Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2016, Az. VIII ZB 57/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15344

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:010316BVIII[X.]57.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII [X.] 57/15
vom

1. März
2016

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 2
Die unterbliebene Namensangabe der erkennenden [X.] im Rubrum der ge-troffenen Entscheidung wird jedenfalls
in den Fällen, in denen kein Zweifel [X.] bestehen kann, dass die [X.], die die Entscheidung unterzeichnet ha-ben, auch an ihr mitgewirkt haben, durch die Unterschriften der [X.] ersetzt; dann kann von einer stillschweigenden Verweisung auf die Unterschriften aus-gegangen werden (im [X.] an [X.], Urteil vom 22.
Dezember 1976
-
IV
ZR 11/76, NJW 1977, 377 unter I
2).
ZPO §
233 Fc
Wird ein fristgebundener Schriftsatz per Telefax übermittelt, genügt es für die [X.], dass ein vom Faxgerät
des Absenders ausgedrucktes Sen-deprotokoll die ordnungsgemäße Übermittlung an den Adressaten belegt und dieses vor Fristablauf zur Kenntnis genommen wird. Trägt der Sendebericht den Vermerk "OK", kann es einem am Verfahren Beteiligten nicht als schuldhaf-tes Verhalten angelastet werden, wenn es bei dem elektronischen Übertra-gungsvorgang dennoch zu -
nicht aus dem [X.] ersichtlichen
-
Feh-lern kommt (im [X.] an [X.], Beschlüsse vom 17.
Januar 2006 -
XI
[X.], [X.], 1518 Rn.
15 mwN; vom 11.
Dezember 2013 -
XII
[X.] 229/13, NJW-RR 2014, 316 Rn.
6; vom 14.
Oktober 2010 -
V
[X.], juris Rn.
8).

[X.], Beschluss vom 1. März 2016 -
VIII [X.] 57/15 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am
1. März 2016
durch
die
Vor-sitzende [X.]in
Dr. [X.], die
[X.]innen [X.] und Dr. Fetzer

sowie die [X.] [X.] und Kosziol

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten
wird der Beschluss der 25.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 13. August 2015
aufgehoben.
Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung
der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts
[X.] vom 14. April 2015 in der Fassung des [X.] vom 29. April 2015 ge-währt.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: bis zu 30.000

Gründe:
I.
Der Kläger macht nach der Zwangsräumung einer Mietwohnung
Scha-densersatzansprüche gegen die Beklagte geltend und begehrt zugleich die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, bestimmte Gegenstände [X.]
-
3
-
lich eines Sparbuchs
an die Beklagte herauszugegeben. Die Beklagte verlangt widerklagend die Feststellung, dass eine solche Verpflichtung bestehe.
Das Amtsgericht hat mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 21. April 2015 zugestellten Urteil der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Frist für die Berufungsbegründung ist antragsgemäß bis zum 21.
Juli 2015 verlängert
worden.
Am 20. Juli 2015 ist beim [X.] vorab per Telefax ein mit "[X.]"
überschriebener
Schriftsatz vom selben Tag [X.], dessen Übertragung auf der nicht vollständig übermittelten Seite 6 ab-gebrochen worden ist. Eine Unterschrift ist hierbei nicht übertragen worden. Das Telefax trägt [X.] von 16.25 Uhr bis 16.29 Uhr des Empfangsge-räts und von 16.27 Uhr bis 16.30 Uhr des Sendegeräts. Mit dem [X.] per Telefax am selben Tag
übermittelter Verfü-gung vom 21. Juli 2015
hat der Vorsitzende der Berufungskammer diesen von der unvollständigen Übermittlung
unterrichtet. Am 23. Juli 2015 ist auf dem Postweg die 25-seitige Berufungsbegründung im Original beim [X.] [X.].
Auf den am selben Tag erfolgten Hinweis des Vorsitzenden
der Beru-fungskammer, im Hinblick auf den verspäteten Eingang der vollständigen
[X.] sei beabsichtigt, das Rechtsmittel als unzulässig zu verwer-fen,
hat die Beklagte mit beim [X.] vorab per Telefax am 24. Juli 2015 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag unter Wiederholung ihrer [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäu-mung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.

