Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.03.2022, Az. 2 B 46/21

2. Senat | REWIS RS 2022, 438

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Gegenstand

Erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde; Bemessung der Disziplinarmaßnahme


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 21. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

[X.]ie auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 69 [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. [X.]er 1966 geborene [X.] steht als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst der Klägerin. [X.]as Amtsgericht verurteilte den [X.]n mit Urteil vom 7. November 2017 wegen [X.]iebstahls mit Waffen in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem [X.]iebstahl mit Waffen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen entwendete der [X.] während seines [X.]ienstes im [X.] ... in Uniform und mit [X.]ienstwaffe am 23. und 25. Oktober 2016 Geldbeträge in Höhe von insgesamt 25 € aus der Kaffeekasse und zudem am 25. Oktober 2016 einen Betrag in Höhe von 20 € aus einem als [X.]iebesfalle bereitgestellten Rucksack. Soweit dem [X.]n ein weiterer [X.]iebstahl durch Entnahme von Bargeld aus der Kaffeekasse im Juni 2016 zur Last gelegt wurde, sprach ihn das Amtsgericht aus tatsächlichen Gründen frei. Auf die Berufung des [X.]n änderte das [X.] mit Urteil vom 8. Februar 2018 das erstinstanzliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten; bei der Aussetzung zur Bewährung verblieb es.

3

In dem im November 2016 eingeleiteten und zunächst wegen des Strafverfahrens ausgesetzten sachgleichen [X.]isziplinarverfahren hat die Klägerin im Juni 2019 [X.]isziplinarklage erhoben. [X.]as Verwaltungsgericht hat auf die [X.]isziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das [X.] (Besoldungsgruppe [X.]) erkannt. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil geändert und den [X.]n aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

4

[X.]er Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei Zugrundelegung der bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren habe der [X.] schuldhaft die Pflicht zur Beachtung der Gesetze, zu uneigennütziger Amtsausübung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt. Er habe ein schwerwiegendes innerdienstliches [X.]ienstvergehen begangen, durch das er das Vertrauen des [X.]ienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. [X.]er für die Bestimmung der Schwere des [X.]ienstvergehens maßgebliche Orientierungsrahmen reiche bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. In Ausfüllung dieses Rahmens sei die [X.] unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des [X.]n und bei Abwägung aller für und gegen ihn sprechenden Gesichtspunkte geboten. [X.]abei sei das hohe Eigengewicht der Verfehlung zu berücksichtigen. [X.]er [X.] habe die Taten während seines [X.]ienstes, am [X.]ienstort, in Uniform und unter Mitführen der [X.]ienstwaffe begangen. Trotz gehäufter [X.]iebstähle in der [X.] ... und des deshalb erfolgten dienstlichen Aufrufs des Leiters der [X.] habe er sich nicht von der Tatbegehung abhalten lassen. Besonders schwer wiege, dass er bei seinen [X.]iebstählen die Folgen für die Kollegen und den dienstlichen Bereich in Kauf genommen und gezielte Maßnahmen zur Verdeckung der Taten ergriffen habe (Abwischen der Kaffeekasse, Mitführen von Handschuhen beim versuchten [X.]iebstahl). [X.]ieses Vorgehen offenbare eine erhebliche kriminelle Energie. Anerkannte Milderungsgründe oder gleichgewichtige Umstände des Einzelfalls lägen nicht vor. [X.]er [X.] der Geringwertigkeit des entwendeten Betrages sei nicht gegeben, weil der [X.] durch die konkrete Tatbegehung zusätzlich belastet werde.

5

2. [X.]ie Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 69 [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

6

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne [X.]urchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 9).

7

[X.]ie Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung in der Frage

"ob eine Tatbegehung während des [X.]ienstes in Uniform mit [X.]ienstwaffe, deren Tragen obligatorisch und daher bei Nichttragen eine [X.]ienstpflichtverletzung darstellen würde, sowohl im Strafverfahren als auch im [X.]isziplinarverfahren erschwerend berücksichtigt werden darf?".

8

[X.]iese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 69 [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. [X.]ies gilt bei einem wortwörtlichen Verständnis der Frage (a), aber auch dann, wenn die aufgeworfene Frage der Sache nach zugunsten des [X.]n dahin zu verstehen sein sollte, dass sie sich auf die Bestimmung der Schwere des [X.]ienstvergehens (b) bezieht. [X.]ie Grundsatzrüge ist in jedem Fall unbegründet.

