Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.06.2020, Az. 1 WDS-VR 7/20

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2020, 3985

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Gegenstand

Ausbildung an einer zivilen Fachschule


Tenor

Der Antrag, das [X.] im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die Teilnahme an der Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] ab dem Ausbildungsjahr 2020/2021 bis zur Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23. April 2020 (BVerwG 1 [X.]) zu gestatten, wird abgelehnt.

Tatbestand

1

Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. März ... Er wurde zum 1. Oktober 2019 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Werdegang ... zugelassen und mit Wirkung vom 1. Oktober 2019 zum [X.] zur See ernannt. Die dem Antragsteller mit der Laufbahnzulassung übermittelte Ausbildungsplanung sieht eine Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] [X.] vom 11. September 2019 bis 23. Juli 2021 vor. Mit Verfügung des [X.] vom 6. August 2019 wurde der Antragsteller an diese Fachschule kommandiert; der Antragsteller trat den Dienst dort am 8. September 2019 an.

2

Im Oktober 2019 beantragte der Antragsteller aus persönlichen Gründen seine Zurückstellung von der Ausbildung bis zum [X.] und bat um eine heimatnahe Kommandierung zum ... in [X.] oder in den Raum [X.] Mit Bescheid vom 23. Oktober 2019 gab das [X.] diesem Antrag statt. Der Antragsteller wurde zum 5. November 2019 zum ... kommandiert; seine Wiedereinplanung in die Ausbildung für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes wurde zum 8. September 2020 vorgesehen.

3

Mit Schreiben vom 21. November 2019 bat der Antragsteller um Prüfung, ob in den Jahren 2020/2021 eine zivile Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] in [X.] erfolgen könne. Die Anmeldefrist dort ende am 1. März 2020. Zur Begründung verwies er auf laufende gerichtliche Scheidungsfolgeverfahren, gegen ihn gestellte Strafanzeigen seiner geschiedenen Frau, seine schlechte finanzielle Situation sowie die Frühgeburt seines [X.] Anfang November 2019 und die Tatsache, dass seine Frau ab April 2020 Elterngeld beziehe.

4

Am 11. Dezember 2019 fand beim [X.] ein Personalgespräch mit dem Antragsteller statt. Ausweislich des Vermerks über dieses Gespräch hat der Antragsteller zwei leibliche Kinder und eine Stieftochter, wobei die Tochter aus erster Ehe temporär regelmäßig am Wochenende auf Basis einer zukünftigen Umgangsvereinbarung bei ihm sein werde. Dem Antragsteller wurde mitgeteilt, dass sein Antrag auf Ausbildung an einer zivilen Einrichtung negativ eingeschätzt, aber die Möglichkeit einer nochmaligen Verschiebung des Lehrgangs um ein weiteres Jahr in Aussicht gestellt werde.

5

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2019, eröffnet am 13. Januar 2020, lehnte das [X.] den Antrag auf Ausbildung an der [X.] ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die [X.] zur Ausbildung von staatlich geprüften Elektrotechnikern im Werdegang des Antragstellers Ausbildungsstrukturen (u.a. Ausbilder, Unterkunft und Lehrgangsplätze) an der Fachschule der [X.] für Informationstechnik zur Verfügung stelle. Durch den [X.] sei diese Fachschule für die Ausbildung der Luftfahrzeugelektrotechniker der [X.] im geltenden [X.] vorgeschrieben. Alternative Ausbildungseinrichtungen seien nicht vorgesehen. Obwohl nach dem Personalgespräch die momentan angespannte persönliche Situation des Antragstellers nachvollziehbar sei, müsse aus Gründen der Gleichbehandlung in der [X.] auf einer Ausbildung an der Fachschule der [X.] bestanden werden. Die notwendige Schwere, um von den Bedarfsträgerforderungen abzuweichen, werde in der konkreten Einzelfallbetrachtung nicht gesehen. Eine Alternative zur Linderung der Situation sei im Personalgespräch aufgezeigt worden.