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4
-
Sie hat ihr Wiedereinsetzungsbegehren im Wesentlichen damit begrün-det, dass das Faxgerät der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten keine Störung bei der Übermittlung der Berufungsbegründung angezeigt, son-dern im Gegenteil eine um 16.55 Uhr erstellte Sendebestätigung mit der Be-merkung "Ergebnis OK"
erstellt habe, ausweislich derer um 16.43 Uhr innerhalb von 11 Minuten und einer Sekunde 25 Seiten,
also die vollständige Berufungs-begründung, per Telefax an das [X.]
übermittelt worden seien. Zur Glaubhaftmachung hat sie sich auf das auf der ersten Seite der gefaxten [X.] aufgedruckte und dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügte [X.]
sowie auf die anwaltliche Versicherung ihres [X.] berufen.
Eine daraufhin angestellte Rückfrage des Vorsitzenden der Berufungs-kammer beim Leiter der Wachtmeisterei hat ergeben,
dass am 20. Juli 2015 beim [X.]
zwei von dem Faxgerät des Prozessbevollmächtigten der [X.] übermittelte Sendungen eingegangen sind, nämlich beginnend um 16.24 Uhr sechs Seiten mit einer Übertragungszeit von 4 Minuten und 21 Se-kunden und beginnend um 16.41 Uhr 20 Seiten mit einer Übertragungsdauer
von 11 Minuten und 9 Sekunden.
Der zweite Schriftsatz ist nicht zu den Akten gelangt. Sein Verbleib ist trotz Rückfragen innerhalb des
[X.]s
ungeklärt
geblieben.
Auf den Hinweis
des Vorsitzenden der Berufungskammer, es scheine sich bei der 20 Seiten umfassenden Übertragung
in Anbetracht der Seitenzahl
wohl nicht um die 25 Seiten umfassende Berufungsbegründung gehandelt zu haben, hat die Beklagte ergänzend vorgetragen
und von ihrem Prozessbevoll-mächtigen bestätigen lassen,
dieser habe an diesem Tag nur einen Schriftsatz, nämlich die streitgegenständliche Berufungsbegründung, an das [X.] gefaxt.