9

a) [X.]ie auf das [X.]isziplinarverfahren bezogene Frage führt ihrem wortwörtlichen Verständnis nach nicht zur Zulassung der Revision nach § 69 [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie im angestrebten Revisionsverfahren nicht rechtsgrundsätzlich geklärt werden könnte. [X.]ie so formulierte Frage betrifft die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme durch das Gericht nach Maßgabe von § 13 [X.]. [X.]iese Bemessung ist aber stets eine Frage der Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls (stRspr, zuletzt BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - NJW 2020, 2907 Rn. 39 und Beschluss vom 26. Oktober 2021 - 2 B 12.21 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 88 Rn. 8) und entzieht sich damit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung.

b) [X.]ie Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, wenn die von der Beschwerde aufgeworfene Frage der Sache nach auf die Klärung zielt, ob es gegen das [X.]oppelbestrafungsverbot verstößt, dass sich die Schwere des [X.]ienstvergehens in Anlehnung an den Strafrahmen des [X.] des § 244 Abs. 1 Nr. 1a) StGB ([X.]iebstahl mit Waffen) bestimmt und der Umstand des Tragens einer Waffe darüber hinaus bei der konkreten Maßnahmebemessung erschwerend berücksichtigt wird. [X.]enn auch die so verstandene Frage lässt sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.] im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es einer revisionsgerichtlichen Überprüfung bedarf. Selbstverständlich darf in die konkrete Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 [X.] auch ein Umstand einbezogen werden, der zuvor - bei der Schwere des [X.]ienstvergehens - über den Strafrahmen schon den Orientierungsrahmen bestimmt hat.

aa) [X.] ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Kriterium für die Bemessung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme nach § 13 [X.], die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 [X.] 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Bei einem strafbaren Verhalten des Beamten dienst als Orientierung für die Schwere des [X.]ienstvergehens der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen. Mit der gesetzlichen Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens eines Beamten verbindlich zum Ausdruck gebracht. [X.]iese gesetzliche Wertung ist Maßstab für die Beurteilung, in welchem Maß der Beamte durch sein strafbares Verhalten eine disziplinarrechtlich bedeutsame Schädigung des Ansehens des öffentlichen [X.]ienstes herbeigeführt hat (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 [X.] 5.10 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 [X.] 13.10 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 12 Rn. 25, vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 31, vom 24. Oktober 2019 - 2 [X.] 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 28, jeweils m.w.N. und vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 21). Sieht das Strafgesetz für die innerdienstlich unter Ausnutzung der [X.]ienststellung begangene Verfehlung als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor, reicht nach der Rechtsprechung des [X.] der Orientierungsrahmen für die mögliche [X.]isziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche [X.] (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - BVerwGE 154, 10 Rn. 20).

Mit der Festlegung des [X.] wird lediglich die Bandbreite der für das konkrete [X.]ienstvergehen in Betracht kommenden [X.]isziplinarmaßnahme im Sinne von § 5 [X.] in einem ersten Schritt bestimmt. [X.]ie weiteren Schritte zur Festlegung der [X.]isziplinarmaßnahme, ob der Orientierungsrahmen ausgeschöpft oder innerhalb dieses Rahmens Abstufungen anzunehmen sind, sind Fragen des konkreten Einzelfalls und der dem [X.]isziplinargericht aufgegebenen Würdigung sämtlicher be- und entlastenden Umstände. [X.]abei sind insbesondere die dem Beamten zur Last fallenden Umstände, die den Unrechtsgehalt der konkret begangenen Straftat kennzeichnen (Umstände der Tatbegehung als objektive sowie subjektive Handlungsmerkmale, Form und Gewicht der Schuld und die Beweggründe des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten) zu berücksichtigen und zu würdigen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 50.13 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 39 Rn. 19; Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 11. März 2021 - 2 B 76.20 - [X.] 235.1 § 34 [X.] Nr. 7 Rn. 18 f.). Folglich bestimmt bei berufsmäßigen Waffenträgern (z.B. Polizisten oder Soldaten) der Umstand des Beisichführens einer Waffe bei der Schwere des [X.]ienstvergehens über den Strafrahmen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB (vgl. [X.], [X.] vom 16. August 1994 - 2 BvR 647/93 - NStZ 1995, 76) den Orientierungsrahmen; in einem weiteren Schritt darf er in die konkrete Maßnahmebemessung einbezogen werden. [X.]er von der Beschwerde dargestellte Rollenkonflikt des Polizeibeamten zwischen dem Tragen der [X.]ienstwaffe in Erfüllung der [X.]ienstpflicht einerseits und der eintretenden Strafschärfung durch die getragene [X.]ienstwaffe andererseits besteht nicht. [X.]enn [X.]ienstpflicht des Beamten ist, keine [X.]iebstähle - im oder außer [X.]ienst - zu begehen.