6

Mit Schreiben vom 10. Januar 2020 erinnerte der Antragsteller an den Ablauf der Anmeldefrist bei der zivilen Fachschule. Mit Schreiben vom 13. Januar 2020 erhob er Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2019. Die Entscheidung sei für ihn nicht nachvollziehbar, eine tatsächliche Auseinandersetzung in der Sache habe nicht stattgefunden. Für das Angebot, den Lehrgang ein weiteres Jahr zu verschieben, sei er zwar dankbar; das weitere Schieben auf der Zeitachse sei jedoch nicht zielführend, weil mit dem späteren Abschluss auch seine Verwendbarkeit und sein dienstliches Fortkommen beeinträchtigt werde. Die Frage der tatsächlichen Vergleichbarkeit der Lehrpläne der Bundesländer [X.] (für [X.]) und [X.] (für [X.]) sei irrelevant, weil beide Lehrpläne unabhängig von etwaigen [X.] zu einem generell anerkannten und gleichwertigen Abschluss führten. Unter dem 5. Februar 2020 erhielt er die verfrühte Wehrbeschwerde aufrecht.

7

Das [X.] wertete die Schreiben vom 10. Januar und 13. Januar 2020 als Beschwerden und wies diese mit Bescheid vom 3. März 2020, ausgehändigt am 25. März 2020, zurück. Das Rechtsschutzziel einer Teilnahme an der zivilen Schulung habe sich nach Ablauf der Bewerbungsfrist am 1. März 2020 erledigt; ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei nicht gegeben. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids wurde ergänzend erläutert, dass der Antrag auch in der Sache zurecht abgelehnt worden sei. Es sei grundsätzlich die persönliche Entscheidung eines Soldaten, sich von seiner Ehefrau zu trennen und sich einer neuen Partnerin zuzuwenden. Die sich daraus ergebenden finanziellen Probleme und psychischen Belastungen wiesen keinen dienstlichen Bezug auf. Das [X.] habe dessen ungeachtet durch eine heimatnahe Kommandierung und die Verschiebung des Lehrgangs dem Antragsteller ermöglicht, seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln, obwohl dem Dienstherrn hierdurch erhebliche Nachteile entstünden, weil ein dringend benötigter Fachmann mindestens ein Jahr später zur Verfügung stehe.

8

Mit Schreiben vom 23. April 2020 hat der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2020 dem Senat vorgelegt. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 [X.] 21.20 geführt.

9

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. Mai 2020 hat der Antragsteller außerdem den hier gegenständlichen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, zu dessen Begründung er insbesondere ausführt:

Es sei keine Erledigung eingetreten, weil zwar die Anmeldefrist bei der zivilen Berufsschule am 1. März 2020 geendet, die Schule jedoch bestätigt habe, dass noch freie Plätze verfügbar seien und eine Anmeldung bis zum Beginn des Ausbildungsjahres erfolgen könne. Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehe ein Anordnungsgrund. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich aus dem bevorstehenden Beginn des Ausbildungsjahres und der bisherigen Untätigkeit des [X.]. Ausnahmsweise sei die Vorwegnahme der Hauptsache zulässig, weil ihm bei Nichtgestattung der Ausbildung im heimatnahen [X.] unzumutbare, nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohten, wenn er während der Woche ins bayerische [X.] pendeln müsse. Ihn träfen an seinem Wohnort umfangreiche Verpflichtungen, denen er sonst nicht nachkommen könne. Im Nachgang zur Scheidung liefen Gerichtsverfahren zu Umgangsrechten, Kindesunterhalt, [X.] und Zugewinnausgleich. Zudem seien Verfahren der Schuldhaftentlassung gegen seine frühere Ehefrau sowie wegen Bezügerückforderungen zu führen. Seine frühere Ehefrau überziehe ihn mit ungerechtfertigten Strafanzeigen. Eine längere Ortsabwesenheit könne dazu führen, dass er das Sorgerecht für seine Tochter aus erster Ehe verliere; diese leide unter dem ...-Syndrom und bedürfe besonderer Aufmerksamkeit in den Zeiten, in denen er künftig sein Umgangsrecht ausüben werde. Zudem sei er kürzlich erneut Vater geworden; dieses Kind bedürfe als Frühchen besonderer Aufmerksamkeit, für die die Kindsmutter auf seine Unterstützung angewiesen sei. Infolge der privaten Probleme sei seine finanzielle Situation äußerst angespannt.