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-
Das [X.]
hat mit Beschluss
vom
13. August 2015
den Wiederein-setzungsantrag der Beklagten
zurückgewiesen und ihre Berufung als unzuläs-sig verworfen. Zur Begründung hat es -
soweit für das Rechtsbeschwerdever-fahren von Interesse -
ausgeführt:
Eine Berufungsbegründung sei nicht innerhalb der Frist nach § 520 Abs.
2 ZPO beim [X.] eingegangen. Der Beklagten
sei auch keine [X.] in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist zu gewähren.
Die Berufungskammer glaube der Darstellung der [X.] nicht, dass die Übermittlung des am 20. Juli 2015 nach der [X.]angabe des Sendegeräts zwischen 16.27 Uhr und
16.30 Uhr übermittelten Telefaxes von diesem Gerät (unzutreffend)
als fehlerfrei signalisiert worden sei. Denn dem stünden
die vom Sendegerät
ausgewiesenen
Übertragungszeiten entgegen. Danach sei die um 16.27 Uhr begonnene Übermittlung nach einer Übertra-gungsdauer von elf
Minuten und einer Sekunde um 16.43
Uhr erfolgreich abge-schlossen gewesen. Bei einer Übermittlungsdauer von elf
Minuten und einer Sekunde hätte die Übertragung aber erst um 16.32 Uhr beginnen dürfen. Unter diesen Umständen könne es sich bei der unvollständig bei Gericht eingegange-nen Übertragung
und der behaupteten, als vollständig signalisierten Übermitt-lung nicht um denselben Vorgang gehandelt haben.
Der dieser Deutung widersprechende Vortrag der Beklagten,
wonach am 20. Juli 2015 vom
Büro ihres Prozessbevollmächtigten nur ein Telefax an das [X.] versandt worden
sei, sei nicht glaubhaft. [X.] liege es vielmehr, dass nach der zunächst nicht erfolgreich durchgeführten Übertragung von nur sechs Seiten der Prozessbevollmächtigte der
Beklagten die Berufungsbegrün-dung zwei Minuten später erneut per Telefax übersandt habe. Hierfür spreche auch das [X.] des Telefaxgerätes des [X.]s, wonach ab 16.41 Uhr während eines [X.]raums von elf Minuten und neun Sekunden ein
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-
Telefax vom [X.] des Prozessbevollmächtigten empfangen worden sein solle. Da ausweislich des [X.]s des [X.]s bei dieser zwei-ten Übertragung jedoch nur 20 -
nicht zu den Akten gelangte -
Seiten [X.] seien, gehe die Kammer nicht davon aus, dass bei dieser zweiten Übermittlung die vollständige 25 Seiten umfassende Berufungsbegründung ein-schließlich der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten über-mittelt worden sei. Aus welchen Gründen das von der Beklagten vorgelegte [X.] gleichwohl den Versand von 25 Seiten ausweise, lasse sich nicht nachvollziehen. Die
sich hieraus ergebenden Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten.
Hiergegen
wendet
sich die Beklagte
mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des ange-fochtenen Beschlusses
und zur Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs-begründungsfrist (§ 233 ZPO).
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1
ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt die Verfahrensgrundrechte
der Beklagten auf Gewährung wirkungsvol-len Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsst[X.]tsprin-zip)
und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
Danach darf einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und die den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise er-11
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-
7
-
schweren (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.], 976 f. mwN; [X.], Beschlüsse vom 8.
Januar 2013 -
VI [X.], NJW-RR 2013, 506 Rn. 6 mwN; vom 4. No-vember 2014 -
VIII [X.] 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 6).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Beklagten
ist auf ihren rechtzeitig und ordnungsgemäß gestellten Antrag (§ 234 Abs. 1
Satz 2, § 236 Abs. 2 ZPO) hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, die Frist zur Begründung
der Beru-fung einzuhalten (§
233
ZPO). Bei seiner abweichenden Würdigung hat das Berufungsgericht die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung im Sinne von §
236 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, § 294 ZPO überspannt und wesentliche tatsächli-che Umstände nicht oder nicht ausreichend gewürdigt (§ 286 ZPO).
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der angefochtene Beschluss allerdings nicht schon deswegen aufzuheben, weil die entscheiden-den [X.] nicht im Rubrum des angefochtenen Beschlusses
aufgeführt
sind.
Dabei kann dahin stehen, ob die für die Abfassung von Urteilen geltende Vor-schrift des
§ 313 Abs. 1 Nr. 2
ZPO, die neben den in § 315 ZPO verlangten Un-terschriften der erkennenden [X.] deren namentliche Angabe im Rubrum vorsieht, auf Beschlüsse entsprechend anwendbar ist.
Denn
die Unterschriften der [X.] ersetzen die zusätzliche
Namensangabe
im Kopf des [X.] in den Fällen, in denen kein Zweifel bestehen kann, dass
die [X.], die die Entscheidung unterzeichnet
haben,
auch an der Entscheidung mitgewirkt haben; dann kann von einer stillschweigenden Verweisung auf die Unterschrif-ten ausgegangen werden ([X.], Urteil vom 22. Dezember 1976 -
IV ZR 11/76, NJW 1977, 377 unter [X.], insoweit in [X.]Z 68, 43
nicht abgedruckt, mwN). So liegen die Dinge hier.
Dass die unterzeichnenden [X.] dabei nur mit ihrem Namen und nicht auch mit ihrer Funktionsbezeichnung angegeben sind, ist [X.]. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, dass es sich bei ihnen 13
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8
-
nicht um die zur Entscheidung berufenen Mitglieder der 25. Zivilkammer han-delt, sondern rügt nur, dass sich dies nicht aus dem Beschluss selbst er-schließt.
b)
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist vor Ablauf der Be-rufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) kein vollständiger, vom [X.] unterzeichneter Schriftsatz beim Gericht [X.]. Jedoch hat das Berufungsgericht, das die Einhaltung der Begrün-dungsfrist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO
von Amts wegen zu prüfen hat, sei-ne Ermittlungen allein darauf beschränkt, ob ein ausweislich des [X.] des Berufungsgerichts am 20. Juli 2015 ab
16.41 Uhr eingegangener 20-seitiger Schriftsatz ausgedruckt wurde und zu den Akten
oder in den Geschäftsgang gelangt ist. Dagegen hat es sich nicht mit der Frage befasst, ob eingegangene Daten im Empfangsgerät gespeichert worden und noch abrufbar vorhanden gewesen sind
(vgl. hierzu [X.], Beschluss
vom 28.
März 2001 -
XII [X.] 100/00, [X.], 1045 unter [X.]; vgl. ferner [X.] vom 14.
Oktober 2010 -
V [X.], juris Rn. 5). Letztlich kann die Frage, ob das Berufungsgericht alle naheliegenden Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft
hat, dahin stehen. Denn die Rechtsbeschwerde nimmt die ge-troffenen Feststellungen hin und der Beklagten ist gegen die festgestellte [X.] der Berufungsbegründungsfrist jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