In diesen aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 [X.] hergeleiteten Grundsätzen für die Maßnahmebemessung liegt - entgegen der Beschwerde - kein Verstoß gegen das [X.]oppelbestrafungsverbot. Art. 103 Abs. 3 GG ist im Verhältnis von [X.] und [X.]isziplinarmaßnahme nicht anwendbar (vgl. schon [X.], Beschlüsse vom 2. Mai 1967 - 2 BvL 1/66 - [X.]E 21, 391 <400 ff.> und vom 29. Oktober 1969 - 2 BvR 545/68 - [X.]E 27, 180 <184 f.>; BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 [X.] 3.19 - [X.] 237.2 § [X.] Nr. 1 Rn. 21).

bb) [X.]er Verwaltungsgerichtshof hat die dargestellten Grundsätze für die Maßnahmebemessung nach § 13 [X.] beachtet. [X.]as Strafgesetzbuch sieht für den vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen [X.]iebstahl mit Waffen gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren als Regelstrafrahmen vor. [X.]amit ist der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet. [X.]as Berufungsgericht hat den Orientierungsrahmen nach Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls ausgeschöpft und den [X.]n aus dem [X.]ienst entfernt. Soweit in der Beschwerdebegründung die fehlerhafte Gewichtung der bemessungsrelevanten Gesichtspunkte durch das Berufungsgericht gerügt wird, insbesondere die Würdigung der Umstände der Tatbegehung während des [X.]ienstes, am [X.]ienstort, in Uniform und unter Mitführen der [X.]ienstwaffe, betrifft dieser Angriff die fallbezogene Anwendung der [X.] auf den festgestellten Sachverhalt. [X.]amit kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden.

3. [X.]ie Revision ist auch nicht wegen [X.]ivergenz gemäß § 69 [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

[X.]ie [X.]ivergenzrüge ist in Bezug auf die von der Beschwerde geltend gemachte Abweichung des Berufungsurteils von dem Urteil des Senats vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - (BVerwGE 154, 10) und von dem Beschluss des Senats vom 8. März 2018 - 2 [X.] - (juris) unbegründet. Ungeachtet dessen, dass die Beschwerde eine rechtssatzmäßige [X.]ivergenz nicht aufzeigt, beruht das Berufungsurteil auch nicht auf einem abstrakten Rechtssatz, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.] in Anwendung derselben Rechtsvorschrift in den von der Beschwerde angeführten Entscheidungen aufgestellt hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). [X.]er Verwaltungsgerichtshof hat die in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Grundsätze zur Bemessung der disziplinarrechtlichen Maßnahme gemäß § 13 [X.] als Beurteilungsmaßstab übernommen und dabei auf die Entscheidungen des Senats vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - (BVerwGE 154, 10 Rn. 12 ff.) und vom 8. März 2019 - 2 [X.] - (juris Rn. 10) verwiesen ([X.] f.). [X.]as Berufungsgericht ist auch nicht - wie die Beschwerde meint - rechtssatzmäßig von der Rechtsprechung des Senats zur Maßnahmebestimmung bei sog. Regeleinstufungen im Fall innerdienstlich begangener Zugriffsdelikte (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 13 ff., 19) abgewichen. [X.]ie Rechtsprechung zur Figur der "Regeleinstufung" hat das [X.] mit Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - (BVerwGE 154, 10 Rn. 19 a.E.) ausdrücklich aufgegeben.

Soweit die Beschwerde im Rahmen der [X.]ivergenzrüge kritisiert, das Berufungsgericht habe - anders als das Verwaltungsgericht - die Schwere des vom [X.]n begangenen [X.]ienstvergehens unverhältnismäßig aufgewertet und die zugunsten des [X.]n zu berücksichtigenden mildernden Umstände nicht hinreichend gewichtet, richtet sie sich wiederum gegen die Richtigkeit der Anwendung der Grundsätze zur Maßnahmebemessung im Einzelfall, die eine [X.]ivergenzrüge nicht zu begründen vermag (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2018 - 2 B 29.18 - [X.] 236.0 § 11 BPolBG Nr. 1 Rn. 19 m.w.N.).

4. [X.]ie Revision ist schließlich nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 69 [X.] i.V.m. 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

a) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es nicht Beweis darüber erhoben habe, dass der [X.] die Taten seinem Freund und Kollegen [X.] am 2. November 2016 offenbart und dabei diesem seinen Entschluss mitgeteilt habe, einen [X.] und [X.] an den [X.]ienstgruppenleiter zu schreiben und bei [X.]ienstantritt zu übergeben; hätte [X.] diesen Sachverhalt bei der Einvernahme als Zeuge bestätigt, hätte das Berufungsgericht von der [X.] absehen müssen.

