Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.04.2020, Az. XII ZB 432/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11646

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Gegenstand

Zugewinnausgleich: Möglichkeit eines Auskunftsantrags in der Beschwerdeinstanz nach (nur noch) Verhandlung des Zahlungsanspruchs in der Vorinstanz


Leitsatz

Ist auf den Widerantrag auf Auskunft des auf Zugewinnausgleich in Anspruch genommenen Ehegatten Auskunft erteilt worden und wurde zuletzt in erster Instanz nur noch über den allein gestellten Zahlungsanspruch streitig verhandelt und entschieden, kann der auf Zugewinnausgleich in Anspruch genommene Ehegatte in der Beschwerdeinstanz nicht lediglich erneut auf Auskunft antragen, ohne sich konkret gegen die Zahlungsverpflichtung zu wehren.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] als Familiensenat des [X.] vom 15. August 2019 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Verwerfung seiner Beschwerde in der [X.] Zugewinnausgleich.

2

Die Beteiligten sind inzwischen rechtskräftig geschiedene Eheleute. Im [X.] hat die Antragsgegnerin in der [X.] Zugewinnausgleich zunächst einen bezifferten [X.] gestellt. Der Antragsteller hat daraufhin auf [X.] angetragen. Im Termin vom 14. März 2018 hat die Antragsgegnerin [X.] erteilt und deren Richtigkeit an Eides statt versichert. Im anschließenden Termin vom 9. Januar 2019 haben die Beteiligten auch über den Wert des in [X.] belegenen Hauses der Antragsgegnerin verhandelt, der nach Auffassung des Amtsgerichts mit 27.000 € in ihrem Endvermögen zu berücksichtigen sei; die Antragsgegnerin hat [X.] gestellt und der Antragsteller die Zurückweisung dieses Antrags begehrt.

3

Das Amtsgericht hat den Antragsteller unter anderem dazu verpflichtet, der Antragsgegnerin zum Ausgleich des Zugewinns 71.077,36 € ab Rechtskraft der Ehescheidung zu zahlen. Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und sie insbesondere damit begründet, er verfolge sein erstinstanzliches Begehren weiter, die Antragsgegnerin möge ihm exakte Auskünfte über ihr Vermögen in [X.] erteilen. Im Einzelnen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Kaufvertrag für das Anwesen in [X.] in beglaubigter Übersetzung in die [X.] vorzulegen, sämtliches Anlagevermögen in [X.] in Form von Sparbüchern, Festgeldanlagen oder sonstigen Anlagen zu erklären und nachzuweisen, Anlagevermögen vor dem 5. August 2013 für einen rückliegenden Zeitraum von mindestens fünf Jahren mitzuteilen und nachzuweisen sowie mitzuteilen und nachzuweisen, welche Vermögensanlage ihre Verwandten in [X.], insbesondere ihr Vater, für sie vereinnahmt und erhalten haben und ihre erteilten Auskünfte eidesstattlich hinsichtlich ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit zu versichern. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass das Anwesen der Antragsgegnerin in [X.] wesentlich werthaltiger sei, als von ihr zugestanden. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragstellers nach einem Hinweis auf deren Unzulässigkeit verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

5

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip).

6

1. Das [X.] hat seine Entscheidung damit begründet, es fehle bereits an einem ordnungsgemäßen Beschwerdeantrag. Der hier gestellte (erneute) [X.]santrag sei in dieser Form in der Beschwerdeinstanz als Beschwerdeantrag unzulässig. Denn in erster Instanz sei über den [X.] entschieden worden, nachdem im letzten Termin nur noch ein [X.] und ein Zurückweisungsantrag gestellt worden seien. Der frühere [X.]santrag des Antragstellers sei im Termin vom 14. März 2018 erfüllt worden; die Antragsgegnerin habe zudem eine Versicherung an Eides statt abgegeben. Der Antragsteller rüge mit seiner Beschwerde auch nicht, dass sein [X.]sanspruch durch das Amtsgericht in unzulässiger Weise übergangen worden sei. Sollten der Beschwerdevortrag und der zugehörige [X.]santrag so zu verstehen sein, dass ein neuer Antrag (auf [X.]) gestellt werden solle, sei auch dies in der Beschwerdeinstanz unzulässig.

7

2. Das hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des [X.]. Dies gilt sowohl hinsichtlich des in der Beschwerdeinstanz vom Antragsteller neu gestellten Widerantrags auf [X.] als auch hinsichtlich der Verteidigung gegen die der Antragsgegnerin zuerkannte Zahlungsverpflichtung.

8

a) Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 - [X.] - FamRZ 2015, 1375 Rn. 9 mwN). Dabei ist eine Berufung, welche die Richtigkeit der vorinstanzlichen Klageabweisung nicht in Frage stellt und ausschließlich einen neuen – bisher noch nicht geltend gemachten – Anspruch zum Gegenstand hat, unzulässig ([X.] Urteil vom 22. November 1990 - [X.] - NJW-RR 1991, 1279 mwN).