c) Die Beklagte hat hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie ohne ein eigenes oder ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares [X.] ihres Prozessbevollmächtigten an der Einhaltung der Berufungsbe-gründungsfrist gehindert
gewesen ist.

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-
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-
[X.]) Ein
Prozessbevollmächtigter hat nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Bedient er sich für die Übersendung eines Telefaxgeräts, hat er das seinerseits Erforderliche getan, wenn er bei Verwendung eines funktionsfähigen [X.] und korrekter Eingabe der [X.] so rechtzeitig mit der Über-tragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Über-tragung bei Fristende zu rechnen ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse
vom 1.
Februar 2011 -
V [X.], NJW-RR 2001, 916
unter I[X.]; vom [X.] 2013 -
XII [X.] 229/13, NJW-RR 2014, 316 Rn. 5; vom 8. April 2014 -
VI [X.], NJW 2014, 2047 Rn. 8; jeweils
mwN).
Außerdem hat er sicherzustellen, dass vor Streichung der Frist im Fris-tenkalender eine [X.] erfolgt. Hierfür genügt es im Falle der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Fax aber, wenn ein vom Faxgerät des Absenders ausgedrucktes
[X.] die ordnungsgemäße Übermittlung an den Adressaten belegt und dieses vor Fristablauf zur Kenntnis genommen wird. Trägt der Sendebericht den Vermerk "OK", kann es einem am Verfahren Beteiligten nicht als schuldhaftes Verhalten angelastet werden, wenn es bei dem elektronischen Übertragungsvorgang dennoch zu -
nicht aus dem [X.] ersichtlichen -
Fehlern kommt ([X.], Beschlüsse vom 17. [X.] -
XI [X.], [X.], 1518
Rn. 15 mwN; vom 11. Dezember 2013
-
XII [X.] 229/13, [X.]O Rn. 6; vom 14. Oktober 2010 -
V [X.], [X.]O Rn. 8). Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem "[X.] versehenen Sendeberichts
den Empfänger nicht erreicht, ist so gering, dass sich der Rechtsanwalt auf den "[X.] verlassen darf ([X.], [X.] vom 28. März 2001 -
XII [X.] 100/00, [X.]O unter
I[X.]; vom 11.
Dezember 2013 -
XII [X.] 229/13, [X.]O).
Bestätigt das
[X.]
des verwendeten Te-lefaxgerätes durch den Vermerk "OK",
gibt es für den Absender regelmäßig 17
18
-
10
-
keine tragfähigen Anhaltspunkte, dass die Übermittlung dennoch fehlgeschla-gen sein könnte,
noch hat er Anlass, sich beim Berufungsgericht über den Ein-gang des Telefaxes zu erkundigen ([X.], Beschluss vom 14. Oktober 2010

-
V [X.], [X.]O
mwN).