Im gerichtlichen [X.]isziplinarverfahren haben die Tatsachengerichte - soweit sie nicht an tatsächliche Feststellungen in strafgerichtlichen Urteilen gebunden sind - nach §§ 3 und 58 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO selbst und von Amts wegen diejenigen Tatsachen zu ermitteln und festzustellen, die für den Nachweis des [X.]ienstvergehens und die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 20). Entsprechend § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der [X.]inge aufdrängen. [X.]ies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch für die Berufungsinstanz (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - 2 B 108.04 - [X.] 235.1 § 58 [X.] Nr. 1 S. 2 und vom 19. Februar 2018 - 2 [X.] - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 56 Rn. 5).

Eine Aufklärungsrüge nach §§ 3 und 58 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfordert dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zum einen die substanziierte [X.]arlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände aus der materiellrechtlichen Sicht des Berufungsgerichts Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei der [X.]urchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese bei Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Zum anderen muss dargelegt werden, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit der bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen. [X.]ie Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es - wie hier - unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - 6 [X.] 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217 f.> und Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14, vom 29. März 2017 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 58 [X.] Nr. 13 Rn. 7 f. und vom 10. [X.]ezember 2020 - 2 B 6.20 - NVwZ-RR 2021, 469 Rn. 7 f.).

[X.]anach bleibt die Aufklärungsrüge gemäß §§ 3 und 58 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Erfolg. Aus der materiell-rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts bestand kein Aufklärungsbedarf im Hinblick auf den anerkannten [X.] der freiwilligen Selbstoffenbarung, auf den das Beschwerdevorbringen zielt. Für den anerkannten [X.] der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens vor der drohenden Entdeckung kommt es auch nach der Rechtsprechung des [X.] auf den Zeitpunkt der Offenbarungshandlung selbst gegenüber dem [X.]ienstherrn oder im Fall einer strafrechtlichen Verfehlung gegenüber der für die Strafverfolgung zuständigen Stelle an. Ein zuvor gefasster innerer Entschluss sich zu offenbaren, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2018 - 2 B 44.17 - juris Rn. 14). [X.]ementsprechend ist es auch unbeachtlich, ob sich der [X.] seinem befreundeten Kollegen in einem Gespräch anvertraut und geäußert hat, sein Fehlverhalten in einem Brief an den [X.]ienstvorgesetzten einräumen und wiedergutmachen zu wollen. Maßgebend ist die Offenbarungshandlung selbst gegenüber dem [X.]ienstherrn und deren Zeitpunkt.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der [X.] und [X.] erst nach Aufdeckung der Taten am 19. November 2016 mit einem zu übersendenden [X.] an den Leiter des Inspektionsbereichs verschickt worden. Bereits am 11. November 2016 war dem [X.]n bei [X.]ienstantritt die Einleitung des [X.]isziplinarverfahrens eröffnet worden. [X.]er erst Tage danach beim [X.]ienstherrn eingegangene [X.] und [X.] des [X.]n ist ein Umstand, der - über die in der Rechtsprechung anerkannten Milderungsgründe hinaus - im Rahmen der Bemessungsentscheidung zu berücksichtigen und darauf zu überprüfen ist, ob er in einer Gesamtschau - d.h. zusammen mit weiteren für den Beamten sprechenden Aspekten - zu einer Milderung der Maßnahme führen kann. [X.]ies ist hier geschehen (vgl. UA S. 15).

b) [X.]as Berufungsgericht hat auch nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen gerichtliche Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten - wie hier - aus Gründen des materiellen Rechts unberücksichtigt lassen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - [X.]E 96, 205 <216 f.> m.w.N.; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juli 2020 - 2 [X.] - [X.] 303 § 404a ZPO Nr. 2 Rn. 5 m.w.N. und vom 13. Januar 2021 - 2 [X.] - [X.] 232.0 § 21 [X.] 2009 Nr. 11 Rn. 24).

5. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 [X.] und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren Gerichtsgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.

Meta

2 B 46/21

30.03.2022

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 21. Juli 2021, Az: 16b D 20.585, Urteil

§ 244 Abs 1 Nr 1 Buchst a StGB, § 13 Abs 1 S 2 BDG, § 13 Abs 1 S 3 BDG, § 13 Abs 1 S 4 BDG, Art 103 Abs 3 GG, § 86 Abs 1 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.03.2022, Az. 2 B 46/21 (REWIS RS 2022, 438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 438

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1 BvR 1621/94

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