung - Rügeverzicht durch unentschuldigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung


Leitsatz

1. NV: Ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung wird nur dann ausreichend dargelegt, wenn nicht nur vorgetragen wird, dass es sich um einen Urlaub handelt, der im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung bereits verbindlich geplant war, sondern auch das Urlaubsziel so präzise genannt wird, dass das Gericht beurteilen kann, ob eine Wahrnehmung des Termins wegen des Urlaubs unzumutbar ist .

2. NV: Der Kläger, der der mündlichen Verhandlung unentschuldigt fernbleibt, kann nicht geltend machen, dass das FG seine Hinweispflicht oder seine Amtsermittlungspflicht verletzt hat .

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der sich als Rechtsanwalt im finanzgerichtlichen Verfahren selbst vertreten hat, geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--) liegt nicht vor. Mit dem Vorbringen, das Finanzgericht ([[X.].]) habe zu Unrecht seinen Antrag abgelehnt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2010 zu verlegen, hat der Kläger das Vorliegen eines [[X.].], insbesondere den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, nicht hinreichend gerügt.

3

a) Der Kläger hat mit Schreiben vom 10. Juni 2010 beantragt, die auf den 29. Juni 2010 anberaumte mündliche Verhandlung zu verlegen, da er an diesem Tag "aufgrund seines Jahresurlaubs nicht mehr in [X.]" sei. "Innerhalb des Urlaubs" sei "bereits im Frühjahr 2010 eine Reise gebucht [worden], die nicht mehr aufschiebbar" sei.

4

b) Hierdurch hat der Kläger keinen erheblichen Grund zur Terminsänderung [X.] von § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 115 [[X.].]O dargelegt. Zwar kann ein geplanter Urlaub ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung sein. Er muss aber in seiner Planung so ausgestaltet sein, dass die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins während dieser [X.] nicht zumutbar ist. Ein erheblicher Grund ist deshalb nur dann ausreichend dargelegt, wenn nicht nur vorgetragen wird, dass es sich um einen Urlaub handelt, der im [X.]punkt der Zustellung der Ladung bereits verbindlich geplant war, sondern auch das Urlaubsziel so präzise genannt wird, dass das Gericht beurteilen kann, ob eine Wahrnehmung des Termins wegen des Urlaubs unzumutbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des [X.] --BFH-- vom 27. April 2005 [X.] B 130/04, [X.] 2005, 1596, und vom 20. September 2010 [X.]/09, [X.] 2011, 53).

5

Im Hinblick auf diese BFH-Rechtsprechung genügte der pauschale Hinweis des [X.] auf den Urlaub ohne nähere Angaben zum Urlaubsbeginn und Urlaubsende sowie zum Urlaubsziel auch unter Berücksichtigung der von ihm behaupteten abweichenden Verfahrenspraxis bei anderen Gerichten nicht. Im Übrigen hat der Kläger, selbst nachdem er vom [[X.].] mit Schreiben vom 17. Juni 2010 darauf hingewiesen worden war, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt wird, in seinem Schriftsatz vom 22. Juni 2010 die näheren Urlaubsumstände nicht konkretisiert.

6

2. War das [[X.].] somit nicht gehindert, die mündliche Verhandlung wie terminiert durchzuführen, kann sich der Kläger, der der mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist, nicht darauf berufen, dass das [[X.].] seine Hinweis- oder seine Amtsermittlungspflicht verletzt hat. Denn § 76 [[X.].]O ([X.] und Hinweispflicht) ist eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung der Prozessbeteiligte --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 [[X.].]O i.V.m. § 295 ZPO). Es hätte insoweit des --tatsächlich nicht erfolgten-- Vortrags bedurft, weshalb die Rüge nicht möglich gewesen sei. Insoweit begründet der Umstand, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung seitens des [X.] willentlich nicht wahrgenommen wurde, einen Rügeverzicht (vgl. [X.] vom 30. Oktober 2008 [X.]/07, nicht amtlich veröffentlicht).

7

3. Soweit sich der Kläger darüber hinaus gegen die rechtliche Würdigung des [[X.].] wendet, liegt kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [[X.].]O vor.

Meta

V B 85/10

23.02.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 29. Juni 2010, Az: 5 K 7311/06 B, Urteil

§ 76 FGO, § 155 FGO, § 227 ZPO, § 295 ZPO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.02.2011, Az. V B 85/10 (REWIS RS 2011, 9197)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9197

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