bb) Den danach einzuhaltenden Anforderungen haben der Prozessbe-vollmächtigte der Beklagten
beziehungsweise seine mit dem
Faxvorgang und der [X.] befassten Mitarbeiter entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts in vollem Umfang genügt.
(1) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat
den Begründungs-schriftsatz bereits einen Tag vor Fristablauf
gefertigt.
Für die Übermittlung die-ses Schriftstücks ist
ein Telefaxgerät benutzt
worden, das keine Fehlermeldun-gen ausgewiesen, sondern um 16.55 Uhr eine Sendebestätigung erstellt
hat, ausweislich derer um 16.43 Uhr während einer Dauer von elf
Minuten und einer
Sekunde erfolgreich 25 Seiten an das Faxgerät des Berufungsgerichts übermit-telt worden
sind. Diese Umstände, die den Schluss zulassen, dass die Störung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in dem Bereich
eingetreten ist,
für den die [X.] -
auch über § 85 Abs.
2 ZPO -
verantwortlich ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Februar 2010 -
VIII [X.] 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 7; vom 19. Juni 2013 -
V [X.] 226/12, juris Rn. 12; jeweils
mwN), hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch Vorlage des [X.]s
mit "[X.], das zu-dem die erste Seite der Berufungsbegründung vollständig
abbildet, und durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht.
Aufgrund dieses glaubhaft ge-machten Sachverhalts durfte er
ohne Weiteres davon ausgehen, dass der ge-samte [X.] erfolgreich übertragen worden ist.
(2) Das Berufungsgericht, das dies verkannt und die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung überspannt hat,
meint dagegen, aus -
sich vermeintlich 19
20
21
-
11
-
widersprechenden -
Angaben auf der Sendebestätigung
und den vom [X.] des [X.]es
aufge-druckten Übermittlungszeiten sowie aus einem Vergleich der abweichenden Daten zwischen den Protokollen des Sendegeräts und des [X.] ableiten zu können, dass die Darstellung der Beklagten nicht glaubhaft sei, sondern einiges dafür spreche, dass das [X.] anlässlich eines zwei-ten
Übertragungsversuchs, bei dem (nur) 20 Seiten übermittelt worden seien, erstellt worden sei.
Dabei verkennt das Berufungsgericht bereits, dass in einem solchen Fall der Prozessbevollmächtigte der Beklagten angesichts des "[X.]s auf dem Sendebericht davon hätte ausgehen dürfen, dass jedenfalls der zweite Übertragungsversuch erfolgreich gewesen ist. Denn aus dem Sendebericht [X.] sich kein Hinweis ergeben, dass bei dem zweiten Übertragungsversuch nicht alle 25 Seiten beim Empfangsgerät eingegangen sind.
Außerdem hält das Berufungsgericht der Darstellung der Beklagten ei-nen Geschehensablauf entgegen, der mit dem Inhalt des [X.]s, das die erfolgreiche Übertragung von 25 Seiten bestätigt hat, unter keinen [X.] in Einklang zu bringen ist. Demgegenüber lässt sich die Schilderung der Beklagten bei verständiger Würdigung durchaus mit den Angaben in den Proto-kollen
der für den Übertragungsvorgang eingesetzten Sende-
und Empfangsge-räte
vereinbaren. Das Berufungsgericht hat bei seiner gegenteiligen Beurteilung unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht alle maßgeblichen
Gesichtspunkte er-fasst und insbesondere verkannt, dass es für die vermeintlichen Widersprüche in den [X.]angaben plausible Erklärungen gibt, die sich aus den Protokollen und dem übrigen Akteninhalt ableiten lassen.

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-
12
-
(a) Das Berufungsgericht hat nicht erkannt, dass die auf der Sendebestä-tigung unter der
Rubrik "[X.]"
angegebene Uhrzeit 16.43 Uhr bei richtigem [X.] nicht den Abschluss der elf
Minuten und einer
Sekunde andauernden Übertragungsdauer, sondern den Beginn der Übertragung kennzeichnet. Dies ergibt sich zum einen aus dem mit 16.55 Uhr angegebenen [X.]punkt der [X.]. Zum anderen lässt sich dies bei verständiger Würdigung aus einem Abgleich der Protokolle von Sende-
und Empfangsgerät herleiten. Wie der Aufdruck der [X.]angaben auf den zu den Akten gelangten sechs Seiten der Berufungsbegründung zeigt, hat
die Übertragung dieser [X.] ausweislich der [X.]angaben des Sendegeräts um 16.27 Uhr und nach den
[X.]angaben des [X.] um 16.25 Uhr
begonnen. Berücksichtigt man die sich daraus ergebende [X.]abweichung von (etwa) zwei Minuten zwischen den beiden Geräten und stellt man weiter in Rechnung, dass nach den Anga-ben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20. Juli 2015 nur der [X.]satz -
und zwar nur einmal -
an das Berufungsgericht gefaxt worden ist, dann korrespondieren die weiteren Daten im Empfangsproto-koll, wonach zu der Startzeit von 16.41 Uhr eine elf
Minuten und neun
Sekun-den andauernde Übertragung von 20 Seiten erfolgt ist, durchaus mit den
im [X.] enthaltenen Angaben, nach denen um
16.43 Uhr für die Dauer von elf
Minuten und einer
Sekunde
eine Übermittlung erfolgt
ist, wenn man die [X.]angabe 16.43 Uhr im [X.] ebenfalls als Startzeit auffasst.