Ihm stehe auch ein Anordnungsanspruch zu. Aus [X.] sei ihm die Teilnahme an dem zivilen Ausbildungsgang zu gestatten. Er bestreite, dass an der Fachschule der [X.] auch militärische Inhalte vermittelt würden. Diese fänden sich nicht im vom Freistaat [X.] gebilligten Lehrplan, sondern würden allenfalls in ergänzenden Lehrgängen vermittelt, an denen er auch teilnehmen könne, wenn er die Ausbildung anderswo absolviere. Nach Nr. 124 der Bereichsrichtlinie (BR) [X.]-225/0-0-5635 seien für die ergänzende Ausbildung während des Lehrgangs an der Fachschule der [X.] nur zwei Wochen eingeplant. Aus der Zusammenschau von [X.] und 106 der Bereichsrichtlinie werde zudem deutlich, dass an den Fachschulen der [X.] die zivilberufliche Ausbildung stattfinde, während es für militärische Inhalte weitere militärfachliche Ausbildungsgänge gebe. Schließlich seien auch die Lehrpläne der militärischen und der zivilen Schule nicht miteinander verglichen worden, sondern es sei allein auf die unterschiedliche Bezeichnung der Ausbildungen abgestellt worden. Ihm sei mindestens ein Fall eines Soldaten der [X.] bekannt, der den gleichen Ausbildungsgang in [X.] habe besuchen sollen und nunmehr in [X.] die zivile Schule besuche. An der zivilen Schule würde er im Übrigen altersmäßig nicht herausstechen, weil wegen des generellen Fachkräftemangels auch an diesen Schulen mittlerweile alle Altersgruppen vertreten seien.

Der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm die Teilnahme an der Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] [X.] ab dem Ausbildungsjahr 2020/2021 zu gestatten, solange nicht über seinen Antrag auf Entscheidung des [X.] vom 23. April 2020 rechtskräftig entschieden ist.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Bei dem [X.] handele es sich um eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache, weil der Antragsteller im Falle des Unterliegens in der Hauptsache wegen der Unterschiede zwischen der militärischen und der zivilen Ausbildung nicht nahtlos an die militärische Schule kommandiert werden könne. Er müsste daher die Ausbildung an der zivilen Schule beenden, damit keine weitere Verzögerung der Ausbildung eintrete.

Die Ablehnung der beantragten Ausbildung an einer zivilen Schule sei nicht zu beanstanden. Grundlage der Werdegänge und der Ausbildung der Offiziere des militärfachlichen Dienstes der [X.] sei das Konzept für den [X.] 2012. Danach beinhalte die Ausbildung in der Gruppe der Luftfahrzeugelektronik eine 23-monatige Aus- und Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] [X.] Dieser Lehrgang werde auf der Grundlage von Ausbildungsweisungen des [X.] (aktuell das Ausbildungskommando) und unter Vorgabe der Lehrinhalte durch das Kultusministerium in [X.] durchgeführt. Nach Nr. 105 BR [X.]-225/0-0-5635 finde die zivilberufliche Fortbildung an einer Fachschule der [X.], Fachschule des [X.] oder Fachschule der [X.] statt. Eine Ausbildung an einer zivilen Ausbildungsstätte sei im Grundsatz nicht vorgesehen. Diese erfolge nur im Ausnahmefall und nur dann, wenn die Kapazität an einer militärischen Fachschule nicht ausreiche und dem Soldaten durch eine Nichtteilnahme Laufbahnnachteile drohten oder die [X.] keine entsprechenden Ausbildungsstätten zur Verfügung stelle (wie z.[X.] im Werdegang Navigation); diese dienstlichen Ausnahmen lägen beim Antragsteller nicht vor. Eine nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit anderen Soldaten sei nicht ersichtlich. Ferner würde der Abschluss an der militärischen Bildungseinrichtung in der Fachrichtung Kommunikationstechnik, an der zivilen Bildungseinrichtung jedoch in der Fachrichtung [X.] erfolgen. Den privaten Belangen des Antragstellers sei durch die Verschiebung des [X.] getragen. An der Fachschule der [X.] fänden zudem während der zivilberuflichen Weiterbildung durch die militärische Ausbildungseinrichtung Teile der ergänzenden Offiziersausbildung nach Nr. 124 BR [X.]-225/0-0-5635 statt, was bei einer zivilen Bildungseinrichtung nicht der Fall sei. Weiterhin werde bei der Fachschule der [X.] berücksichtigt, dass die Schul- oder Berufsausbildung der militärischen Lehrgangsteilnehmer in der Regel schon viele Jahre, oft Jahrzehnte, zurückliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Die Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens und die Beschwerdeakte des [X.] haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

