Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2006, Az. X ZB 5/06

X. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 659

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[X.]BESCHLUSS X ZB 5/06 vom 23. November 2006 in der [X.]- 2 - [X.] hat am 23. November 2006 durch [X.] Melullis, [X.], die Richte-rinnen [X.] und Mühlens und [X.] Dr. Meier-Beck beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] und der Streithelfer des [X.] wird der Beschluss des 8. [X.] des [X.] vom 23. Januar 2006 aufgehoben. Dem Kläger wird gegen die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Wert des Beschwerdeverfahrens: 8.137,78 •. Gründe: [X.] Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, weil diese ihn anlässlich der Buchung einer Reise nach [X.] nicht ausreichend 1 - 3 - über den möglichen Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung und [X.] Versicherung zur Deckung der Rückführungskosten bei Unfall und Krank-heit informiert habe. Das [X.] hat seine Klage abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten den Kläger zur Zahlung von 411,94 • nebst Zinsen verurteilt. 2 Das am 1. November 2005 verkündete Urteil wurde dem Kläger am 7. November 2005 zugestellt, die Berufung ging am 7. Dezember 2005 bei [X.] ein. 3 Am Montag, dem 9. Januar 2006, gingen in der [X.] zwischen 20:53 Uhr und 21:43 Uhr bei dem Berufungsgericht durch Faxübermittlung mit dem [X.]leere Seiten ein. Am 10. Januar 2006 ging ebenfalls per Telefax die Berufungsbegründung bei Gericht ein zusammen mit einem Begleitschreiben des Prozessbevollmächtigten, des Streithelfers zu 2, in dem es heißt: "– wird vorsorglich die Berufungsbegründung nochmals per Fax vorab übersandt. Nach hier vorliegendem Faxprotokoll ist die Berufungsbegrün-dung gestern, 09.01.06 um 21:45 Uhr an das Gericht übersandt worden." 4 Nachdem der Kläger mit Schreiben des Vorsitzenden des [X.] darauf hingewiesen worden war, dass am 9. Januar 2006 nur leere Seiten [X.] seien, hat er mit Schriftsatz vom 18. Januar 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der [X.] beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Sein Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründung zu Hause in seiner Privatwohnung fertig gestellt. Das dort vorhandene Faxgerät sei ihm nicht [X.] gewesen, weil es von seiner Ehefrau angeschafft und nur von ihr genutzt 5 worden sei. Aus der Bedienungsanleitung, die er zur richtigen Bedienung des - 4 - Bedienungsanleitung, die er zur richtigen Bedienung des Faxgeräts herangezo-gen habe, habe sich ergeben, dass das Original mit der bedruckten Seite nach unten in den Vorlageneinzug einzulegen sei. Auf dem Gerät selbst sei ein Sym-bol eingestanzt gewesen, welches nach Information der Herstellerin darauf ha-be hinweisen sollen, dass das Original mit der Schrift nach oben einzulegen sei. Dieses Symbol sei aber nicht allgemein verständlich. Sein Prozessbevollmäch-tigter habe die Bedienungsanleitung befolgt. Erst als er am nächsten Tag seine Ehefrau noch einmal zu der korrekten Bedienung des Telefaxgerätes befragt habe, habe er erste Zweifel an einer ordnungsgemäßen Übersendung des Tele-fax bekommen und aus diesem Grunde die Berufungsbegründung noch einmal übermittelt. Das Berufungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss das Wie-dereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig [X.]. 6 Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.] und seiner Streithelfer. 7 I[X.] [X.] ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (vgl. [X.].Beschl. v. 27.07.2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1717; vgl. [X.] 79, 372, 376 f.; [X.] NJW-RR 2002,1004). 8 [X.] ist auch begründet. 9 - 5 - Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] dürfen bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Wiederein-setzung in den vorigen Stand die Anforderungen an das, was der Betroffene zur Fristwahrung veranlasst haben muss, nicht überspannt werden. An diesen Maßstäben gemessen hat die Versagung der Wiedereinsetzung durch das [X.]sgericht keinen Bestand; das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon aus-gegangen, dass der Prozessbevollmächtigte des [X.] die Fristversäumung verschuldet hat. Hinsichtlich des der [X.] nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurech-nenden anwaltlichen Verschuldens ist entscheidend, ob die Fristversäumung für einen pflichtbewussten Rechtsanwalt abwendbar gewesen wäre. Dies hängt davon ab, ob der Prozessbevollmächtigte des [X.], der Streithelfer zu 2, von einer einwandfreien Übermittlung des Telefax am 9. Januar 2006 ausgehen durfte oder ob er hieran Zweifel haben musste. 10 Der Streithelfer zu 2 hat nach seiner eidesstattlichen Versicherung zur Übermittlung der Berufungsbegründung ein Telefaxgerät verwendet, dessen Handhabung ihm unbekannt war, weil er dieses bisher nicht benutzt hatte. Er hat sich deshalb durch Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung über die rich-tige Handhabung des Geräts informiert. Die Bedienungsanleitung war jedoch nach der schriftlichen Bestätigung der Herstellerin insofern fehlerhaft, als dort der Benutzer zur Durchführung des Faxvorgangs angewiesen wurde, das Do-kument mit der Schrift nach unten in das Gerät einzulegen. Dieser Fehler war für den Streithelfer zu 2 nicht erkennbar. Er musste nach der Darstellung in der Bedienungsanleitung keinen Zweifel an der richtigen Bedienung des Geräts ha-ben. Auch das Symbol am Papiereinzug, das nach Darstellung der Herstellerin eine gegenteilige Anweisung gab, musste ihm keine Veranlassung geben, an der Richtigkeit der Bedienungsanleitung zu zweifeln. Nach seiner eidesstattli-chen Versicherung hat er das Symbol, "soweit er es überhaupt bewusst [X.] - 6 - genommen hat", so verstanden, dass es lediglich markierte, wo das Dokument einzulegen war. Angesichts der klaren Anweisung in der Bedienungsanleitung hatte er keine Veranlassung anzunehmen, mit dem Symbol am Papiereinzug werde die Anweisung in der Bedienungsanleitung in ihr Gegenteil verkehrt. Er durfte deshalb darauf vertrauen, dass eine korrekte Übermittlung gewährleistet war, wenn er sich an die Anweisung der Bedienungsanleitung hielt. Die [X.] war demnach unverschuldet. Durch die Erteilung der Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist wird zugleich die die Berufung verwerfende Entscheidung des [X.] gegenstandslos ([X.], 380, 384). [X.]Scharen [X.]

Mühlens Meier-Beck Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.11.2005 - 36 O 189/05 - [X.], Entscheidung vom 23.01.2006 - 8 U 237/05 -

Meta

X ZB 5/06

23.11.2006

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2006, Az. X ZB 5/06 (REWIS RS 2006, 659)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 659

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