(b) Damit bleibt nur noch zu klären, weshalb die Sendebestätigung nicht
-
wie das Journal des [X.]
-
eine Übertragung von nur 20 Seiten ausweist, sondern die Übertragung von 25 Seiten bestätigt. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich aber dadurch, dass das Empfangsgerät des [X.] -
aus welchen Gründen auch immer -
eine in unmittelbarer
Folge übermittelte Sendung in mehrere Tranchen aufgespaltet zu unterschiedlichen [X.]en empfangen und dies so auch dokumentiert
hat, während das Sendegerät 24
25
-
13
-
nach Abschluss der Sendung offenbar eine einheitliche Bestätigung ausgestellt
hat.
([X.]) Entsprechende Abläufe lassen
sich besonders deutlich aus
dem vollständig zu den Akten gelangten Wiedereinsetzungsantrag, der am 24.
Juli 2015 per Fax an das Berufungsgericht übermittelt worden ist, ersehen. Dieser einschließlich der beigefügten Anlagen 31 Seiten umfassende Antrag ist
aus-weislich der auf dem Schriftsatz aufgedruckten Angaben des Sendegeräts in der [X.] von 10.04 Uhr bis 10.26 Uhr an das Berufungsgericht übertragen
wor-den. Die vollständige Sendung ist aber in drei Phasen
empfangen worden, wo-bei laut dem Journal des [X.] insgesamt 33 Seiten eingegangen sind.
Zunächst sind
laut [X.] um 10.01 Uhr vierzehn Seiten
[X.], die vom Empfangsgerät mit dem Aufdruck
"[X.]/014"
versehen
worden sind und deren Übermittlung ausweislich des [X.]s neun
Minuten in Anspruch genommen hat. Daran anschließend ist
ab
10.10 Uhr (so der Aufdruck des [X.] auf dem Schriftsatz) oder um 10.11 Uhr (so die Angaben
im [X.]) mit einer Übertragungsdauer von vier
Minu-ten und dreiundvierzig Sekunden ein weiterer Teil des Schriftsatzes eingegan-gen, der die aufgedruckte Bezeichnung "[X.]/006"
erhalten hat. Bei dieser zweiten Tranche ist die bei der ersten Übertragung zuletzt übermittelte Seite, nämlich die Seite 8 der nochmals beigefügten [X.],
erneut
empfangen
worden.
Schließlich ist
beginnend ab 10.17 Uhr der dritte Teil der
übermittelten Sendung eingegangen, der 13 Seiten -
darunter erneut die zuletzt übersandte Seite der zweiten Tranche (Seite 13 der [X.]) -
um-fasste und die aufgedruckte Kennzeichnung "[X.]/013"
erhalten hat.
Auf diese Weise hat
das Telefaxgerät des Berufungsgerichts nicht die tatsächlich [X.] 31 Seiten, sondern insgesamt 33 Seiten
empfangen, aufgespalten in drei 26
27
-
14
-
Phasen, wobei zwischen der zweiten und dritten Übermittlungsphase zehn Sendungen anderer Absender zwischengeschaltet worden sind.
(bb) Entsprechende Vorgänge lassen sich -
soweit aktenkundig ge-macht
-
bei der am 20. Juli 2015 per Fax übermittelten Berufungsbegründung feststellen. Die ersten sechs Seiten, die zu den Akten gelangt sind, tragen die Kennzeichnung "[X.]/006"
und sind ausweislich der vom Empfangsgerät
auf den Schriftsatz aufgedruckten [X.]angabe ab
16.25 Uhr und ausweislich des [X.]s
beginnend ab 16.24 Uhr bei Gericht eingegangen. Um 16.41 Uhr sind nach den Angaben im Journal
des [X.] weitere -
nicht zu den Akten gelangte -
20 Seiten vom Telefaxgerät des [X.] der Beklagten eingegangen. Wenn man berücksichtigt, dass dieses Telefaxgerät -
zumindest in einigen Fällen -
längere Sendungen
offenbar in mehreren Teilschritten empfängt und weiter in Rechnung stellt, dass es dabei
die zuletzt empfangene Seite der vorangehenden Tranche nochmals als emp-fangen ausweist, dann lassen sich die zwei
am 20. Juli 2015 als eingegangen
dokumentierten Sendungen von insgesamt 26 Seiten ohne Weiteres der vom Sendegerät bestätigten einmaligen Übermittlung von 25 Seiten zuordnen. Das Empfangsgerät hat offenbar die (zunächst nicht vollständig) übermittelte Seite 6 der Berufungsbegründung beim zweiten Teil der Sendung nochmals erhalten. Dies erklärt, warum statt des Zugangs von 25 Seiten der Empfang von 26 [X.] protokolliert worden ist.