Für die vom Antragsteller begehrte Anordnung, vorläufig an der Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] in A. teilnehmen zu können, ist ein Anordnungsgrund gegeben (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Zwar ist die Anmeldefrist bereits am 1. März 2020 abgelaufen; die Schule hat jedoch bestätigt, dass noch freie Plätze verfügbar seien und eine Anmeldung bis zum Beginn des Ausbildungsjahres am 17. August 2020 erfolgen könne. Bei dem - im [X.] - nötigen organisatorischen und administrativen Vorlauf erfordert dies eine alsbaldige Anordnung, damit nicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Verwirklichung des vom Antragsteller geltend gemachten [X.]s bei einer zivilen Fachschule jedenfalls für das Ausbildungsjahr 2020/21 bereits durch [X.]ablauf vereitelt ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller mit der einstweiligen Anordnung eine - nur ausnahmsweise zulässige - Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 8. September 2017 - 1 [X.] 4.17 - juris Rn. 15 m.w.N.) begehrt, weil ein Wechsel von der zivilen zur militärischen Fachschule wegen Unterschieden in der Ausbildung möglicherweise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist und der Antragsteller deshalb auch im Falle seines Unterliegens in der Hauptsache die einmal begonnene Ausbildung bei der zivilen Schule fortführen und beenden müsste. Denn der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Nach summarischer Prüfung ist die Ablehnung des Antrags auf Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der [X.] in A. durch den Bescheid des [X.] vom 12. Dezember 2019 (in der Gestalt des [X.] des [X.] vom 3. März 2020 sowie der ergänzenden Ausführungen im Vorlageschreiben vom 2. Juni 2020) rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

1. Der Antragsteller hat mit seiner Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Werdegang ... das Recht erworben, die grundsätzlich 36 Monate dauernde und mit der Beförderung zum Leutnant endende Anwärterausbildung zu absolvieren (§ 41 Abs. 1 SLV, Nr. 914 Satz 2 und 3 [X.]; siehe auch die Darstellung der Regelausbildung in Abschnitt 1.5 der Bereichsrichtlinie [BR] C2-225/0-0-5635 zur "Ausbildung der Offizieranwärterinnen und Offizieranwärter des [X.] des [X.] 2019"). Dieser [X.] findet seine Grundlage, aber auch seinen Inhalt und seine Grenzen in den dem [X.] [X.] und den Bestimmungen des jeweiligen Bedarfsträgers (siehe Nr. 914 Satz 1 [X.]). Das für die Ausbildung der Offiziere des militärfachlichen Dienstes der [X.] maßgebliche Konzept für den Verwendungsaufbau 2012 sieht hierzu in der den Antragsteller betreffenden Gruppe der Luftfahrzeugelektronik eine 23-monatige Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker vor. Gemäß Nr. 105 [X.]-225/0-0-5635 findet die zivilberufliche Fortbildung an einer Fachschule der [X.], Fachschule des [X.] oder Fachschule der [X.] statt; im Falle der Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ist dies die Fachschule der [X.] für Informationstechnik in B./Bayern.

Der im [X.] begründete [X.] des Antragstellers ist damit, soweit es die zivilberufliche Fortbildung betrifft, von vornherein gerichtet und begrenzt auf die 23-monatige Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der Fachschule der [X.] für Informationstechnik in B. Er unterliegt nicht dem Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG).

2. Der Antragsteller hat aus den geltend gemachten persönlichen Gründen keinen Anspruch auf eine Ausbildung an der (zivilen) [X.] in A. Die Ermessenserwägungen, aus denen das [X.] und das [X.] den Wechsel der Ausbildungsstätte abgelehnt haben, sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 25. September 2002 - 1 [X.] 30.02 - [X.] 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 [X.]O) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) auch darauf, ob die vom [X.] im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Februar 2003 - 1 [X.] 57.02 - [X.]E 118, 25 <27>), wie sie sich hier insbesondere aus dem [X.] ([X.]) [X.]/46 "Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung" ergeben.

Nach Nr. 203 Satz 2 [X.] [X.]/46 kann von einer Versetzung oder - wie hier - einer Kommandierung von mehr als sechs Monaten (Nr. 701 Satz 1 [X.] [X.]/46) abgesehen werden, wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Nach Nr. 207 Satz 2 [X.] [X.]/46 kann von einer Versetzung oder Kommandierung von mehr als sechs Monaten abgesehen werden, wenn andere Gründe vorliegen, die der Person des Soldaten oder seinen privaten Lebensumständen zugerechnet werden müssen, und die Versetzung bzw. Kommandierung des Soldaten mit den dienstlichen Belangen in Einklang gebracht werden kann.

a) Der Antragsteller hat zu berücksichtigende persönliche Gründe für eine heimatnahe Verwendung und damit für einen Verbleib am Standort A. dargelegt.