9

Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung beinhalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Nach der Rechtsprechung des [X.] erfordert der Zweck des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO zwar nicht zwingend einen förmlichen Sachantrag. Durch die Vorschrift soll der Berufungskläger im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens aber dazu angehalten werden, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären, um Berufungsgericht sowie Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Daher reicht es aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 - [X.] - FamRZ 2015, 1375 Rn. 10 mwN).

Ein Rechtsmittel darf deshalb nicht wegen Unbestimmtheit eines Teils des Beschwerdeangriffs insgesamt als unzulässig angesehen werden, wenn der [X.] eindeutig zu entnehmen ist, dass der Rechtsmittelführer seinen prozessualen Anspruch jedenfalls in einer bestimmten Höhe weiterverfolgen will. Denn darauf können sich Gericht und Gegner einstellen. Dem Schutzbedürfnis vor Unklarheit über den Umfang des Rechtsmittels, dem die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG dient, ist für diesen Teil des Beschwerdeangriffs Genüge getan (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 - [X.] - FamRZ 2015, 1375 Rn. 12 mwN).

b) Die Entscheidung des [X.]s hält sich jedenfalls im Ergebnis im Rahmen der vorgenannten Rechtsprechung.

aa) Das [X.] hat maßgeblich darauf abgestellt, dass der hier erneut gestellte [X.]santrag in der Beschwerdeinstanz als Beschwerdeantrag unzulässig sei. Gegen diese Auffassung ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.

Wie das [X.] zutreffend festgestellt hat, war die [X.]sstufe des in erster Instanz zulässig gestellten [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - [X.]/17 - FamRZ 2018, 581 Rn. 8 mwN) erledigt, spätestens nachdem die Antragsgegnerin die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides statt versichert hatte (Senatsurteil vom 27. März 1996 - [X.] - FamRZ 1996, 1070, 1071). Dass das Amtsgericht einen noch anhängigen, aber nach [X.]serteilung nicht mehr gestellten [X.]santrag nicht beschieden habe, hat die Beschwerde auch nicht gerügt.

Der Antragsteller hat den im Beschwerdeverfahren erneut gestellten [X.]santrag lediglich damit begründet, dass die von der Antragsgegnerin bereits in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2018 erteilte [X.] nicht korrekt sei, obwohl er dies im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Januar 2019 nicht gerügt und auch keine weiteren Auskünfte mehr begehrt hatte. Einer möglichen Rüge des Antragstellers, über seinen [X.]santrag sei fehlerhaft entschieden worden, fehlte damit nicht nur die formelle Beschwer, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Begründung im Beschwerdeantrag.

bb) Damit konnte Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die Zahlungsverpflichtung zu Lasten des Antragstellers sein. Diesbezüglich hat der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung keinen Antrag gestellt. Der Antragsteller hat sie damit eingeleitet, dass er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolge, die Antragsgegnerin möge ihm exakte Auskünfte über ihr Vermögen in [X.] erteilen. Sodann hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren ausdrücklich beantragt, über die von ihm nunmehr konkret gestellten Anträge auf [X.] und [X.] zu entscheiden.

Auch aus der Begründung der Beschwerde ergibt sich nicht, dass er sich damit gegen den [X.] insgesamt oder in einer bestimmten Mindesthöhe wendet. Zwar lässt sich der Beschwerdebegründung auch entnehmen, dass der Wert des der Antragsgegnerin gehörenden Hauses in [X.] streitig sei und dass der Antragsteller einen Kaufpreis dieser Immobilie von mindestens 35.000 € bis 40.000 € für realistisch erachte. Selbst wenn man den vom Antragsteller angenommenen [X.] von 35.000 € der Beschwerdebegründung zugrunde legte, ergäbe sich daraus noch kein konkreter Anhalt für den Wert zum Stichtag und ließe sich daraus kein konkretes Abweisungsbegehren ableiten. Hinzu kommt, dass das Amtsgericht den Wert des in [X.] belegenen Hauses mit 27.000 € festgestellt hatte und der Antragsteller mit seiner Beschwerde ersichtlich erst nach erfolgter [X.]serteilung entsprechend dem Ergebnis der [X.] die Verpflichtung zur Zahlung angreifen wollte. Damit ist der Angriff auch vor dem Hintergrund des ausdrücklich gestellten [X.] zu unbestimmt, um den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO genügen zu können.

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Nedden-Boeger     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 432/19

08.04.2020

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

§ 1379 Abs 1 S 1 BGB, § 520 Abs 3 S 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.04.2020, Az. XII ZB 432/19 (REWIS RS 2020, 11646)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 946-947 REWIS RS 2020, 11646

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