([X.]) Damit bleibt als Diskrepanz zwischen den beiden Protokollen nur der Umstand, dass der
Sendebericht
als
Übertragungsbeginn 16.43 Uhr ausweist, während nach den Angaben im [X.] und nach dem [X.] auf den zu
den Akten gelangten sechs Seiten der Berufungsbegründung die erste Phase der Übermittlung schon um 16.24 Uhr beziehungsweise um 16.27 Uhr begonnen
hat. Auch dieser scheinbare Widerspruch lässt sich aber 28
29
-
15
-
auflösen, wenn man in Betracht zieht, dass die Sendebestätigung den Beginn der erfolgreichen Übertragung der (gesamten)
Sendung auf den [X.]punkt ge-legt hat, ab dem das Empfangsgerät den Beginn des Eingangs der noch feh-lenden Seiten der Berufungsbegründung (also nach den Angaben im [X.] ab 16.41 Uhr
und nach der zwei Minuten hiervon abweichenden [X.]erfassung des Sendegeräts ab 16.43 Uhr) signalisiert
hat.
c) Das Berufungsgericht hätte nach alledem die von ihm angesproche-nen Ungereimtheiten nicht zum Anlass nehmen dürfen, an der Schlüssigkeit
und der Glaubhaftmachung der
Darstellung der Beklagten zu zweifeln, sondern hätte die beschriebenen Besonderheiten des Faxgeräts des Berufungsgerichts, die eine technische Fehlfunktion dieses Kommunikationsmittels
oder jedenfalls eine Fehleranfälligkeit bei der Zuordnung eingehender Schriftsatzteile nahelegt, in Betracht ziehen müssen. Danach ist der
Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
30
-
16
-
d) Soweit die Rechtsbeschwerde weiter geltend macht,
das Berufungs-gericht habe seine Fürsorgepflicht verletzt, weil es den Prozessbevollmächtig-ten der Beklagten am 21. Juli 2015 erst um 17.33 Uhr und damit nach Büro-schluss von dem
unvollständig eingegangenen Schriftsatz unterrichtet habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Eine [X.] kann im Hinblick auf den Geschäftsanfall bei Gericht nicht erwarten, dass dieses die Einhaltung der für eine [X.] geltenden Frist-
und Formvorschriften zeit-nah nach Eingang des Schriftsatzes prüft (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 15. Juni 2004 -
VI [X.] 9/04, NJW-RR 2004, 1364 unter I[X.] a). Letztlich kommt es auf diesen Gesichtspunkt aber nicht an, weil der Beklagten schon aus ande-ren Gründen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

Dr. [X.]
[X.]
Dr. Fetzer

[X.]

Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.04.2015 -
309 [X.]/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 13.08.2015 -
25 [X.]/15 -

31

Meta

VIII ZB 57/15

01.03.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2016, Az. VIII ZB 57/15 (REWIS RS 2016, 15344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15344

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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