In dem Antrag vom 21. November 2019 und dem Personalgespräch am 11. Dezember 2019 hat er glaubhaft ausgeführt, dass er infolge einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren und besonderer Schwierigkeiten bei der Betreuung seines Kindes im privaten Bereich erheblich belastet ist.

Diese Umstände begründen - nach den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugrunde zu legenden, glaubhaft gemachten Darlegungen - zwar keine schwerwiegenden persönlichen Gründe im Sinne von Nr. 203 [X.] [X.]/46. Zum Gesundheitszustand der Tochter aus erster Ehe und des 2019 geborenen gemeinsamen Kindes des Antragstellers mit seiner neuen Partnerin liegen keine (militär-)ärztlichen Gutachten und auch keine sonstigen Atteste vor, aus denen sich eine Pflegebedürftigkeit ergibt ([X.] Buchst. a [X.] [X.]/46). Auch dürfte die Tochter aus erster Ehe nicht in einer von [X.] Buchst. a [X.] [X.]/46 vorausgesetzten häuslichen Gemeinschaft mit dem Antragsteller leben, nachdem dieser mit seiner geschiedenen Ehefrau um ein Umgangsrecht an den Wochenenden streitet. Nicht erkennbar ist schließlich, inwieweit gesundheitliche Beeinträchtigungen des 2019 frühgeborenen Kindes während der im [X.] 2020 beginnenden Ausbildung des Antragstellers noch fortbestehen und ggf. eine Betreuung und Pflege durch den Antragsteller - zusätzlich zu der durch die Kindsmutter, die nach Angaben des Antragstellers ab April 2020 Elterngeld bezieht und sich daher in Elternzeit befinden dürfte - erfordern.

Unzweifelhaft handelt es sich jedoch bei den vom Antragsteller dargelegten Umständen, vor allem auch in ihrer Summierung, um andere persönliche Gründe im Sinne von Nr. 207 [X.] [X.]/46, die bei der Ermessensausübung im Rahmen einer Versetzungs- bzw. Kommandierungsentscheidung Berücksichtigung finden müssen. In diesem Sinne haben, auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf Nr. 207 [X.] [X.]/46, das [X.] und das [X.] zutreffend die dargelegten persönlichen Umstände und Belastungen des Antragstellers als in die Ermessensentscheidung einzustellende Gesichtspunkte ausdrücklich anerkannt.

b) Gleichfalls plausibel und nachvollziehbar sind die dienstlichen Belange, die das [X.] und das [X.] den persönlichen Gründen des Antragstellers gegenübergestellt haben.

Zu berücksichtigen sind insoweit die Ausführungen in dem Bescheid des [X.] vom 12. Dezember 2019 und in dem Vorlageschreiben des [X.] vom 2. Juni 2020. Letztere stellen eine auch im wehrdienstgerichtlichen Verfahren zulässige Ergänzung der Ermessenserwägungen dar, die die Kurzbegründung in dem Bescheid vom 12. Dezember 2019 auffächern, ohne das Wesen der Entscheidung zu verändern (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 114 Satz 2 VwGO).

Hiernach ist als dienstlicher Belang rechtsfehlerfrei in das Ermessen eingestellt, dass der Nutzung der bundeswehreigenen und zu diesem Zweck geschaffenen und unterhaltenen Ausbildungsstrukturen Vorrang vor dem Besuch einer zivilen Einrichtung zukommt. Neben fiskalischen Interessen rechtfertigt vor allem der dienstliche Charakter der Ausbildung für die [X.] (oben 1.) diese Priorisierung. Damit im Zusammenhang steht der weiter angeführte Umstand, dass an der Fachschule der [X.] während der zivilberuflichen Fortbildung durch die militärische Ausbildungseinrichtung auch Teile der ergänzenden Offiziersausbildung nach Nr. 124 BE C2-225/0-0-5635 stattfinden; ob sich eine Teilnahme daran mit dem Unterrichtsablauf an einer entfernten zivilen Ausbildungsstätte koordinieren lässt, erscheint nicht ohne Weiteres gewährleistet. Ein gewisses, wenn auch geringeres Gewicht dürfte der Erwägung zukommen, dass bei der Fachschule der [X.] berücksichtigt werde, dass die Schul- oder Berufsausbildung der militärischen Lehrgangsteilnehmer in der Regel schon längere [X.] zurückliege.

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann schließlich der Einwand, dass der Abschluss der Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker an der Fachschule der [X.] in der Fachrichtung Kommunikationstechnik, an der [X.] hingegen mit dem Schwerpunkt Energieelektronik erfolgt, nicht abschließend geklärt werden; allerdings dürfte es dabei nicht bloß um die terminologische Bezeichnung der Ausbildung, sondern auch um zumindest teilweise unterschiedliche Ausbildungsinhalte und damit um eine Frage der Vergleichbarkeit und Substituierbarkeit der Ausbildungen gehen. Die Klärung dieser Frage unterliegt im Übrigen nicht allein der Amtsermittlung durch das [X.]; vielmehr ist zunächst der Antragsteller gehalten, die entsprechenden Ausbildungsunterlagen und Lehrpläne beizubringen, wenn er die Prüfung einer Ausnahme von der vorgesehenen dienstlichen Ausbildung begehrt.

c) Unter Rechts- und Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden ist schließlich die Abwägung zwischen den genannten persönlichen und dienstlichen Belangen. Der Ausgleich in der Form, dass der Antragsteller vorläufig in seiner bisherigen heimatnahen Dienststelle weiterverwendet und seine Ausbildung an der Fachschule der [X.] für Informationstechnik zunächst um ein Jahr - verbunden mit dem Angebot einer Verschiebung um ein weiteres Jahr - hinausgeschoben wird, stellt ein vertretbares, die legitimen Interessen beider Seiten angemessen berücksichtigendes Ergebnis dar. Als Teil dieses Ausgleichs ist auch die Ablehnung des Antrags auf Ausbildung an der zivilen [X.] gerechtfertigt.

Mit dieser Lösung ist insbesondere den primären Anliegen beider Seiten weitestgehend Rechnung getragen. Einerseits wird der Antragsteller unter vollständiger Wahrung seiner aus der Laufbahnzulassung erworbenen Rechtsposition für die Dauer von ein oder zwei Jahren heimatnah weiterverwendet, um während dieser [X.] seine persönlichen Angelegenheiten regeln zu können. Dieser Aufschub lässt sich andererseits dadurch mit den dienstlichen Belangen in Einklang bringen (Nr. 207 [X.] [X.]/46), dass die anschließende Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker - den Vorschriften über die Ausbildung der Anwärter des militärfachlichen Dienstes entsprechend - an der Fachschule der [X.] für Informationstechnik in B. durchgeführt wird.

Der Ausgleich der konfligierenden persönlichen und dienstlichen Belange auf der [X.]schiene erscheint dabei auch deshalb plausibel, weil die Umstände, die zu der aktuell angespannten Situation des Antragstellers beitragen, zum größeren Teil vorübergehender Natur sind und in dem anvisierten [X.]raum von ein oder zwei Jahren zumindest eine gewisse Normalisierung zu erwarten ist, die eine Rückkehr in den der Verwendungsplanung folgenden Dienst erlaubt.

Unverkennbar ist, dass die Verschiebung um ein oder zwei Jahre auch Nachteile aufweist. Diese treffen allerdings wiederum grundsätzlich beide Seiten. Denn es wird nicht nur das dienstliche Fortkommen, insbesondere die Beförderungen, des Antragstellers um die Dauer der Verschiebung der Ausbildung hinausgezögert. Zutreffend verweist vielmehr das [X.] darauf, dass auch dem Dienstherrn korrespondierende Nachteile entstehen, wenn ein zum Offizier des militärfachlichen Dienstes auszubildender Soldat hierfür erst mit zeitlicher Verzögerung und für eine geringere Restdienstzeit zur Verfügung steht. Diese - beiderseitigen - Nachteile bilden freilich die unvermeidliche Kehrseite der oben genannten - gleichfalls beiderseitigen - Vorteile. Die Ermessensausübung ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als sie diese Nachteile um der mit der Hinausschiebung verbundenen Vorteile willen in Kauf nimmt.

d) Soweit sich der Antragsteller auf [X.] bei der [X.] beruft, in denen ein Wechsel von der militärischen zur zivilen Fachschule bewilligt worden sei, ist sein Vortrag so unsubstantiiert, dass im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine gerichtliche Überprüfung möglich ist, ob in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Fall gegeben ist und sachliche Gründe eine Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) des Antragstellers gebieten.

Meta

1 WDS-VR 7/20

30.06.2020

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 41 Abs 1 SLV 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.06.2020, Az. 1 WDS-VR 7/20 (REWIS RS 2020, 3985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3985

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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